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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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27.09.2006
 

Falsche Rücksichten
Die armen Schüler

Zeitungsleute rechtfertigen ihr Einknicken nur noch mit der Rücksichtnahme auf die Schüler.
Die sollten nicht schon wieder umlernen müssen, nach zehn Jahren Neuschreibung. Die Kultusminister sehen das nicht so eng. Sie muten den Schülern die dritte amtliche und insgesamt mindestens vierte Reform innerhalb von zehn Jahren zu. Ein zynisches Spiel mit den Schülern und Lehrern, ebenso wie die Lügen der Kultusminister, die seit der konstituierenden Sitzung der Zwischenstaatlichen Kommission ununterbrochen auf die Bevölkerung herabregneten. Warum sollte man ihnen dabei helfen, das Gesicht zu wahren?
Ich kann mir gut vorstellen, was Zehetmair den Herren Döpfner usw. vorgeführt hat, und es scheint ja so, als geniere er sich selbst nun ein wenig deswegen, zumal nach der Demütigung, die ihm die Dudenleute zugefügt haben, für die er doch eigentlich unterwegs gewesen war.



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Kommentare zu »Falsche Rücksichten«
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Kommentar von Stephan L., verfaßt am 27.09.2006 um 17.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=638#5626

Die Rücksichtnahme auf die Schüler ist eines unter vielen dummen Argumenten der Reformbefürworter und der eingeknickten Untertanen in der deutschen Presselandschaft.

Als Schüler begegnet man ständig den herkömmlichen Schreibweisen, sei es im 'Untertan' von Heinrich Mann, in von Lehrern kopierten Sachtexten oder - wenn sie ihre Bestände seit 1996 nicht verbrannt haben - in den Büchern der Schulbibliotheken.

Sollen Lehrer die Bücher, die nur in herkömmlicher Rechtschreibung erhältlich sind, aus dem Unterricht verbannen? Was geschieht dann mit den Klassikern von Heinrich Mann oder Günter Grass?

Sollen bildungsbewußte Eltern aufgehobene Kinderbücher wie "Fünf Freunde" oder "Pippi Langstrumpf" wegwerfen, damit ihre Kinder nicht mit den Schreibweisen der Verweigerer in Berührung kommen?

Daß ausgerechnet die 'Welt' dieses Argument vorschiebt und behauptet, die Schüler von den bösen Schreibweisen der sogenannten Ewiggestrigen schützen zu müssen, wirft ein dunkles Licht auf diese Zeitung.
 
 

Kommentar von Enzenberger, verfaßt am 29.09.2006 um 00.34 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=638#5652

An was habe ich mich nicht schon alles gewöhnen müssen, der Pfaffenhofener Kurier vom 28.8.2007 zitiert den Bürgermeister in der Überschrift noch halbweg lesbar:

"Kann Verkehr nicht weg zaubern"

Im Text allerdings lautet die Passage so:

... man werde versuchen, allen Wünschen gerecht zu werden, aber: "Weg zaubern können wir den Verkehr auch nicht".

Ein Königreich für den, der diesen vermaledeiten (Un)Rechtschrieb Weg zaubert.
 
 

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