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21.07.2015
Kasseler Deutsch
Hauptsatzstellung nach weil?
Auf dem Hessentag 2013 haben die Kasseler Germanisten einen Test "Wie gut ist mein Deutsch?" angeboten.
(a) Der See ist zugefroren, weil die Kinder laufen Schlittschuh.
(b) Der See ist zugefroren, weil die Kinder Schlittschuh laufen.
Welcher Satz ist hier richtig?
Verlangt wird die Antwort a! Das ist wahrscheinlich kein Versehen, sondern die Kollegen haben sich die – falsche – Ansicht zu eigen gemacht, daß das "epistemische" weil die Hauptsatzstellung nach sich zieht.
(www.uni-kassel.de)
In Wirklichkeit ist auch nach epistemischem oder "inferentiellem" weil die Nebensatzstellung normal und schriftsprachlich die einzig mögliche:
Sie wollen doch nicht verreisen, weil Sie Tasche und Stab tragen? (Keller: Die mißbrauchten Liebesbriefe)
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 21.07.2015 um 10.51 Uhr
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Auf irgendeinem Seminar für Deutschprüfer hier behauptete der Leiter, "weil" sei jetzt auch koordinierende Konjunktion. Gehört habe auch ich "weil" mit Hauptsatzstellung des öfteren, – aber immer mit einer kleinen Verzögerung nach der Konjunktion, nie ohne sie, wie es bei koordinierenden Konjunktionen üblich ist. Wir haben da in der gesprochenen Sprache eigentlich einen neuen Satzanfang. Das gibt's nicht selten, daß ein Satz nicht zu seinem grammatischen Ende gesprochen wird, bevor ein neuer begonnen wird. Ob das die Kasseler Germanisten bei ihrer Fragestellung hier im Sinn hatten, bezweifle ich aber.
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Kommentar von Dr. Arno Pielenz, verfaßt am 21.07.2015 um 11.38 Uhr
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Beide Sätze sind falsch, weil der See nicht wegen des Schlittschuhlaufens zugefroren ist, sondern durch den Frost. Richtig wäre hier allenfalls ein "und".
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 21.07.2015 um 11.58 Uhr
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Ich stelle mir folgende Situation vor: Jemand schaut aus dem Fenster und sieht, daß Kinder auf dem See Schlittschuh laufen. Daraus folgert er, daß der See zugefroren ist. Ich verstehe »Der See ist zugefroren« hier also im Sinne von »Der See muß zugefroren sein«. Mit »weil« wird die Begründung dieser Vermutung eingeleitet, nicht die Tatsache, daß der See zugefroren ist. Der Sprecher beantwortet im zweiten Teil seiner Aussage die ungestellte, aber doch im Raum stehende Frage, wie er darauf kommt, daß der See zugefroren ist; schließlich war er ja gestern noch nicht zugefroren. Deshalb würde ich beide Sätze grundsätzlich nicht beanstanden, zumindest wenn sie gesprochen werden.
Ich kann es nicht näher begründen, aber mir erscheint Satz a – bei diesem Verständnis – sogar »richtiger« als Satz b. Vielleicht deshalb, weil Satz b die standardmäßige Wortstellung enthält, wie man sie in einem schriftlich verfaßten Text erwartet. Das löst in mir die Vorstellung aus, daß der Verfasser sich die Formulierung genau überlegt hat, und dann erwarte ich eben doch unwillkürlich eine »saubere« Begründung, und die wäre hier nicht gegeben.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2015 um 12.18 Uhr
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Üblicher ist denn, und an dessen Stelle schiebt sich in der Umgangssprache das weil, das ist eigentlich alles. denn war auch immer leicht "gehoben", im Alltag stellt man logische Begründungen mit der Modalpartikel ja her (die bei Arbeiten über den Ausdruck der Kausalität meist vergessen wird).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2015 um 13.04 Uhr
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Wie's der Zufall will, kommt Schmachthagen heute auf das Thema zurück, und ich muß ihn ausnahmsweise mal loben:
Zeitweise schien in jedem zweiten Brief nicht der Grexit oder Schwein-steigers Abflug nach Manchester das Hauptproblem der Leser zu sein, sondern die "weil"-Stellung im Satz. Selbstverständlich steht in einem mit weil eingeleiteten Nebensatz (Kausalsatz) das finite (gebeugte) Verb am Ende des Satzes – und weil es so ist, handelt es sich um einen Verbletztsatz. "Weil angeblich missachten viele Leute das" (Verbzweitsatz), füllt sich seit Jahren mein Postfach. Das Dumme dabei ist nur: Dieser Fehler macht einen großen Bogen um mich. Meine flehentlichen Bitten, auch nur ein einziges Beispiel aus dem Abendblatt zu nennen, hatten nie Erfolg. Deshalb mein Jubiläumswunsch zum 150.: Verlassen Sie sich nicht auf Ihr Bauchgefühl, sondern nennen Sie bitte genaue Fundstellen aus seriösen Publikationen.
Eben, es kommt nicht vor.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 21.07.2015 um 13.29 Uhr
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Ein sozusagen regelmäßiges Anakoluth, wie von Herrn Ludwig angedeutet, gibt es sowas?
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 21.07.2015 um 20.46 Uhr
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Schmachthagen kämpft gegen einen Popanz. Wie kommt er darauf, daß die Leute diese Satzstellung in »seriösen Publikationen« kritisieren? Ich kenne die Klagen über »weil das geht nicht« usw. seit Jahren und Jahrzehnten, aber immer beziehen sie sich auf die gesprochene, nie auf die geschriebene Sprache. Besonders wird beklagt, daß man dergleichen »nun auch schon« bei Sprechern im Radio und im Fernsehen hört. Man kann denen, die so reden, alles mögliche vorwerfen, aber doch nicht, daß sie keine Belege für Behauptungen beibringen, die sie nie aufgestellt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein nennenswerter Teil der Leser, die sich bei Schmachthagen wegen der ungeliebten Hauptsatzstellung nach »weil« melden, ihre Kritik auf das »Abendblatt« und ähnliche Druckerzeugnisse beziehen.
Die Sache mit der Wortstellung nach »weil« hat einen so langen Bart, daß Schmachthagen wahrscheinlich erkannt hat, daß er damit heute keinen Staat mehr machen kann. Also zaubert er etwas Neues aus demselben Hut: den Unterschied zwischen Schrift- und Umgangssprache. Irgend etwas wird er immer finden, womit er seine ach so nervigen Leser belehren kann. Man kann richtig Mitleid mit ihm bekommen, wenn man sich vorstellt, wie viele dumme Zuschriften (angeblich) seit Jahren »sein Postfach füllen«.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.07.2015 um 05.44 Uhr
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Die Änderung der Konstruktion bei weil ist eine völlig unbedeutende Einzelheit, die von Germanisten viel zu stark beachtet und zu oft besprochen worden ist. Sie sehen darin geradezu einen exemplarischen Sprachwandel. Nur Wahrig "Fehlerfreies und gutes Deutsch" (493) hat das Richtige gesagt: weil wird umgangssprachlich wie denn verwendet, das ist alles.
Deshalb wird auch bei vielen Autoren die Beschränkung auf die gesprochene Sprache (und zwar eine wenig normbewußte Umgangssprache) nicht ausdrücklich genannt, weil man eben das winzige Phänomen maßlos überschätzt. In meinem Kasseler Test ist davon ja auch nicht die Rede, sondern die Kollegen tun so, als sei die Änderung jetzt Standarddeutsch.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.07.2015 um 06.28 Uhr
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Eine vergleichbare, überraschend eindeutige Beschränkung auf die Umgangssprache findet man bei jener Possessivkonstruktion, mit der Sick durch die Lande zog und die wir schon besprochen haben:
Es tut mir in den Augen weh / Wenn ich dem Narren seinen Herrgott seh. (Goethe)
Was war's so dunkel in dem Wolf seinem Leib! (Rotkäppchen)
Obwohl seit Jahrhunderten belegt, wird sie weniger denn je in seriösen Texten verwendet.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 28.07.2015 um 22.03 Uhr
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In Schülerarbeiten überwiegt deutlich das weil anstelle von denn mit Hauptsatzstellung. denn wird zudem, wenn es denn mal verwandt wird, den geschrieben; die Geläufigkeit der Vokabel nimmt ab.
Die Possessivkonstruktion mit ihm sein Auto kommt bei Schülern schriftlich gar nicht und mündlich selten vor. Ich vermute daher, daß sie kein Hinweis auf die Zukunft des weil-Satzes ist und daß der mit weil eingeleitete Hauptsatz recht bald auch in Schriften professioneller Schreiber auftaucht.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.08.2015 um 11.10 Uhr
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"Richtig wäre hier allenfalls ein 'und' " (#29504):
Damit würde sich aber der Sinn des Satzes verändern:
Der See ist zugefroren und die Kinder laufen Schlittschuh.
Dieser Satz drückt nicht mehr aus, daß das Wissen um den zugefrorenen See daher kommt, daß die Kinder offenbar Schlittschuh laufen.
Auch mit 'denn' würde die Logik, daß der See nicht wegen des Schlittschuhlaufens zugefroren ist, nicht besser:
Der See ist zugefroren, denn die Kinder laufen Schlittschuh.
Vergleiche:
Der See ist zugefroren, denn es herrscht schon lange Frost.
Auch 'denn' drückt also nicht unbedingt den epistemischen Charakter aus.
Verwendete man nun das weil mit Hauptsatzstellung, so würde durch diese neue Markierung der epistemische Charakter m. E. klarer ausgedrückt:
Der See ist zugefroren, weil die Kinder laufen Schlittschuh.
Das könnte man sich besonders in zweideutigen Fällen zunutze machen.
Besteht, wie im kellerschen Beispiel, keine Gefahr eines Mißverständnisses, ist die Nebensatzstellung auch für epistemisches 'weil' die übliche, und man sollte dieses 'weil' nicht als logischen Fehler ansehen, sondern eben so, wie es gemeint ist.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.08.2015 um 12.01 Uhr
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Ihr Vorschlag in Ehren, aber das würde auf eine Änderung der deutschen Sprache hinauslaufen und müßte erst im Unterricht vermittelt werden. In Wirklichkeit drückt man sich standardsprachlich so aus wie Gottfried Keller (oder mit denn) oder umgangssprachlich so:
Sie wollen doch nicht verreisen? Sie tragen ja Tasche und Stab.
Stimmt's?
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.08.2015 um 13.14 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#29620
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Ja, natürlich, ich hab's auch mit Absicht nur im Konjunktiv geschrieben.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.08.2015 um 23.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#29622
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Ich hatte das Buch "Zeichentheorie" von Rudi Keller schon einmal erwähnt. Er schreibt darin (Uni-Taschenbücher, Nr. 1849, Francke Verlag Tübingen und Basel, 1995, S. 240) zu »weil mit Hauptsatzwortstellung«:
»Handelt es sich dabei um einen fehlerhaften Gebrauch? Nein, es handelt sich vielmehr um einen systematischen Gebrauch, der normsprachlich noch nicht toleriert ist. Aber die Tolerierung wird nur eine Frage der Zeit sein, denn systematische "Fehler" von heute sind die sich anbahnenden Neuerungen von morgen.«
Hat er da nicht auch ein wenig recht?
Er spricht weiter (S. 241) davon, »daß sich mittlerweile zwei Gebrauchsweisen von weil etabliert haben«, und nennt ein umgangssprachliches »epistemisches weil ... mit Verbzweitstellung« und »das althergebrachte, das faktische weil, das Verbendstellung fordert.«
Um mich kurz zu fassen, gebe ich seine Begründung mal so mit meinen Worten wieder:
Der Satz "Dies geschieht, weil das der Fall ist" nimmt stillschweigend sowohl dies als auch das als unzweifelhaft gegeben (Keller: "präsupponiert") an, eigentlich behauptet wird nur die Kausalbeziehung zwischen den beiden.
Hingegen wird bei "Dies geschieht, weil das ist der Fall" nur dies stillschweigend als bekannt angesehen, während die eigentliche Behauptung (Aussage) den ganzen mit das beschriebenen Sachverhalt (der Sprecher teilt sein angebliches Wissen mit) und zusätzlich den Kausalzusammenhang umfaßt.
Daraus ergäben sich nach R. Keller unterschiedliche Bedeutungen, woraus er weitere Vorteile und damit Gründe für einen Sprachwandel zum weil mit Verbzweitstellung ableitet. Ich muß zugeben, daß ich hin und her schwanke. Einerseits mißfällt mir die epistemische Hauptsatz-Wortstellung nach weil (wahrscheinlich nur aus Gewohnheitsgründen), andererseits finde ich Kellers logische Schlüsse durchaus nachvollziehbar und sehr interessant.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.08.2015 um 04.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#29624
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Ich bin nicht bekehrt. (Kellers Buch habe ich aus anderen Gründen einen Aufsatz gewidmet: "Wirkliche Zeichen", in der Munske-Festschrift.)
Die Sprachwirklichkeit zeigt, daß die These von der epistemischen Bedeutung des weil mit Verbzweitstellung nicht zutrifft - Logik hin oder her. Die Vertreter der These arbeiten meist mit selbstgemachten Kurzsätzchen.
Daß die Fehler von heute die Norm von morgen sind, hat ein berühmter Sprachwissenschaftler im 19. Jahrhundert gesagt. Man muß es mit einem Körnchen Salz verstehen. Bei weil kann es zutreffen, auch wenn meiner Ansicht nach die Ersetzung von denn eher eine punktuelle als eine systematische Änderung ist. Voraussetzung ist die Zugehörigkeit von denn zu einem gehobenen Register.
Außerdem ist das Konzept der Kausalität und der Begründung ziemlich schwer zu fassen. Auch wo es um tatsächliche (reale) Verursachung geht, wird sie ja erst durch ein Räsonieren des Beobachters hergestellt, denn: "In der Natur gibt es keine Ursache und keine Wirkung." (Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwicklung historisch-kritisch dargestellt, Darmstadt 1988:524, 1883:459)
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 21.08.2015 um 16.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#29756
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Mir fährt es immer wie ein Stromschlag ins Genick, wenn ich weil+Hauptsatz höre, wo richtigerweise ein denn hingehört.
Aus meiner Sicht handelt es sich um eine sich epidemisch verbreitende Angelegenheit aus dem Sprachgebrauch bildungsferner Schichten, der Sprecher drückt sich schlicht aus. Die Konstruktion ist in vielen deutschen Dialekten lange gebräuchlich.
Hier sollten mal die Sprachpfleger ansetzen, nicht bei uralten Fremdwörtern.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 21.08.2015 um 17.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#29758
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Nach Ludwig Merkles "Bairischer Grammatik" ist die Konjunktion "denn" der bairischen Sprache fremd und wird die Konjunktion "weil" unterordnend für Nebensätze und beiordnend für Hauptsätze verwendet. Vielleicht gibt es dazu noch weitere Meinungen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.03.2023 um 09.12 Uhr
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Es ist ja bekannt, daß das Sächsische zur Zeit Goethes als besonders schön und fein galt, während es in der Bundesrepublik in geringstem Ansehen stand. Allmählich ändert sich das wieder, seit mehr Thüringer und sogar (o Graus!) Sachsen westdeutsche Landschaften unsicher machen.
Um noch einmal auf die Kasseler Mundart zurückzukommen: Kann man sich etwas Scheußlicheres vorstellen als eine Zäje (mit schön langem ä)? Oder die schon erwähnten föjjel (Plural von forrel (mit dem "Kasseler r")? (Für Ausländer: es geht um Ziegen und Vögel.)
Und doch ist das Niederhessische eine kraftvolle und auch wohlklingende Varietät, wenn man erst mal drin ist.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.03.2023 um 10.39 Uhr
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Ich kann Goethes Zeitgenossen ein bißchen verstehen, denn als ich während meiner Schulzeit vom Westerzgebirge in die Dresdner Gegend kam, schienen mir die neuen Klassenkameraden auch besonders "fein" zu sprechen. In der ersten Zeit ist mir ständig mein Heimatdialekt (Erzgebirgisch ist kein Sächsisch!) über die Lippen gerutscht, und ich weiß noch, wie eine sächsische Verkäuferin an der Kasse einmal zu mir sagte, das klinge aber ordinär. Etwa nach einem Jahr hatte ich dann das Sächsische genauso gut drauf.
Inzwischen, etwas weiter herumgekommen, verstehe ich durchaus, was andere heutzutage am Sächsischen belächeln.
Ich selbst würde am liebsten Bairisch oder das ostpreußische Platt meiner Großeltern richtig sprechen können. Klingt beides einfach toll.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.03.2023 um 18.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#50641
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Jetzt fällt’s mir wieder ein, zum allmählichen Beliebtheitswiederanstieg des Sächsischen (#50612). Oft sind es einzelne bekannte und beliebte Leute, die auf die Mode großen Einfluß haben. Zur Zeit sieht man z. B. die Leipziger Journalistin Susanne Klehn ("Promi-Expertin") häufig im Fernsehen. Sie wirkt offenbar auf viele recht sympathisch und kommt gerade auch mit ihrer sächsischen Aussprache bei vielen gut an.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2023 um 04.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1641#50642
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Das ist gut möglich, wie ja auch umgekehrt Ulbricht im Westen zum negativen Bild beigetragen haben dürfte. Sächsisch war SED.
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