zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


27.11.2005
 

Schlappe für die KMK
Der Angriff der KMK auf den Rat ist zurückgeschlagen

Alle Anstrengungen, die Agenda des Rates für deutsche Rechtschreibung zu beschneiden, waren vergeblich.
Wie die Zeitungen (besonders SZ und FAZ) deutlich herausstellen, geht der Rat nun an jene Teile der Reform, die von der KMK wider besseres Wissen für "unstrittig" erklärt wurden. Die Kultusminister haben sich so sicher gefühlt, daß sie sogar die Verbindlichmachung des "unstrittigen" Teils der Reform riskierten. Damit sind sie nun auf die Nase gefallen. Die KMK hat einen hohen Preis gezahlt. Ihre Glaubwürdigkeit, ja Seriosität ist aufs neue in Frage gestellt.

Auch wenn der Rat nicht zu einer schlüssigen Behandlung der strittigen GKS imstande sein dürfte (dafür sorgt die unmögliche Zusammensetzung aus lauter Reformbefürwortern), steht für die nächsten Monate erst einmal fest, daß auch dieser Teil geändert werden wird.

Seit der Entlassung der Zwischenstaatlichen Kommission gibt es keine Stelle mehr, die offiziell oder offiziös zur Verteidigung der Reform berufen wäre. Die Zeitungen können schreiben, was sie wollen, niemand korrigiert sie oder gibt Stellungnahmen ab, wie es seinerzeit das IDS tat und nun ganz gewiß nicht mehr tun wird. Der Rat selbst ist trotz allem viel zu pluralistisch besetzt und hat auch gar nicht die Befugnis, Stellungnahmen zur Verteidigung der Reform abzugeben. Es bleibt also nur die KMK selbst, und die wäre nun wieder am Zuge. Es würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten Tagen eine Pressemitteilung erfolgte. Sie wird ganz bestimmt so beginnen: "Die KMK begrüßt ..." usw. Was soll sie sonst auch sagen? Was sie am allermeisten begrüßen würde, nämlich ein rasches Ende der Reform, darf sie freilich nicht aussprechen, obwohl jeder im Bilde ist.

In der neuen Bundesregierung sitzen drei Reformbetreiber der ersten Stunde: Schäuble, Müntefering und Schavan. Für alle drei ist es eine reine Machtfrage, keiner hat eine Ahnung vom Inhalt. Personifizierte Verantwortungslosigkeit.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Schlappe für die KMK«
Kommentar schreiben | neueste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von F.A.Z., verfaßt am 28.11.2005 um 05.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1734

»Halbherzig

27. November 2005 oll. Solange der Rat für deutsche Rechtschreibung sich der Zweidrittelmehrheit der Reformbefürworter zu beugen hat, werden die grammatisch und phonetisch falschen Schreibweisen weiterbestehen. Je stärker der von der Kultusministerkonferenz (KMK) abermals ausgeübte Zeitdruck wird - der Rat soll bis Anfang März eine Beschlußvorlage fertigstellen -, desto pragmatischer müssen der Rat und sein Vorsitzender vorgehen. Dies zeigt sich besonders beim leidigen Kapitel der Groß- und Kleinschreibung, die von der KMK als unstrittig deklariert worden war. Ganz gleich, wie umfangreich die Überarbeitung dieses Kapitels ausfallen mag, ist schon jetzt sicher, daß falsche Schreibungen wie "morgen Abend" erhalten bleiben. Denn die KMK hat in einer Schaltkonferenz mit dem Vorsitzenden des Rates, Zehetmair, darum gebeten, die Änderungen in überschaubarem Umfang zu halten. Wer im Rat das Sagen hat, zeigt sich daran, daß Zehetmair jetzt selbst darauf verweist, daß nicht "jedes Faß geöffnet" werden kann. Wenn das nicht jetzt geschieht, wird es auch in Zukunft nicht geschehen, und die Überarbeitung der Reform bleibt halbherzig.«


( F.A.Z., 28.11.2005, Nr. 277 / Seite 10 )
 
 

Kommentar von Oberbayerisches Volksblatt, verfaßt am 28.11.2005 um 06.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1735

»Begossene Pudel

Schallender hätte die Ohrfeige für die Erfinder der so genannten Rechtschreibreform nicht ausfallen können: Hans Zehetmair, Chef des Rates für deutsche Rechtschreibung, hält einige der neuen Regeln für so "vollkommen unsinnig", dass nun selbst verbindlich eingeführte Teile der Reform wieder gekippt werden sollen. Den Kultusministern, die mit dem ihnen anvertrauten Kulturgut Sprache (und dem Geld der Steuerzahler!) so empörend kaltschnäuzig umgegangen sind, droht ein beispielloses Waterloo. Als Getriebenen ihrer Schandtaten wird ihnen wohl nichts übrig bleiben, als sich dem Diktat des Rechtschreibrates zu beugen.

