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23.12.2005
Freche Agenturen
Was sich deren großen Kunden gefallen lassen
Kleinere Zeitungen klagen, daß sie die Kosten der täglichen Rückumstellung von Agenturtexten nicht tragen könnten. Deshalb bleiben sie bei der gemeinsamen Hausorthographie der Agenturen.
Wie steht es aber mit Axel Springer Verlag und F.A.Z.? Der ASV ist nicht nur der größte Kunde der Agenturen, sondern auch Miteigentümer der Deutschen Presse-Agentur. Diese Großen könnten von dpa verlangen, daß sie ihre Texte (auch) in der vom Kunden gewünschten Rechtschreibung liefern. Es wundert mich, daß sie sich von den Agenturen so lange auf der Nase herumtanzen lassen.
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Kommentar von Bernhard Berlinger, verfaßt am 23.12.2005 um 11.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2033
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FAZ und die Springer-Medien betrachten das dpa-Material lediglich als Vorlage, aus dem die Journalisten weiterrecherchieren und Beiträge in ihrer eigenen Handschrift formen, während Lokal- und Regionalzeitungen das dpa-Material meist unverändert übernehmen. Das sind eben die Unterschiede zwischen Bild, FAZ und Regionalzeitungen. Diese können sich tatsächlich keinen Redakteur leisten, der allein das dpa-Zeug umschreibt.
Umso schlimmer ist die Tatsache, daß angebliche Qualitätszeitungen wie Süddeutsche oder Frankfurter Rundschau auf nahezu idiotische Weise die neue Rechtschreibung übertreiben. Diese sollten, wenn sie überregionale Qualitätszeitungen sein wollen, eben mehr mit eigenrecherchierten Beiträgen glänzen. Das tun sie nicht, sie übernehmen wie die Provinzzeitungen viel zu viel Neuschrieb-Agenturmaterial und zeigen damit ungewollt, daß sie nicht die Kriterien von Qualitätszeitungen erfüllen. Letztlich ist die Süddeutsche auch nichts anderes als eine Regionalzeitung, mögen sich die Redakteure auch noch so viel auf ihr Blatt einbilden.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 23.12.2005 um 15.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2034
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Die Welt bringt unzählige Agenturmeldungen und verschleiert das, indem sie statt dpa oder AP »welt.de« druntersetzt.
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Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 23.12.2005 um 17.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2035
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Die Welt bringt unzählige Agenturmeldungen und verschleiert das, indem sie statt dpa oder AP »welt.de« druntersetzt.
Da habe ich doch ein wenig Zweifel. Es sieht für mich eher so aus, als ob zunächst die Meldungen der Agenturen mit der Unterschrift dpa usw. ins Netz gestellt werden, die dann aber noch einmal von der Welt umgearbeitet werden. So ist mir aus der Diskussion von vor etwa vier Wochen erinnerlich, daß hier unter "Diskussion" ein Artikel besprochen wurde, der in der gedruckten Ausgabe ganz anders aussah als im Internet. Der Artikel "Bundeswehr ermittelt: Soldaten in Bosnien angeblich als Journalisten getarnt" ist heute im Internet (17:00 Uhr) mit dpa unterschrieben.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 23.12.2005 um 20.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2036
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Gewiß werden schon aus urheberrechtlichen Gründen ein paar Wörter hin und her geschoben, häufig wird auch eine Prise AP unter die dpa-Meldung gerührt, aber im Kern handelt es sich eben um Agenturmaterial. Harald Martenstein hat einmal beschrieben, wie man in der Tagesspiegel-Redaktion der 80er Jahre unablässig damit beschäftigt war, in Agenturtexten herumzuredigieren. Zu dieser Zeit hatte die bessere der beiden führenden West-Berliner Zeitungen nicht einmal einen Korrespondenten in Bonn! Anfang der 90er leistete man sich dann zwar diesen unerhörten Luxus, entließ aber andererseits alle Korrektoren. Nach 1999 mußte man dann wieder ein Korrektorat einrichten.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 23.12.2005 um 22.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2037
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Urheberrechtliche Gründe spielen wohl kaum eine Rolle, schließlich haben die Abnehmer der Agenturen deren Dienste abonniert und sind, jedenfalls bei dpa, in der Regel sogar deren Gesellschafter. Tatsache ist, daß die meisten Zeitungen ihre Abhängigkeit von vorfabriziertem Fremdmaterial gerne kaschieren und deshalb zum Beispiel einen als Korrespondentenbericht namentlich gekennzeichneten Agenturbeitrag als Beitrag eines "Mitarbeiters" ausweisen (was ja, rechtlich gesehen, meistens nicht einmal ganz falsch ist). Bei Regional- und Lokalzeitungen geht das inzwischen so weit, daß sogar Kommentare im Mantel häufig von Agenturen angeliefert werden. Peinlich wird es natürlich, wenn etwa die FR als ein nach wie vor als vermeintliche Qualitätszeitung mit eigenem Profil renommierendes Produkt einen Meinungsbeitrag von AP als Eigenleistung auszugeben versucht.
Auf einem anderen Blatt steht das "Herumredigieren" in Agenturmeldungen. Das war auch vor der Reform schon allein zur Verbesserung der sprachlichen Qualität oft unumgänglich. Wichtiger aber noch sind hier die inhaltlichen Defizite des Agenturmaterials. Daß es auch in dieser Hinsicht oft mangelhaft bis grob fehlerhaft ist, weiß jeder Redakteur einer Lokalausgabe, aus deren Verbreitungsgebiet eine Agentur Ereignisse ab und zu für vermeldenswert hält. (Lustig bis unerquicklich sind dann regelmäßig die Auseinandersetzungen mit den Kollegen in der Zentrale, die zwar einerseits dem Lokalredakteur die fachliche Kompetenz nicht rundweg absprechen möchten, andererseits aber einen Heidenbammel davor haben, etwas anderes abdrucken zu lassen als das, was die Konkurrenz, oder, horribile dictu, möglicherweise sogar das Fernsehen bringt.)
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Kommentar von R. M., verfaßt am 24.12.2005 um 03.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2040
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Ob die Zeitungen dpa druntersetzen oder nicht, ist das nur eine Frage der Redlichkeit oder nicht doch auch der Nutzungsverträge? Es wäre nur konsequent, wenn die Kürzel irgendwann ganz verschwänden, denn die Arbeit der Nachrichtendienste wird ja nach Möglichkeit im geräuschlosen Hintergrund verrichtet. Und dem gemeinen Leser ist es auch egal, ob unter einer Meldung dpa steht oder ddp.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 24.12.2005 um 12.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2042
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Wahrscheinlich geht es bei der Angabe der Agentur nicht um urheberrechtliche Fragen, sondern um solche des Presserechts. Im Falle einer Zivilklage wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten (Erzwingung einer Gegendarstellung, Verleumdungsklage usw.) könnte die Zeitung auf die Quelle verweisen, deren Glaubwürdigkeit im einzelnen nachzuprüfen sicher unzumutbar wäre.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 24.12.2005 um 13.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2044
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Zu unterscheiden ist zwischen Urheberrecht und Copyright. Ein festangestellter Redakteur tritt dem Verlag das Recht zur Verwertung seiner Beiträge ab, begibt sich aber nicht seiner Urheberschaft. Er kann also verlangen, daß seine Texte ihm durch Namensnennung oder Kürzel als Autor zugeordnet werden. (Wenn er nicht gerade bei der SZ arbeitet, wo es als die höchste Erfüllung der Redakteursexistenz gilt, ein "Streiflicht" auf Seite 1 unterzubringen – das erscheint grundsätzlich ohne Namen oder Kürzel.) Das Kürzeln von Beiträgen hat unabhängig von der Autorschaft noch einen ganz banalen Zweck: Es erlaubt der Sekretärin mühelos zu erkennen, ob ein Beitrag honoriert werden muß oder nicht (und wenn ja, wem). Insofern ist das Kürzel nicht als Information für den Leser gedacht, sondern dient der internen Kommunikation.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 24.12.2005 um 14.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2045
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Vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt – ich meinte nicht die Autorenkürzel. Für die gilt allerdings auch, daß viele Leser sie nicht durchschauen – selbst beim Perlentaucher zeigt man sich häufig überfordert. (Falls das ein Maßstab sein kann.)
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Kommentar von ub, verfaßt am 24.12.2005 um 18.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2046
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Zumindest dpa untersagt die Nutzung durch Dritte, so daß zum Beispiel Anzeigenblätter – die von dpa prinzipiell nicht beliefert werden – auch dann das Material dieser Agentur nicht verwenden dürfen, wenn sie Tochterunternehmen einer Tageszeitung sind, die ihrerseits dpa-Kunde ist. Das ist jetzt zwar nur eine Vermutung (ich stand bislang noch nie in Vertragsverhandlungen mit dpa), aber zur Regelung wenigstens eines solchen Falles müßte eine positive Kennnzeichnungspflicht eigentlich Vertragsbestandteil sein. (In der Praxis hilft das freilich häufig nicht viel; sobald der Redakteur einmal die Information hat, daß es eine Information gibt, holt er sie sich eben bei einer anderen Agentur oder nimmt selbst den Telefonhörer in die Hand.)
Man muß hier wohl differenzieren zwischen dem reinen Nachrichtenmaterial und den von Agenturen als sogenannte Korrespondentenberichte (mit namentlicher Nennung des Verfassers) angebotenen Texten. Diese werden seit geraumer Zeit und so notorisch von Zeitungen als Eigenbeiträge verkauft, daß das den Lieferanten nicht verborgen bleiben konnte. Wenn sie dagegen nicht vorgehen, dann entweder deshalb, weil es keine vertragliche Handhabe dafür gibt, oder aber, weil sie kein Interesse daran haben, von dieser Gebrauch zu machen. Es läuft in beiden Fällen auf dasselbe hinaus: Je mehr eine Zeitung journalistische Angebote der Agenturen nutzt, die über die bloße Nachricht hinausgehen, desto entbehrlicher wird die eigene Vollredaktion. Und je mehr eine Zeitung darauf verzichtet, Nachrichten selbst zu bewerten und zu gewichten, desto größer wird ihre Abhängigkeit von den Agenturen.
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Kommentar von Bernhard Berlinger, verfaßt am 28.12.2005 um 12.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2062
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"Gewiß werden schon aus urheberrechtlichen Gründen..."
Nutzungs- oder Urheberrechte spielen keine Rolle. DPA-Kunden dürfen das Material in ihren Medien beliebig verwenden.
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Kommentar von Bernhard Berlinger, verfaßt am 28.12.2005 um 12.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2063
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Nachtrag: Auch presserechtlich spielt das Kürzel keine Rolle. Presserechtlich verantwortlich ist, wer veröffentlicht, nicht der Lieferant der Nachricht. Ein Korrespondent oder die Agentur kann nicht zur Gegendarstellung gezwungen werden, nur das veröffentlichende Medium.
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Kommentar von ub, verfaßt am 30.12.2005 um 00.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=332#2076
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Lieber Herr Berlinger,
vielen Dank für Ihre ergänzenden Informationen. Sie treffen durchweg zu, bis auf diejenige, dpa-Kunden dürften in ihren Medien das Material dieser Agentur beliebig verwenden, also auch in einem vom selben Haus verlegten Anzeigenblatt. Mir ist ein Fall bekannt, in dem das nicht so ist. Möglicherweise hängt das mit der jeweiligen Gesellschaftsform des Unternehmens zusammen. Ich bin überzeugt, daß Sie auch darüber noch etwas herausbekommen werden. Das ist jetzt, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, kein Spott: Die Frage ist durchaus von Interesse, wenn auch hier vielleicht nur von beiläufigem.
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