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23.05.2006
Goethe-Institut
Ein trauriger Fall
»Position des Goethe-Instituts zur Einführung der Rechtschreibreform (www.goethe.de)
Am 30. März 2006 wurden die Regelungen zur neuen Rechtschreibung von der Konferenz der Ministerpräsidenten beschlossen und treten am 1. August 2006 deutschlandweit in Kraft. Die an der Reformdiskussion beteiligten anderen deutschsprachigen Länder haben ihre Bereitschaft signalisiert, die Reform ebenfalls wirksam werden zu lassen.
I.
Etwa 20 Millionen Menschen lernen derzeit weltweit die deutsche Sprache. Seit 1998 tun sie das an unseren Instituten gemäß den Regeln der neuen Rechtschreibung und diese sind auch Basis für die Fortbildungsveranstaltungen für Deutschlehrer. Das Goethe-Institut hat die neuen Regeln von Anfang an sowohl für den Unterricht als auch bei seiner Materialproduktion übernommen.
II.
Mit der verbindlichen Einführung der neuen Rechtschreibung wird an den Goethe-Instituten im In- und Ausland nunmehr ausschließlich die neue Rechtschreibung verwendet.
III.
Auch für Tests und Prüfungen ist ausschließlich die neue Rechtschreibung verbindlich.
IV.
Das Goethe-Institut ist bereit - und hat dies in Ansätzen auch schon getan , die mit der Reform befassten Gremien dabei zu unterstützen, schnellstmöglich Klarheit in die noch strittigen Punkte zu bringen - hier besonders aus Sicht der Personen, die Deutsch als Fremdsprache lehren und lernen. Das Goethe-Institut ist ferner bereit, mit seinen Erfahrungen als weltweit tätige Institution die Wörterbuchverlage bei der „Nachführungsarbeit“ zu unterstützen. Dabei kann das Goethe-Institut insbesondere die Perspektive der Deutschlernenden im Ausland einbringen.
V.
Die Verabschiedung des neuen Regelwerks wird zu einer baldigen Vereinheitlichung der Schreibweisen beitragen. Die bisherige Praxis einiger Zeitschriften und Zeitungen und von Teilen des Literaturbetriebs, die alte Schreibweise zu nutzen, hat im Ausland immer wieder zu Irritationen und Verunsicherung geführt, welche der Werbung für Deutsch als Fremdsprache entgegenarbeiten.
VI.
Die vielfältigen Auseinandersetzungen über diese oder jene zu bevorzugende Schreibweise offenbaren eine Wertschätzung, eine Liebe zum sprachlichen Detail, ein Ringen um Wortreichtum und Ausdrucksvermögen, das vor allem eines zeigt: wie wichtig die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache ist. Dies wird vom Goethe-Institut ausdrücklich unterstützt.
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online-redaktion@goethe.de
März 2006«
Nachbemerkung: Da gab es doch mal eine Resolution der Führungsgremien gegen die RSR, die allerdings sofort unterdrückt und daher auch kaum bekannt wurde. Wie der neue Text sehr richtig sagt, hat man ohne Not sofort und gründlich gekuscht und gibt die Schuld an der Verwirrung den widerspenstigen Zeitungen und Verlagen. Die Präsidentin sucht unterdessen nach dem schönsten deutschen Wort ...
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Kommentare zu »Goethe-Institut« |
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2009 um 16.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14103
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Als der Langenscheidt-Konzern den Brockhaus an Bertelsmann verkauft hatte, gab er - im Dezember 2008 - bekannt, er wolle sich jetzt u. a. auf den Duden konzentrieren. Nun sagt aber Cornelsen-Geschäftsführer Bob, daß die Verhandlungen zur Übernahme des Dudenverlags schon mehrere Monate gelaufen waren. Es stimmte also alles nicht.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 21.03.2009 um 19.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14101
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Schon aus kartellrechtlichen Gründen wird Cornelsen die Verbindung mit Wahrig nun wohl wieder lösen. Für Bertelsmann stellt sich damit die Frage, ob man das Wahrig-Engagement überhaupt fortsetzen möchte; gewinnbringend kann es ja kaum sein.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2009 um 16.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14099
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Das Nebeneinander der Wahrig- und der Dudenreihe ist in der Tat auf längere Sicht wohl nicht möglich. Bertelsmanns Wahrig-Reihe ist schon rein äußerlich dem Großen Duden so sehr nachempfunden (man denke an die geradezu lächerliche Ähnlichkeit auch im Titel zwischen "Richtiges und gutes Deutsch" und "Fehlerfreies und gutes Deutsch"), daß im hiesigen riesigen "Thalia" immer wieder Wahrig-Bände in das Dudenregal geraten, weil man sie eben äußerlich kaum auseinanderhalten kann.
Wermke hat seine Sache - unter den Verlagsvorgaben - nicht einmal schlecht gemacht. Ob die selbstzerstörerische Vierfarbigkeit des Rechtschreibdudens auf ihn zurückgeht, weiß ich nicht. Ziemlich ins Gewicht fallen dürfte auch die ungeheure Werbung - bei einem doch verhältnismäßig bescheidenen Unternehmen.
Die Rechtschreibreformer waren überwiegend Dudenfeinde, und wenn Wolfgang Mentrup, einer der Hauptreformbetreiber, nicht längst ausgeschieden wäre, würde man das noch heute deutlicher zu sehen bekommen. Aus seiner letzten großen Veröffentlichung, die ich wegen ihrer geradezu verrückten Züge etwas ausführlicher besprochen habe, geht der Duden-Haß klar hervor. (Es war auch ein Drosdowski-Haß.) Blüml, der ÖWB-Mann, hat ja auch kein Blatt vor den Mund genommen, was das "eigentliche Ziel" der ganzen Rechtschreibreform betrifft.
Die Übernahme ist noch nicht das Ende des Dudenverlags, und den Wert des Namens wird auch der neue Eigentümer zu nutzen versuchen. Aber es wird sicher ziemlich gründlich aufgeräumt und verschlankt werden - und die Reform wird in dem potenteren Schulbuchkonzern einen noch stärkeren Rückhalt finden, auch was die Verhinderung weiterer Revisionen angeht. Eisenberg ist übrigens auch mit Cornelsen verbandelt, nicht nur mit Duden und Bertelsmann. Überhaupt sollte man die Zusammensetzung des Rechtschreibrates einmal neu analysieren. Es gibt fast keine unabhängigen Leute mehr.
Nachtrag: Den Duden braucht jeder, siehe
http://www.myvideo.de/watch/1868008/Perverser_Duden
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Kommentar von Marconi Emz, verfaßt am 21.03.2009 um 12.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14098
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Die seit 1996 durch die Rechtschreibreform unumgängliche und dann gleich mehrfache Umarbeitung des gesamten Duden-Sortimentes einschließlich der PC-Programme dürfte derart aufwendig und extrem teuer geworden sein, daß dies auch durch die vorübergehend höheren Verkaufszahlen beim Standard-Duden und bei den Schulbüchern nicht mehr ausgeglichen werden konnte.
Aber wenn der Wahrig bisher von Bertelsmann und Cornelsen gemeinsam herausgegeben wurde, holt man sich mit dem Duden ja einen direkten Konkurrenten ins Haus. Wie soll das auf die Dauer funktionieren? Ich vermute, daß man Wahrig und Duden zu einem neuen Wörterbuch (vermutlich mit dem weiterhin werbewirksamen Namen Duden) verschmelzen wird. Immerhin ist dieser Umbruch eine sozusagen historisch einmalige Gelegenheit, den bekennenden Reformfreund Dr. Wermke in den Frühruhestand zu schicken oder, wie es so schön heißt, dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen. Ich freue mich schon jetzt auf die diesbezügliche verschämte Verlagsmeldung.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2009 um 04.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14097
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Daß der Dudenverlag übernahmereif ist, ahnten wir ja schon lange. Ich hatte eigentlich mit Bertelsmann gerechnet, auch wegen der bereits bestehenden Zusammenarbeit, aber das ist wohl kartellrechtlich nicht möglich. Alexander Bob war 2007 bereits von Mannheim nach Berlin gewechselt.
Wohin es mit Duden gekommen war, zeigt wohl nichts deutlicher als das "Outsourcing" zentraler Aufgaben (Rechtschreibung!) an Laien wie Christian Stang. Neulich sah ich einen umfangreichen Band von Duden im Regal, der "auf der Grundlage" von Stangs Heften erarbeitet war. Das muß man sich einmal vorstellen!
Möglicherweise kann sich Cornelsen qualifiziertere Mit- und Zuarbeiter leisten. Ob es aber das "Große Wörterbuch" und etwas ehrgeizigere Sachen wie z. B. Etymologie und wissenschaftliche Grammatik noch geben wird?
Aber uns interessiert natürlich vor allem die Frage: Welchen Anteil hatte die Rechtschreibreform am Niedergang des Dudenverlags?
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Kommentar von AH, verfaßt am 20.03.2009 um 18.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14096
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Nur zur Nachricht:
Cornelsen übernimmt Duden! (Heute auf: heise.de)
Mir ist schlecht!
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.03.2009 um 16.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#14095
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(Aus einem Interview des Deutschlandfunks mit dem Präsidenten des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, 20.3.2009)
Heinemann (Deutschlandfunk): Gestört ist allerdings die Beziehung zur Rechtschreibung, und das spätestens seit der Rechtschreibreform. Viele ältere Menschen schreiben so, wie sie es vor Jahrzehnten in der Schule gelernt haben. Die Jungen lernen die neue Schreibweise heute in den Schulen. Das wäre in unserem Nachbarland vermutlich undenkbar.