"Leid tun" soll, geht es nach dem Rat, künftig wieder richtig "leidtun" heißen. Die Anredepronomen "Du", "Ihr" oder "Sie" dürfen in Briefen wieder groß geschrieben werden, feststehende Begriffe wie "Große Koalition" ebenso; all dies verbessert die Lesefreundlichkeit. Eine Arbeitsgruppe wird umgehend eingesetzt. Damit sprengt der von den bedrängten Kultusministern nur zähneknirschend eingesetzte Rat für deutsche Rechtschreibung die ihm auferlegten Grenzen. Man muss ihm dafür sehr dankbar sein. Im Bereich der Silbentrennung und der Kommasetzung hat der Rat der Horror-Reform bereits einige Giftzähne gezogen: Einzelbuchstaben können künftig nicht mehr abgetrennt werden, z. B. bei "Ehe". Der erweiterte Infinitiv mit "um zu" wird wieder durch Komma abgetrennt. Der Satz "Es ist schön, Euch zu sehen" verlangt wieder zwingend ein Komma.

Den Politikern, an ihrer Spitze Christian Wulff, droht ein beispielloses Waterloo

Wie begossene Pudel stehen jetzt die Ministerpräsidenten und Kultusminister der 14 Bundesländer da, die am 1. August die vermeintlich unstrittigen Teile der neuen Rechtschreibung verbindlich eingeführt haben - vor allem der Niedersachse Christian Wulff, der seine Wähler mit dem Versprechen betrog, die Missgeburt zu stoppen. Hier müssen die Schulbücher in Kürze wiederum umgeschrieben werden. Gut, dass (mit Nordrhein-Westfalen) wenigstens Bayern aus der Reihe tanzte. Ministerpräsident Stoiber hat die Rechtschreibreform, aus Schaden klug geworden, zur Chefsache gemacht. An bayerischen Schulen dürfen die Kinder immer noch die alten Schreibweisen verwenden - jene Schreibweisen, die, geht es nach dem Rat, auch die neuen sein werden. GEORG ANASTASIADIS«


( Oberbayerisches Volksblatt, 28.11.05 )
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 28.11.2005 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1748

Wenn die Zeitungen Hoffnung zu machen scheinen, darf man nichts drum geben. Das einzige, was zählt, ist wie sie schreiben. Niemand kann sie daran hindern, wieder zur vernünftigen Rechtschreibung zurückzukehren, wie es FAZ und die Zeitungen des Springer-Verlags vorgemacht haben.

Heute sehe ich z.B. in der SZ eine Anzeige, in der 15bändig die Fußballweltmeisterschaften dargestellt werden, natürlich "aufwändig gestaltet": Nix für mich.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 28.11.2005 um 16.34 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1749

Dennoch...

Auch ich würde gerne von Professor Ickler eine ehrliche Einschätzung der Lage bekommen... wie sieht seiner Insider-Ansicht nach die deutsche Rechtschreibwirklichkeit des Jahres 2015 aus?

Das Wissen darum ändert für mich nichts daran, wie ich schreibe (nämlich "bewährt", mit viel zu vielen Rechtschreibfehlern ;-)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.11.2005 um 16.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1750

Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen, und das ist keine Taktik. Wer hätte denn gedacht, daß unsere Kinder neun Jahre lang grammatisch falsches Deutsch lernen müssen? Wer hätte andererseits gedacht, daß im Jahre 2004 der ganze Springer-Verlag zur bewährten Orthographie zurückkehrt? Ich glaube an Wunder, aber ich rechne nicht mit ihnen (sonst wären es ja keine).
Und nun an die Arbeit!
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 28.11.2005 um 18.14 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1754

Zu Springer fällt mir in diesem Zusammenhang ein, daß -- solltes sie es denn wirklich ernst meinen -- eine populistische Kampagne gegen die Sprachpanscher durchaus bei der Bevölkerung auf positive Resonanz stoßen sollte.
ALSO: Wenn hier ein Redakteur von Bild heimlich mitliest... sofort dem Chefredakteur einen entsprechenden Vorschlag machen!

<ironie>
Da die große Bild-Rechtschreib-Kampagne "Ganz Deutschland kehrt Zurück" bislang noch nicht gekommen ist... hmm... in meinen Augen hat die Glaubwürdigkeit von Bild dadurch sehr gelitten!
</ironie>

Spaß beiseite...

Daß einige Zeitungen "still und heimlich" zur bewährten Rechtschreibung zurückgekehrt sind, ist ein Ärgernis. Ein Ärgernis, weil die Kontroverse darüber nur wenige Tage andauerte, und selbst diese Verlage das Thema nicht zum Dauerthema auf ihren ersten Seiten gemacht haben.

Und leider muß ich Ardunna zustimmen. Sobald die neue "neue Rechtschreibung" durch den Rechtschreibrat und die KMK kanonisiert wurde, werden auch Springer und Co zu ihr "zurückkehren" und öffentlich erklären, daß jetzt alles wieder in Ordnung ist und Frieden herrscht.

Leider bin ich Pessimist...
...und Wunder; an sie glaube ich nicht mal.

Dennoch: Lieber Herr Professor Ickler. Versuchen Sie das Möglichste und lassen Sie sich nicht unterkriegen. Nur wer auf verlorenem Posten kämpft, der kann für sich und seine Sache Ehre gewinnen.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 28.11.2005 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1756

Kai Lindners letzten Beitrag verstehe ich nicht, Ironie hin oder her. Dass (Pardon!) die BILD keine groessere Kampagne gemacht hat, ist ein Glueck.

Ob die Zeitungen die "RSR" zum Thema machen oder nicht, tut nichts zur Sache. Entscheidend ist, wie geschrieben wird.

Die Gefahr, dass man bei Springers ein zweites Mal zum Reformschrieb ueberlaeuft, besteht m.E. genau solange nicht, wie Doepfner dort Chef ist. Natuerlich weiss man nicht, wie lange noch. Die Vorstellung von Aust (und Kilz) war ja wohl zu peinlich.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 28.11.2005 um 19.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1758

lieber Glasreiniger,

was gibt es da nicht zu verstehen? Das Problem der RSR ist doch, daß es ein Thema von Sprachliebhabern (= wir), "Gesichtswahrern" (= den verantwortlichen Politikern), "Kriegsgewinnlern" (= den beteiligten Verlagen) und "fünften Kolonnen" (= den Verbänden) ist. Die "lesende Bevölkerung" wundert sich über die vielen "dass" und runzelt aufgrund neuer, vielfach falscher Schreibungen die Stirn... aber das war es auch schon. Die Mär, von der "nun endgültigen amtlichen und für alle Welt verpflichenden Neuschreibung" hat sich in den Köpfen der Menschen wie Beton festgesetzt.

EINSCHUB: Ich habe am vergangenen Wochenende mit einem Germanisten ausgiebig geschnackt (wie man bei uns so sagt) -- und es war der Horror. Daß ich (als Physiker) mich mit der deutschen Sprache (wenn auch nicht Literatur) besser auskenne, als jemand, dessen Fachgebiet es im Grunde ist... das hätte ich in meiner Schulzeit nie zu träumen gewagt.

Wenn eine Zeitung die "bewährte" Schreibung verwendet... dann soll sie es -- zum Teufel nochmal -- den Menschen auch begründen. Immer und immer wieder soll sie den Menschen sagen, daß es einen guten Grund für die gute "alte" Rechtschreibung von 1901 gibt. Es nur heimlich zu tun... das ist nicht genug. Soll die BILD doch sagen: "Ich bin stolz darauf, die echte Rechtschreibung zu verwenden" und die Menschen werden rufen: "ich will nicht als Depp dastehen und tu es auch!".

Und wenn es eine BILD Rechtschreibkolumne gäbe, die von Professor Ickler gestaltet werden dürfte... welch besseres Medium gäbe es, um den Irrsin der neuen Rechtschreibung, die (naja) Einfachheit der bewährten Rechtschreibung und die Dummheit der Reformbefürworter dem Volke Tag für Tag vor Augen zu führen. Bildung für das Volk... könnte man ja auch unter dem Solgan "BILDung für das Volk -- jetzt auf Seite 3" bringen.

Aber, der Populismus scheint nur den Befürwortern der NRS zugestanden zu werden.

Und später wird einer in seinen Whiskey blicken und sinnieren: "Es waren gute Menschen... aber schließlich sind sie ausgestorben -- so wie die Rechtschreibung, für die sie still und heimlich gekämpft haben!"
Und der Mann gegenüber auf der anderen Seite des Tresens wird aufblicken, den Kopf schütteln und entgegnen: "Ist schon komisch. Davon habe ich gar nichts bemerkt!"


PS: Steht eigentlich das unsägliche !", (= Komma nach einem Ausruf bzw. einer Frage in der wörtlichen Rede) noch auf der Agenda des Rates? Und das SZ... und... ach... es bricht mir das Herz!
 
 

Kommentar von Mannheimer Morgen, verfaßt am 28.11.2005 um 23.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1763

»Experten schauen aufs "schwarze Brett"
SPRACHE: Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt, mehr Kommas zu setzen


Der Rat für deutsche Rechtschreibung will sich auch umstrittenen Einzelfällen der neuen Groß- und Kleinschreibung widmen. Auf seiner gestrigen Sitzung in Mannheim beschloss das Expertengremium, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzusetzen, und verabschiedete zudem seine Vorschläge zur Silbentrennung und Interpunktion. Diese waren bereits nach der letzten Sitzung vorgestellt worden: Demnach soll sich die Kommasetzung künftig wieder mehr an der Lesefreundlichkeit orientieren, wie der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair sagte.

