zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


17.10.2006
 

Reformverweigerer
Eigentlich sind die Rechtschreibreformer die Reformverweigerer

Das Rückwärtsgewandte ihres Projekts ist ja schon oft dargestellt worden. Sie verweigern die Modernisierung der deutschen Rechtschreibung, die sich vor allem im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts vollzogen hatte.
Barocke Getrenntschreibung, mittelalterliche Kleinschreibung, dito Fremdwortintegration, etymologisierende Umlautschreibung, wahlweise die Wüstersche vermehrte Großschreibung wie im 19. Jahrhundert, als die textsemantisch begründete moderne (Schnellese-)Kleinschreibung der grammatischen und phraseologischen Hintergrundelemente zeitweise von Volksschullehrern rückgängig gemacht worden war ... Das alles ist rückständig und rückschrittlich. Schaeder hat es ja ausdrücklich gesagt: man müsse sich der Tendenz der Sprachgemeinschaft entgegenstellen.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Reformverweigerer«
Kommentar schreiben | älteste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 20.10.2006 um 08.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5951

Lieber j.k., die Nazis traten auch einmal als etwas ganz modernes an und wollten mit dem Althergebrachten radikal brechen.

Abgesehen davon halte ich eine verschriftlichte ss-Versessenheit für ein vergleichsweise deutlicheres Indiz rechtsextremer Gesinnung. Schließlich hieß die SS ja nicht ß.
 
 

Kommentar von GL, verfaßt am 20.10.2006 um 07.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5950

j.k., wundert Sie ein solcher Vorwurf?

Die Geschichte wiederholt sich. Dummheit ist leider nicht strafbar!
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 19.10.2006 um 23.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5948

Nicht sauer sein, sondern lächeln, lieber j.k.

Von zwei prominenten "Reformverweigerern" soeben in klassischer Rechtschreibung erschienen:
Eingewandert ins eigene Land. Was von Rot-Grün bleibt.
Antje Vollmer (Die Grünen) im Gespräch mit Hans Werner Kilz (Süddeutsche Zeitung)
Pantheon Verlag 2006

Die beiden sind garantiert nazi-unverdächtig. Und das Buch ist ein schönes Indiz dafür, daß die Rechtschreibreform von klugen Menschen ignoriert wird, sobald sie keinen Fraktions- oder Verlagszwängen unterworfen sind.
 
 

Kommentar von j.k., verfaßt am 19.10.2006 um 21.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5945

Jetzt bin ich wirklich sauer! Mir ist vorgeworfen worden, ich sei ein Nazi, weil ich mich weigere, "dass" mit ss zu schreiben! Begründet wurde diese an Dümmlichkeit nicht zu überbietende Aussage damit, daß ich so am Alten hänge. Mir wurde geraten, ich möchte doch im 21. Jahrhundert ankommen.

Man muß sich jetzt schon als Nationalsozialist beschimpfen lassen von irgendwelchen Besserwissern, weil man an der Adelungschen ß-Schreibung festhält. Es ist erschreckend und traurig zugleich.

Anscheinend ist zu dem Herrn noch nicht vorgedrungen, daß die Heysesche ß-Schreibung auch 150 Jahre alt ist.
 
 

Kommentar von Fungizid, verfaßt am 19.10.2006 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5939

Zustimmung, ich habe auf die Besonderheiten der Dialekte nicht geachtet. Es gibt aber auch Leute, die sch... sprechen und trotzdem nicht sch... schreiben, das war gemeint.
 
 

Kommentar von GL, verfaßt am 19.10.2006 um 15.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5937

Fungizid schreibt am 19.10.2006 um 09:03 Uhr

..., schließlich schreibt man ja auch "Stein" und spricht "Schtein".

