zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


10.09.2005
 

Der unstrittige Kern

Unter www.ids-mannheim.de/reform hat Frau Güthert die laut KMK unstrittigen Regeln dargestellt.
Dazu gehört auch ein Auswahlverzeichnis veränderter Wörter. An diesen harten Kern muß man sich halten, wenn man den Kultusministern demnächst mit Klagen zu Leibe rücken will. Also "Recht haben", "Pleite gehen", "Not sein" usw. Diesen Unsinn müssen die Lehrer jetzt von ihren Schülern verlangen und die grammatisch richtigen Schreibweisen bestrafen.

An manches habe ich bisher gar nicht gedacht. Z. B., daß der Märchentitel "Die Sieben Raben" jetzt anders geschrieben werden muß: "Die sieben Raben". Wie kommt man nur darauf? Hat sich die Kommission vor ihrem verfrühten Ableben noch darüber Gedanken gemacht? Oder arbeitet Frau Güthert auf eigene Faust an der Interpretation der Übergangsregeln von 2004? Die Titel einzelner literarischer Werke zu ändern ist eine sonderbare Beschäftigung.
Übrigens will Frau Güthert nur "das schwarze Brett" zulassen, aber Augst persönlich hatte doch erklärt, daß in solchen Fällen auch Großschreibung, weil fachsprachlich, zulässig sei? Der neue Wahrig sieht diese Möglichkeit bei "Erste Hilfe" vor, nicht bei "schwarzes Brett". "In einigen Fällen" soll das möglich sein - aber welche sind es? Weiß Güthert das so genau? "Der Große Teich", "die sieben freien Künste" ...
Nach all der exzessiven Großschreibung sollte man nicht erwarten, daß es tatsächlich jetzt heißt "an meiner statt", aber es ist so - danke für die Klarstellung!
Die bisherige Dudenschreibung ist nicht immer korrekt angegeben ("über Achtzig").
Daß "Diarrhöe" jetzt gar nicht mehr zulässig sein soll, hat Güthert wohl erfunden, der Wahrig sieht es anders.
Den österreichischen "Spass" braucht ein deutsches Wörterbuch nicht anzuführen, denn die Österreicher legen ja Wert darauf, daß sie österreichisch sprechen, daher nennen sie ihr Wörterbuch auch ÖWB.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Der unstrittige Kern«
Kommentar schreiben | neueste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.09.2005 um 20.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=220#925

Der Bereich des „Überlapps“ von GZS und GKS ist ausgelassen; es gibt in der Tabelle, in der alte und neue Schreibweisen einander gegenübergestellt werden, nur den Eintrag „not sein/werden“ – „Not sein/werden“ und nicht „not tun“ – „Not tun/nottun“.
 
 

Kommentar von Roger Herter (Schweiz), verfaßt am 11.09.2005 um 03.15 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=220#926

Das Grimmsche Märchen "Die sieben Raben" soll NEU so geschrieben werden? KHM 25 erscheint seit 1819 (der Erstveröffentlichung unter diesem Titel) bis 1857 (der Ausgabe letzter Hand) in keiner anderen Schreibung - und so in allen philologisch seriösen Editionen bis heute.

"Die Sieben Raben" ("Die Sechs Schwäne", "Die Zwei Brüder"...), wer denkt sich sowas aus! Vermutlich spielt hier wieder einmal ("einmal mehr") das Englische hinein, wo es freilich "The Seven Ravens" heisst.

Ich habe den Eindruck (zu meinem Schrecken auch bei mir selbst), unsere bisher so verlässliche sprachliche Intuition verkomme und verkümmere zusehends, je länger wir dem Ruinendeutsch ausgesetzt sind, das der Herost-Rat über uns verhängt hat.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.09.2005 um 05.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=220#927

Leider hatte ich es unterlassen, mich nach der authentischen Schreibweise der Märchentitel umzusehen, vielen Dank für die Erinnerung! Ich war so gefangen von der absurden Idee, hier überhaupt etwas zu ändern.
Wahrscheinlich geht es auch gar nicht um die Titel im engeren Sinn, sondern um die Erwähnung der Märchenfiguren im laufenden Text. Daß nur kein Schüler von den "Sieben Schwaben" redet! Und hier möchte man wahrhaftig den Lieblingsspruch der Verbändeallianz wiederholen: Haben wir keine anderen Sorgen? Aber nun stehen mehrere Beispiele im harten Kernbestand der unstrittigen Regeln, so daß der Eindruck entsteht, die Kultusminister legten größten Wert darauf, daß die "Sieben Schwaben" bzw. "Raben" nicht mehr vorkommen! Und Kultusministerinnen samt ihrer journalistischen Claque beklagen, daß in Bayern und NRW die Schüler diese Schwaben und Raben immer noch ungestraft groß schreiben dürfen!
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 12.09.2005 um 11.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=220#930

Spaghetti / Spagetti

Soweit ich das richtig verstanden habe, bezeichnet jemand in der deutschen Sprache, der das Wort "Schpagetti" ausspricht, damit ein italienisches Nudelgericht, das in der Italienischen Sprache ungefähr wie "Spagetti" ausgesprochen wird. Und deswegen kommt in der italienischen Schreibweise nach dem g ein h.

Wenn das nun wegfällt, dann muß man doch eigentlich "Spadschetti" sagen. Damit bleibt aber im Restaurant der Teller leer.

Müßte eine reformierte, aussprachebezogene Schreibung nicht "Schbagetti" lauten? Müßten wir dann nicht auch "Dschabata" schreiben?

Ist es nicht auch ein Zeichen des Respekts vor dem anderen, wenn wir ein italienisches gh da lassen, wo es hingehört?

(Genauso ist es mit dem Rumänischen: che = ke, ce = tsche, ci = tschi. Wer solche Sprachen lernt, weiß das. Und wer solche Sprachen nicht lernt, sollte die Fremdwortschreibung nicht reglementieren.)
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 12.09.2005 um 11.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=220#931

...natürlich ist die "Italienische Sprache" auch fachsprachlich nicht groß zu schreiben, man wird ja wirklich narrisch!
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz: refresh Image CAPTCHA Image
  Bitte tragen Sie die Zeichenfolge in das Feld rechts ein. Falls Sie Schwierigkeiten haben, sie zu erkennen, können Sie sich mit einem Klick auf die grünen Pfeile eine andere Zeichenfolge vorgeben lassen.
  TESTBETRIEB; das funktioniert noch nicht! Bitte wählen Sie zur Kommentareingabe wieder die neuesten Kommentare zuoberst aus.


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM