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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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16.04.2005
 

Darf der das denn?

Im letzte SPIEGEL liest man „placieren“.
Unsere Wörterbücher wollen wissen, dies sei veraltet und durch „platzieren“ zu ersetzen. Es stimmt also nicht, daß der SPIEGEL sich im Rahmen des reformgemäß „Erlaubten“ hält.
Übrigens sind Ableitungen von deutschen Wörtern mit dem Fremdsuffix -ieren sehr selten („hausieren“, „grundieren“) und mit dem Fremdpräfix de- fast gar nicht belegbar. Deshalb wird „deplatziert“ so besonders dumm.



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Kommentare zu »Darf der das denn?«
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 16.04.2005 um 18.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=63#75

Der SPIEGEL leise über sich selbst - mit Hilfe eines Dritten

Im letzten SPIEGEL - ganz am Ende versteckt im "Rückspiegel", wo ein paar Zitate anderer Printmedien versammelt werden, die sich auf den SPIEGEL beziehen - wurde ein Stück aus Thomas Steinfelds Artikel "Geisterbahn - Der Rat für Rechtschreibung rät zur Rückkehr" gebracht (Süddeutsche Zeitung vom 8. April). Mein Heft ist schon im Altpapier, aber es müßte sich nach meiner Erinnerung um diesen Ausschnitt handeln:

Tatsächlich hat sich diese Art des Umgangs mit der Reform – also das Ausnützen aller Varianten, bis die neue Rechtschreibung fast schon der alten gleicht – in vielen Printmedien schnell durchgesetzt. Gäbe es das "ss" nicht, gliche die Orthographie des Spiegel heute weitgehend wieder der alten Rechtschreibung – und dabei wird nach den Vorgaben des Duden redigiert. Und die Leser scheinen mit dieser weichen Art der Rücknahme der Reform durchaus einverstanden zu sein.

Ich hatte überlegt, ob ich das hier bekanntgeben soll, aber dann stieß mich diese feige Art des Umgangs mit diesem Thema (man beachte auch die distanzlose Wiedergabe der autoritären und irreführenden KMK-Verlautbarung vor wenigen Tagen in SPIEGEL ONLINE) derart ab, daß ich es zunächst sein ließ.

Jetzt äußern sie sich nicht einmal selbst dazu, sondern bringen prominent Kultusminister-Sprech und vielleicht irgendwo versteckt ein Kurzzitat aus fremder Feder, das sie für ihre Drückebergerei mit homöopathischer Beimischung von Aufsässigkeit belobigt. Dafür ist deplatziert gar kein Ausdruck.
 
 

Kommentar von Reinhard Markner, verfaßt am 16.04.2005 um 21.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=63#76

Schon die unsanft entschlafene Zwischenstaatliche Kommission hatte sich nicht sonderlich beunruhigt gezeigt ob der konservativen Hausorthographien, die nur den Variantenspielraum ausreizen. Irgendwie tarierte sich das ja auch wieder aus, selbst da, wo die staatlich gezogenen Grenzen ausnahmsweise einmal überschritten wurden -- hier die NZZ mit ihrem unbotmäßigen sogenannt, dort der Tages-Anzeiger mit seinem sollübererfüllenden aufwändig.

Daß der Spiegel Belobigungen auf der letzten Seite protokolliert, ist eine alte Tradition. Warum sollte Steinfelds Bemerkung dort nicht stehen? Spiegel Online übernimmt im großen Stil, häufig ungeprüft, Agenturmeldungen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 17.04.2005 um 09.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=63#81

Die Betonung in meinem Kommentar sollte liegen auf: "Jetzt äußern sie nicht nicht einmal selbst dazu." Seit der letzten Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung haben viele Zeitungen Stellung bezogen, zu dessen Revisionsabsichten und/oder zum letzten Winkelzug der Müllproduzenten in der KMK, auch der Focus bzw. Focus Online hatte immerhin eine Meinung, und was stand im SPIEGEL bzw. in SPIEGEL Online? Nichts eigenes. Aber vielleicht müssen sie beim SPIEGEL erst überlegen, wieviel Mut sie noch haben, um sich nicht schon wieder ein Fettnäpfchen vor die Füße zu stellen. Und irgendwann wird der SPIEGEL schon seine Einstellung selbst aussprechen.
 
 

Kommentar von Jörg Metes, verfaßt am 17.04.2005 um 09.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=63#82

Der Spiegel betreibt, was die GKS angeht, mehr als nur eine "weiche" Rücknahme. Auf dem Titel der neuesten Ausgabe (Heft 16/2005) steht: Hatte Freud doch recht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.07.2011 um 17.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=63#19022

Das Problem bestand darin, daß das Fremdsuffix -ieren nur selten an native Stämme tritt (hausieren, grundieren usw.

Eisenberg schreibt nun dazu: "Bis heute gibt es immerhin mindestens ein gutes Dutzend Verben mit nativen Stämmen." Dann zählt er das gute Dutzend auf, darunter blondieren, kurieren, glossieren, kutschieren, maskieren, probieren, spendieren - wie man sieht, lauter nichtnative Stämme! Selbst wenn man Kutsche völlig eingedeutscht findet, bleibt noch ein halbes Dutzend.
 
 

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