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03.06.2011
Frage zum Komma
nach Nebensatz innerhalb von Aufzählungen
Laut Neuregelung (Duden 1996, R 69, dort als neu gekennzeichnet; jetzt K 123) ist zu schreiben:
Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid und was sie sonst noch für die Reise brauchte, gekauft.
Das könnte in der amtlichen Regelung auf § 74 E2 zurückgehen: Bei großer Dürre oder wenn der Föhn weht, ist das Rauchen hier streng verboten.
Daß hier vor der Reform kein Komma nach brauchte stehen durfte, kann ich im alten Duden (von 1991) nicht so richtig finden, aber R 124 scheint einschlägig zu sein. Dort wird allerdings der Matrixsatz nach der Aufzählung nicht weitergeführt.
Gibt es eine bessere Herleitung?
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Kommentare zu »Frage zum Komma« |
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.05.2021 um 05.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#45983
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Als Zeitungsleser stelle ich fest, daß die Kommas zwischen koordinierten Hauptsätzen so gut wie nie weggelassen werden. Diese Lizenz, die von manchen als neue Regel mißverstanden wurde (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#39932), ist heute auf die Schule beschränkt. Die Schüler werden also auch in dieser Hinsicht gegen die Wirklichkeit erzogen, für die sie doch eigentlich fit gemacht werden sollen.
Der Rechtschreibrat hat dazu nichts zu sagen, wie auch zu vielen anderen Folgen der Reform.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2019 um 07.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#42501
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Noch einmal zum "paarigen" Komma.
Die Regeln sind die Theorie zur Praxis. Diese ist nicht aus den Regeln abgleitet (Grundirrtum der Reformer), sondern umgekehrt. Zu rechtfertigen ist nicht die vermeintliche Tilgung von Kommas, sondern deren Setzung per Extrapolation durch die Regelkonstrukteure. Diese haben aus der Beobachtung, daß eingeschaltete Nebensätze in Kommas eingeschlossen werden, gefolgert, daß es am einfachsten wäre, Nebensätze immer in Kommas eingeschlossen sein zu lassen, und dann die fehlenden Kommas am Anfang undam Ende eines Satzes durch eine Tilgungsregel zu erklären.
Das ist erstens komplizierter als die herkömmliche Erklärung (die auch in meinem Wörterbuch steht) und zweitens psychologisch und daher auch pädagogisch unplausibel, weil NIE dagegen verstoßen wird, wie es doch gerade bei Schreibanfängern zu erwarten wäre.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2018 um 03.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#39932
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Aus meinem Buch "Regelungsgewalt":
In den neuen Schulbüchern sind die Kommas unter genau gleichen Bedingungen völlig willkürlich einmal gesetzt und einmal nicht. Ein Schulbuchverlag antwortet auf meine Kritik an diesem verwirrenden Verfahren: „Dass unter nahezu gleichen Bedingungen einmal ein Komma steht und das andere Mal nicht, lässt sich wohl kaum vermeiden, so lange die Wahlmöglichkeit besteht.“ Zugleich bestätigt der Verlag, daß auf den Druckfilmen alle Kommas, die zwar weiterhin stehen können, aber nicht mehr stehen müssen, mit dem Messer herausgekratzt worden seien (man sieht noch die Lücken), „um wenigstens an dieser Stelle einige der nahezu unkalkulierbaren Kosten für die Reform zu vermeiden“. Die Zeichensetzung wird also absichtlich auf das unterste Niveau heruntergeschraubt, das man Schülern – für deren eigene Schreibpraxis! – gerade noch abverlangen zu können glaubt. Von professioneller leserfreundlicher Kommasetzung bleiben sie unnötiger- und schädlicherweise auch als Leser verschont. Wie sollen sie je eine differenzierte Rechtschreibung lernen?
