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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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27.04.2006
 

Goldene Regel
(aber nur auf der Basis der bisherigen Schreibung anwendbar)

Bastian Sick gibt im ersten seiner beiden Bücher eine ausführliche Darstellung der Heyseschen s-Schreibung.
Dann faßt er das Ganze noch einmal in den „vier goldenen Regeln für den richtigen Gebrauch von ss und ß“ zusammen und fährt fort:
„Diese Regeln beziehen sich selbstverständlich nur auf die Fälle, in denen schon immer ein ss oder ein ß verlangt wurde. Wörter wie ‚Beweis‘ oder ‚Kenntnis‘ werden nach wie vor mit einfachem s geschrieben.“ (S. 178)
Man muß also die alte Rechtschreibung schon beherrschen, um die neue anwenden zu können. Ob Sick sich im klaren war, was er da schrieb?



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Kommentare zu »Goldene Regel«
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Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 27.04.2006 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3953

Offenbar nicht.
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 27.04.2006 um 19.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3954

Ohne den Hrn. Sick in Schutz nehmen zu wollen: Er könnte seine Bücher schon vorrangig für erwachsene Leser geschrieben haben und damit für potentielle Umlerner.
Ich kenne die Bücher zwar nur vom Hörensagen, aber für 8jährige werden sie wohl kaum geschrieben sein.

Apropos goldene Regel:
Da kenne ich nur eine, und die lautet: Wer zahlt, schafft an!

Ich frag mich gerade, wieso mir das hier im Zusammenhang mit Rechtschreibung in den Sinn kommt?
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 27.04.2006 um 22.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3956

Bastian Sick hat sich schon des öfteren im Fernsehen als überzeugter Anhänger der NRS geoutet – insbesondere die neue ss/ß-Schreibung lobte er immer über alle Maßen... da paßt das "Verharmlosen" von unsinnigen Regeln doch gut ins Konzept.

Traurig ist: Der von den Medien (will sagen: seinen Medien = Der Spiegel) als "oberste Deutschlehrer der Nation" Erkorene kocht auch nur mit Wasser (und zwar auf dem Niveau des Mount Everest, wo das Wasser bekanntlich schon viel früher kocht ;-).
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 28.04.2006 um 02.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3957

Bei der unreformierten Rechtschreibung gab es zur Absicherung gegen Zweifel eine einzige Faustregel, viel zu banal, um als "goldene Regel" zu figurieren: "ss am Schluß bringt Verdruß."

Das war's. In der Praxis reichte das nach einer gewissen Eingewöhnung zu 99,9 Prozent aus, um unfallfrei zwischen ß und ss zu wechseln.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 28.04.2006 um 11.43 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3960

Immer wieder finde ich, eigentlich unbegreiflich, auch bei recht klugen Köpfen Schreibungen wie "ausser" oder "heisst". Der bisherige Gipfel jedoch war die Worttrennung "Unverges-sliche Reise", die mir vor ein paar Tagen in einer Internet-Werbung in die Augen sprang.
 
 

Kommentar von Poomerang, verfaßt am 28.04.2006 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3961

FUSSBALL WM 2006
Ich hoffe doch, daß wirklich die Großbuchstaben-Version angemeldet wurde. Ansonsten hätte die Marke in gewisser Weise schon Unterscheidungskraft.
 
 

Kommentar von J. Hohenembs, verfaßt am 29.04.2006 um 06.25 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3962

"heisst", "ausser", "ß am Schluss bringt Verdruss"

Der Film "Die Schweizermacher" ist anscheinend Wirklichkeit geworden.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.04.2006 um 08.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3963

Die neue ß/ss-Schreibung funktioniert einfach nicht, weil die Unterscheidung nach langen und kurzen Vokalen schwieriger ist als die fühere Einfachregel.
 