Lehmann: Das ist auch wieder ein Punkt, der unterschiedlich ist. Frankreich hat eine Art Regulierungsbehörde für seine Sprache, die Akademie. Man passt genau auf, dass keine Anglizismen in die Sprache wandern, sondern man säubert sie, man übersetzt, man findet Ausdrücke. Die deutsche Sprache hat keine zentrale Regulierungsbehörde und ich bin auch, muss ich ganz offen sagen, sehr froh darüber, weil das das Deutsche letztlich in seiner Vielfältigkeit, auch in seiner Vieldeutigkeit zu einer Sprache gemacht hat, die genau für die Kultur, für die Philosophie, für die Philologie eine deutliche Attraktivität hat. Also wir unterscheiden uns deutlich im Charakter, wie wir mit Sprachen umgehen.
Heinemann: Aber da ist doch die Frage, ob man Schifffahrt jetzt mit zwei oder drei F schreibt, unerheblich, oder?
Lehmann: Die Rechtschreibung ist für meine Begriffe, diese Reform, die da eingeleitet worden ist, eigentlich etwas, was nicht der Tradition der Entwicklung der deutschen Sprache wirklich entsprochen hat. Das war für mich ein Nebenweg - und er ist ja letztlich auch in der Öffentlichkeit so wahrgenommen worden - und im Grunde ist die Reform halbherzig abgeschlossen worden. Man hätte sie gar nicht erst beginnen sollen.
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Man hätte gar nicht erst mitmachen sollen, und man könnte immer noch zurück, wenn man denn wollte. Aber man setzt die Reform, die man eigentlich ablehnt, an vorderster Front durch – und drückt sich daher nicht sehr klar aus.
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Kommentar von Biertrinker, verfaßt am 31.05.2006 um 21.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4238
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Vergessen wir nicht, daß es seit einiger Zeit einen deutlichen Rückbautrend gibt. Dier weitere Verlauf des Open-Source-Projekts "Rechtschreibreform" kann deshalb in behutsamem Zurückrudern bestehen.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 31.05.2006 um 19.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4237
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Mal ganz anders gefragt: Ist denn schon raus, wer sich langfristig als führender Reformerkopf durchsetzen wird – Gallmann oder Eisenberg?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2006 um 18.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4236
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Wie ich im Radio höre, soll es ein Hartz-IV-Optimierungsgesetz geben. Das ist wirklich ein hübscher Einfall, und ich empfehle, dem Rechtschreibrat die Aufgabe der Rechtschreibreformoptimierung zu übertragen. "Optimieren" - zu deutsch "verbesten" - hat mir schon immer gut gefallen.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 31.05.2006 um 14.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4235
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Ich gebe aber zu bedenken, daß in diesem Sinne nur die Kultusminister konsequent waren und sind.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.05.2006 um 13.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4234
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Eben: Konsequent ist etwas anderes.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 31.05.2006 um 11.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4233
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> Einige dicke Bosse in der Presselandschaft müßten ihren Irrtum konsequent bekennen
Wir sollten nicht ungerecht sein. Einige haben das doch getan.
Und sie tun es sogar zum wiederholten Mal, indem sie noch einmal umstellen (diesmal aber in die falsche Richtung).
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.05.2006 um 10.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4232
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Ein Rat oder ein Gremium von "Experten" und "Vertretern" läßt sich ohne weiteres bei Bedarf wieder neu einberufen oder auch neu gründen. Wenn es politischen Ärger geben sollte darüber, daß die aktuell von den Wörterbüchern ausgegebene Rechtschreibung der letzten offiziellen Fassung widerspricht*, können sich die Herren Stillemunkes, Krimm, Funk usw. beziehungsweise ihre Nachfolger wieder zusammensetzen und ein schönes Anschreiben der Kultusminister an ungefähr dieselben Vereinigungen absenden, die im Rat vertreten waren. Auf solch ein Schreiben folgt normalerweise eine pflichtgetreue Antwort. Positiv reagieren: das würden also viele tun. Wieder käme ein Abnickverein zustande, der irgendwelche von den Reformtruppen vorbereiteten Änderungen nach mehr oder weniger überflüssigen Besprechungen durchwinkt. Die Kultusminister sprechen ein paar segnende Worte zu dem Vorgang, und dann haben wir das nächste Level des Games Rechtschreibreform erklommen. So einfach ist das!
* Was wären die Aussichten einer juristischen Anfechtung für diesen Fall? Wen müßte man verklagen? Zum Beispiel das Haus Duden, weil es die Rechtschreibreform nicht korrekt wiedergibt? Oder die Kultusministerien als für die Rechtschreibung "zuständige Stellen", weil sie ihrer Aufsichtspflicht nicht gerecht werden? (Ich kann – als Laie – keine besseren Aussichten als bisher erkennen.)