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Kommentar von ppc, verfaßt am 26.10.2018 um 16.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#39931
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Das war der Thienemann-Verlag mit u.a. den Klassikern von Otfried Preußler. Man ging dort nach der Methode „automatisches Suchen und Ersetzen” vor und ersetzte „, und ” durch „ und ”. Die Folgen für die Lesbarkeit des Textes kann sich jeder ausmalen, und außerdem hat man dabei auch Kommata gemeuchelt, die nach den „neuen Regeln” hätten bleiben müssen: vernachlässigbarer Kollateralschaden. Fällt aber nicht weiter auf, denn Kommata vor „und” werden meist eh weggelassen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.10.2018 um 07.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#39894
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Unternehmen und Organisationen aller Art lassen das Komma zwischen koordinierten Hauptsätzen mit Wonne weg, wohl um sich als besonders reformfreudig darzustellen. Konsequent sind sie aber auch wieder nicht, und so verstärkt sich der Eindruck, daß dieser Teil der Kommasetzung gänzlich ungeregelt ist und wirklich der reine Zufall herrscht. Das ist sehr unbefriedigend, zumal vorher die Regelung ganz leicht zu befolgen war.
Ich erinnere an die ganz früh dokumentierte Praxis, aus Schul- und Kinderbüchern eine große Zahl Kommas buchstäblich herauszukratzen mit der ausdrücklichen Begründung, man wolle damit zeigen, daß die Reform hier Beliebigkeit vorsehe...
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2018 um 17.06 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#38699
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Duden-Newsletter:
„Was nun durch und bzw. oder verbundene selbstständige Hauptsätze angeht, so bleibt die Frage, wann denn nun das Komma gesetzt und wann es lieber weggelassen werden sollte. Die Empfehlung richtet sich in der Regel nach der Länge der einzelnen Sätze. Daher schreibt man besser: Es war warm und die Vögel zwitscherten, aber Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und die Luft war erfüllt vom Gezwitscher unserer gefiederten Freunde.“
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Die amtlichen Regeln wissen nichts davon, und warum sollte nur die Satzlänge eine Rolle spielen? Wenn es hier eine Intuition gibt, dann stützt sie sich auf die inhaltliche Selbständigkeit oder Gewichtigkeit der Teilsätze. Also denselben Grund, der seit je ohne Komma schreiben ließ: Sei so gut und gib mir den Mantel!) Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24484
Aber es ist klar, daß der Duden hierzu etwas sagen und notfalls erfinden mußte, weil die Reformer sich ausschweigen und der Rechtschreibrat hier wie auch sonst die Probleme der Nutzer entweder nicht sehen oder nicht lösen will.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.07.2017 um 07.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#35575
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Beobachtung an Fachtexten, besonders in der Unternehmenskommunikation:
Die "Freigabe" des Kommas zwischen Hauptsätzen – ohne ein genauer definiertes Kriterium, d. h. die Beliebigsetzung – hat zur Folge, daß einige es konsequent setzen, andere ebenso konsequent nicht und wieder andere es dem Zufall überlassen. Jedenfalls ist die Kommasetzung, die in diesem Bereich ziemlich klar geregelt war und einheitlich befolgt und korrigiert wurde, so unbestimmt geworden, daß ein Beobachter, der die Umstände der Reform nicht kennt, unmöglich zu einer regelhaften Beschreibung des gegenwärtigen Usus kommen könnte.
Der Schreiber soll Zweideutigkeiten vermeiden? Das war früher automatisch der Fall, die Regel hatte ja diesen Sinn. Heute gibt es das Problem, daß der Schreiber gar nicht alle Mißverständnisse voraussehen kann, die beim Lesen entstehen können - und warum sollte er sich diese zusätzliche Mühe machen?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.06.2017 um 05.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#35475
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Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24146
Alles Themen, mit denen Martin Schulz seit Monaten durchs Land zieht. Allerdings ohne, dass sich das in Umfragen niederschlüge. (zeit.de 24.6.17)
Orthodox grammatisch beginnt der Nebensatz tatsächlich mit daß. Faßt man ohne daß zu einer neuen Konjunktion zusammen, bleibt:
Allerdings, ohne dass sich das in Umfragen niederschlüge.
Das ist aber auch unbefriedigend.
Es bleibt die Möglichkeit einer "Konjunktionalphrase" allerdings ohne daß, mit einer noch zu univerbierenden Konjunktion ohnedaß als Kopf und einer Partikelerweiterung.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.03.2017 um 14.38 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#34760
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In den MINT-Fächern braucht man das Semikolon, weil es nicht auch als Rechenzeichen dient.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2017 um 04.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#34750
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Das Semikolon ist bekanntlich für die meisten Leute ein Buch mit sieben Siegeln. Mir fällt gerade nicht ein, welcher Stilkritiker sich auch schon in diesem Sinn geäußert hat (Schopenhauer?). Jedenfalls habe ich nebenbei etwas entdeckt: In den Fachtexten, die meine einschlägig tätige Tochter zu bearbeiten hat, kommt das Semikolon nicht vor, wirklich absolut gar nicht!
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Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 29.12.2016 um 08.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#34181
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Vernünftigerweise setzt man aus typographischer Sicht ein Semikolon nach jedem vollständigen Satz in einer Liste mit Halbsätzen, die einen übergeordneten Satz vervollständigen. Nur der letzte Listeneintrag sollte mit einem Schlußpunkt abgeschlossen werden.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.12.2016 um 05.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#34179
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Ein Text ist eine Aneinanderreihung und keine Aufzählung von Sätzen, wie die Reformer meinten. Derselbe Irrtum hier:
Werden jeweils ganze Satze aufgezählt, so setzt man Endpunkte dahinter:
Anamnese:
· Bei Ventilatoren bekommt sie Schnupfen.
· Milch verursacht bei ihr Blähungen.
· Seit 6 Jahren hat sie Halsschmerzen.
(Rechtschreibkonvention der Thieme Verlagsgruppe)
Anders hier:
Allgemeine Symptome:
· Blässe der Haut
· Leistungsminderung
· starke Kopfschmerzen
Das ist wirklich eine Aufzählung.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.11.2013 um 00.32 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24494
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Danke, ich dachte, es ging um einen Satz, der überhaupt kein Komma braucht.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 27.11.2013 um 23.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24493
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Ja, und es geht um das eingeklammerte Komma nach besuchte.
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 27.11.2013 um 23.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24492
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Das letzte Beispiel lautet: Es war nicht selten, dass er sie besuchte(,) und dass sie bis spät in die Nacht zusammensaßen, wenn sie in guter Stimmung war.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.11.2013 um 23.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24491
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Ich verstehe diesen Kommentar von Prof. Ickler nicht: "Es gibt nicht den geringsten Grund, im letzten Beispiel überhaupt ein Komma zu erwägen". Welches ist denn das letzte Beispiel?
Der Satz Es war nicht selten, dass... kann wohl nicht gemeint sein, oder weshalb könnte man auf dieses Komma verzichten? Und in dem Satz Ich fotografierte die Berge und meine Frau ... liegt nicht der geringste Grund vor?
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.11.2013 um 18.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24490
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Wenn ein Satzgefüge nicht eindeutig in ein Entscheidungsdiagramm abgebildet werden kann, ist es mehrdeutig und eigentlich unbrauchbar. Aus mehrdeutigen Satzgefügen entstehen Programmierfehler, die sich erst beim Anwender zeigen.
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Kommentar von ppc, verfaßt am 27.11.2013 um 17.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24488
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So hätte ich die Kommaregel sinngemäß auch formuliert, auch wenn ich kein Germanist, sondern nur Mathematiker bin. Jeder mit einem Rest gesundem Menschenverstand hätte sie so formuliert. Leider ist die Regel aber nicht aus gesundem Menschenverstand, sondern aus Politik geboren, und hier ist jedes Komma eine Fehlerquelle, die es auszumärzen (kommt von "März") gilt. Nur so wird das Schreiben "leichter", und das Lesen interessiert NIEMANDEN (der Informatiker spricht hier scherzhaft von WOM = "write only memory").
Die Notwendigkeit, einen Satz mehrmals lesen zu müssen, um ihn zu verstehen, wird in der Algorithmik als Backtracking (->wikipedia) bezeichnet. Man liest über das "und" hinweg, erwartet eine Aufzählung, stutzt beim Prädikat des dem "und" tatsächlich folgenden Hauptsatzes, ärgert sich, verwirft die Hypothese "Aufzählung", kehrt in Gedanken zum "und" zurück und beginnt aufs neue (!) an dieser Stelle mit dem Lesen. Algorithmisch ausgedrückt, sollte ein Komma also das "Backtracking" verhindern.