 

Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 29.04.2006 um 17.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3964


"Mögen Sie lieber halbe Sachen als Ganze?"

fragt der Zwiebelfisch in seiner Kolumne vom 2. März 2006 über den besten Kompromiss zur besten Reformierung der besten Rechtschreibreform aller Zeiten. Ich hätte das Wort "ganze" ja klein geschrieben und habe dem Zwiebelfisch auch eine entsprechende E-Mail geschickt. Tatsächlich habe ich eine Textblase zurückerhalten, aber ändern will er die Schreibung offenbar nicht. Nichts ist so uninteressant wie die Kolumne von gestern, das gilt wohl auch für den "Deutschlehrer der Nation".
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 30.04.2006 um 19.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3970

"Mögen Sie lieber halbe Sachen als Ganze?"

Sprechblase, Beharrungsvermögen, Verteidigung der Fehlschreibung: ich denke, eine solche Reaktion wäre vor der sog. Rechtschreibreform undenkbar gewesen. Man hätte entweder stillschweigend oder kurz dankend den Fehler beseitigt, umgehend. Nunmehr ist alles möglich, es wird diskutiert und vernebelt, zurechtgebogen auf Teufel komm raus. Das alles trägt bei zu einer lustig fortschreitenden Vernachlässigung des Bemühens um eine einheitliche und gut verständliche Orthographie. Man darf gespannt sein, wieviel Verfall die deutsche Schriftsprache aushält.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 30.04.2006 um 23.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3972

Zu Frau Pfeiffer-Stolz:

Es ist nicht nur eine Vernachlässigung und Geringschätzung der Orthographie, sondern eine erzwungene Infantilisierung. Menschen, die durchaus recht sicher in der Rechtschreibung waren und sie ohne viel zu fragen und zu überlegen, erst recht ohne nachzuschlagen, gebrauchten, stellen heute die albernsten Überlegungen an, wie ein ganz alltägliches Wort wohl geschrieben werden mag. Das kommt eben von dem Zuschnitt des ganzen Unternehmens auf Erstkläßler und Halbanalphabeten. Wenn ich in unserer Zeitung vo-raussetzen lese, so kann ich den Gedanken nicht abweisen, daß nur ein sprachlicher Halbidiot die Wortbestandteile nicht zu erkennen und richtig zu trennen vermag. Es ist aber das Werk einer Journalistin, höchstwahrscheinlich mit Abitur, wenn nicht mit Hochschulabschluß. – Wie im wirklichen Leben folgt auf eine Regression unweigerlich das große innere Elend, wenn man nicht rechtzeitig wieder zum selbstbewußten Sein zurückfindet. Wir werden es erleben.
 
 

Kommentar von Ursula Morin, verfaßt am 01.05.2006 um 16.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3984

Zum Beitrag von Herrn Gerdes: Habe auch gerade eine Mail an den Zwiebelfisch geschickt. Der Kommentar vom 2. März ist wirklich unerträglich ... aber auf meine Mail werde ich wohl kaum Antwort bekommen:

Lieber Zwiebelfisch,
habe Ihren Kommentar zur neuesten reformierten Schreibung mit einigem Widerwillen gelesen, da Sie sich mit weniger wichtigen Details aufhalten, die Zersetzung der deutschen Satzstruktur durch eigentümliche Großschreibungen – die vielleicht von der Reform nicht gewollt, aber nun dennoch vermehrt auftreten, aber gar nicht kommentieren. Vielleicht weil Sie da selbst nicht so recht fit sind. Wenn man schon reformiert schreiben will, dann doch bitte richtig, da es den Reformern ja so sehr auf die „richtige“ Schreibweise ankommt (etwas, an das ich früher keinen Gedanken verschwenden mußte). Oder erklären Sie mir doch bitte die Bedeutung von „Ganze“ in der Formulierung „Mögen Sie lieber halbe Sachen als Ganze?“ – auf „ganze Sachen“ kann sich das ja nicht beziehen, sonst hätten Sie es ja klein geschrieben (auch reformiert). Könnten Sie mir – als völlig von Sprachkenntnissen unbelastetem Reformgegner – mal erklären? Also nochmals: Mögen Sie lieber ..... Ganze? Was soll das bedeuten? Welche Ganzen? Mir sind die Ganzen lieber! Oder wie Google fragen würde: Meinten Sie Gänse?

Herzliche Grüße
Ursula Morin

 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 01.05.2006 um 20.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3987

Der Kommentar von Bastian Sick enhält sicherlich viele falsche oder schiefe Darstellungen. So ist das Bild mit "Bankrott gehen - bankrottgehen" irreführend und das Duden-Zitat selektiv (kann vielleicht jemand das vollständige Dudenvorwort ins Netz stellen?). Bemerkenswert ist auch das Verhaftetbleiben in Vorstellungen vom Anfang des vorigen Jahrhunderts zur eindeutschenden Fremdwortschreibung, was im Zeitalter der Globalisierung und der Weltherrschaft des Englischen reichlich anachronistisch wirkt. Sollte Herr Sick wirklich nicht bemerkt haben, daß der Gegensatz zwischen den Absolventen des humanistischen Gymnasiums und der höheren Realschule nicht mehr ganz aktuell ist?
Ansonsten spiegelt der Kommentar eine weitverbreitete oberflächliche Auffassung wieder, wonach die reformierte ss/ß-Schreibung und die konsequente Großschreibung von (scheinbaren) Substantiven doch ganz "logisch" sei.
Für unerträglich, ja unappetitlich, halte ich allerdings den Stil des Kommentars: ein Tänzeln zwischen zwei Standpunkten, Seitenhiebe mal an die eine, mal an die andere Seite, damit der Autor am Ende klüger als alle anderen erscheint. Das ist eben der typische Stil des Spiegels, der immer alles besser weiß und den ich deshalb seit Jahren nicht mehr lese.
 
 

Kommentar von Lost, verfaßt am 01.05.2006 um 22.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#3991

Gestern abend kam im ZDF eine Talksendung (ZDF Nachtstudio) zum Thema "Sprachkritik als Entertainment". Unter den Gesprächsgästen war auch Bastian Sick. Er trat auf wie immer, gab sich oberlehrerhaft und redete sich dabei um Kopf und Kragen. Auch die anderen Gäste waren eine herbe Enttäuschung. Der sogenannte Sprachkünstler Zé do Rock stotterte minutenlang herum, als er auf die Wortbildungsmöglichkeiten des Deutschen hinweisen wollte. Auch die Rechtschreibreform wurde angesprochen. Dabei fielen die üblichen Bemerkungen: Die Rechtschreibung sei willkürlich und unsinnig, diene den ohnehin Privilegierten und diene nicht (!) der Kommunikation. Der bereits genannte Sprachkünstler schlug eine radikale Vereinfachung vor, konnte die von ihm gewünschte 1:1-Entsprechung von Phonemen und Graphemen aber nicht einmal als solche benennen, sondern umschrieb seine Vorschläge recht holprig und unpräzise. Bodo Mrozek ("Lexikon der bedrohten Wörter") lieferte einige fremdwortfeindliche Klischees; der Kabarettist Konrad Beikircher gab ein paar Sprüche zum besten. Mehr gab es nicht zu hören. Eine unnötige und erbärmliche Sendung!
 
 

Kommentar von Leseviel, verfaßt am 05.07.2006 um 15.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4576

Um zunächst eine Lanze für Herrn Sick zu brechen: Es ist überaus dankenswert, daß er sich mit solch gräßlichen Redewendungen wie dem allerorten unausweichlichen "macht Sinn" und allerlei einschlägigem Unsinn mehr beschäftigt hat.
Sobald es aber um die Rechtschreibung geht, bringt er lediglich - bisweilen reichlich hilflose - Versuche, die Rechtschreibreform zu rechtfertigen. Anstatt die alte und die neue Regel gegenüberzustellen und zu hinterfragen, referiert er - oftmals sehr frei - in der Öffentlichkeit sattsam bekannte Beschlüsse der KMK. Heraus kommt dabei fast ausschließlich wahrlich Oberlehrerhaftes.
Was die S-Regel angeht: Es ist tatsächlich so, daß man die alte Regel kennen muß, um die neue anwenden zu können. Man hört einem gesprochenen "das" nicht an, daß der Artikel gemeint ist. Es ist unsinnig, vom Klang eines Wortes seine Schreibung abhängig zu machen.
 
 

Kommentar von Inge Müncher, verfaßt am 06.07.2006 um 00.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4587

S i e b e n  s-S c h r e i b r e g e l n müßten eigentlich beachtet werden, damit keine s-Fehler nach der reformierten Rechtschreibung entstehen.

1. Nach kurzem Vokal und stimmlosem, scharfen s-Laut sind ss zu schreiben. Beispiele: gefasst, vergesslich, hässlich, lasst, küsst, Schüssel, Güsse, Kuss, Biss.

2. Nach betontem, langen Vokal oder Diphthong (ei, ai au, äu, eu) und stimmlosem, scharfen s-Laut ist ß zu schreiben. Beispiele: Straße, Fußball, groß, außen, reißen, weiß.

3. Folgt nach langem Vokal oder Diphthong und stimmlosem, scharfen s-Laut ein Konsonant und sind keine Stammwörter mit ß (wie z.B. begrüßen, stoßen, reißen) vorhanden, dann schreibt man nicht ß, sondern s . Beispiele: Meister, meistens, Schuster, Trost, trösten, Wüste, räuspern.

4. Folgt nach kurzem Vokal und stimmlosem, scharfen s-Laut ein Konsonant und sind keine Stammwörter mit ss (wie z.B. hassen, küssen, fassen, missen) vorhanden, dann schreibt man nicht ss, sondern nur s .Beispiele: fast (beinahe), Muster, Last, Rast, Nester, Mist, Kiste, Küste, Frost, Kost, Kasten, rostig, hastig, Raspel, Haspel, Kasper, Phosphor, Katastrophe, atmosphärisch.

5. Regel (eigentlich drei Regeln) für den s-Laut am Ende des Wortes:
a. Dem langen Vokal oder Diphthong folgt ß, wenn der s-Laut im Plural oder in den übrigen Formen stimmlos und scharf ist. Beispiele: Grüße, grüßt, grüßen – Gruß, Füße – Fuß, bloße – bloß, spaßen, spaßt - Spaß, stoßen, stößt – Stoß, süßen, süßt - süß.
b. Es folgt aber nach langem Vokal oder Diphthong ein s, wenn der s-Laut im Plural oder in den übrigen Formen stimmhaft ist. Beispiele: Häuser - Haus, Mäuse - Maus, Gräser - Gras, Preise - Preis, eisen - Eis, losen - Los, beweisen - bewies, Ausweise - Ausweis, blasen - blies.
c. Bei kurzem Vokal und stimmlosem, scharfen s-Laut sind am Wortende, wie unter 1. schon erwähnt, ss zu schreiben. Beispiele: Kuss, Biss.
Nach der Rechtschreibreform gibt es also drei Möglichkeiten der s-Schreibung am Wortende: ß, s oder ss, bei der klassischen Rechtschreibung sind es nur zwei: ß oder s.

6. Ausnahmen von den Regeln sind Wörter mit den Endungen as, is, os, us . Beispiele: Atlas, Iltis, Finsternis, Geheimnis, Gedächtnis, Ereignis, Eros, Amos, Globus, Nimbus, Tourismus.
Weitere Ausnahme: das, des, es, was, bis, aus, heraus, Bistum, Bus.

7.Genitiv-s
a Zur Kennzeichnung des Genitivs von Namen, die auf ss, s oder ß (außerdem z tz, x) enden, wird ein Apostroph gesetzt. Beispiele: Hans Sachs’ Gedichte, Grass’ Blechtrommel, Voß’ Übersetzung.
b. Zur Unterscheidung von männlichen und weiblichen Vornamen werden beim Genitiv des weiblichen Namens Apostroph und s bei folgenden Beispielen eingesetzt: Andrea’s Hut , aber Andreas’ Hut, Johanne’s Buch, aber Johannes’ Buch.
c) Normalerweise wird vor dem Genitiv-s kein Apostroph gesetzt. Beispiele: Schillers Dramen, Peters Ball, der Fahrer des Lkws, Hamburgs Hafen.

Die neue s-Regelung ist wirklich nicht einfach. Schüler und Erwachsene beachten oft nicht einmal Regel 1 und 2, viele wissen auch nicht, was ein stimmhafter und was ein stimmloser s-Laut ist. Und sieben Regeln kennt bisher kaum jemand, er würde sie sich wohl auch nicht merken. Warum also in dieser Zeit erneut die Heysesche s-Schreibung von 1829, die damals nach Jahren wieder fallengelassen wurde?
 
 

Kommentar von Leseviel, verfaßt am 06.07.2006 um 10.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4592

Dank an Frau Müncher, die die S-Regel im ganzen aufgeschrieben hat. In den Medien und aus dem Munde der meisten der recht vielen Lehrer, die ich kenne, hört man lediglich folgendes: "Nach kurzem Vokal steht ss, nach langem ß." Dass Ergebniss isst ein Ärgerniss.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 06.07.2006 um 15.13 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4595

Weder trifft die häufig zu hörende Auffassung zu, daß die neue ss/ß-Regel die Beherrschung der alten Regel voraussetze, noch kann man das aus den Äußerungen von Bastian Sick ablesen. Er will ja wohl nur hervorheben, was sich geändert hat.
Die meisten von Frau Müncher angeführten Regeln beziehen sich gar nicht auf die besonderen Probleme der ss/ß-Schreibung, sondern auf allgemeine Regeln der deutschen Rechtschreibung (Auslautverhärtung, Konsonantenverdopplung).
Die Endung -nis ist ein Sonderfall, der aber Parallelen bei anderen Lauten hat (Lehrerin/Lehrerinnen). Fremdwörter kann man schlecht in diesem Zusammenhang als "Ausnahmen" bezeichnen, da sie ohnehin nicht den deutschen Regeln folgen.
Auch die Beispiele "bis", "das" usw. haben nichts mit der ss/ß-Schreibung zu tun, sondern folgen einer allgemeinen Ausnahmeregel, daß bei den kleinen, unveränderlichen Strukturwörtern keine Konsonantenverdoppelung stattfindet (an, in, ab usw.). Übrigens wäre das Wörtchen "aus" (s nach Diphthong) eigentlich noch gesondert zu betrachten.
Ich bezweifle, daß man eindeutig sagen kann, daß die eine oder andere ss/ß-Schreibung "einfacher" ist. Die Neuregelung ist insofern "einfacher", als der für viele schwer einsichtige Wechsel von zwischenvokalischem ss zu ß vor Konsonant oder am Wortende wegfällt. Andererseits ist bei der herkömmlichen Schreibung eine Unterscheidung zwischen langer und kurzer Silbe nur bei zwischenvokalischem Auftreten von ss/ß notwendig.
Natürlich war die Änderung der ss/ß-Schreibung völlig überflüssig, weil kein Schreibkundiger damit Probleme hatte. Sie hat uns nur häßliche und schwer lesbare Wortungetümer wie "Missstand" oder "bisschen" beschert.

Die Verwendung des Apostroph beim Genitiv-s hat mit der ss/ß-Schreibung nichts zu tun. Eine Regel, bei weiblichen Vornamen den Apostroph zu verwenden, ist mir nicht bekannt. Die Amtlichen Regeln erwähnen in diesem Zusammenhang nur einen männliche Vornamen (Carlo's Taverne). Die Apostroph-Schreibung des Genitivs bei Namen ist vielleicht englischem Einfluß zuzuschreiben, vielleicht auch einer wachsenden Abneigung dagegen, Personennamen überhaupt zu flektieren.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 06.07.2006 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4597

--> Herrn Achenbach:

Ist "daß" nicht auch eines der kleinen, unveränderlichen Strukturwörter in Ihrem Sinne?
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 07.07.2006 um 11.11 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4610

Zu Ballistol:
Natürlich ist "daß" auch eines der Strukturwörter. Der Unterschied liegt darin, daß die Alternative das/daß eine klarer Fall von Unterscheidungsschreibung ist, so ähnlich wie Lid/Lied. Das tritt auch bei anderen Strukturwörtern auf, so bei wen/wenn.
Während bei wen/wenn allerdings noch eine unterschiedliche Aussprache vorliegt, ist das bei das/daß nicht der Fall.
Ob diese Unterscheidungsschreibung bei das/daß sich wirklich lohnt, oder ob man sich nicht genausogut auf den Zusammenhang verlassen könnte, das ist hier die Frage.
 