Die Aussage ist sicher mit Vorbehalt zu geniessen. In Hamburg z.B. sprechen Einwohner, welche ihren Dialekt noch beherrschen, bei

"Ich stolperte über einen spitzen Stein."

ausdrücklich stolperte ohne "schtolperte", spitzen ohne "schpitzen" und Stein ohne "Schtein". Dies aus persönlicher Erfahrung mütterlicherseits und den entsprechenden Aufenthalten in Hamburg.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.10.2006 um 11.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5936

Wer volksetymologisch schreibt, verbindet damit nicht unbedingt eine Aussageabsicht. Da liegt der Unterschied. Die mißbräuchliche Verwendung des Apostrophs erfüllt den gewünschten Zweck, das stimmt, aber dasselbe ließe sich auch von anderen Falschschreibungen sagen.

Vielen Dank für den Literaturhinweis. Daß ausgerechnet Frau Strunk aufsehenerregende Funde gemacht hat, wage ich zu bezweifeln; Neuerscheinungen in Verlagen wie dem Olms'schen erregen ja überhaupt selten Aufsehen. Übrigens stimmt schon die Darstellung nicht, daß es während der gesamten tausend Jahre ein leichtes gewesen wäre, eine historisch sinnvolle Rechtschreibreform durchzusetzen.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 19.10.2006 um 11.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5935

Der olmssche Verlag informierte mich eben über folgende strunksche Neuerscheinung, die wohl gerade Herrn Markner interessieren dürfte:

Dokumentation zur Geschichte der deutschen Orthographie in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

2 Bände. Herausgegeben von Hiltraud Strunk. 2006. 780 S. Leinen. (DOCUMENTA ORTHOGRAPHICA, ABT. B: 19. UND 20. JAHRHUNDERT, Bd. 7).
ISBN 978-3-487-12868-9 € 118,00

Die deutsche Orthographie wurde 1901 bei der II. Orthographischen Konferenz in Berlin als amtliche Norm kodifiziert und anschließend im gesamten deutschsprachigen Raum eingeführt. Damit war die erwünschte Einheit erreicht; über eine Vereinfachung und damit eine Reform der Rechtschreibung wurde in der Folgezeit jedoch weiter diskutiert.
Bei einem Gang durch die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt die vorliegende Dokumentation die wesentlichen Reformdiskussionen auf. In dieser Zeitspanne gab es in Deutschland zwei Zeitpunkte für eine historisch sinnvolle Reform der deutschen Rechtschreibung: 1919 und 1945 – und einen Zeitraum, in dem es politisch leicht möglich gewesen wäre, eine Rechtschreibreform durchzusetzen: 1933 bis 1945. Anhand erstmals präsentierter aufsehenerregender Dokumente und Funde (u.a aus dem Bundesarchiv Berlin und den Beständen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz Berlin) wird deutlich, warum diese nicht zustande kam.

Insbesondere die Beziehungen zwischen den jeweiligen Initiatoren einer Reformbewegung und den Staats- bzw. Parteibürokratien wurden bisher kaum aufgearbeitet; dort liegt der Schwerpunkt dieser zweibändigen Dokumentation.

 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 19.10.2006 um 11.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5934

Daß der Apostroph den Personennamen verdeutlicht, ist keineswegs ein Irrtum. Aus diesem Motiv heraus wird er gelegentlich geschrieben, ähnlich wie vor einem Genitiv-s. Der historische Wegfall eines ursprünglichen i interessiert den Schreiber genausowenig wie den Leser, bei dem das Herauslösen des Personennamens genau so wirkt, wie es der Schreiber sich vorgestellt hat. Die Ableitung ...sche ist jederzeit frei verwendbar, ohne daß man über eine Grundform mit i gehen müßte; so wie die Ableitung ...tel bei Bruchteilen, die auch nicht jedesmal neu aus einem ursprünglichen ...teil hergeleitet wird. Weder der Schreiber noch der Leser denkt: "Eigentlich ist das das Ohmische Gesetz, da ist jetzt ein i weggefallen." Daß all dies ähnlich einzuordnen ist wie Volksetymologien, das stimmt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.10.2006 um 10.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5933

Der fragliche Apostroph zeigt eigentlich den Wegfall eines i an. Später ist er dann selbst weggefallen. Daß es den Personennamen zu verdeutlichen gelte, ist eine irrtümliche Rationalisierung, ganz ähnlich wie eine Volksetymologie.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 19.10.2006 um 10.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5932

Können wir nicht einfach "Nudeln" schreiben?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 19.10.2006 um 09.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5931

"Spagetti" ist keine korrekte Eindeutschung, eher schon "Schpagetti".

