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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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18.06.2006
 

Fuß breit Boden
Der neue Wahrig steckt voller Merkwürdigkeiten

Die Handvoll ist wiederhergestellt, die Hand voll aber noch nicht aufgegeben, bezeichnenderweise nur mit unverfänglichen Beispielen wie eine Hand voll Pilze (aber auch zwei Hand (!) voll Körner), nicht aber etwa eine Hand voll Leute.
Überraschenderweise werden durch die Revision – was ich bisher wohl übersehen hatte – sogar die Hand breit (eine Hand breit Stoff) und der Fuß breit (ein Fuß breit Boden) als neue Varianten eingeführt, ohne daß der Rechtschreibrat je darüber gesprochen hätte. Vielleicht wäre er darauf gestoßen, daß eine Hand zwar voll Pilze sein kann, aber nicht breit Stoff. Das amtliche Wörterverzeichnis, in dem all dies nachzulesen ist, hat eine von niemandem kontrollierte Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Wahrig-Redakteurin hergestellt, es hat dem Rat nicht mehr vorgelegen.

Seltsamerweise ist auch morgen Früh noch vorgesehen, obwohl nicht mehr in der amtlichen Revision enthalten.

Leider läßt sich im Wörterverzeichnis nicht erkennen, was sich gegenüber 1996 und 2004 geändert hat. Blau gedruckt sind nämlich nur die Neuerungen gegenüber dem Duden von 1991. Folglich stehen zu eigen machen, guttun und viele andere Wörter wieder so da wie im Duden von 1991, als hätte man ihnen seither kein Haar gekrümmt, und doch mußte das eine zehn Jahre lang groß, das andere getrennt geschrieben werden. Daß seit 1996 in Hunderten von Fällen ganz andere Schreibungen „gültig“ und laut Dekret der Kultusminister auch „üblich“ waren, Schreibweisen, die seither in Millionen von Wörterbüchern, Schulbüchern und Kinderbüchern stehen, wird kaschiert, die peinlichste Periode der deutschen Sprachgeschichte damit stillschweigend entsorgt.



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Kommentare zu »Fuß breit Boden«
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Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 29.06.2015 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=532#29299

"Und gaben sich der bequemen Illusion hin, dass eine Hand voll Troika-Beamte Griechenland mal eben den Schlendrian austreiben könne." (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/referendum-in-griechenland-waehrungsunion-selbst-schuld-a-1041075.html)

"Troika-Beamte" ist hier wohl nur bei "Handvoll" möglich, ansonsten würde man eher "Beamten" oder "Beamter" verwenden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2006 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=532#4485

Die EU bringt es mit sich, daß ungeheure Mengen Wein der "Verspritung" zugeführt werden. Dadurch richtet der Alkohol wahrscheinlich weniger Schaden an, als wenn er in die Köpfe der Leute stiege. Aber was den Rechtschreiber interessiert, ist die Schreibweise. Soweit ich sehe, hat "Spritt" nie auf der Wunschliste der Reformer gestanden, obwohl es durch "verspritten" längst zu einem Silbengelenk gekommen ist.
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 29.06.2006 um 13.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=532#4482

Ein Musterbeispiel für das, was die Reform angerichtet hat, steht hier:

Mehrere hundert Menschen erlitten durch Aprikosen bis Tennisball große Hagelkörner Schnittwunden am Kopf. ...

Auf den Straßen stand das Wasser mehrere Hand breit hoch ...
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.06.2006 um 01.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=532#4350

Auch eine Hand voll Pilzen ist möglich, wird vom Wahrig aber offenbar unterschlagen (vgl. Duden Bd. 9, 1985, S. 736).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.06.2006 um 00.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=532#4349

Ist nun "zwei Fuß breit", "drei Hand breit" und "vier Hand voll" oder "zwei Füße breit", "drei Hände breit" und "vier Hände voll" grammatisch richtig?
 
 

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