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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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07.09.2006
 

Etwas außerhalb der Legalität
Ungereimtes in den Protokollen des Rechtschreibrates

In den Protokollen der Ratssitzungen spricht Güthert ständig vom „Präsidium“ und der „Geschäftsstelle“ des Rates, z. B. im Protokoll vom Februar 2006:
„Während die von Präsidium und Geschäftsstelle vorgeschlagene Tagesordnung wie vorgelegt genehmigt wird (…)“ und: „Zu den beschlussmäßig verabschiedeten Punkten wird vonseiten des Präsidiums kein Änderungsantrag gestellt.“ Eine Ausdrucksweise, die trotz ihrer Seltsamkeit von den Ratsmitgliedern nicht beanstandet wurde. Der Rat hat kein Präsidium, sondern einen Vorsitzenden, Zehetmair, der ohne weiteres beim Namen genannt werden könnte. Die „Geschäftstelle“ ist niemand anders als Frau Güthert selbst.
Der tiefere Grund dieser sprachlichen Verrenkungen ist folgender: Der Direktor des IDS, Eichinger, ist zugleich Dienstvorgesetzter der IDS-Angestellten Güthert. Im Rechtschreibrat sitzt er offiziell als einfaches Mitglied, übt aber tatsächlich von Anfang an die Funktion eines Nebenvorsitzenden und dazu des eigentlichen Leiters der Geschäftsstelle aus, mit der er eigentlich gar nichts zu tun hat. Vor allem aber leitet er gleichsam automatisch alle Arbeitsgruppen, die der Rat einsetzt, und stellt deren Arbeitsergebnisse im Plenum vor. Wie es zu dieser Vorzugsstellung gekommen ist, ließ sich bisher nicht klären. Der gleichsam natürliche Platzvorteil am Sitz Mannheim scheint mit dem Wunsch der KMK zusammengetroffen zu sein, ihre zuverlässigste Bastion, eben das Institut für deutsche Sprache, an dem die Rechtschreibreform entstanden ist, nicht aufzugeben. Gütherts eigentümliche Formulierung von „Präsidium und Geschäftstelle“ ermöglicht es Eichinger, in dreifacher Gestalt – als Ratsmitglied, als Nebenvorsitzender und als heimlicher Geschäftsführer – die Tätigkeit des Rates in KMK-konformer Weise zu lenken.

Wie sehr das IDS auch im Bewußtsein der Kultusminister immer noch die eigentliche Reforminstanz ist, verriet neulich der Minister Olbertz mit seiner unbedachten Äußerung: "Entscheidend ist das Regelwerk des Instituts für deutsche Sprache."



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Kommentare zu »Etwas außerhalb der Legalität«
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 07.09.2006 um 07.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=598#5448

Etwas außerhalb der Legalität läßt Mannheim verkünden, daß der "Wirbel" um die Reform vorbei ist und Erleichterung sich im Volk ("genau 84%") breitmacht - weil nun die gelben Empfehlungen endlich wieder für Einheitlichkeit sorgen:

[aus: http://www.firmenpresse.de/pressinfo22615.html]

Düsseldorf, 06. September 2006 - Stark verbreitet ist der Wunsch nach Einheit in der deutschen Rechtschreibung
Wie eine aktuelle Studie des Düsseldorfer Marktforschungsinstituts INNOFACT AG im Auftrag des Verlags Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG zeigt, ist für neun von zehn Deutschen richtiges und gutes Deutsch im Alltag wichtig. Rund zwei Drittel der Befragten sind der Meinung, dass um die Rechtschreibreform zu viel Wirbel gemacht wurde, und sind froh, dass das vorbei ist. Der Wunsch nach einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung ist ebenfalls sehr verbreitet: Genau 84 % vertreten die Ansicht, dass es nach der Verunsicherung durch die jahrelange Diskussion wichtig ist, dass es durch die Dudenempfehlung wieder eine einheitliche Rechtschreibung ohne Zweifelsfälle geben wird.

Die repräsentative Umfrage wurde von der INNOFACT AG im August 2006 durchgeführt.

[Wie denn die genauen Fragen lauteten, wird nicht mitgeteilt, auch nicht auf der Website von INNOFACT. Das ist ein "Full-Service-Marktforschungsinstitut", was wohl besagt, daß man sich da eine Meinung nach Wunsch bestellen kann.]
 
 

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