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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.10.2005
 

Die Wahrheit
Auch die KMK liest mein Rechtschreibtagebuch

Daher nahm sie Anstoß an dem Titel "Lügenpropaganda", den ein Eintrag unter dem 30.6.2005 trug, und drohte mir rechtliche Schritte sowie noch weitere düstere Konsequenzen an (wahrscheinlich meine Entfernung aus dem "Rat").
Ich habe also den anstößigen Titel geändert und versichere, daß ich weder der KMK noch einzelnen Mitarbeitern Lügen unterstelle. Das ist mir nur so rausgerutscht, eben tagebuchartig. Die KMK erfindet einfach Sachverhalte und verkündet sie dann als Tatsachen. Das ist Phantasie und Irrtum, aber selbstverständlich keine Lüge im rechtlichen Sinn.



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Kommentare zu »Die Wahrheit«
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Kommentar von Wolf Mayen, verfaßt am 11.10.2005 um 10.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1109

Wenn die KMK endlich entfernt wird, hört sich auch dieses klandestine Geschnüffel auf.
 
 

Kommentar von Gabriele Ahrens, verfaßt am 11.10.2005 um 11.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1110

Der Lauscher an der Wand...

Daß gelauscht wird (und nicht nur hier), wissen wir ja seit geraumer Zeit. Aber sind wir jetzt in Deutschland schon so weit, daß das Beim-Namen-Nennen gewisser (nachweisbarer) Sachverhalte Repressalien nach sich zieht? Hier nimmt sich die KMK wohl ein Beispiel an unserem Innenminister.

Stichwort Innenministerium: Am 29. Juni 2005 haben der Bundesinnenminister und die Bundesjustizministerin die Neuregelung der Rechtschreibung ab dem 1. August 2005 sowohl für den amtlichen Schriftverkehr als auch für die Normsprache "grundsätzlich" für verbindlich erklärt. Noch nicht verbindlich sind dem Rundschreiben zufolge die Getrennt- und Zusammenschreibung sowie Worttrennung und Interpunktion. Von einem Überschneidungsbereich von Getrennt- und Zusammenschreibung und Groß- und Kleinschreibung und der damit verbundenen Toleranzklausel ist - abweichend von der KMK-Vorlage - nicht die Rede.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.10.2005 um 12.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1111

Fundsachen

Münteferig soll im ZDF gesagt haben, man sei bereit, mit Merkel zusammen zu arbeiten. (zitiert nach GMX) - Ob ihr das genügt?

Der Politikwissenschaftler Korte spricht laut WELT-Interview von "dissertierenden Randflügeln". - Kollektive Doktorarbeit?

An einem Friseur-Salon: Samstag´s ab 18.00 Uhr geschlossen
 
 

Kommentar von H. J., verfaßt am 11.10.2005 um 13.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1113

In diesem Zusammenhang ist ein Blick ins Archiv der leidigen Angelegenheit angezeigt. Was ein Befürworter der Rechtschreibreform am 17. Juli 1997 schrieb, sollte ebenfalls mit Bezug auf den darin praktizierten "sprachlichen Handlungstyp" gelesen werden. Kenner wissen natürlich, wer hier schreibt:

Sehr geehrter Herr Jochems,

Ihr Schreiben vom 15.7.1997 nebst Anlagen habe ich dankend erhalten.

Nach Ihrer Darstellung bemühen Sie sich seit dem Frühjahr 1997 nach Kräften, die Wahrheit über die angeblichen Vereinfachungen der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung zu verbreiten. Sie verbreiten nicht, sehr geehrter Herr Jochems, die Wahrheit, sondern Ihre Wahrheit.

Zu den Inhalten Ihrer missionarischen Sendschreiben, die engstirniger und fanatischer sind als die Predigten eines Siegerländer Pietisten und jegliche Toleranz vermissen lassen, will ich mich an dieser Stelle nicht äußern.

Ich möchte mich auf eine Bemerkung zu einem bestimmten sprachlichen Handlungstyp der Reformgegner beschränken. In Ihrem Sendschreiben vom 17.6.1997 lese ich u.a.: „Daß sämtliche Schulbücher, Computerprogramme und Lexika in neuer Orthographie heute schon Makulatur sind, weiß jeder der sechzehn deutschen Kultusminister und eine ganze Reihe von Politikern mit oder ohne öffentliches Amt." Seit Oktober 1996 betätigen sich auch Ihre ideologischen Bundesgenossen wie jener Kulturchef der Bayerischen Staatszeitung namens Hans Krieger oder wie der linguistische Besserwisser Theodor Ickler in immer neuen Variationen als Grabredner der angeblich verblichenen Rechtschreibreform. „Die Reform ist tot", lautet die Botschaft der missionarischen Reformgegner. Dem könnte man entgegenhalten: „Totgesagte leben länger!" Doch das nur am Rande.

Was mich betroffen macht, ist der unverantwortliche Umgang der Reformgegner mit der deutschen Sprache. Hier werden Wunschträume als Fakten verkauft. Dies ist die Sprache der Propaganda.

Für ein solch unverantwortlichen Umgang mit der deutschen Sprache gibt es, wie Sie wissen, in der deutschen Geschichte leider genügend Beispiele. Zur Linguistik der Lüge hat Harald Weinrich bekanntlich Treffliches gesagt und geschrieben.

Ich grüße Sie trotzdem!

 
 

Kommentar von (verschoben), verfaßt am 11.10.2005 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1116

Kommentar verfaßt von kratzbaum am 11.10.2005 um 13:08 Uhr

Also ich finde es ganz prima, daß KMK-ler und andere Rechtschreibreform-Ritter von der traurigen Gestalt hier mitlesen. Argumente pro Reform wären sehr willkommen. Aber woher nehmen? Ein deutlicheres Armutszeugnis als die Androhung rechtlicher Schritte kann es doch nicht geben. Es paßt zu der Reduzierung auf eine reine Machtfrage anläßlich der Einführung in den Schulen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.10.2005 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1117

Nun, es war nicht der erste Einschüchterungsversuch und wird nicht der letzte gewesen sein. Ich nehme das natürlich nicht ernst, hebe die Schriftstücke aber auf und werde sie irgendwann veröffentlichen oder ans Bundesarchiv geben. Es geht ja um Zeitgeschichte.
Übrigens kann man ohne weiteres Lügenpropaganda treiben, ohne selbst zu lügen. Das ist sogar der Normalfall. Man verbreitete einfach die Lügen anderer. Die KMK kann natürlich gar nicht lügen, weil sie ein Nullum ist.

"Zur Linguistik der Lüge hat Harald Weinrich bekanntlich Treffliches gesagt und geschrieben." - Dieses Zitat aus dem Archiv von Herr Jochems wollte ich neulich auch schon mal bringen als Beleg für die umwerfende rhetorische Geschicklichkeit des Verfassers. Er glaubt es auch ganz besonders fein angestellt zu haben. Das Büchlein von Herrn Weinrich hat zwar nichts mit der Sache zu tun, aber man hat wenigstens das Wort "Lüge" einmal untergebracht, natürlich ohne jemanden justiziabel der Lüge zu bezichtigen. Es gäbe noch viele schöne Zitate von diesem Geistesriesen zu überliefern.
 
 

Kommentar von Max Pohl, verfaßt am 11.10.2005 um 17.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1118

Die KMK ist nicht nur verfassungsmäßig nicht vorgesehen, sondern agiert gegen die Verfassung, indem sie bewußt und massiv das föderalistische Prinzip aushebelt.

Ich würde sowas (privat, am Küchentisch) als verfassungsfeindlich auffassen.

Komisch, daß dies dem Herrn Innenminister noch nicht aufgefallen ist.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.10.2005 um 20.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1119

Das Komische an der KMK ist, daß sich hier die Länder selbst ihrer sonst so zäh verteidigten Kulturhoheit begeben haben. Hat je ein Landesparlament gegen einen Beschluß der KMK gestimmt? Die auch sonst zu beobachtende Schwächung der Legislative tritt hier besonders deutlich zutage. ("Der Landtag wurde überfahren", wie seinerzeit der Präsident des Nds. Landtags, Milde, ahnungsvoll bemerkte.)
 
 

Kommentar von Gabriele Ahrens, verfaßt am 12.10.2005 um 09.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#1133

Horst Milde drückte sich sogar noch drastischer aus: "Hier sind die Parlamente von den Kultusministern vergewaltigt worden." (Nordwest-Zeitung, 1.11.1996)

Wer so hochangesehene Politikerinnen und Politiker wie unsere Kultusministerinnen und Kultusminister der Lüge bezichtigt, ist von vorneherein verdächtig und wahrscheinlich noch zu ganz anderen heimtückischen Intrigen, wenn nicht gar Staatsstreichen, fähig. Jedenfalls sah es das Land Nordrhein-Westfalen so (veröffentlicht im Verfassungschutzbericht 1997): „Die Kampagne gegen die Rechtschreibreform fügt sich im Kontext rechtsextremistischer Agitation in die Islamismus- und Eurokampagne insofern ein, als auch hier ein Angriff auf die kulturelle Eigenheit des deutschen Volkes gesehen wird.“

„Die Schreibregeln werden von 212 auf 112 reduziert. Von 52 Kommaregeln bleiben nur 9 übrig.“ (KMK, 30.11.95) Das ist natürlich keine Lüge, sondern nur eine etwas andere Sicht der Dinge. Das trifft auch auf die Äußerung von Gisela Böhrk zu, die in den dunklen Zeiten schleswig-holsteinischer Rechtsverdrehung dort als Kultusministerin wirkte:„Die neuen Regeln erleichtern das Erlernen der Sprache. Erste Tests haben gezeigt, dass die Fehlerquote sinkt.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.06.2012 um 09.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#20877

Für neue Leser: Der Geistesriese, der den Brief an Helmut Jochens verfaßt hat (s. hier) und sich so ähnlich ja auch in einem Buch ausdrückt, ist natürlich Hermann Zabel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.10.2015 um 05.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#30241

Sie hat den Spitznamen Landschildkröte, weil sie so lahm ist. Christian Wulff wollte sie mal abschaffen, weil sie die Rechtschreibreform verbrochen hat. Die meisten Bürger kennen sie nicht einmal, die "Ständige Konferenz der Kultusminister", kurz: KMK. (Christian Füller im Spiegel 12.10.15)

Ja, aber der SPIEGEL macht mit bei diesem "Verbrechen", auch wenn Füller nichts dafür kann.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 13.10.2015 um 10.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=252#30242

Interessant wäre eine Interviewserie, die alle Reformer befragt, wie sie den Verlauf und das Ergebnis der Reform bis heute sehen. Also die ehemalige Kommission, den Rat und die zuständigen KMK-Beteiligten.

Dem könnte man dann noch gegenüberstellen, was die Leute als Betroffene darüber denken.
 
 

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