 

Kommentar von Leseviel, verfaßt am 10.07.2006 um 14.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4686

Die Unterscheidung zwischen "das" und "daß/dass" muß sich lohnen? Was zum Teufel soll das heißen? Ab wann lohnt sich denn eine Unterscheidung? Anders gesagt: Wieviel Interpretationsfähigkeit und -bereitschaft muß vom Leser verlangt werden können? Wenn Sie wirklich meinen, daß der Zusammenhang ausreiche, um den Sinn eines Textes zu erschließen, halten Sie damit einen Großteil der Rechtschreibregeln für überflüssig, weil ein deutscher Muttersprachler (noch dazu als geübter Leser) eine Menge orthographischer Fehlleistungen durch seine Sprachkenntnis kompensieren kann.
Dann ist es völlig egal, wie geschrieben wird; Diktate werden anhand dessen korrigiert, ob der Sinn des Textes begreiflich ist, die GKS ist freigestellt, jeder macht es so, wie er will. Jüngst wurde überdies festgestellt, daß man Wörter problemlos lesen kann, egal in welcher Reihenfolge die Buchstaben stehen, wenn nur der erste und der letzte richtig sind und alle vorkommen. Söhcne nuee Wlet.
 
 

Kommentar von Inge Müncher, verfaßt am 11.07.2006 um 01.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#4699

Zu Klaus Achenbachs Text vom 6. 07.2006:

Bei meinen aufgestellten s-Schreibregeln geht es mir nicht nur um die ss/ß-Schreibung, sondern um die ß-, ss- und s-Regeln, die Schüler und Erwachsene beim Schreiben in neuer Rechtschreibung eigentlich beachten müßten. Der Lehrer kann im Deutschunterricht nicht allein ss und ß behandeln (nach der von den Reformern als so einfach erklärten Regel: Nach kurzem Vokal ist ss zu schreiben, nach langem Vokal oder Diphthong ß), sondern muß auch erklären, wann ein s zu schreiben ist. Es könnten nämlich die Fragen auftauchen: „Müssen der Mist, die Kiste, die Küste und der Kasper jetzt wegen des kurzen Vokals mit ss geschrieben werden?“ und „Das Gras, die Maus und der Preis, sollen wir die nun wegen des langen Vokals oder der Diphthonge am Wortende mit ß schreiben?“

Der Genitiv von Andrea ist Andreas Hut (so auch Annas Kleid). Nur wenn unklar ist, ob Andrea oder Andreas (der schon ohne Genitiv ein s am Ende seines Namens hat), gemeint ist, könnte man auch Andrea´s Hut schreiben.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 29.09.2006 um 00.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=496#5650

Zu Herrn Leseviel:
Weder meine ich, noch habe ich behauptet, daß "der Zusammenhang ausreiche, um den Sinn eines Textes zu erschließen."
Ich habe nur die Frage aufgeworfen, ob sich in der Rechtschreibung die das/daß-Unterscheidung wirklich lohnt, also ein möglicher Lesevorteil die Schreiberschwernis rechtfertigt. Die Antwort weiß ich nicht. Ich habe darüber auch nicht viel nachgedacht.

Zu Herrn Müncher:
Ich stimme Ihnen ja vollkommen zu, daß man s-, ss-, und ß-Schreibung im Zusammenhang sehen muß. Allerdings gibt es bei der Unterscheidung zwischen ss/ß und s zwischen alter und reformierter Schreibung überhaupt keinen Unterschied. Der Unterschied liegt allein in der Verwendung von ss und von ß.
Ich bin jedoch der Meinung, daß die die häufig zu hörenden Behauptungen, daß die neue ss/ß-Schreibung objektiv "schwerer" sei als die alte, oder daß die Beherrschung der neuen Schreibung die der alten voraussetze, falsch ist. Prof. Ickler sagt übrigens auch nichts anderes.
Das ändert nichts daran, daß ich die herkömmliche Schreibweise vorziehe.
 
 

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