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31.07.2005
Die Elche und ihre Kritiker
Erinnerung an die Zeit der Hessischen Rahmenrichtlinien Deutsch:
Hubert Ivo, Mitverfasser RR, schrieb damals:
„Die RR fordern, die z. Z. gültige Rechtschreibung einzuüben. Sie tun dies, weil es nicht in der Macht eines Kultusministeriums liegt, die dringend notwendige Vereinfachung der Rechtschreibung zu regeln. Sie weisen aber auf diese Notwendigkeit hin: Die ohnehin knappe Lernzeit darf auf die Dauer nicht mit dem Einpauken rational nicht begründbarer Regeln, die keine Regeln sind, verschwendet werden. Erst recht nicht darf das Schulschicksal der Kinder von Rechtschreibeleistungen abhängig gemacht werden, da diese Leistung keineswegs ein Ausweis von Begabung ist. Darum darf – so die RR – die Schule diese Leistung nicht zum Kriterium für Eignungsbeurteilungen und Versetzungen machen.“ (in Gerd Köhler/Ernst Reuter: Was sollen Schüler lernen? Frankfurt 1993:139) (Dokumente einer Tagung der GEW)
Warum soll nach Begabung und nicht nach Leistung differenziert werden? Leistung ist demokratisch, Begabung aristokratisch. Ivo scheint sich verplappert zu haben: er will die Begabten auslesen, statt allen eine Chance zu geben, es durch Leistung zu etwas zu bringen.
Und warum soll allein diese Leistung ausgeklammert werden? Die Fähigkeit des korrekten (üblichen) Schreibens wird in allen Kulturnationen als grundlegend angesehen.
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Kommentar von F.A.Z., 1. 8. 2005, verfaßt am 01.08.2005 um 01.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=203#834
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Union und Klassenkampf
Zum Beschluß, die Rechtschreibreform in Kraft zu setzen: Zur "Reform" selbst muß man nichts mehr sagen, aber vielleicht daran erinnern, wie dieser letzte vieler Reformversuche entstand. 1972 erschienen in Hessen die Rahmenrichtlinien für den Schulunterricht. Sie waren hochpolitisch und klassenkämpferisch. Hochdeutsch und Schriftsprache galten als "Herrschaftswissen". Für Kinder, die keinen "elaborierten Code" sprachen, wollte man die Orthographie vereinfachen und der mündlichen Kommunikationsfähigkeit den Vorrang geben. Vor diesem Hintergrund setzte man gleichgesinnte Sprachtheoretiker an die Durchführung der Reform, keine Lehrer, Journalisten oder Schriftsteller, also Praktiker wurden gefragt.
Die Eltern wehrten sich gegen die Rahmenrichtlinien, die flächendeckende Gesamtschule und die Anfänge der Rechtschreibreform. Die rote Landesregierung wurde abgewählt. Deshalb ist es mir völlig unverständlich, daß es Ministerpräsidenten und Kultusminister in CDU-regierten Ländern gibt, die diese auf Klassenkampf basierende Reform unterstützen.
Jutta Rasor, Frankfurt am Main
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