Man kann es auch einfacher formulieren: Das Komma soll das Lesen erleichtern, und jedes Komma, das das Lesen erleichtert, sollte auch gesetzt werden. Die "moderne" Regel ist da einfach viel zu lasch und daher mehr oder weniger blödsinnig.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.11.2013 um 04.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24484
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Der Forumseintrag 293#10519 regt mich an, einen früheren Kommentar hier einzuschieben. Es handelt sich um eine Vorlage im Rat und meinen Kommentar dazu von 2004:
Vorbemerkung: In den Voten werden wiederholt die Paragrafen 73, 76 und 97 E thematisiert. Die Vorlage versteht sich als Versuch, die darin genannten Kritikpunkte in einen Alternativvorschlag zu überführen. Zu überlegen ist weiterhin, ob § 72 E2 als eigener Paragraf anzusetzen wäre.
Regelwerk 1996/2004:
§ 73 Bei gleichrangigen Teilsätzen, die durch und, oder usw. verbunden sind, kann man ein Komma setzen um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen.
Ich habe sie oft besucht(,) und wir saßen bis spät in die Nacht zusammen, wenn sie in guter Stimmung war. Es war nicht selten, dass er sie besuchte(,) und dass sie bis spät in die Nacht zusammensaßen, wenn sie in guter Stimmung war.
Er traf sich mit meiner Schwester(,) und deren Freundin war auch mitgekommen. Wir warten auf euch(,) oder die Kinder gehen schon voraus. Ich fotografierte die Berge(,) und meine Frau lag in der Sonne.
Alternativvorschlag:
§ 73 Sind gleichrangige Teilsätze durch und, oder usw. verbunden, dann gilt:
(1) Wenn das Textverstehen durch das Weglassen eines Kommas erschwert würde, dann ist das Komma zu setzen:
Er traf sich mit meiner Schwester, und deren Freundin war auch mitgekommen. Wir warten auf euch, oder die Kinder gehen schon voraus. Ich fotografierte die Berge, und meine Frau lag in der Sonne.
(2) Wenn das Komma ausschließlich dazu dient, die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen, dann kann es auch weggelassen werden:
Ich habe sie oft besucht(,) und wir saßen bis spät in die Nacht zusammen, wenn sie in guter Stimmung war. Es war nicht selten, dass er sie besuchte(,) und dass sie bis spät in die Nacht zusammensaßen, wenn sie in guter Stimmung war.
Mein Kommentar:
Der Unterschied zwischen einem Komma, das das Textverstehen erleichtert, und einem Komma, das die Gliederung deutlich macht, ist nicht nachvollziehbar. Beides sind Versuche, das moderne grammatische Komma zugunsten einer mittelalterlichen rhetorisch-psychologischen Vorlese-Interpunktion abzuschaffen. Das erfordert in jedem zweiten Satz komplizierte Überlegungen und Proben, die man sich beim grammatischen Komma sparen kann. Vage Begriffe wie „die Gliederung (welche denn?) deutlich machen“ sind ungeeignet. Während bei der Getrennt- und Zusammenschreibung die strenge Anwendung grammatischer Kriterien der ganze Stolz der Reformer war, soll bei der Zeichensetzung paradoxerweise genau das Gegenteil gelten. So wendet auch der Reformer Dieter Nerius gegen die drohende „Konterkarierung“ der mißratenen Reform ein: „Bei der Getrenntschreibung habe man an die Stelle semantischer Kritieren formale gesetzt. Jetzt scheine man zu Ad-hoc-Entscheidungen zurückkehren zu wollen.“ (Tagesspiegel 7.4.2005) Genau dies bringt die Entgrammatikalisierung des Kommas mit sich.
Außerdem wird der grundlegende Unterschied zwischen einer Satzreihe und einer Folge von koordinierten Nebensätzen übersehen bzw. durch den Pauschalbegriff „Teilsatz“ zugedeckt. Es gibt nicht den geringsten Grund, im letzten Beispiel überhaupt ein Komma zu erwägen; Renate Baudusch hat schon 1989 davor gewarnt und dieses überzählige Komma auf die damals noch vorgeschriebene Kommatierung von Hauptsatzreihen zurückgeführt.
