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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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15.12.2006
 

Deutsch für Jungakademiker
Eine kleine Erlanger Blütenlese

Das Studentenwerk gibt in Erlangen wie anderswo auch jedes Jahr eine Broschüre für Studienanfänger heraus.
Kleine Blütenlese:

Ziel der Besuche ist das Kennen lernen der studentischen und gesellschaftlichen Verhältnisse.
ein Programmheft, dass im Akademischen Auslandsamt ausliegt...
im übrigen, im Übrigen, im einzelnen, des weiteren, im Allgemeinen, im klaren ...
Schade nur, dass oft der eine vom anderen nichts weis.



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Kommentare zu »Deutsch für Jungakademiker«
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Kommentar von Nikolaus Lohse, verfaßt am 15.12.2006 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#6991

Das ist mir bisher gar nicht aufgefallen: Wie schreibt man denn, als überzeugter Reformer, den substantivierten Infinitiv von "kennen lernen"?! Das Kennen lernen oder kennen Lernen oder Kennen-Lernen...?
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 15.12.2006 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#6992

Zur Problematik mit der reformgemäßen Substantivierung von "kennen lernen" ist mir auch mal was aufgefallen. Habe das hier kundgetan. Ich meine mich erinnern zu können, daß die Substantivierung von auseinandergerissenen Wörtern aber ein elementares Problem der Reform darstellt: Das Auseinandersetzen kann es ja nicht mehr geben, wenn es auseinandersetzen nur noch als auseinander setzen gibt. (Wie das jetzt evtl. revidiert worden ist, weiß ich gar nicht. Habe da nämlich – und jetzt kommt's – den Überblick verloren. Bleibe da lieber bei den "alten" Regeln. Ja-ha!)
Einfach grottendämlich. Wie kann denn sowas passieieren? Tststs...

Zu den Jungakademikern:
Was in deren Reihen so alles sitzt... da muß sich das Studentenwerk wirklich keine Mühe mit der Sprache geben, das fällt den Adressaten doch gar nicht auf. Traurige Zeiten...
 
 

Kommentar von S.L., verfaßt am 15.12.2006 um 12.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#6993

Das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Trier bewirbt seit ein paar Wochen am Schwarzen Brett eine sogenannte "EignungsNeigungsBeratung".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.12.2006 um 12.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#6994

Der substantivierte Infinitiv war und ist nicht das Problem. Wenn man "wohl tun" getrennt schreibt, muß man trotzdem den substantivierten Infinitiv zusammenschreiben: "das Wohltun". Problematisch war für die Reformer das substantivierte Partizip: "auseinander setzen" – "das auseinander Gesetzte". So wäre es grammatisch richtig hergeleitet, wie auch Gallmann und Sitta ausdrücklich und gegen ihre Mitreformer (Schaeder, Augst) festgestellt haben, die aber auf den komischen Gedanken gekommen waren, bei Substantivierung werde zusammengeschrieben: "das Auseinandergesetzte". So wurde es ja acht Jahre lang gelehrt und stand in allen Schulbüchern.
 
 

Kommentar von David Weiers, verfaßt am 15.12.2006 um 12.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#6995

Wenn der substantivierte Infinitiv zusammengeschrieben wird, der Infinitiv des Verbes nicht, das substantivierte Partizip aber wiederum (und eher unerwartet) zusammen, dann macht das die Sache aber auch nicht eben übersichtlicher, zumal doch bestimmt der ein oder andere Schreiber auf den Gedanken kommt, zumindest bei einer der beiden Substantivierungen einen Bindestrich zu setzen: das Wohl-tun oder das Auseinander-gesetzte/auseinander-Gesetzte/Auseinander-Gesetzte.

Schreibungen, die auf totale Orientierungslosigkeit in diesem Bereich schließen lassen, habe ich jedenfalls nicht selten gesehen.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 15.12.2006 um 19.42 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#7001

Substantivierte Partizipien

Das Deutsche bzw. deutsche Philosophen und Schriftsteller nutzen gern und ausgiebig substantivierte Partizipien, unter diesen auch viele zusammengesetzte, um Begriffe bzw. Begrifflichkeiten zu installieren. Teilweise sind diese Schöpfungen zu (typisch deutsch klingenden) Topoi geworden. Aber das konnten die Reformer – mangels Belesenheit? – ja nicht wissen. Sie wursteln sich daher irgendwie zwischen klein, groß und halbklein durch. Das wäre zu verschmerzen. Aber warum zwingen sie einer ganzen Sprachgemeinschaft diese Absurdität der Schreibung wie selbsternannte Sonnenkönige auf? Aus Dummheit und / oder aus Arroganz?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2009 um 12.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#14579

Als das Studentenmagazin Unicum 20 Jahre alt wurde, brüstete sich die Redaktion mit ihrer besonders frühzeitigen Unterwerfung unter die orthographischen Wünsche der Kultusminister.

20 Jahre UNICUM: „1996 Die neue Rechtschreibung ... geht an den Start und UNICUM ist ganz vorn dabei. Als erstes bundesweites Magazin erscheinen wir im August 1996 komplett in neuer Rechtschreibung. Fehlerfrei – der DUDEN-Redaktion sei Dank!“

Ob die Leser das überhaupt wollten, scheint niemanden zu interessieren, sie sind auch nicht gefragt worden.

Stichprobe aus dem besagten Heft von 2003:

wo Unicum drauf steht
zurück gelehnt
zurück griffen
auseinandersetzen (mehrmals)
zuleibe rückt
so dass ... mußte
zuhause (mehrmals)
ästethisch
sogenannte (nur so)
zum zweiten
kennenlernen
gegenüber saß
der einzelne
das letztere (mehrmals)
Pflichtbewußtsein
im übrigen
seliggesprochen
als erstes
erstmal
zusammen kommen
um so
wer Schuld war

Inzwischen hat es zwei Revisionen gegeben, die schon damals fehlerhaften Hefte sind es nun erst recht. Was bleibt vom einstigen Stolz? Vergeben und vergessen, nicht wahr? Bloß nicht dran erinnern! Daß irgendein Leser sich beschwert hätte, ist kaum vorstellbar, Jungakademiker interessiert so etwas nicht, sie sind die Bevölkerungsgruppe, die sich in der ganzen ebenso ärgerlichen wie teuren Geschichte am wenigsten hat vernehmen lassen.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 05.06.2009 um 15.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#14581

zuhause scheint mir nicht ganz in die Stichprobenliste zu passen. Schließlich ist es reformkonform (neben zu Hause, das der alte Duden einzig gelten lassen wollte).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2009 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=749#14582

Damals nur schweizerisch und österreichisch zugelassen!
 
 

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