Das trifft nicht zu. Eindeutschung besagt ja gerade, daß der Bezug zur Ursprungssprache nicht mehr gebraucht wird, nicht mehr wahrgenommen wird, nicht mehr demonstriert wird. Folglich ist Spagetti eine korrekte Eindeutschung (sie wird allerdings mehrheitlich nicht gewünscht und auch nicht praktiziert). Nicht hingegen Schpagetti. Die Lautfolge "sch" + p am Wortanfang wird regelmäßig sp... bzw. Sp... geschrieben.
 
 

Kommentar von Fungizid, verfaßt am 19.10.2006 um 09.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5930

"Spagetti" ist keine korrekte Eindeutschung, eher schon "Schpagetti". Nach meinem Kenntnisstand sind alle folgenden Schreibvarianten aufgrund der dadurch nahegelegten Aussprache ungeeignet:

Spagetti ("ßbadscheti")
Schpaghetti ("ßkbageti" (!))
Schpagetti ("ßkbadscheti")

Nur eine Schreibweise stößt keinen, der leidliche romanische Kenntnisse hat, vor den Kopf: Spaghetti ("ßbageti"). Immerhin leben auch viele Italiener und Cosmopoliten bei uns.

Man kann es trotzdem "Schpagetti" aussprechen, schließlich schreibt man ja auch "Stein" und spricht "Schtein".
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 19.10.2006 um 08.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5928

PS

Es gibt übrigens einen systematischen Grund dafür, daß der Apostroph vor der Reform nicht akzeptiert wurde und sich meiner Meinung nach auch nie stark ausbreiten kann (in guten Texten). Darauf weist die kuriose Neuregelung hin: Warum kann (und muß) man laut Neuregelung Ohm'sches Gesetz mit Apostroph schreiben, alternativ bei Kleinschreibung omsches Gesetz jedoch ohne Apostroph? Da steckt sogar, bei aller sonstigen Verquertheit, ein Stück Vernunft drin.

Der Apostroph verdeutlicht durch optische Abtrennung den Personennamen Ohm, wie es ganz richtig heißt. Deshalb ist er bei Kleinschreibung ungeeignet: Wenn ohm abgetrennt wird, liest man etwas anderes als den originalen Namen Ohm. Daraus ergibt sich: kein Apostroph bei Kleinschreibung. Und wenn man den Apostroph bei Kleinschreibung nicht braucht, dann braucht man ihn auch bei der Großschreibung nicht. Systematisch naheliegend ist es nun, beim Wechsel zwischen Groß- und Kleinschreibung den Apostroph nicht jedesmal hinzuzufügen bzw. wegzulassen, wie es die Neuregelung vorsieht, sondern in dieser Hinsicht Ohmsch genauso zu schreiben wie ohmsch. Das war die Norm, vernünftig und einleuchtend, und das bleibt sicherlich auch die Norm.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 19.10.2006 um 01.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5927

Die eingedeutschte Aussprache "Schbagetti" muß sich nicht mehr ausbreiten, sondern ist längst allgemein üblich, oder? Trotzdem will man bei der Schreibung nicht die Eindeutschung Spagetti. Ein gutes Beispiel dafür, daß Sprachwandel normalerweise stattfindet, ohne einen Änderungsbedarf bei der Schreibung nach sich zu ziehen.