In der „leichten“ Fassung meiner Regeln für Schüler habe ich den Sachverhalt so formuliert:
„Zwischen Hauptsätzen, die durch und oder oder verbunden sind, steht dann ein Komma, wenn auch ein Punkt stehen könnte: Sie las ein Buch, und er saß vor dem Fernseher. Aber: Sei so gut und halt mir einen Platz frei.“
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.09.2013 um 09.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#24146
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Hier ein weiteres Beispiel für den besprochenen Grenzfall:
„Nur, wenn alle Quellen bekannt sind, lässt sich der globale Kohlenstoffhaushalt genauer abschätzen“, sagt Fischer. (Focus 29.7.13)
Ich würde hier kein Komma setzen, im Gegensatz zu nur dann, wenn. Semantisch hat bereits eine Art Univerbierung stattgefunden. Man denke auch an das iff der Logiker (= if and only if).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.01.2013 um 06.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#22248
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Große Sprachdienste (Übersetzungsagenturen) weisen ihre Mitarbeiter an, zwischen koordinierten Hauptsätzen ein Komma zu setzen. Das Weglassen hat sich nicht bewährt. Nur die Schüler lernen, dieses Komma wegzulassen. Non vitae ...
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.08.2012 um 06.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#21187
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Leider weiß ich nicht mehr, ob wir dieses Komma schon besprochen haben:
Er fragte: „Kommst du morgen?“, und verabschiedete sich.
(Amtl. Regelung § 89)
Ich weiß nicht, nach welcher Logik hier ein Komma stehen muß. Das angeführte Stück Rede mag ein Satz sein oder nicht – das spielt ja auf der Ebene des umgebenden Satzes gar keine Rolle. Es handelt sich nicht um die Einbettung eines Teilsatzes.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 12.05.2012 um 17.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20701
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Ach, lieber Herr Wrase, seien Sie nicht allzu reumütig. a. Vielleicht hat es hier doch etwas mit dem "Weglassen von Satzzeichen am Zeilenende in Gedichten" zu tun, denn in dem, was Sie hier zitieren, haben wir sowieso keine Satzzeichen, und b. wurde schon früher bei manchen sonst regelrecht durch Kommata abzutrennenden kurzen Ausdrücken das Komma weggelassen: "Ich kam, ich sah und ich siegte", wo wir doch auch im dritten Teil Subjekt und Prädikat haben. Brecht jedoch verwendete oft das Versende als Satzzeichen (Pause ohne Satzendeintonation), wenn es sich nicht auch um ein Satzende handelte (seine Satzendezeichen zeigen die Intonation an).
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 12.05.2012 um 09.15 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20700
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Es gibt ein Lied des Sängers Costa Cordalis mit dem Refrain:
Nimm das nächste Schiff nach Rhodos
Komm so schnell du kannst zu mir
Laß den Wind dich zu mir tragen
Denn ich sehne mich nach dir
Nimm das nächste Schiff nach Rhodos
wo die Mandelbäume blühn
Lange warst du in der Ferne
Laß dich nie mehr von mir ziehn
Ich habe das bei der Google-Suche nach Komm so schnell du kannst gefunden. Das schreibt fast niemand mit Komma. Man kann sich fragen, ob man als Textdichter Kommas verwendet hätte:
Nimm das nächste Schiff nach Rhodos
Komm, so schnell du kannst, zu mir
(Das Weglassen von Satzzeichen am Zeilenende in Gedichten ist ein anderes Thema, das hat damit nichts zu tun.)
Ich hätte keine Kommas verwendet. Im nachhinein reuen mich meine Korrekturen (obwohl ich sie mit der Erläuterung garniert hatte, man sollte dann Kommas setzen, wenn man die Regeln befolgen möchte).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.05.2012 um 11.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20692
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Na ja, ich wollte die Kommasetzung nicht gerade in allen fraglichen Fällen empfohlen haben, sondern nur auf die grammatische Struktur hinweisen. Der Weg vom rhetorischen Komma zum grammatischen ist eben noch nicht ganz zu Ende gegangen, daher die Zweifelsfälle.