Ich sehe das Hauptproblem darin, daß die Presse diesen ganzen Scheiß, auf deutsch gesagt, mitmacht und deshalb auch ihr Mantra weiterpflegen wird: Wer immer noch gegen die Reform ist, gehört ja wohl zum uralten Eisen; wir sind es den Kindern schuldig; das Rad kann nicht zurückgedreht werden, wir können die Nachbarländer nicht vor den Kopf stoßen, wir müssen leider. Einige dicke Bosse in der Presselandschaft müßten ihren Irrtum konsequent bekennen, damit sich das ändert. Das werden sie aber sowenig tun wie die Politiker, denen die Medien mit erhobenem Zeigefinger mangelnde Fähigkeit zur Fehlerkorrektur vorzuwerfen pflegen, oder?
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 31.05.2006 um 08.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4231
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Im Gegensatz z.B. zu Herrn Wagner messe ich dem Rechtschreibrat und seiner Tätigkeit für die Zukunft keine nennenswerte Bedeutung mehr zu. Der Rat handelt im Auftrag der KMK. Diese wünscht jedenfalls eines nicht: weitere öffentiche Diskussionen und "Verunsicherung" an den Schulen. Aus dieser Sicht hat der Rat seine Aufgabe erfüllt; was noch etwa an Änderungsvorschlägen von ihm kommen sollte, würde nur als störend empfunden. Man wird ihm nicht direkt das Mandat entziehen, sondern ihn einfach durch Nichtbeachtung allmählich absterben lassen. Aber auch die meisten Mitglieder des Rates sind an weiteren Änderungen nicht interessiert - warum sollten sie? Vielmehr wird sich die bereits erkennbare Tendenz fortsetzen, daß die Wörterbuchverlage still und heimlich die Reform nach und nach aufrollen. Dies wird kaum auf Widerstand stoßen, da auch die Hauptbetroffenen, die Lehrer, die Reformschreibung sowieso nicht beherrschen. - Vom Vorsitzenden läßt sich noch nicht vorhersagen, wie er agieren bzw. taktieren wird. Für Überraschungen ist er durchaus gut. An der nächsten Sitzung des Rates werden nur noch wenige Mitglieder teilnehmen, darauf könnte ich wetten. Womöglich ist er gar nicht mehr beschlußfähig, und das wäre es dann gewesen. - Noch eine Frage: Ich meine mich zu erinnern, daß nicht die Kommission selbst die Unabhängigkeit von den staatlichen Stellen bezüglich Korrekturen verlangt hat, sondern die Idee anderswo geboren und in die Welt gesetzt wurde.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 21.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4229
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Da wir gerade dabeisind, olle Kamellen hervorzukramen, habe ich hier gleich noch etwas, was eine Auffrischung vertragen könnte:
Deutsches P.E.N.-Zentrum gegen Rechtschreibreform
Auf seiner Jahrestagung in Potsdam hat sich das deutsche P.E.N.-Zentrum heute, am 14. 5. 2004, mit dem Stand der Verhandlungen um die Rechtschreibreform befaßt. Die versammelten Mitglieder verabschiedeten die folgende Entschließung:
Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung wurde am 1. 8. 1998 in Kraft gesetzt, sie ist seitdem Grundlage des Rechtschreibunterrichtes an den Schulen und für die öffentliche Verwaltung bindend. Zur Abfederung des Übergangsprozesses gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. 7. 2005. Innerhalb dieser Frist wurden aufgrund umfangreicher Proteste von der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung Vorschläge zur Modifizierung des Regelwerkes erarbeitet, das zum 1. 8. 2005 allgemein verbindlich werden soll. Bei diesen Anpassungen wurden einige Einwände der zahlreichen Kritiker berücksichtigt, zu einer wirklichen Reform der umstrittenen Neuregelung ist es aber nicht gekommen, neue Verwirrungen sind entstanden.
Der P.E.N. war durch seine Mitgliedschaft im Beirat zur deutschen Rechtschreibung an der Diskussion formal beteiligt. In seiner Arbeitsweise und Zusammensetzung hat sich der Beirat allerdings als weitestgehend untaugliches Organ zur Vertretung der professionell Schreibenden erwiesen.
Wir fordern daher die Rücknahme der Reform und die Wiedereinsetzung der bis zum 1. 8. 1998 gültigen Regelungen.
In Zukunft soll die Zwischenstaatliche Kommission bevollmächtigt werden, in einem Fünfjahresrhythmus alle orthographischen Veränderungen, die unterhalb von »Änderungen von grundsätzlicher Bedeutung« liegen, ohne Entscheidung der Kultusministerkonferenz anzuordnen. Das deutsche P.E.N.-Zentrum spricht sich gegen diese Befugniserweiterung aus und unterstützt den offenen Brief der Akademien der Wissenschaften und der Künste in Deutschland vom Februar 2004, in dem an die verfassungsmäßig verankerte Verantwortung der Kultusminister appelliert und die Beteiligung unabhängiger sprachwissenschaftlicher Instanzen verlangt wird.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 21.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4228
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Natürlich ist der Stand von 2006 unfertig: Spätestens 2011 wird der Rechtschreibrat seinen nächsten Bericht vorlegen, was eine erneute Reformstufe bedeutet. Die Ausrichtung dieser nächsten Reform ist bereits absehbar: Normalerweise verringern neue Rechtschreibnormen die Zahl der Varianten, 2006 passierte aber genau das Gegenteil. Das muß natürlich korrigiert werden.