Ich glaube übrigens nicht, daß ich das Vorkommen von Apostrophen bei Ableitungen des Typs Ohmsches (Gesetz) anders wahrnehme als Herr Markner. Ich bewerte das gelegentliche Vorkommen (schon vor der Reform) nur anders. Ich war selbst davon überrascht, wie wenig Apostrophschreibung laut Google vorkommt. Entscheidend ist natürlich, daß die dpa den Apostroph abgelehnt hat, in der Folge auch zum größten Teil die übrige Presse, so daß es keine nennenswerte Ausbreitung gab. Auch rückblickend komme ich zu dem Ergebnis, daß man keine verständnisvollen Worte für die neue Regelung finden sollte.

Etwas ganz anderes wäre eine deskriptive Formulierung gewesen, etwa: "Gelegentlich wird vor dieser Ableitungsendung der Apostroph gesetzt." Damit könnte ich mich anfreunden, solange klargestellt bleibt, daß die Schreibung ohne Apostroph die Hauptvariante ist. Das größere Ärgernis der Neuregelung ist ja, daß die Groß-/Kleinschreibung hier geradezu abgeschafft werden sollte, ein Signal für die grammatischen und semantischen Verhältnisse und damit eine wesentliche Lesehilfe. Großschreibung bedeutet: Rang eines Genitivattributs, Kleinschreiung bedeutet: normales Adjektiv. Ohmsches Gesetz = Ohms Gesetz, vgl. Ohm's law, ohmscher Widerstand = nicht Ohms Widerstand, sondern ein gewöhnlicher elektrischer Widerstand.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.10.2006 um 00.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5926

Mit etwas Phantasie könnte man argumentieren, daß Spaghetti zunehmend mit anlautendem schp ausgesprochen wird und insofern die eindeutschende Schreibweise angebahnt ist. Aber in Wirklichkeit hat Augst solche Überlegungen gar nicht angestellt.
 
 

Kommentar von T.P., verfaßt am 18.10.2006 um 20.37 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5925

@Herrn Schatte

"Die Sprache" entzieht sich jeglichem Eingriff, jeglicher Außenbestimmung. Gott sei Dank ist das nicht so, sonst könnten wir unseren Kleinen nicht die Muttersprache beibringen.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 18.10.2006 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5909

Ich denke, wir müssen zwischen Sprachwandel und Schreibwandel unterscheiden. Und so auch die Reformbetreiber.

Sprachwandel ist es, wenn man nicht mehr Tobak sagt, sondern Tabak, und nicht mehr Tartuffel, sondern Kartoffel.

Schreibwandel ist es, wenn man Telephon mit -f- schreibt oder anstelle von Bureau und Comptoir seit einiger Zeit Büro und Kontor.

Beides hat miteinander wenig zu tun, da Schreibweisen auch bei Sprachwandel statisch bleiben können ("Baby", "Toilette"). Mit ist kein Beispiel bekannt, wo seit 1996 ein verordneter Schreibwandel dem Sprachwandel gefolgt wäre. Eher der umgekehrte Fall, daß jetzt vermehrt Vokale vor -ß- lang ausgesprochen werden.

Das halte ich für die gravierendste Auswirkung der RSR.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 18.10.2006 um 14.30 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5908

Noch einmal (repetetio est mater ...):

Wer kann nachweisen, daß der zweifellos z.B. ab 1902 bis heute verfolgbare Sprachwandel in irgendeiner Weise Adaptionen in der Graphie des Deutschen notwendig macht? Hier scheint einiges durcheinander geraten zu sein, denn "die Sprache" (auch in ihrem Wandel) schert sich nicht um die von irgendjemandem für heute oder morgen usw. kraft seiner Wassersuppe ausgedachte Orthographie. "Die Sprache" entzieht sich jeglichem Eingriff, jeglicher Außenbestimmung und ist nicht als Objekt jeder wie auch immer motivierten Selbstbefriedigung mißbrauchbar. Dafür sei ihr, der Sprachgemeinschaft oder welchem höheren Wesen auch immer Dank!
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.10.2006 um 14.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5906

