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10.11.2005
Geiselnahme
Wie es funktioniert, zeigt ein Brief aus dem Hause Koch
Der hessische Ministerpräsident, ebenfalls vom "jungen Wilden" zum Bettvorleger mutiert, ließ einem besorgten Mitbürger folgendes schreiben:
"(...)
Bitte berücksichtigen Sie bei Ihrer Meinungsbildung auch, dass wir heute nicht mehr über das Für und Wider der Rechtschreibreform als solcher zu befinden haben. Heute geht es vielmehr um Kontinuität und Klarheit für die Schülerinnen und Schüler, die die neuen Regeln nun schon seit Jahren lernen und denen die Politik schnellstmöglich eine Antwort auf die Frage geben muss, welche der gelernten Regeln zukünftig für sie verbindlich werden sollen und welche nicht. Ein generelles Aussetzen (auch der unstrittigen Teile der Reform) wäre für Schüler, Lehrer und Eltern aus diesem Blickwinkel betrachtet alles andere als hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Landtagsbüro Koch"
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 10.11.2005 um 09.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=284#1516
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Interessant wäre sicherlich das Datum des Schreibens.
Andererseits muß man Herrn Koch zugeben, daß "Aussetzen (auch der unstrittigen Teile der Reform)" in der Tat nicht hilfreich ist. Hilfreich in jeder Hinsicht wäre nur die Beendigung des Experiments.
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 10.11.2005 um 14.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=284#1520
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1996 wurde eine Diskussion mit dem _umgekehrten_ Argument abgeblockt, man werde 2005, am Ende der Einführungsphase, eine Debatte führen, und _erst dann_, mit den gemachten Erfahrungen vor Augen, eventuell revidieren. Weiß hierfür jemand einschlägige Zitate?
Die Formulierung "wir (den Fragesteller eingeschlossen) haben nicht mehr zu befinden" ist übrigens inhaltlich äquivalent zu "das geht uns und Sie nichts an".
Ein Bisschen merkwürdig ist, daß dies nur auf den "unstrittigen" Teil zutrifft. Die staatliche Erlaubnis, ob die Reform kontrovers diskutiert werden darf, scheint also doch etwas mit dem Inhalt der einzelnen Reformteile zu tun zu haben, und nicht am vorgeblich übergeordneten Prinzip der kultuspolitischen Kontinuität zu hängen.
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Kommentar von Buchenstock, verfaßt am 24.11.2005 um 09.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=284#1680
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Was die Hofpoeten unserer Politiker so raushauen: "Kontinuität und Klarheit"! Man muß es sich auf der Zunge zergehen lassen. Nur, wie kommt es dann, daß nun "schnellstmöglich" eine Antwort gegeben werden muß? Warum plötzlich diese Eile? Verträgt sich Kontinuität mit Hektik?
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Kommentar von Carsten Thumulla, verfaßt am 04.12.2005 um 14.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=284#1873
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So ein Blödsinn!
Der erpresserische Charakter war schon /vor/ der Reform erkennbar, als um die armen Kinder gejammert wurde. Die Schulbuchverlage wurden /vor/ der Reform genötigt, nur Bücher in neuer Schreibung, die jetzt schon veraltet ist, zur Zulassung vorzulegen.
Es geht nur um die Regelungsgewalt, nicht um die Sprache; die bleibt bei dem Machtkampf auf der Strecke.
Carsten Thumulla
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