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19.09.2006
Birkenbihl kehrt zurück
Ein bemerkenswertes Signal aus der Welt der Bestseller
"Die Rechtschreibreform wurde eingeführt, um das Schreibenlernen und das Lesen zu erleichtern. Da sie in der Praxis jedoch das Gegenteil bewirkt, schreibe ich in dieser zweiten Auflage das Wort 'Schluss' wieder mit Schluß-ß als 'Schluß'."
(Vera F. Birkenbihl: „Das Falschschreib-Spiel“, 2. Auflage; siehe dazu hier)
(Diesen Hinweis verdanke ich der famosen Seite „Deutschland kehrt zurück“ bzw. „vernünftig schreiben“.)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.01.2016 um 16.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=625#31460
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Bin einem Hinweis Drägers nachgegangen und weiß nun auch, wie die kleine Bissula aussah:
In seiner zierlichen und leuchtenden Schöne, in der fast kindlichen Kleinheit seines ganzen Gliederbaus glich das Wesen weniger einer Menschenmaid, als einer Lichtelbin. Sie trug keinen Mantel. Das weiße Linnengewand mit kirschrotem Saum und gleichfarbigem, handbreitem Gürtel ließ Hals und Arme frei: blendend weiß wie Elfenbein leuchtete alles, was man von dem fast allzufein modellierten Leibe sah; dunkelrot dräuten die auffallend starken, in der Mitte beinahe zusammenstoßenden, sehr edel geschwungenen Brauen; aus den hellblauen Augen sprühten jetzt helle Blitze des Zorns. Mehr noch durch lebhafteste Anmut des Ausdrucks und durch die vollendete Zierlichkeit des kleingliedrigen Leibes fiel die Erscheinung auf, als durch regelmäßige Schönheit.
Denn – es kann nicht verschwiegen werden! – das reizend schnuppernde, neugierige Näslein ragte zwar nicht etwa in die Höhe, – gewiß nicht! – aber es war ein klein wenig zu kurz ausgefallen. Und da es nun auch an der Spitze jäh nach unten abfiel, war der Raum zwischen dem Näslein und der Oberlippe etwas lang geraten: so erhielt das ovale Gesicht in der Ruhe den Ausdruck eines halb wachsam erstaunten, halb schelmisch-übermütigen Ausblicks in die Welt.
Alles war an dieser zierlichen Libelle so zart und duftig gehalten, daß man das Mädchen fast noch ein Kind erachten mochte; aber die lieblich schwellenden Formen verkündeten anmutvoll das junge Weib. Und von höchstem, auch die Sinne berückendem Reiz war der, obzwar so kleine, doch sehr üppige, wie in scherzendem Schmollen aufgeworfene Mund: – so kirschrot, wie der Saum ihres Gewandes. – Ein Grübchen im Kinn, ja der ganz leise Ansatz sogar zu einem Doppelkinn verliehen dem Antlitz jene holdselige Weichheit, ohne welche Weibesschönheit kalt läßt. Das Auffallendste jedoch an dem wundersamen Elbengebilde war das Haar, das ganz lichthell-rote, dem Brandgelb der Flamme gleichende Haar, das Stirn und Schläfe umspielte in tausend mutwillig krausen, ganz kurzen Ringelchen: – je aus einem für sich allein gelockten Haar. Wie ebensoviele Dornen ein Röslein schienen sie das Gesicht schützend zu umhegen. Das übrige Haar war, nach suebischer Sitte, gegen den Wirbel hinaufgekämmt, hier zusammengeschnürt und flutete von da in prachtvollem, bedeutend dunkler gefärbtem Rot, wie ein Purpurstrom, über den blendend weißen Nacken bis tief über die Hüften herab.
Erotische Phantasie eines deutschen Professors, zugleich auch ein Stück Prosa aus der "Welt von gestern".
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.07.2013 um 17.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=625#23794
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Paul Dräger hat inzwischen Ausonius neu herausgebracht, die FAZ bespricht das Werk heute und hebt auch besonders die heiße Story um Bissula hervor, das blonde Mädchen aus dem Schwarzwald, dem alten Ausonius als Sklavin geschenkt, von ihm freigelassen, geheiratet und bedichtet usw. Vor allem aber lernte sie perfekt Latein von ihm, und die Parallele zu Eliza Dolittle und noch manches andere ist hier nachzulesen: http://gfa.gbv.de/dr,gfa,004,2001,a,09.pdf.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2011 um 09.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=625#19674
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Vera F. Birkenbihl ist am 3. Dezember verstorben. Näheres hier:
http://birkenbihlakademie-potsdam.de/themen/aktuelles/
Esoterik und Neuro-Wahn ...
Mit den Sprachkursen, die B. angeblich "gehirngerecht" entwickelt hat, habe ich leider keine Erfahrung.
In der Todesanzeige ist eine Traueradresse angegeben, aber unterzeichnet ist sie vom Bestattungsunternehmen.
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Kommentar von News-Ticker.org, 9. 12. 2006, verfaßt am 21.12.2006 um 10.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=625#7063
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Neues E-Book bei Ciando: Das Falschschreib-Spiel nach Birkenbihl – siehe hier.
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Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 18.10.2006 um 16.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=625#5913
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Im kürzlich publizierten Forschungsbericht "16 Jahre Ausonius-Forschung - ein Überblick" (in: Gymnasium 113, 2006, S. 359-382) äußert sich der Erlanger Philologe Joachim Gruber kritisch zu einer 2004 erschienenen Studienausgabe, vermerkt aber lobend dazu: "Besonders erfreulich ist jedoch, daß sich auch die Studienausgabe nicht der unsinnigen sog. neuen deutschen Rechtschreibung bedient."
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