Außerdem vermute ich, daß die Reform – zumindest aus der Sicht einiger Ratsmitglieder – solange unfertig ist, bis nicht doch noch die Großschreibung radikal reformiert worden ist. Aber selbst wenn das nicht der maßgebliche Antrieb ist, so ist bereits der notwendige Nachweis der Existenzberechtigung des Rechtschreibrats Antrieb zu weiteren Reformen – zumindest solange sich die im Rat vertretenen Institutionen bzw. ehrgeizige Ratsmitglieder davon Vorteile erhoffen. Letzteres ist überhaupt ein wichtiger Punkt; in diesem Zusammenhang erinnere ich an die Begründung der Ablehnung der Erstattung der Reisekosten für die Treffen des Rats durch die KMK: »Die Kultusministerkonferenz ist bisher davon ausgegangen, daß die im Rat vertretenen Einrichtungen selbst ein originäres Interesse an der Mitwirkung im Rat haben, und hat daher eine Übernahme der Reisekosten nicht vorgesehen.« (siehe hier)
Man vergleiche auch die jetzige Situation mit der von Anfang 2004: Damals wollte die Zwischenstaatliche Kommission als Dauereinrichtung (was sie laut Artikel III der Wiener Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung ja bereits war) auch die Zuständigkeit für Regelwerksänderung übertragen bekommen, ausgenommen solche »von grundsätzlicher Bedeutung (z.B. die Einführung der Kleinschreibung von Substantiven)«. Dies gelang aber wegen des Bekanntwerdens der entsprechenden Beschlußvorlage für die KMK-Amtschefskommission „Rechtschreibung“ (siehe hier) nicht.
Der an die Stelle der Kommission getretene Rat ist zwar auch als Dauereinrichtung konzipiert (Prof. Ickler: »Der „Rat“ soll ja unter anderem Namen und in leicht veränderter Zusammensetzung genau das sein, was die Kommission nicht sein durfte.« [Quelle]), hat aber diese „Kompetenz“ nicht zugesprochen bekommen – obwohl manche Politiker froh wären, wenn sie das ganze Thema nichts mehr anginge (Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz Ende März 2006: »Wir machen sowas nie wieder.« [Quelle]). In einem Punkt aber hat sich die Kommission mit ihrem 2004er Ansinnen doch noch durchgesetzt: Das Berichtsintervalll des Rats beträgt fünf Jahre (Ziffer 3.5 des Ratsstatuts; siehe hier). Deshalb gibt es spätestens (2006 + 5 =) 2011 die nächste Rechtschreibreform(stufe).
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Kommentar von borella, verfaßt am 26.05.2006 um 10.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4173
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Ist bekannt, welche strittigen Punkte im Paragraph IV gemeint sind? Der Stand vom März 2006 wird also als unfertig verstanden?
Und was ist mit Paragraph VI? Er relativiert doch eigentlich die anderen Paragraphen und drückt in meinem Verständnis (passive) Sympathie mit Kritikern aus?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.05.2006 um 18.13 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4169
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Zur Resonanz der Reform im Ausland gibt es eine fast fertiggestellte Dissertation. Was das Goethe-Institut betrifft, so laßt alle Hoffnung fahren! Schon die finanzielle Abhängigkeit macht es erpreßbar, aber das ist wohl nicht einmal notwendig. Man ist auch so stets zu Diensten. Ein Vorstoß vor ungefähr neun Jahren verlief im Sande, ich habe keine Lust, es noch einmal zu versuchen.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.05.2006 um 18.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4168
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Es ist sehr zu begrüßen, daß "die Praxis einiger Zeitschriften und Zeitungen sowie Teilen des Literaturbetriebs, die alte Schreibweise zu nutzen, im Ausland immer wieder zu Irritationen und Verunsicherung führt", denn es muß diesen Deutschlernern klargemacht werden, daß sie zwar die für Schulen und Deutschzertifikate verordnete Rechtschreibung lernen müssen, daß diese aber nur die Schreibweise einer kleinen Minderheit ist und die ganz große Mehrheit der Deutschschreibenden weiter die altbewährte Rechtschreibung benutzt, weil diese ganz einfach qualitativ besser ist, und daß diejenigen Zeitungen, welche die neue Rechtschreibung benutzen, aus Obrigkeitsgehorsam dem Mehrheitswillen ihrer Leser entgegegenhandeln.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 24.05.2006 um 17.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4167
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Haben Sie schon das Goethe-Institut bzw. Frau Giersberg wegen der vielen Fehler kontaktiert, lieber Herr Ickler, oder denken Sie, daß man sich das sparen kann, weil es nichts bringt?
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 24.05.2006 um 10.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4164
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Kontagiös
Wie kommt es nur, daß in den Darstellungen von Reformbefürwortern regelmäßig so viele Fehler, Irrtümer und manchmal auch Unwahrheiten erscheinen? Man hatte schon immer den Eindruck, daß nur die Gegner und Kritiker über wirklich gründliche und tiefgehende Kenntnisse der Materie verfügen. Vielleicht kann man die Reform tatsächlich nur gutheißen und vertreten, wenn man zuvor einiges an Verstand, Wissen und intellektueller Sauberkeit geopfert hat. Dieses Opfer dürfte sich allerdings in den meisten Fällen nach den bisherigen Erfahrungen in erträglichen Grenzen halten. Die Reform, ein vergleichsweise nicht weltbewegendes Unternehmen, hat sich doch als wahrer Prüfstein des geistigen und moralischen Niveaus so vieler Zeitgenossen erwiesen. Und das ist immerhin auch schon etwas.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 24.05.2006 um 09.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4163
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Im Goethe-Institut, wie überall, muß die Reform auf den Prüfstand. Was wurde erreicht, wie sehen die Ergebnisse der Sprachkurse aus, vorher–nachher. Was meinen die Sprachschüler, was meinen andere Sprachlehreinrichtungen im Ausland, wie informiert man sie?
Was wird eigentlich den Sprachschülern im Ausland gesagt und empfohlen? Wird unreformiertes Schriftgut noch vorgehalten, ist seine Aussonderung geplant oder wenigstens wirksame Kennzeichnung?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.05.2006 um 06.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4162
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Hier noch ein Artikel von der Website des Goethe-Instituts, verfaßt von Dagmar Giersberg, anschließen einige Anmerkungen von mir:
Ende der Debatte: Die Rechtschreibreform tritt zum 1. August 2006 in Kraft
Die zehn Jahre lang andauernde Debatte um die Reform der deutschen Rechtschreibung hat ein Ende. Nun haben die Ministerpräsidenten end-gültig beschlossen, dass die Reform – in einer modifizierten Fassung – zum 1. August 2006 in Kraft treten wird.
Die lange Geschichte der deutschen Rechtschreibreform ist im Prinzip schnell erzählt. Mitte der 80er Jahre setzte sich eine Gruppe von Fachleuten aus der Bundesrepublik, aus Österreich und der Schweiz zusammen, um über eine staatliche Regelung der Rechtschreibung zu beraten. Die Reform sollte das Monopol des Duden beenden, der seit den 50er Jahren – so hatte es die Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen – maßgebend war: "In Zweifelsfällen gilt der Duden."
Diverse Vorschläge für eine Reform, die das Institut für Deutsche Sprache im Auftrag der zuständigen staatlichen Stellen ausarbeitete, wurden kritisiert, abgelehnt, überarbeitet. Am 1. Juli 1996 war nach zehn Jahren der erste Meilenstein erreicht: Deutschland, Österreich und die Schweiz unterzeichneten in Wien eine Gemeinsame Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Sie trat zum 1. August 1998 mit einer Übergangszeit von sieben Jahren offiziell in Kraft. Seither wird die neue Schreibung in den Schulen unterrichtet und im Schriftverkehr der Behörden verwendet. Und seither ist sie vor allem eines: heftig umstritten.
Eine Reform unter Druck
Auch damit, dass die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen und mit ihnen die meisten Zeitungen und Zeitschriften zum 1. August 1999 auf die neue Schreibung umstellten, kam keine Ruhe in die Debatte. Je näher das Ende der festgelegten Übergangsfrist rückte, desto mehr Raum erhielten die Proteste in den einschlägigen Feuilletons.
Zunächst kehrte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 1. August 2000 zur – wie es dort hieß – "bewährten" Schreibung zurück. Im März 2003 legte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Kompromissvorschlag vor. Akademien der Wissenschaften und Künste appellierten im November 2003 an die Kultusminister, die Reform grundlegend zu überarbeiten. Das deutsche PEN-Zentrum forderte im Mai 2004 sogar das Ende der Rechtschreib-reform. Und ab August 2004 schließlich schrieben dann auch die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags (unter anderem Bild und Die Welt) sowie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel wieder nach den alten Regeln.
Der Rat der Weisen
Trotz des Drucks der Kritiker beschlossen die Kultusminister der deutschen Bundesländer am 3. Juni 2004, die Rechtschreibreform verbindlich an den deutschen Schulen einzuführen. Jedoch kündigte die KMK zugleich an, einen "Rat für deutsche Rechtschreibung" einzusetzen.
Dem neuen Gremium, das sich im Dezember 2004 unter dem Vorsitz des ehemaligen bayerischen Kultusministers Hans Zehetmair konstituierte, gehörten 38 Experten aus fünf Ländern an – Sprachwissenschaftler, Vertreter von Verlagen, Schriftsteller- und Journalistenverbänden, Lehrerorganisationen sowie Vertreter des Bundeselternrates. Seine Aufgabe war es, im Streit um die Reform eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dabei wurden auch Gegner der Reform eingeladen, sich im Rat an deren Weiterentwicklung zu beteiligen.
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung lehnte zunächst eine Teilnahme ab, nachdem die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in einem offenen Brief dazu aufgerufen hatte, die Mitarbeit an der "vollständig mißratenen" Reform prinzipiell zu verweigern. "Wir sind nicht irgendwelchen Autoritäten, die uns etwas 'vorschreiben' wollen, hörig, und wir sind auch nicht auf Kompromißsuche. Zweitbeste Lösungen sind nicht unsere Sache, weil wir Perfektionisten der Sprache sind." Anfang Juni 2005 wurde die Deutsche Akademie dann dennoch – und "für den Rechtschreibfrieden" – ordentliches Mitglied des Gremiums.
Ein neuer Kompromiss
Das erste Ergebnis, das die Arbeit des Rates auf der Suche nach einem Kompromiss zeitigte, lautete damals, dass die Rechtschreib-reform am 1. August 2005 für die deutschen Schulen und Behörden nur teilweise verbindlich werden sollte. So traten zunächst lediglich die von der KMK als unstrittig bewerteten Teile der Reform in Kraft: die Laut-Buchstaben-Zuordnung (also zum Beispiel Doppel-"s" statt "ß" nach kurzem Vokal), das Zusammentreffen dreier Konsonanten (wie in "Schifffahrt") und die Fremdwortschreibung.
Für die vier großen umstrittenen Kernbereiche der Reform – die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Groß- und Klein-schreibung, die Zeichensetzung sowie die Worttrennung – arbeitete der Rat Empfehlungen aus. Sie wurden am 2. März 2006 in Berlin einstimmig von der Kultusministerkonferenz beschlossen. Die Ministerpräsidentenkonferenz bestätigte diese Entscheidung am 30. März 2006.
Damit steht nun fest: Die Reform der Rechtschreibung wird mit den beschlossenen Modifikationen am 1. August 2006 endgültig in Kraft treten. Ab diesem Stichtag werden die alten Schreibungen in den Schulen als falsch markiert, aber erst nach einer Übergangszeit von einem Jahr auch als falsch gewertet.
Selbst die reformkritischen Tageszeitungen haben signalisiert, dass sie ihre Schreibung den modifizierten Regeln anpassen wollen. So wird der ausgehandelte Kompromiss wohl das lang ersehnte Ende der Debatte bringen – ungeachtet einer Reihe von Unversöhnlichen. Schriftsteller wie Judith Hermann, Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Helmut Krausser und Feridun Zaimoglu erklärten: „Der Staat gehört nicht zu den Instanzen, denen Literatur sich unterwirft. […] Wir jedenfalls werden unsere Bücher weiter in der Schreibweise drucken lassen, die wir für richtig halten.“ Und das bleibt ihnen (weiterhin) unbenommen.
Dagmar Giersberg
arbeitet als freie Publizistin in Bonn.
Copyright: Goethe-Institut, Online-Redaktion
Haben Sie noch Fragen zu diesem Artikel? Schreiben Sie uns!
online-redaktion@goethe.de
März 2006
Der Beitrag von Dagmar Giersberg enthält einige Fehler.
Das erklärte Ziel der Rechtschreibreform war die Erleichterung des Schreibens für Schüler und Wenigschreiber, nicht die Beendigung des Dudenmonopols.
Der Bundeselternrat ist entgegen einer weitverbreiteten dpa-Meldung nicht im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten.
Der SPIEGEL ist 2004 nicht zur herkömmlichen Rechtschreibung zurückgekehrt.
Die von der KMK als unstrittig bewerteten Bereiche sind falsch dargestellt. Giersberg zählt nur Teile der Laut-Buchstaben-Entsprechungen auf, nicht die Bindestrichschreibung und die Groß- und Kleinschreibung (später auf gewisse Teile reduziert). Dementsprechend durfte der Rat auch nur einen Teil der Groß- und Kleinschreibung bearbeiten – gegen den Widerstand der KMK und vieler regierungstreuer Ratsmitglieder.
Die Rechtschreibreform wird nicht „endgültig in Kraft treten“, denn in Kraft getreten ist sie schon 1998; daran hat sich nichts geändert. Vielmehr sollen die neuerlichen Änderungen zum 1.8.2006 verbindlich werden – nach den amtlichen Änderungen von 2004 und den nichtamtlichen, aber gleichwohl in die Wörterbücher eingegangenen zwischen 1996 und 2004.
Der abschätzige Ton („einschlägige Feuilletons“ usw.), in dem die Verfasserin über die Reformkritiker herzieht, ist nicht gerechtfertigt. Sie gibt sogar den widerspenstigen Medien die Schuld an der herrschenden Verwirrung, obwohl aus der Reformgeschichte seit 1996, wenn man sie vollständig erzählt, ohne weiteres hervorgeht, wer wirklich schuld ist.
Der Beitrag verschweigt, daß es eine reformkritische Resolution des Goethe-Instituts gab, und macht sich daher auch nicht die Mühe festzustellen, ob die Forderungen des GI durch die Arbeit des Rechtschreibrates erfüllt sind. Das ist selbstverständlich nicht der Fall. Hier ist der Text von 2004:
Resolution des Goethe-Instituts zur Rechtschreibreform
Das Goethe-Institut ist neben den öffentlichen Schulen das größte Sprachlehrinstitut Deutschlands. Menschen in aller Welt lernen dort Deutsch.
Aus dieser Verantwortung bittet das Goethe-Institut die Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland nachdrücklich um eine kritische, konsensfähige Überarbeitung der 1996 probeweise wirksam gewordenen Rechtschreibreform.
Der Versuch, Unstimmigkeiten im alten Regelwerk zu beseitigen und handhabbare Regeln für die Schreibweise des ständig wachsenden Anteils von Wörtern aus anderen Sprachen zu finden, war vernünftig. Selbstverständlich musste dabei in strittigen Fragen eine Übereinkunft der deutschsprachigen Länder gesucht werden.
Die öffentliche Auseinandersetzung über die Rechtschreibreform hat jedoch eine erhebliche Zahl schwerwiegender Fehlentscheidungen in dem Reformwerk bloßgelegt. Diese Fehlentscheidungen sind im wesentlichen durch das Bemühen um eine Vereinfachung und Verringerung der Schreibregeln verursacht worden. Tatsächlich haben sie zur Erschwerung des Lesens und zur Verringerung der Ausdrucks- und Unterscheidungskraft der geschriebenen Sprache geführt.
Das Goethe-Institut empfiehlt, den Kompromissvorschlag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zur Grundlage für eine Korrektur der verfehlten Regelungen zu machen.
München, März 2004
Mitgliederversammlung, Präsidium und Vorstand des Goethe-Instituts e. V.
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Kommentar von F.A.Z., 20. März 2004, verfaßt am 24.05.2006 um 00.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4161
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FRANKFURT, 19. März. Das Goethe-Institut hat die Kultusministerkonferenz dringend gebeten, die 1996 eingeführte Rechtschreibreform kritisch und konsensfähig zu überarbeiten. Zwar sei der Versuch, Unstimmigkeiten im alten Regelwerk zu beseitigen und handhabbare Regeln für Wörter aus anderen Sprachen zu finden, vernünftig gewesen, habe jedoch auch zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen geführt. Falsche Entscheidungen seien vor allem durch das Bemühen um Vereinfachung und Verringerung der Schreibregeln verursacht worden. „Tatsächlich haben sie zur Erschwerung des Lesens und zur Verringerung der Ausdrucks- und Unterscheidungskraft der geschriebenen Sprache geführt“, heißt es in einer Resolution der Mitgliederversammlung, des Präsidiums und Vorstands der Goethe-Institute. Neben den öffentlichen Schulen sind die Goethe-Institute die größten Sprachlehrinstitute Deutschlands, die in aller Welt Deutsch lehren.
- oll
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 24.05.2006 um 00.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4160
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Wenn man "Resolution 2004" in die Suche von www.goethe.de eingibt und dann noch "gesamter Server" und "mit Archiv" aktiviert (wobei es offenbar verschiedene Suchfunktionen gibt, je nach dem, von welcher Seite aus man sie aufruft; ich empfehle das Archiv der Pressemitteilungen als Ausgangspunkt), bekommt man 44 Treffer angezeigt, von denen keiner auf die gesuchte Seite (de257045.htm) führt. Also wird man auf Googles Cache angewiesen sein, aber der hält ja nicht ewig. Zum Glück findet sich die gesuchte Seite des Goethe-Instituts außerdem noch hier (archiviert am 12. März 2005).
Was mir bei der Sucherei außerdem untergekommen ist: Von der Mitgliederversammlung des Goethe-Instituts im März 2004 ist eine andere Resolution weiterhin offiziell archiviert (gegen die damaligen Kürzungspläne in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik; http://www.goethe.de/prs/prm/a04/de93525.htm), die einige der namhaften Unterzeichner nennt sowie Ordentliche und Außerordentliche Mitglieder anführt; mir kommt es wie eine Teilnehmerliste vor. Dieselben Teilnehmer müssen auch über die Resolution zur Rechtschreibreform abgestimmt haben. Ob die sich noch an ihr damaliges Votum erinnern – und das heute eventuell noch genauso sehen? Sprich: Wie wäre es, wenn ein Mitglied des Goethe-Instituts mit Verweis auf den damaligen Beschluß der jetzigen Haltung des Goethe-Instituts widerspräche – zunächst nur dem GI selbst gegenüber, eventuell aber auch öffentlich?
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Kommentar von Calva, verfaßt am 23.05.2006 um 21.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4158
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Sie meinen wahrscheinlich das hier
(scheint nur noch im Google-Cache zu liegen) bzw. dies.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 23.05.2006 um 19.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=517#4157
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Immerhin wurde diese Resolution in der F.A.Z. erwähnt, das muß ungefähr im März 2004 gewesen sein – hat jemand den Artikel parat?
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