Kommas zu setzen wird empfohlen vor den Konjunktionen "und" sowie "oder", wenn diese einen Hauptsatz einleiten. Außerdem soll der erweiterte Infinitiv wieder durch ein Komma abgetrennt werden, wie zum Beispiel in "Es freut mich, ihn zu sehen". Die neue Rechtschreibung sah in beiden Fällen keine Kommasetzung mehr vor. Bei der Trennung wurde entschieden, künftig keine Abspaltung einzelner Buchstaben mehr zuzulassen, was die Rechtschreibreform erlaubt hatte. Trennungen wie "E-sel" oder "A-cker" werden somit zurückgenommen; "ck" soll laut Beschluss des Rates nicht getrennt werden; das Wort "Acker" kann deshalb künftig gar nicht mehr getrennt geschrieben werden.

Der von der Kultusministerkonferenz eingesetzte Rat hat die Aufgabe, besonders umstrittene Teile der Rechtschreibreform noch einmal zu überarbeiten. Abgehandelt wurde bereits der Komplex der Getrennt- und Zusammenschreibung. Einen Auftrag zur Nachbearbeitung der Groß- und Kleinschreibung hatte das Gremium, dem sowohl Befürworter als auch Gegner der Rechtschreibreform angehören, nicht. Das Thema war auf Antrag des Reformgegners Theodor Ickler auf die Tagesordnung gekommen. In der Tendenz dürfte nach Angaben von Zehetmair bei feststehenden Ausdrücken wieder Großschreibung empfohlen werden: Es hieße dann wieder "das Schwarze Brett" (statt schwarze Brett), und es wäre wieder von einer "Großen Anfrage" im Parlament die Rede, statt von einer "großen". Möglich wäre auch eine Rückkehr zur Kleinschreibung bei "Recht haben" oder "Pleite gehen".

Bis März 2006 soll der Rat seine Vorschläge der Kultusministerkonferenz vorlegen, die dann darüber zu befinden hat. Zum 1. August 2006 soll die bislang nur teilweise verbindlich eingeführte Reform in Schulen und Behörden komplett angewendet werden müssen. Der Rat tritt wieder am 3. Februar zusammen. tog«


( Mannheimer Morgen, 26. November 2005 )
 
 

Kommentar von Der Standard, verfaßt am 29.11.2005 um 04.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1764

»Rechtschreibrat will wieder mehr nach dem Sinn als nach Regel schreiben
Groß- und Kleinschreibung soll geändert werden: Feststehende Begriffe wie "Große Koalition" groß schreiben


Mannheim - Der Rat für deutsche Rechtschreibung will die Groß- und Kleinschreibung ändern. Feststehende Begriffe wie "Große Koalition", "Erste Bundesliga" oder "Große Kreisstadt" sollen künftig ebenfalls groß geschrieben werden wie das "Du" im Brief, sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair am Freitag nach der siebenten Sitzung des Expertengremiums in Mannheim. Damit verfolge der Rat weiter das Ziel, wieder mehr nach dem Sinn und nicht so stark nach einem Regelwerk zu schreiben.

Das mit Experten aus dem deutschsprachigen Raum besetzte Gremium setzte für die Groß- und Kleinschreibung eine Arbeitsgruppe ein, die bis Mitte Jänner detaillierte Vorschläge erarbeiten soll. Diese sollen in der nächsten Sitzung des Rates am 3. Februar 2006 in großer Runde beraten werden. Zehetmair betonte, trotz des neuen Themenbereiches werde an dem Plan festgehalten, bis zum Schuljahr 2006/2007 etwaige Veränderungsvorschläge der neuen Rechtschreibung vorzulegen. (APA/dpa)«


(Der Standard, 25. November 2005)

 
 

Kommentar von Wiesbadener Kurier, verfaßt am 29.11.2005 um 04.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1765

»Die Wiederkehr des großen Du

Rechtschreibexperten machen neues Fass auf / Sinn der Sprache wichtiger als starke Regeln

Vom 26.11.2005


MANNHEIM Der Rat für deutsche Rechtschreibung will mit neuen Vorschlägen das Lesen erleichtern. Mit Änderungen zur Zeichensetzung und Silbentrennung sollen Sinnzusammenhänge wieder schneller erfasst werden können, erklärte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair.

Von Bernd Glebe

Die Änderungsvorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung werden umfangreicher, als viele Kritiker des Expertengremiums erwartet haben. Mit dem gestern vorgelegten Vorstoß zur Groß- und Kleinschreibung tasten die Sprachwächter zudem ein Feld an, das bereits als abgehakt galt. "Der Bedarf war einfach zu groß", begründete der Ratsvorsitzende und ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair in Mannheim die überraschende Initiative. Die Reform der Reform nimmt damit immer größere Ausmaße an. Der Rat beruft sich bei seinem Vorgehen auf Volkes Stimme. Der Aufschrei von Politik und Gesellschaft wegen der neuen Schreibregeln sei immer noch präsent, erklärte Zehetmair nach dem siebten Treffen der Runde. Um dem Ziel gerecht zu werden, den Sinn der Sprache vor ein starres Regelwerk zu stellen, könne daher auch ein neues Fass - "wenn auch nicht völlig" - aufgemacht werden.

So sollen feststehende Begriffe wie "Große Koalition", "Erste Bundesliga" oder "Große Kreisstadt" nach den Vorstellungen der Experten aus dem deutschsprachigen Raum künftig ebenfalls groß geschrieben werden wie das "Du" im Brief. Angedacht sind auch Veränderungen der Schreibweise von geschlossenen Begriffen wie "pleitegehen" oder "rechthaben".

Bei ihrem erneuten Vorstoß haben die Sprachwächter jedoch aus Unstimmigkeiten der Vergangenheit gelernt: Die Kultusministerkonferenz wurde bereits am Vorabend des Treffens über das neue Votum informiert. Aber auch in Zukunft will der Rat keine Tabus gelten lassen. "Denken ist nicht verboten", erklärte der Ratsvorsitzende auf die Frage, ob weitere Änderungen zu erwarten seien. Der Rat habe auch über den Stichtag Schuljahr 2006/07 einen eindeutigen Auftrag.

Als Beleg für die Eigenständigkeit des Gremiums und seine Rolle als Sprachwächter führte Zehetmair die Diskussion über die Schreibweise von ss und ß in der aktuellen Sitzung an. Das "dass" werde aber nicht verschwinden, erklärte der ehemalige Landesminister. "Wir wollen keine Empfindlichkeiten verletzen."

Ursprünglich wollte sich der vor rund einem Jahr eingesetzte Rechtschreibrat nur mit den drei Komplexen Getrennt- und Zusammenschreibung sowie Silbentrennung und Zeichensetzung befassen und die Änderungsvorschläge zum neuen Schuljahr vorlegen. Die Einigung bei der Getrennt- und Zusammenschreibung galt als Durchbruch. Die Vorschläge zur Silbentrennung und Zeichensetzung wurden gestern abschließend behandelt.«


(Wiesbadener Kurier, 26. November 2005)

 
 

Kommentar von Merkur Online, verfaßt am 29.11.2005 um 04.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1766

»Schreibreform wird schon wieder reformiert
Korrekturen bei Großschreibung


München - Der Rat für Rechtschreibung will erneut die Rechtschreibreform korrigieren. Feststehende Begriffe wie "Große Koalition" und "Erste Bundesliga" sollen künftig groß geschrieben werden wie das "Du" im Brief, so der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair (CSU). Nach der neuen Rechtschreibung mussten die Anrede "du" und "dein" klein geschrieben werden.

Damit verfolge der Rat weiter das Ziel, wieder mehr nach dem Sinn und nicht so stark nach einem Regelwerk zu schreiben, sagte Zehetmair. Während die neue Rechtschreibung in den meisten Bundesländern am 1. August in Kraft trat, gilt in Bayern und Nordrhein-Westfalen immer noch eine Übergangszeit. Alte Schreibweisen werden in diesen beiden Ländern nicht als Fehler gewertet.

Die neuen Regeln zur Groß- und Kleinschreibung galten bei den Kultusministern bisher als unstrittig. Der Rechtschreibrat will sich dennoch weiter damit beschäftigen. "Denken ist nicht verboten", betonte Zehetmair.

Der Rat sprach sich auch dafür aus, dass in Zukunft wieder mehr Kommas gesetzt werden. Damit sollen die Sinnzusammenhänge wieder schneller erfasst werden können, so der CSU-Politiker. Das Gremium befasste sich zudem mit dem Thema Trennung. Danach soll die Trennung von Einzelbuchstaben am Zeilenende zurückgenommen werden. Silbentrennungen wie "Julia-bend" und "E-sel" - sie sind nach der neuen Rechtschreibung korrekt - wären dann nicht mehr möglich.

Die ß/ss-Regelung will der Rechtschreibrat dagegen nicht antasten. Der Rat war Ende 2004 als Antwort auf die massive Kritik an der Schreibreform eingerichtet worden.

(mm)«


(Merkur Online, 25.11.2005 21:44 Uhr)

 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 29.11.2005 um 11.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1767

Bitte, Herr Professor Ickler, bringen Sie das SS/SZ zumindest auf die Tagesordnung des Rates.
 
 

Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 29.11.2005 um 11.43 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1768

Der Wiesbadener Kurier zitiert H. Zehetmair, man wolle "keine Empfindlichkeiten verletzen". Daher darf das "ss" nicht verschwinden. Das verstehe ich nicht. Empfindlichkeiten liegen auf beiden Seiten vor.

Wo, bei wem herrschen diese sog. Empfindlichkeiten am meisten?
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 29.11.2005 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1769

Den Hrn. Zehetmair halte ich für einen "ausgefuchsten" Politiker!

Er weiß, wie man etwas entwickeln und kommunizieren muß, um letztlich ein Ziel zu erreichen. Einzelaussagen darf man da vermutlich nicht auf die Goldwaage legen.

Wie endgültig ausformuliert sein Ziel allerdings jetzt schon ist, das ist anhand von Pressemitteilungen sehr schwer abschätzbar.

Mein persönliches Gefühl ist, daß Prof. Ickler in ihm eher einen Verbündeten als einen Widersacher gefunden hat. Schade ist natürlich, daß es offenbar kaum weitere Verbündete gibt!

Wie stark also die "normative Kraft des Faktischen" tatsächlich bleiben wird, das darf mit Spannung erwartet werden.
 
 

Kommentar von Martell, verfaßt am 29.11.2005 um 12.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1770

Wenn Sie die Einzelaussagen auf die richtigen Goldwaagen legen, können Sie mehr ablesen. Aber daß Sie den Bund nicht erkennen können...
 
 

Kommentar von Jens Stock, verfaßt am 29.11.2005 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1774

Herrn Zehetmair halte ich, wie Borella, für einen ausgefuchsten Politiker. Mag sein, daß wir alle mit den bisherigen Ergebnissen und Ankündigungen des Rechtschreibrats nicht voll zufrieden sind. Auch die Tatsache, daß zu viele Macher und Befürworter der "96er Reform" im Gremium vertreten sind, wird zu Recht des öfteren vorgebracht.

Erinnern wir uns aber einmal an die Zwischenstaatliche Kommission, die seinerzeit vor allem die Kultusminister lobte, den Schulen einen völlig problemlosen Umgang mit der Reformschreibung bescheinigte und nur äußerst zaghaft und auf großen Druck von verschiedenen Seiten ein paar Änderungen etwa im Bereich der Zusammen- und Getrenntschreibung zugelassen hat – meist in Form von Varianten, so daß die Schulbücher nicht geändert werden müssen!

Wer hätte wirklich gedacht, daß der Rechtschreibrat überhaupt die nötige Unabhängigkeit und Unverfrorenheit besitzt, zentrale Problemfelder der Rechtschreibreform als solche zu benennen, sie ernsthaft und kritisch zu hinterfragen und sich sogar dann noch einschneidende Änderungsvorschläge zu erlauben, wenn die Kultuspolitiker den Stand der Reform schon als endgültig verstanden wissen wollen?

Der Ratsvorsitzende spielt in diesem Zusammenhang meines Erachtens eine nicht zu unterschätzende Rolle. Herrn Zehetmair gelingt es immer wieder, der Öffentlichkeit und auch den Politikern auf sehr diplomatische Weise deutlich zu machen, daß der derzeitige Stand der Reform, mag er auch in diesem Sommer in den meisten Ländern für verbindlich erklärt worden sein, absolut unbefriedigend ist. Herr Zehetmair schürt nie den Streit zwischen Reformgegnern und -befürwortern, sondern sucht immer nach Möglichkeiten, die Reform zu "verbessern", wenigstens die gröbsten Fehler zu beseitigen. Tatsächlich bestehen viele solcher "Verbesserungen" bei konsequenter Umsetzung letztlich in einer weitgehenden Rücknahme der Reform. Das haben ja auch viele Pressestimmen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Ob uns das weit genug geht, ist eine andere Frage.

Gewiß, dieses Stückwerk, dieses stetige Herumdoktern an der Sache ist nicht das, was ich als optimalen Fall bezeichnen würde; aber der Grundsatz "mehr Sprachgebrauch, mehr staatliche Zurückhaltung, weniger stumpfsinnige Regeldurchsetzung" zeigt in die richtige Richtung. Viele Reformschreibungen wie "Gewinn bringend" sind zwar nach wie vor möglich (und ärgerlich), jedoch auf dem absteigenden Ast. Und das ist gut so; Qualität setzt sich durch. Daß wir solche Schreibungen trotzdem noch häufig in Zeitungen und neuen Büchern vorfinden müssen, liegt zu einem erheblichen Teil an einer Über-/Fehlinterpretation der Reformregeln oder am Einsatz von "Korrekturprogrammen", die die Texte auf "progressiv neu" trimmen.

Und zur ss/ß-Schreibung sage ich im Moment nur: Es ist noch lang nicht aller Tage Abend. Es bleibt die Hoffnung, daß auch in der Schule aus einem "Messergebnis" mal wieder ein besser lesbares "Meßergebnis" werden darf, wenn wir nicht aufgeben und auch die bisher standhaften Medien nicht umfallen! Ich selbst sehne den Tag herbei, an dem wertvolle Internetseiten nicht mehr durch die Filtersoftware der Schule zurückgehalten werden müssen, nur weil z.B. das unanständige Wort "Messexperiment" auftaucht!

In diesem Sinne sollte unser Motto lauten: Nicht aufgeben, sondern weiterhin für die Qualität der Sprache eintreten! Es ist noch lange nicht zu spät.
 
