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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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07.09.2006
 

Recht tun
Zu einer kaum bemerkten Neuerung in der jüngsten Revision

Die Duden-Empfehlung von recht haben (gegenüber dem immer noch zulässigen Recht haben) wird man begrüßen. (Damit haben sie leider nur zu recht. [FAZ 25.8.06] – das kann man sich mit Großschreibung kaum vorstellen!)
Hier gibt es aber noch eine kaum bemerkte Neuerung. Bisher hieß es im Deutschen: Tue recht und scheue niemand! So steht es im Duden-Universalwörterbuch 2002, und dieselbe Schreibweise findet man auch noch im Duden 2004, gemäß revidierter Neuregelung. Erst die Revision 2006 bringt die Varianten recht tun/Recht tun, daher auch im Duden-Kasten 2006 du hast recht od. Recht daran getan, mit Duden-Empfehlung der Kleinschreibung. Ähnlich Wahrig 2006, nur ohne Empfehlung.
Diese Variante ist erst im letzten Augenblick eingeführt worden. Im Rechtschreibrat ging es eigentlich darum, die grammatisch falschen Großschreibungen Recht haben usw. zu korrigieren. Das geschah halbherzig durch Wiederzulassung der herkömmlichen Kleinschreibung als Variante; die Großschreibungen wurden nicht zurückgenommen, sondern es wurde erstmals auch Recht tun von der AG Groß- und Kleinschreibung hinzugefügt und dann in der Sitzung vom 3.2.2006 in einer pauschalen Abstimmung über die ganze Gruppe nicht mehr zurückgenommen, wie es – ebenfalls für die ganze Gruppe recht/unrecht behalten, bekommen, geben, haben und tun – immerhin beantragt worden war. Im Plenum scheint die Erweiterung der Gruppe gar nicht bemerkt worden zu sein; jedenfalls ist der Fall recht/Recht tun nicht gesondert diskutiert worden, obwohl er eine Neuerung gegenüber allen bisherigen Regelungen und Reformen darstellt.

(Recht tun und unrecht tun sind nicht ganz symmetrisch, denn man kann jemandem ein Unrecht oder kein Unrecht tun, aber kaum ein Recht oder kein Recht. Darum wird Unrecht tun auch häufiger groß geschrieben als Recht tun. In der Wendung recht/unrecht daran tun kommt Großschreibung praktisch nicht vor, hier ist der adverbiale Charakter klar.)



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Kommentare zu »Recht tun«
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Kommentar von GL, verfaßt am 08.09.2006 um 11.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#5470

Könnte seitens Duden über soviel Arglosigkeit, zu Unrecht oder zu Recht, nicht auch von einer Rechtsverdrehung gesprochen werden?
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 26.04.2007 um 20.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8344

Naja, wenn's das Korrekturprogramm hörigen Journalisten so zu Recht macht, dann ist eben auch "Single" ein prädikatives Adjektivsubstantiv: "Reese Witherspoon ist Single und wieder zu haben. Auch sie wurde in die Liste aufgenommen. Zu recht, wie man sieht." (www.welt.de)
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 27.04.2007 um 08.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8345

Natürlich. Man würde ja auch schreiben: "X ist Junggeselle und wieder zu haben."

Ich empfinde im Deutschen das Wort "Single" eher als Substantiv denn als Adjektiv. Ich würde immer schreiben "Ich bin Single."
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 27.04.2007 um 09.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8346

Naja, die Einbürgerung fremder Wörter folgt natürlich verschiedenen Gesetzmäßigkeiten. "Junggeselle" ist jedoch klar ein schwaches Substantiv, und "single" ist eben in einer der unseren doch nicht so weit entfernt verwandten Sprache — bei aller Konvertabilität der Wörter im Englischen — zuförderst ein Adjektiv. Bin ich denn im Deutschen schon "ein Single", wenn ich wieder zu haben bin? Sind mehrere von dieser Art "Singles", — oder ginge man vielleicht wegen der vielen "Single" auf eine Party? Bei "ich bin Schuhmacher/Jungfrau/Großvater/ ein [!] Computerfreak" sind wir die anderen Formen, die zur Wortart gehören und diese bestimmen, gewohnt; bei "single" bin ich sie nicht gewohnt, — jedenfalls noch nicht. Aber ich nehme ja auch nicht an allen wohl durchaus möglichen Gesprächen teil. Natürlich müssen nicht immer alle Formen gang und gäbe sein, aber auch wenn man nicht sagt, "ich bin Unverheiratete/Unverheirateter", so sagt man doch "ich als Unverheiratete/Unverheirateter". Doch Ihrer Empfindung zu diesem Wort, lieber Herr Gerdes, entnehme ich, daß es über einen kurzen Besucherstatus hinaus ist und merkbar schon substantielle Gastarbeiterarbeit leistet.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 27.04.2007 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8347

Werter Herr Ludwig.

Auch "handy" ist in einer der unseren doch nicht so weit entfernt verwandten Sprache — bei aller Konvertabilität der Wörter im Englischen — zuförderst ein Adjektiv. Ich darf aber doch wohl hoffen, daß Sie sich über Kleinschreibung des in der eingedeutschten Form als üblicher Begriff für "Mobiltelefon" verwendeten Wortes "Handy" zumindest wundern würden.

Ja, auch ich empfinde "Single" im Deutschen als Substantiv. Und auf einer Singleparty tummeln sich im üblichen Sprachgebrauch tatsächlich Singles – ebenso wie in manchem Schallplattenregal.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 28.04.2007 um 19.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8368

Auch Herrn Bluhmes Einwurf entnehme ich, daß "single" über einen kurzen Besucherstatus hinaus ist und merkbar schon substantielle Gastarbeiterarbeit leistet; und weiteres Nachschlagen zeigt mir jetzt sogar, daß nicht nur er und Herr Gerdes hier richtig empfinden, sondern in diesem Fall der Sprachgebrauch überhaupt schon weiter fortgeschritten ist, als ich dachte, und in Wörterbüchern die Einbürgerungsurkunde schon notarisiert ist. Auf den angegebenen Gebrauchsfeldern (Singlesparties, Schallplattenregalen) bin ich eben nicht so zu Hause. — Beim deutschen "Handy" handelt es sich allerdings um eine im nicht-englischen Sprachraum erfundene Bezeichnung; aber auch wenn da ein englisches Wort bestenfalls nur Pate gestanden hat, zeigt seine Geschichte eine der Einbürgerungsgesetzmäßigkeiten. Der Single "(m [Alleinstehender])" und die Single "(f [Schallplatte])" und das Single "(nt [Tennis etc.])" sind also zu vollem Recht in der deutschen Sprache. Bleibt nur noch die Frage: Ist Reese Witherspoon immer noch eine Single? Ich meine, ist sie immer noch single oder nicht? Sie sieht sehr gut aus ...
 
 

Kommentar von "Germanist", verfaßt am 29.04.2007 um 00.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8370

Die bisexuellen englischen Substantive können zu Fettnäpfchen werden: Semantisch korrekt wäre "der Single Eva N., der ...". "Die Single Eva N." könnte auch bedeuten, sie rede so viel wie eine Schallplatte, ebenso wie die Frage "Sind Sie eine Single?" Es ist wie beim Teenager.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 30.04.2007 um 16.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#8380

Na, wenn schon, denn schon: Da hätten wir nämlich ein Adjektivsubstantiv, und semantisch korrekt wäre wohl für die Unverheirateten "der/die/das Single" (ich würde ja auch das noch oder schon wieder unverheiratete Teenagerstarlet Evchen N. nicht vergessen wollen). Mit dem dann allerdings semantisch korrekten Plural "die Single" freundet sich wohl keiner mehr an, da sich "die Singles" schon überall tummeln. Beim "Teenager" liegt das alles etwas anders; da hat sich aus "dem [unadjektivischen] Teenager Eva N." mit den Jahren eben "die [substantivierte] Single Eva N." herausgemacht.
Zur Diskussion steht natürlich auch, von wo ab ein Adjektiv klar ein Substantiv geworden ist, d. h., ohne das implizierte Substantiv auskommen kann. Deshalb ist auch "Unter den ersten Zehn befinden sich neben Jessica Alba noch weitere US-Schauspielerinnen, wie [...]" heute in der *Welt* (www.welt.de/vermischtes/article842353/Die_100_heissesten_Frauen_der_Welt.html) derart interessant, das ich also nur mit den Schultern zucken kann.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 06.11.2009 um 10.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#15221

Wolfgang Schäuble ist 67 Jahre alt, er muss es niemandem mehr Recht machen (...)

SPIEGEL Nr. 45/2009, Seite 26
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 17.06.2010 um 10.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#16387

Sprachexperte Bastian Sick in seiner Zwiebelfisch-Kolumne:

Und die Bewohner der Nachbarinsel Sardinien könnten sich zurecht beschweren ...

www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,700730,00.html#ref=top
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.08.2010 um 08.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#16745

Pia-Luisa Lenz im Gallmann-Fieber:

Wenn ich mein Hähnchen auch fleischlos essen kann, soll mir das nur Recht sein.

www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,712335,00.html
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 20.08.2010 um 15.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#16747

Alle uns're Recht Täter könnens nur, weil sie Vorsichts halber mit dem BGB unter'm Arm herum laufen. Und sollten sie "Tue recht und scheue niemand" hören fragen sie erst ein Mal, vor sichtig und zurecht: "Was ist das?"
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2016 um 18.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=597#31449

Zum Haupteintrag noch eine Beobachtung, auf die ich gerade erst im Gespräch mit einem Mitstreiter gekommen bin:

Im Duden (25. Aufl.) steht im Kasten:

Kleinschreibung – Großschreibung (jeweils mit vielen Beispielen, alles wie vor der Reform) – Groß- oder Kleinschreibung, und unter dieser letzten Überschrift:

- du hast recht [empfohlen] od. Recht daran getan
- recht [empfohlen] od. Recht haben; wie recht sie hat!; du hast ja so recht!

(...)

(Ich habe den Gelbdruck durch [empfohlen] ersetzt.)

Es ist anzunehmen, daß die Dudenredaktion nur wie recht sie hat, du hast ja so recht für richtig hält, aber dann hätte beides (auch) unter „Kleinschreibung“ eingeordnet werden müssen. Wie es jetzt dasteht, muß es dem Leser suggerieren, daß Großschreibung möglich, aber nicht empfohlen ist. (Das muß man auch aus den knappen Einträgen im amtlichen Wörterverzeichnis schließen.) Ich nehme an, daß die Redaktion absichtlich vage formuliert, um nicht anzuecken.
 
 

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