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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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23.10.2006
 

Mister Zehetmair?
Keine Glückwünsche

„Mister Rechtschreibung wird 70“, titelt der Fränkische Tag.

Solche Überschriften gehören wohl in Zehetmairs Augen zu jenem „Sprachmüll“, den die Zwischenstaatliche Kommission seinerzeit ebenfalls beseitigen sollte.

»Der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair ist mit den jetzt gültigen Schreibweisen zufrieden.«

Das haben wir fast befürchtet. Damit steht fest, daß er für die Unzulänglichkeiten der jetzt eingeführten Revision weiterhin mitverantwortlich ist.

Ich habe dem Jubilar übrigens keinen Glückwunsch geschickt, weil mir keine Formulierung einfiel, die nicht als ironisch und damit mehr oder weniger verletzend gelesen werden könnte. Wenn ich mir den Unsinn ansehe, dem er seinen Segen gegeben hat, kann ich keine versöhnlichen Gedanken aufbringen. Die Frage ist ja bloß noch, ob er den vorzeitigen Abbruch der Ratsarbeit von Anfang an geplant hat – das wäre allerdings der Gipfel der Niedertracht –, oder ob er erst im Laufe des vorletzten Sommers in die Knie gegangen ist (was ich angesichts des gesamten Hergangs immer noch für das Wahrscheinlichste halte).



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Kommentare zu »Mister Zehetmair?«
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 25.10.2006 um 15.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6532

Die Begrüßungsseite des Rechtschreibrats ist grundlegend geändert worden, neben einem neuen Text gibt es „jetzt“ (seit wann genau, weiß ich nicht) ein viel kleineres Bild von Herrn Zehetmair. Die bisherige Fassung ist leider nicht unter web.archive.org gespeichert, weder die Eingabe von www.rechtschreibrat.com noch von rechtschreibrat.ids-mannheim.de liefert dort irgendein Ergebnis. Auch scheint sich weder bei Google noch bei Yahoo etwas davon im Cache zu befinden; von untergeordneten Seiten findet man dagegen ältere Fassungen.

Außerdem ist die Seite „Aktuelles“ des Rechtschreibrats geändert worden. Wie auch auf der Seite www.ids-mannheim.de/reform/ wird (inklusive Link) auf das im Gunter Narr Verlag erschienene (und für 19,90 Euro erhältliche) überarbeitete Regelwerk hingewiesen. Änderungsdatum beider Seiten: 12. Oktober 2006.
 
 

Kommentar von S.L., verfaßt am 24.10.2006 um 16.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6522

Diesen Ausspruch hätte ich ihm gerne geschickt:

"Die Sprache schreibt den Duden, nicht der Duden die Sprache."

(Erhard Blanck)
 
 

Kommentar von F.A.Z., 23.10.2006, Nr. 246 / Seite 6, verfaßt am 23.10.2006 um 18.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6513

Personalien
Hans Zehetmair 70

Für die aufklärerische Kraft der Rechtschreibung hat Hans Zehetmair ein eingängiges Beispiel: Es sei ein Unterschied, ob ein Politiker vielversprechend - also zukunftsträchtig - oder viel versprechend sei, sprich: voll der Verheißungen für die Wähler. Die darin enthaltene Dialektik des Politischen, daß nur der als vielversprechend gilt, der viel verspricht, ist dem langjährigen bayerischen Kultus- und Wissenschaftsminister auf seinen politischen Wegen nicht verborgen geblieben. Den Sohn eines Wagnermeisters und Landwirts aus Langengeisling bei Erding zog es nach einem Studium der Klassischen Philologie, Germanistik, Geschichte und Sozialkunde und ersten Berufsjahren als Gymnasiallehrer früh in öffentliche Ämter. Sein verbindlich-verschmitztes Naturell verhalf ihm in der CSU rasch über die Kommunalpolitik seiner Heimat, der er als Stadtrat, Abgeordneter und Landrat diente, hinaus zu einem Ruf, der seinen Eindruck auf Franz Josef Strauß nicht verfehlte: 1986 wurde Zehetmair ins bayerische Kabinett berufen, als Staatsminister für Unterricht und Kultus. In den siebzehn Jahren seiner Kabinettszugehörigkeit wechselte der Zuschnitt seines Ressorts mehrfach; zeitweilig war Zehetmair für die ganze Fülle bayerischer Bildungspolitik von den Schulen über die Hochschulen und Forschungsinstitute bis zu den staatlichen Theatern und Museen verantwortlich. 2003 schied er aus der Staatsregierung aus, blieb seiner Partei aber als Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung verbunden. Zu den Wärmepolen seiner Ministerzeit gehörte der Bau der Pinakothek der Moderne in München und die Entscheidung für einen neuen Forschungsreaktor in Garching, sein Festhalten an einem gegliederten, der Begabung und Leistung verpflichteten Schulwesen, und sein Widerstand gegen Berliner Kulturzentralismus. Den Kältepol bildete die Rechtschreibreform, bei der er sich habe "mittreiben" lassen, wie Zehetmair bekennt; es sei ein Fehler gewesen, die sensible Struktur einer Sprache in eine staatliche Verordnung zwängen zu wollen. Als Bußübung will er seinen Vorsitz im Rat für deutsche Rechtschreibung, der die gröbsten Verwerfungen der Reform glätten soll, zwar nicht verstanden wissen. Seine Beteuerungen, immerhin das Schlimmste verhindert zu haben, etwa beim Getrennt- und Zusammenschreiben, lassen aber ein gewisses Verlangen nach Ablaß im historischen Gedächtnis der Republik erkennen. An diesem Montag wird Hans Zehetmair siebzig Jahre alt. (ff.)
 
 

Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 23.10.2006 um 15.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6512

"Unter den gegebenen Umständen" sollte Zehetmair endlich die Konsequenzen ziehen und vom Vorsitz des Rates zurücktreten. Er hat genügend Schaden angerichtet, und dieser Rat wird es auch nicht mehr richten.
Es bleibt die Frage, wer den Karren wieder aus dem Dreck ziehen und auf die Räder stellen soll. Dieser Rat in seiner jetzigen Zusammensetzung wird es wohl nicht sein.
 
 

Kommentar von OVB online, 22. 10. 2006, verfaßt am 23.10.2006 um 14.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6510

Machtverlust wird zum Glückfall

(...)

Stolz ist Zehetmair nicht zuletzt auf die unter ihm gegründeten neun bayerischen Fachhochschulen. Als Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung leitete er die Reparaturwerkstatt für die verunglückte Schreibreform und ist mit dem Ergebnis „rebus sic stantibus“, also unter den gegebenen Umständen, zufrieden. Damit spielt er auf die verfahrene Situation an und die schwierige Arbeit mit den 39 Ratsmitgliedern. (...)

(Oberbayerisches Volksblatt online, 22. 10. 2006)
 
 

Kommentar von ddp, 22. 10. 2006, verfaßt am 23.10.2006 um 14.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6509

«Markenzeichen Bayerns»

München (ddp-bay). Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat den früheren bayerischen Kultus- und Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU) zu dessen 70. Geburtstag als «herausragende Persönlichkeit des intellektuellen Lebens in Deutschland» gewürdigt. Zehetmair sei ein «Markenzeichen Bayerns für Bildung, Kunst und Kultur», sagte Stoiber am Sonntag in München.

Der CSU-Politiker, der am Montag seinen runden Geburtstag feiert, habe «wichtige Weichen gestellt für die bundesweit einmaligen Erfolge unserer Kinder bei PISA und die Ausnahmestellung der bayerischen Universitäten». Außerdem habe er sich als Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung entscheidend um die deutsche Sprache verdient gemacht.

Zehetmair gehörte dem bayerischen Kabinett von 1986 bis 2003 an. Seit 2004 ist er Vorsitzender der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung.

(ddp)

(Yahoo-Nachrichten, 22. 10. 2006)
 
 

Kommentar von PNP.de, verfaßt am 23.10.2006 um 14.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6508

München (lby). Der CSU-Politiker und frühere Kultusminister Hans Zehetmair wird heute 70 Jahre alt. Als Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung hatte er maßgeblichen Anteil an der Reform der Rechtschreibreform. Zehetmair unterrichtete Deutsch, Latein und Geschichte am Dom-Gymnasium in Freising, bevor er in die Politik ging. 1986 berief ihn Ministerpräsident Franz Josef Strauß zum Kultusminister, unter Max Streibl erhielt er zusätzlich das Ressort Wissenschaft, ab 1998 war Zehetmair Wissenschaftsminister. 2003 zog er sich aus privaten Gründen aus der großen Politik zurück.

(Passauer Neue Presse, 23. 10. 2006)
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 23.10.2006 um 13.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6506

Vermutlich hat er an die Tätigkeit des Rats überhaupt keinen Gedanken verschwendet, wozu auch. Sein "mission accomplished" war fällig, als der Axel-Springer-Verlach umfiel. Bis dahin mußte der Rat so tun, als ob irgendetwas in Bearbeitung sei.
 
 

Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 23.10.2006 um 13.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=684#6505

Mindestens genauso ärgerlich wie der Inhalt des Beitrags ist die Tatsache, daß die Zeitung solches Zeug druckt.
Dem hiesigen Lokalblatt habe ich unlängst gekündigt und als gewichtigste Begründung angegeben, mir seien Zweifel gekommen an der Gründlichkeit der Recherchen. Angesichts der horrenden Fehler und Versäumnisse beim Thema R-Reform könne ich nicht mehr glauben, daß man in anderen, mir weniger geläufigen Bereichen sorgfältiger sei. Da war man denn doch betreten.
 
 

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