Übrigens haben Sie ganz recht, Herr Wrase: die Gliederungsverschiebung dürfte oft nicht wie eine Kippfigur funktioniert haben, also wie eine radikale Uminterpretation (reanalysis), sondern über ein Apokoinou, wo man also dasselbe Element als zu zwei Teilen gehörig empfand. Das entspricht übrigens auch Hermann Pauls bevorzugter Sicht der Dinge. Die Generativisten haben dafür wenig Sinn.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.05.2012 um 10.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20691
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PS:
Ich habe übrigens gestern bei allen Sätzen mit dieser Struktur empfohlen, Kommas zu setzen, und damit der Interpretation von Professor Ickler entsprochen. Ich habe mich aber dabei nicht wohl gefühlt. Ich hätte mich in diesen Momenten besser gefühlt, wenn es keine Kommaregeln gegeben hätte; dann hätte ich die Sätze ohne Kommas stehen gelassen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.05.2012 um 10.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20690
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Wenn man es so einordnen will, daß es grammatisch sauberes Ergebnis herauskommt, dann ja. Aber es dürfte der Intuition der Sprecher-Schreiber zuwiderlaufen. Deshalb lassen sie sehr oft das vordere Komma weg (und dann meistens auch das hintere). Warum?
Der Mensch spricht ohne Kommas. Ich schreibe es einmal so hin:
(1) Spring so oft wie du springen kannst.
(2) Spring so oft wie du kannst.
(3) Spring so oft du springen kannst.
(4) Spring so oft du kannst.
Für den Sprecher erweist sich das (wiederholte) springen als überflüssig (2). Auch das wie empfindet er als unnötig, er läßt es einfach weg (3). Oder er läßt gleich beide Wörter weg (4). Für den Sprecher ändert sich am Anfang des Satzes nichts. Die ersten drei Wörter hören sich in allen Fällen wahrscheinlich gleich an.
Ein Sprecher macht gegebenenfalls kleine Zäsuren (im Rhythmus oder durch einen Bruch in der Intonation), denen die Kommas an der Grenze zwischen Haupt- und Nebensatz entsprechen. Eine solche Zäsur könnte zwischen so oft und wie liegen. Es ist aber nicht so, daß der Sprecher bei den ersten Sätzen eine Zäsur nach so oft macht und bei den letzten Sätzen eine Zäsur vor so oft. Er wird normalerweise die ersten drei Wörter in allen Fällen gleich intonieren.
Ob also wirklich eine Gliederungsverschiebung vorliegt? Es zumindest fraglich, wie die Verschiebung von so oft genau aussieht. Ich meine, daß der Sprecher bei (3) und (4) die Wörter so oft zugleich für den Hauptsatz und für den Nebensatz verwendet. Warum auch nicht?
Dies kann in der Kommasetzung am ehesten dadurch nachvollzogen werden, daß man das Komma einfach wegläßt. Oder umgekehrt: Wenn man eine saubere Kommasetzung haben möchte, muß man als Schreiber solche Konstruktionen meiden.
So etwas gibt es: Mündlich erlauben sich die Sprecher Dinge, die nicht ins Regelwerk passen wollen. Oft ist zum Beispiel nicht klar, ob man ein Wort oder zwei Wörter vor sich hat; oder ob eine Wortgruppe eher ein Satz oder eher ein Satzteil ist. Hier ist nicht klar, wozu so oft gehört: zum Hauptsatz, zum Nebensatz oder zu beidem.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.05.2012 um 07.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20687
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Ich würde sagen, daß hier auf dem üblichen Weg der Gliederungsverschiebung eine neue zweiteilige Konjunktion entstanden ist (daher auch die Tendenz zur Zusammenschreibung, unabhängig von allen Reformen). Sie gehört als Ganzes in den abhängigen Satz.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.05.2012 um 06.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#20686
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Haben wir diesen Fall schon einmal besprochen? Gestern kamen mir mehrere Sätze mit dieser Struktur unter:
(1) Spring so oft du kannst und zähl deine Sprünge.