Nein. Einige Schreibweisen, die von den Reformern aufgenommen wurden, kamen aber als Fehler recht häufig vor, z. B. nummerieren und heute Abend. Die Kommas vor erweiterten Infinitiven und vor mit und eingeleiteten Hauptsätzen gehören auch in diese Kategorie, ferner der Bindestrich nach Zahlen und m. E. auch der Apostroph vor scher/sches/schen/schem (aber da ist Herr Wrase anderer Meinung). Wohlgemerkt gibt es keine Belege dafür, daß diese Schreibweisen mit zunehmender Häufigkeit auftraten; im Gegenteil handelt es sich um Schreibweisen, die alle im 19. Jahrhundert noch gängig waren und die Kodifizierung von 1901 überdauert haben.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 18.10.2006 um 14.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5905

Gibt es auch nur ein Beispiel dafür, daß die RSR in irgendeinem Fall eine Schreibweise an "den Sprachwandel" angepaßt hat?

Ist nicht sogar die Auslösung von Sprachwandel aufgrund geänderter Schreibweisen wahrscheinlicher?
 
 

Kommentar von T.P., verfaßt am 17.10.2006 um 21.18 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5904

@Germanist: Natürlich kann der Sprachwandel auch durch staatliche Eingriffe beeinflußt werden. Die Frage ist, ob die Sprachgemeinschaft Schlafwandler, pardon Sprachwandler dieser Art braucht.
 
 

Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 17.10.2006 um 19.41 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5903

Könnte man nicht einmal eine Aufstellung der alten Reformkommission mit den jeweiligen Arbeitsgebieten und ihren Ergebnissen machen? Das heißt, auf wessen Marotte welcher Teil der Reform zurückzuführen ist — etwa: Augst (Volksetümlogie), Schroth (-ig-Regel) ...
Bei manchen Leuten weiß man ja nicht einmal, was sie verbrochen haben!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.10.2006 um 18.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5902

Wenn Frau Doris Ahnen vorher bei Wikipedia nachgelesen hätte, würde sie unter Sprachwandel keine staatlichen gewaltsamen Eingriffe in die Rechtschreibung verstehen. Auch das Wort Tendenz soll eine negative Wertung suggerieren, man denkt unwillkürlich an tendenziös.
 
 

Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 17.10.2006 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5901

Wolfgang Wrase: ja, das trifft es gut. Die Schüler, die nun angeblich in ihrer empfindlichen Entwicklungsphase keinesfalls mit so radikalen Schritten wie der Rücknahme (von Teilen) der Reform überfordert werden dürfen, sahen sich 1996 auf einen Schlag mit einem Wust von Sprachverbesserungsideen konfrontiert.
 
 

Kommentar von S.L., verfaßt am 17.10.2006 um 12.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5899

Ich erinnere mich an ein Interview, in dem Doris Ahnen herumtönte, daß die Kritik an der Rechtschreibreform unberechtigt sei, weil es Sprachwandel ja immer schon gegeben habe. Ihr dummes Geplapper hat mich damals nicht überrascht. Daß Sprachwissenschaftler barocke Getrenntschreibungen von Verben reaktivieren und sie von den Politikern als Anpassungen an den Sprachwandel preisen lassen, ist hingegen erschreckend.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 17.10.2006 um 11.15 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5896

Man kann sich nicht der Neigung oder dem Hang (nicht: "Tendenz") einer Sprachgemeinschaft entgegenstellen, wenn man sich nicht über diese zu stellen erkühnt.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 17.10.2006 um 10.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=670#5895

Reformer waren sie nach 1996 nie mehr. Dann hieß es immer: Das muß jetzt so bleiben! Nur keine Änderungen!! Änderungen sind schädlich!!!
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz:   Hier bitte die Zahl einhundertvierundfünfzig (in Ziffern) eintragen.
 


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM