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20.01.2007
Rau wie Hemingway
Der Schriftsteller Clemens Meyer in Reformschreibung
Die Süddeutsche Zeitung bringt in ihrer Wochenendbeilage eine Erzählung von Clemens Meyer in Reformschreibung. Auf den "rauen Beton" folgen dreimal "vorüber fahrende Schiffe".
Dann kommt das Unvermeidliche: "dass merkt sie erst jetzt".
Die Geschichte selbst hätte ich gar nicht gelesen, weil ich solche Sachen grundsätzlich überhaupt nicht lese. Mein Eindruck war wie immer: So schreibt man eben heute, wenn man Hemingway gelesen und vielleicht "Creative writing" studiert hat. Es erinnert an jene Tapetenmuster, die von Kandinsky oder Miró inspiriert sind. Tatsächlich fand ich dann in der Biographie des jungen Mannes, den die FAZ und andere Zeitungen bestaunten, den Hinweis auf ein Literaturstudium am zuständigen Leipziger Institut. Beim Gähnen erinnerte ich mich des Literarischen Kalenders 2007 vom S. Fischer Verlag.
Da steht auch ein Interview mit Meyer drin, wo er tatsächlich Hemingway erwähnt, und dann sagt er noch: "Ich will mir auch in keinster Weise Fesseln anlegen, sowohl dahingehend, dass ich Leute verletze, als auch, dass ich bestimmten Vorgaben folgen soll, weil es in Wirklichkeit so und so gewesen ist. Das ist mir ja im Grunde scheißegal." Mir auch.
Im selben Kalender steht ein Text von Marlene Streeruwitz, der so anfängt: "Vulnerable Personen schreiben vulnerabel." Hat man je einen so scheußlichen Satz gelesen? Da sind mir ja die vielen Joachim-Kaiserschen "Verletzlichkeiten" noch lieber. Literatur zum Abgewöhnen ist auch nicht schlecht, spart Zeit.
Der Literarische Kalender ist übrigens ungefähr zu einem Drittel in Reformschreibung, fast nur ss, aber trotz dieser Geringfügigkeit geht nun ein Riß hindurch, gleichsam ein Epochenschnitt.
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Kommentare zu »Rau wie Hemingway« |
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2012 um 05.01 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#21918
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An die vulnerable Streeruwitz erinnert es mich, wenn Sibylle Lewitscharoff sagt:
Als Schriftsteller ist es ja nicht schön, in Systeme, die unglaublich multipel und divers sind, hineinzuschreiben. (2011 im Fernsehen, zitiert nach einem neuen Buch von Helmut Böttiger über die Gruppe 47)
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 12.09.2011 um 11.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19230
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Auch Dashiel Hammet liebte es rau
Bei S. Fischer erscheint in den nächsten Tagen (pünktlich zum Schwerpunkt der Buchmesse) eine 4bändige Übersetzung der Isländersagas, die auf deutsch zuletzt Anfang des 20. Jahrhunderts bei Eugen Diederichs erschienen waren. Die Verlagsankündigung läßt nichts Gutes hoffen. Hemingway wird zwar nicht bemüht, dafür aber Dashiell Hammett. (So ganz ohne Amerikaner ging es dann wohl doch nicht, auch wenn man ihn nicht richtig schreiben kann. Hammett ist eben kein Fischer-Autor!) Und natürlich erfährt man in dieser Neuübersetzung auch viel über den „legendär rauen Ruf der Isländer“. Insgesamt sind das knapp 100 Euro für Reformschrieb, die mir jedoch „eine als schmerzlich empfundene Lücke“ in den Geldbeutel reißen würden.
Einen Höhepunkt im 125-jährigen Jubiläumsjahr des S. Fischer Verlags bildet die Neuübersetzung der mittelalterlichen Isländersagas zur Buchmesse 2011. In der europäischen Literatur sind die Sagas einzig: nirgendwo als auf Island entstand eine solche spannende, in der Volkssprache abgefasste Prosaliteratur als auf Island. Dashiel Hammet hat auf ihre Dialoge gelauscht, Borges bewunderte ihren zynischen Realismus, und ihre Gegenwärtigkeit verblüfft: betritt man heute die Landschaft ihrer Schauplätze, scheinen nur die alten Helden zu fehlen.
Die 64 Sagas der neuen S. Fischer Edition erzählen vom Leben der ersten Siedler auf Island, von der Landnahme, ihren Hofgründungen, Familienfehden und Rechtsstreitigkeiten - und natürlich von ihren Fahrten, die nach Schottland, England und bis nach Rom führten, und nicht zuletzt zu dem legendär rauen Ruf der Isländer beitrugen, denn es ging dabei nicht immer friedlich zu. Eine Neuübersetzung wie diese - vorlegt von den besten literarischen Übersetzern, über die wir im Moment in Deutschland verfügen - und wissenschaftlich ediert von führenden Skandinavisten schließt eine lange als schmerzlich empfundene Lücke. Islands wichtigster Beitrag zur Weltliteratur wird damit dem deutschen Lesepublikum wieder neu zugänglich gemacht.
Die bekannten Sagas wie die von den Menschen im Laxárdal oder von dem großen Helden Grettir fehlen ebenso wenig wie die bekannten Sagas z. B. »Die Saga von Brennu-Njáll« sowie die Sagas von Vinland und Grönland, die von der ersten europäischen Entdeckung Amerikas berichten. Die literarisch akzentuierten Neuübersetzungen werden in vier Bänden vorliegen, dazu kommt ein Begleitband der Herausgeber, der in die Welt der Sagas einführt, die Gattung und ihre Geschichte darlegt und in einem umfangreichen Glossar erläutert.
www.fischerverlage.de
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 11.09.2011 um 15.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19229
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"Stammlerin" trifft es ganz gut, Herr Wrase: www.youtube.com/watch?v=u5srxaxL_1M
Als Schriftstellerin sollte man mit seiner Sprache außerdem so gut umgehen können, daß Zuhörer auch verstehen, was man (Pardon: frau) – Bestürzung hin oder her – eigentlich sagen will.
Noch kurz zum vermeintlichen Zickenkrieg zwischen Elfriede Jelinek und Marlene Streeruwitz. Das Buch "Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern" (2007 in 4. Auflage bei Mandelbaum erschienen) von Helga Amesberger, Katrin Auer und Brigitte Halbmayr enthält ein Vorwort von Elfriede Jelinek. Das Buch selbst ist in genderisiertem Reformschrieb "verfasst". Nicht nur der soziologische Jargon, sondern vor allem das penetrante Binnen-i macht das Buch jedoch fast unlesbar. Wie wohltuend ist dagegen das Vorwort der Jelinek! In herkömmlicher Rechtschreibung gehalten und ganz ohne die vermeintlich geschlechtergerechte Sprache zeigt es im Kontrast zum folgenden Buch, daß dieses Thema nicht der zusätzlichen sprachlichen Aufregung und Aufgeregtheit bedarf. Eigentlich ist das Vorwort ein Schlag ins Gesicht der Autorinnen. Und ganz offensichtlich war es Frau Jelinek wichtig, daß ihr Vorwort so gedruckt wird wie sie es geschrieben hat.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 10.09.2011 um 21.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19228
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Die Stammlerin hat laut Wikipedia schon sieben Literaturpreise eingeheimst. Entschädigt fühle ich mich durch folgende Mitteilung bei Wikipedia:
Im November 2006 wehrt sich die österreichische Schriftstellerin öffentlich gegen die Inszenierung des neuen Stückes von Elfriede Jelinek, „Ulrike Maria Stuart“, im Hamburger Thalia Theater. In einer Szene des Stückes wird Streeruwitz in der Inszenierung von Nicolas Stemann als sprechende Vagina dargestellt. [...] „Ich will als handelndes und denkendes Subjekt nicht auf ein sprechendes Geschlechtsorgan reduziert werden.“, beklagt Streeruwitz im „Spiegel“.
Zickenkrieg vom Feinsten.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2011 um 16.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19227
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Wunderbar getroffen!
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 10.09.2011 um 13.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19226
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Er las die Leseprobe. Seine Blicke brannten langsam eine Spur des Nichtverstehens in die holprige Textstrecke. Er hatte Freude haben wollen. Freude an der Lektüre. Er hatte lesen wollen. So lesen wollen, wie es aussah zu lesen. Geschmeidig wie eine gefleckte Katze und doch voll gespannter Erwartung. Das Rumpeln und Schütteln der Wörter. Er hatte das nicht gewünscht. War der enttäuscht.
Weiter starrte er seine Nase entlang auf das Papier. Musste starren. Vor sich das Papier. In sich der Ouzo. Eine Ruhe kam in ihm auf. Das war schön.
Er nahm die Flasche und trank wieder. Er fühlte sich verschaukelt. Ein wenig. Er war in einer Schaukel. Dachte, das ginge nicht lange gut. Er blieb im Staunen. Wartete auf das Davonfliegen seiner Zweifel. Das als Erster erkennen zu müssen und der gefühlte Schock. Oder doch nicht als Erster.
Stille. Ein Stirnrunzeln. Er schlief ein. Es war wie immer.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2011 um 11.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#19224
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Von Marlene Streeruwitz gibt es ein neues Buch, bei Fischer in Reformschreibung erschienen. Die Sprache ist so abstoßend wie immer, vgl. die Leseprobe unter der seltsamen Adresse: deutscherbuchpreis.libreka.de/files/19_streeruwitz_dieschermzmacherin.pdf
Außerdem wird in der SZ ein neues Buch von Lewitscharoff besprochen, von dem schon mal der Anfang vorab erschienen war. Es ist in bewährter Orthographie bei Suhrkamp herausgekommen.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 05.03.2008 um 10.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#11593
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Die Wendung "Storys" geht wohl weniger auf die Rechtschreibreform zurück als auf Bastian Sick, der sehr sendungsbewußt behauptet, "Story" sei ein Lehnwort und unterliege somit der deutschen Grammatik. Abgesehen davon, daß der Plural dann wohl eher "Storyen" wäre, fällt am stärksten auf, daß Sick ohne mit der Wimper zu zucken ein paar Seiten früher oder später die Plurale "Visa" und "Lexika" nicht nur gelten läßt, sondern vehement verteidigt.
Allgemein gesprochen importiert das Deutsche lt. Sick also aus den klassischen Sprachen Wörter im Singular und im Plural, aus dem Englischen aber nur im Singular.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.03.2008 um 09.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#11592
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Die "Süddeutsche" bespricht heute den neuen Band von Clemens Meyer, der Erzählungen enthält, die er aber trotz Reformschreibung "Stories" nennt, was allerdings die SZ nicht hindert, sie als "Storys" zu bezeichnen. Die Begeisterung des Rezensenten hält sich übrigens in Grenzen, wie so oft, wenn man über den Erstling hinaus ist.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 20.01.2007 um 16.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7337
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Marlene Streeruwitz und Clemens Meyer sind sicher nur dank Verlagen unter die Literaten geraten, dank ihrer Sprache gewiß nicht. Literarische Sprache sollte in keiner Weise die sprachliche Schmerzgrenze auch nur mittelmäßig Sprachsensibler überschreiten, was die sicher in allem außer Sprache "vulnerable" Streeruwitz und der "Keinste-Weise"-Meyer ganz fessellos, will heißen: zügellos, tun.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.01.2007 um 15.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7336
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Ich hätte noch mehr Smileys in meinem Text unterbringen können. Wird nicht die spielerische Ironie gestört, wenn man sie als solche kennzeichnet? Gerade eben habe ich in meinem Privatleben eine mittlere Katastrophe erlebt, weil ich Ironie nicht gekennzeichnet hatte. Ich überlege mir das noch mal. Also: Smileys hinzudenken!
Ich bin übrigens auch gegen Pedanterie. Der Ausgangspunkt meines Einstiegs in dieses Thema war ja, daß ich die Schreibung über Fünfzigjährige gegen (pedantische) grammatische Kritik verteidigen wollte, und ich habe eine Liberalisierung der (pedantischen) Schreibweise nach dem Muster zum Die-Wände-Hochlaufen angeregt.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 20.01.2007 um 14.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7334
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Zuschreibung vs. Eigenschaft
Es ist fraglich, ob es (nicht-logisch) eine Eigenschaft bestimmter Werke ist, von Thomas Mann zu sein. Mit einem königlichen Gefährt ist meist etwas anderes als das Gefährt eines/des Königs gemeint, so daß unter Mannsche Werke auch etwas fallen könnte, was stilistisch (mit Verlaub) irgendwie "thomas-mannisch" ist. Dieser Stil läßt sich sicher als typisch Mannscher Schreibgestus bezeichnen. Der Kontext sollte Thomas überflüssig machen. Der Verfasser der "Hamburgischen Dramaturgie" hatte auch eigenen Stil, der nicht in Gefahr kommt, als Gotthold-Ephraim-Lessing(i)scher Stil (mit oder ohne Bindestriche) benannt zu werden, da auf diesem Feld weit (und breit) kein Bedeutender gleichen Namens bekannt ist.
An Nomina wird übrigens nicht selten als Adjektivierungssuffix -sch- angebunden, weshalb -isch- nicht als Basis, sondern als lediglich der Ausspracheerleichterung geschuldete Erweiterung gelten sollte ("Hallesche Gilden", "Auescher Bergbau", "Siebssche Aussprache").
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 20.01.2007 um 13.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7332
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Wer bitte ist Thomas Mannsche?
Wir brauchen ein besseres Possessivadjektiv.
Beispiel: Karluv Most – das ist kein Genitiv: *die Brücke des Karl, *Karls Brücke, "Karlsbrücke", sondern die dem Karl(dem IV.) gehörende Brücke, denn er hat sie bezahlt.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 20.01.2007 um 13.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7331
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Heysens Rache nach Adelungs Tadelung
Clemens Meyer kann sich gegen die ihm angediehene Verschriftung seines Textes nicht wehren. Am Adelung tadelnden Neuverschrifter und am Leser indessen rächt sich – wenn auch spät – Heyse in vollem Umfang.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.01.2007 um 11.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7329
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Herr Wrase überreflektiert und überinterpretiert (mich). Meine Schreibweise stimmt einerseits mit meiner Darstellung im Wörterbuch überein, andererseits bin ich immer gegen Pedanterie gewesen, daher kann auch von einer Spitze gegen Herrn Wrases Vorschlag keine Rede sein.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.01.2007 um 10.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=777#7326
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Ich weiß nicht, ob die Bindestrichschreibung Joachim-Kaiserschen eine kleine Spitze gegen meine zuletzt geäußerte Behauptung sein soll, die selbstverständliche, intuitiv gewählte Schreibung sei zum Beispiel Thomas Mannscher Roman, also ohne Bindestrich.
Zunächst einmal liegt hier kein Gegenbeweis vor, weil Professor Ickler den Bindestrich höchstwahrscheinlich bewußt gewählt hat, also nicht einfach intuitiv eine selbstverständliche Schreibung gewählt oder abgelehnt hat. Professor Icklers Texte können nichts zur Beobachtung des Schreibgebrauchs beitragen, weil die Schreibung schon vor der Anwendung überreflektiert wurde. :-)
Und das ist auch mein stärkstes Argument: der Schreibgebrauch. Deutlich überwiegend fand ich Thomas Mannsche ohne Bindestrich. Bei den Belegen mit Bindestrich stellt sich die Frage, ob sie zustande gekommen sind, weil jemand krampfhaft die Neuregelung befolgen wollte.
Für den Bindestrich spricht die Interpretation, daß es sich um ein Adjektiv mit ausgelassenem i handelt. (Dagegen spricht wiederum, daß auf die "Auslassung" des i praktisch nie verzichtet wird. Die Anhängung der Silbe sche geschieht in der Regel ohne jeden Rückgriff auf die historische Herleitung aus ische.) Ein Adjektiv mit unverbunden vorangestelltem Vornamen, das würde natürlich das allgemeine Sprachgefühl vulnerieren.
Gegen den Bindestrich spricht wie gesagt der überwiegende Usus. Zweitens ist die näherliegende Interpretation, daß es sich heute um ein Äquivalent zum Genitiv handelt: Thomas Manns Romane = Thomas Mannsche Romane. Jeweils ein Zugehörigkeitsverhältnis, nur eine alternative Bildung. (Auch sonst gilt bei der Schreibung: Der Sinn zählt im Zweifel am meisten, nicht die grammatische oder gar die sprachhistorische Plausibilität.) Beim Genitiv Thomas Manns gibt es nie einen Bindestrich, wieso sollte er also bei Thomas Mannsche auftauchen? Drittens gibt es den Fall, daß vor der Endung sche die Namen zweier Personen gekoppelt werden, natürlich mit Bindestrich. Somit ergibt sich eine angenehme Differenzierungsmöglichkeit: Kant-Laplacesche Theorie vs. Thomas Mannscher Roman.
Für den Bindestrich spricht, daß ihn Professor Ickler geschrieben hat ...
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