 

Kommentar von Astrid Schleicher, verfaßt am 29.11.2005 um 15.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1776

Und zur ss/ß-Schreibung sage ich im Moment nur: Es ist noch lang nicht aller Tage Abend.

Mir ist in der letzten Woche, ohne besonders danach Ausschau zu halten, vermehrt die Verwendung des ß nach Adelung aufgefallen. Gestern in "Report" der ARD tauchte in der Untertitelung eines stimmlich Verfremdeten zweimal "wußte" auf, hier im Supermarkt stehen nebeneinander von zwei verschiedenen Molkereien "Faßbutter" und "Fäßchenbutter", daneben waren es verschiedene Nußprodukte.

Es scheint mir, als ob etliche Leute, die man nicht groß befragt hat, inzwischen die Faxen dicke haben und ohne ausdrückliche Widerstandsattitüde einfach umkehren. Das Argument der Kindsverderberei scheint nicht mehr ohne weiteres zu ziehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2005 um 15.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1777

Das ss stand in der Novembersitzung auf der Tagesordnung, veranlaßt von einem Teilnehmer, der den Buchstaben ß ganz abschaffen möchte. Es gibt keinen einzigen außer mir, der dieses "Faß aufmachen" will - um es mit dem Vorsitzenden zu sagen. Völlig hoffnungslos! Was soll man dazu sagen, wenn im Rat behauptet wird, das ss sei das einzige, was völlig problemlos angenommen worden sei? Diesen Rückschritt ins neunzehnte Jahrhundert wird der Rat nicht widerrufen. Man braucht sich ja nur die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung anzusehen, die den Geßlerhut kniefälligst verehrt - ohne allerdings auch nur einen einzigen Text in Heysescher s-Schreibung abzufassen; das ist bloß was für die anderen - oder wie soll man diese Praxis verstehen?
 
 

Kommentar von Jörg Metes, verfaßt am 29.11.2005 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1778

Heißt das, daß nicht einmal die Vertreter der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung über die ss/ß-Schreibung reden wollen? Immerhin findet sich im "Kompromißvorschlag" der Akademie noch die Idee, daß »in Fällen, wo auf eine mit ss auslaufende Silbe eine andere folgt, die mit s beginnt, zur Vermeidung einer Verdreifachung dieses Buchstabens ß geschrieben werden [kann] (z. B. Mißstand statt Missstand, Streßsituation statt Stresssituation)«. (Zur Reform der deutschen Rechtschreibung, Wallstein-Verlag 2003, S. 13)
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 29.11.2005 um 16.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1783

Betrifft: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung; Zitat Ickler: " ... ohne allerdings auch nur einen einzigen Text in Heysescher s-Schreibung abzufassen; das ist bloß was für die anderen - oder wie soll man diese Praxis verstehen?"
Verblüffend! Aber es paßt. Das hat nichts mit Unwissenheit zu tun (wie bei vielen Neuschreibern), sondern mehr mit Nichtwissenwollen. Man verfolgt eisern das Ziel der Durchsetzung, fühlt sich aber selbst eigenartigerweise von den Folgen nicht betroffen. Auf dieser Ebene scheint sich eine handfeste Persönlichkeitsspaltung entwickelt zu haben.
Die Rechtschreibreform als Gegenstand der Betrachtung hat sich im Denken anscheinend verselbständigt. Diese Tatsache entbehrt nicht einer gewissen Komik und hat etwas Erheiterndes.

Heute geriet ich im Netz zufällig auf die Seiten des Erzbistums München und Freising. Schön gestaltete, informative Seiten sind das. Zum Beispiel ein Text für Kinder über die "Orgel": "Auf einer Orgel kann man auch verschiedene Register ziehen, dass heißt, verschiedene Klangfarben einschalten." (Kann sich jemand vorstellen, daß dem Schreiber dieser Fehler unterlaufen wäre, wenn er "daß" schreiben hätte wollen? Wohl kaum.)
In der Rubrik "Neues von der Online-Redaktion": "Für die Komplettsanierung sind die Kosten noch nicht ab zu schätzen."
Am besten (Besten), man stückelt die Kosten, da ist schon was dran.

Wir hoffen, daß die Presse einen langen Atem hat. Es wäre ein Fehler, wieder einmal voreilig eine Entscheidung zu treffen, die der Sprachgemeinschaft langfristig nicht bekommt. Die Sprachgemeinschaft ahnt den Unfug; aber da die Untertanen gehorsam sind, tun sie erst einmal mit, fühlen sich aber nicht besonders wohl dabei. Das kann man im privaten Umkreis bei jedem Gespräch heraushören, das einen zufällig aufs orthographische Eis geführt hat. Nun wird der staatlich verordnete Unsinn halt erst einmal ausgiebig ausprobiert. Hinterher wird man dann resigniert feststellen: Es klappt einfach nicht. Und dann? Der Ruf nach dem Staat? Soll der Rechtschreibrat, unterm Tisch gesteuert durch die KMK, bis in alle Ewigkeit an unserer Sprache herumreformieren? Eine Horrorvorstellung, die allerdings durch Kompromißbereitschaft Realität zu werden droht. Heitere Aussichten!

Liebe Leute, im Zeitalter der Computer-Korrekturprogramme benötigen wir keine Rechtschreibreform! Wir wollen das Geschriebene störungsfrei und flott lesen können! Das ist auch schon alles.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2005 um 17.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1786

Nein, lieber Herr Metes, das hat die DASD wohl aufgegeben, und es wäre ja auch absurd, wieder neue Ausnahmetatbestände zu schaffen, die das bißchen Logik, das die Heyse-Schreibung zweifellos besitzt, gleich wieder aufheben würden. Der Missstand bleibt!
Die DASD unter Eisenberg argumentiert: Bloß nichts anstoßen, was die ganze Reform in Frage stellen könnte! Und das ss ist nun mal die Hauptsache, unter dem Symbolaspekt betrachtet.
Es ist schon raffiniert, wenn die DASD, die seit sechs Jahren nicht mehr die Rücknahme der Reform zu fordern gewagt hat, jetzt so tut, als würde bei einem Scheitern der Reform die unkorrigierte Neuschreibung von 2004 voll und ganz zur Herrschaft gelangen. Man müßte ihr geradezu dankbar sein für ihre Selbstüberwindung ... Dabei hat sie durch ihre Unterwerfungsbereitschaft erheblich dazu beigetragen, daß es soweit gekommen ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2005 um 17.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1787

Schauen Sie auch mal hier vorbei: http://www.deutscheakademie.de/forum1_rechtschreib.html
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 29.11.2005 um 21.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1791

ss/ß:

Wurde Frau Güthert nicht mit den Worten zitiert, der Rat wolle sich in dieser Hinsicht "positionieren"? Wenn ja, müßte man das Faß ja wenigstens einmal hervorkramen, vielleicht die Spinnweben entfernen und anschauen. Und es ist doch nicht zu fassen, daß man für die Schweizer selbstverständlich eine Ausnahmeregel formuliert, dies aber für Menschen, die möglichst gut lesbare Texte produzieren wollen, nicht tut. Wenigstens eine solche Ergänzung müßte doch möglich sein und würde niemandem weh tun. Vermutlich setzte sich die bessere Variante von alleine durch, vielleicht blieben beide nebeneinander bestehen wie in der Schweiz. Ist es das, was die Reformbefürworter fürchten? Den freien Wettbewerb?

An Frau Schleicher:

Bei Aldi gibt es nach wie vor "Prinzeßbohnen" und "Delikateßsoße". Es ist also vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis der Konzern Post von der KMK bekommen wird ...
 
 

Kommentar von F.A.Z., verfaßt am 02.12.2005 um 19.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=299#1845

»Dauerhaft beenden

Zur Glosse "Halbherzig" von Heike Schmoll (F.A.Z. vom 28. November): Wenn Hans Zehetmair glaubt, man dürfe bei der Reform der Rechtschreibreform "nicht jedes Faß öffnen", ist ihm beizupflichten. Ich gehe noch weiter: Alle Fässer können ungeöffnet bleiben, sofern man sie mit ihrem gesamten Inhalt auf dem Müll der Possengeschichte dauerhaft entsorgt. Die einfachste Lösung der ohne Veranlassung problematisierten Rechtschreibung besteht darin, zum status quo ante zurückzukehren, und zwar bis zu jenem Ausgangspunkt, wo durch die unbemerkt gebliebene Hintertür die inkonsequent eingeführte ph=f-Schreibung durchschlüpfte. Dieses Durchschlagen des gordischen Knotens würde den Schulbuch- und Wörterbuchverlagen zum erneut lukrativen Auftrag verhelfen, den gesamten Neuschrieb-Bestand in seinen Dutzend inzwischen entstandenen Varianten zu drucken. Der F.A.Z. sei für ihre zumindest weitgehend herkömmlich gebliebene Schreibung gedankt. Nicht einmal die Springer-Verlage bleiben bewährten Schriftformen so treu und informieren ihr Publikum ähnlich ausführlich und zeitnah, wie dies in und durch die F.A.Z. geschieht. Kurt-Rolf Ronner, Berlin«


( F.A.Z. / Briefe an die Herausgeber, 03.12.2005, Nr. 282 / Seite 8 )
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz: refresh Image CAPTCHA Image
  Bitte tragen Sie die Zeichenfolge in das Feld rechts ein. Falls Sie Schwierigkeiten haben, sie zu erkennen, können Sie sich mit einem Klick auf die grünen Pfeile eine andere Zeichenfolge vorgeben lassen.
  TESTBETRIEB; das funktioniert noch nicht! Bitte wählen Sie zur Kommentareingabe wieder die neuesten Kommentare zuoberst aus.


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM