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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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21.07.2006
 

Jeden Tag eine neue Epoche
Und ihr könnt sagen, ihr seid dabeigewesen!

"Der neue Duden 1 ist eine Meilenstein in der Orthografiegeschichte." Das teilte Brockhaus-Vorstandssprecher Alexander Bob vorgestern brieflich mit. Er könnte recht behalten, weil ja auch am Weg zum Friedhof Meilensteine stehen könnten.

Wieder einmal staunt man, wie viele Zeitungen als "Rezension" ausgeben, was sie einfach aus dem reichhaltigen Duden-Werbematerial abschreiben. Sogar ein fingiertes Interview mit dem Dudenchef ("Herr Dr. Wermke, was ist das Besondere am neuen Duden?") liegt bei und wird fleißig exzerpiert.

Die Nürnberger Nachrichen bringen auf S. 2 des Hauptteils eine wohlwollende, vom Duden bebilderte Vorstellung des neuen Rechtschreib-Evangeliums. (Wir haben die Zeitung jetzt endgültig abbestellt.)

Die "Süddeutsche Zeitung" hat entschieden, keine reformkritischen Texte mehr zu drucken. So kam es zu den Beiträgen von Lothar Müller und Hermann Unterstöger. Der bei mir bestellte und rechtzeitig gelieferte Beitrag über den Duden konnte also nicht erscheinen. Ich habe mein Dossier "Der Fall Unterstöger" entsprechend ergänzt und werde hier bald eine Neufassung vorlegen.

Mir kam die Absage natürlich gelegen, weil ich so die Möglichkeit bekam, in der F.A.Z. etwas Umfassenderes zu machen, so daß die Leser nun verhältnismäßig gut informiert sind.

Erstaunlich auch, wie wenige Journalisten überhaupt bemerken, daß die Buntheit des Duden kein Qualitätsnachweis ist.



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Kommentare zu »Jeden Tag eine neue Epoche«
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Kommentar von jms, verfaßt am 21.07.2006 um 09.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=560#4911

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hat sich mit einer Ausnahme die gesamte deutsche Presse zum PR-Büttel der Kultusminister und des Dudenverlags gemacht. Das ist schlimmer als ein Armutszeugnis, das ist das Niveau der gleichgeschalteten Presse in Diktaturen. Der Fall der Rechtschreibreform lehrt uns, daß der heutige Journalismus im Ernstfall nicht der Wahrheit und den Lesern, sondern dem Verleger, der Auflage (Quote) und der Staatsräson verpflichtet ist.
 
 

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