Die Frage der Kommasetzung scheint hier nicht lösbar zu sein. Das Verb kannst gehört nicht zum Hauptsatz. Wenn es zu einem Nebensatz gehört, müßte er in Kommas stehen, so wie hier:
(2) Spring so oft, wie du springen kannst, und zähl deine Sprünge.
Aber wo ist bei (1) die Grenze zwischen Haupt- und Nebensatz? Das so oft gehört gleichzeitig zum Hauptsatz, siehe (2), und zum Nebensatz.
Man muß sozusagen vergessen (oder verleugnen), daß hier ein Nebensatz im Spiel ist, und auf die Kommas verzichten. Sonst fühlt sich der Leser unwohl.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2011 um 08.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#19448
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Ich habe es immer abgelehnt, das Komma zwischen Hauptsätzen (also in Satzreihen) unter die Rubrik "Aufzählungen" zu bringen. Hier noch einmal der Abschnitt aus meinem "Kritischen Kommentar":
§ 72
Sind die gleichrangigen Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter durch und, oder, beziehungsweise/bzw., sowie (= und), wie (= und), entweder ... oder, nicht ... noch, sowohl ... als (auch), sowohl ... wie (auch) oder durch weder ... noch verbunden, so setzt man kein Komma.
Kommentar:
Dieser Paragraph führt zu einer erheblichen Veränderung der bisherigen Norm, da das Komma zwischen Hauptsätzen, auch wenn sie mit Konjunktionen verbunden waren, zum eisernen Bestand des Rechtschreibens gehörte. Die Hauptsätze einer Satzreihe werden jedoch unter dem Titel der „Teilsätze“, dessen Fragwürdigkeit bereits gezeigt wurde, den Nebensätzen gleichgestellt. Eine der Folgen ist, daß zwischen konjunktional verbundenen Hauptsätzen zwar ein Punkt oder ein Semikolon stehen kann, nicht jedoch ein Komma – außer „um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen“ (§ 73). Aber in einem Satz wie Ich habe sie oft besucht und wir saßen bis spät in die Nacht zusammen gibt es überhaupt keine weitere Gliederung deutlich zu machen, denn er ist so deutlich wie nur möglich gegliedert. Folglich müßte das Komma hier unzulässig sein, der Punkt jedoch nicht: Ich habe sie oft besucht. Und wir saßen bis spät in die Nacht zusammen. Das ist nicht plausibel (so auch Gallmann 1985, S. 51). Der Grundfehler scheint zu sein, daß die mit und oder oder verbundenen Hauptsätze nach dem Muster der Aufzählung verstanden und dann auch entsprechend interpungiert werden (s. a. Eisenberg 1996, S. 15, der gar von einer „Aufzählung von Sätzen“ spricht; ferner Afflerbach 1997, S. 35 mit weiterer Lit.). Richtiger faßt man sie im Normalfall als aufeinander folgende Textschritte auf. Folglich wäre der Punkt oder ein anderes satzausgliederndes Zeichen gerechtfertig, und die Konjunktion tritt als weiteres, mit dem Satzzeichen keineswegs auf derselben Ebene liegendes oder gar auswechselbares Zeichen hinzu. Vgl. etwa
Das sollten wir bedenken. Und damit komme ich zum Schluß.
Das sollten wir bedenken; und damit komme ich zum Schluß.
Das sollten wir bedenken, und damit komme ich zum Schluß.
Das Komma ist evidentermaßen gerechtfertigt, es hat mit der Gliederung einer Aufzählung nichts zu tun.
Außerdem ist es inkonsistent, die Hauptsatzreihe als Aufzählung zu verstehen und das Komma zusätzlich zur Konjunktion weiterhin zuzulassen.
–
Soweit diese alten Geschichten. Nun ist mir etwas eingefallen, was ich eigentlich schon immer wußte, aber nicht in diesem Zusammenhang gesehen habe. Im Chinesischen – das lernt man schon sehr früh – gibt es die Konjunktion he, mit der die Glieder einer Aufzählung verbunden werden, nicht aber Sätze! Dem Chinesen ist also intuitiv völlig klar, daß es sich hier um ganz verschiedene Dinge handelt, genau wie ich es in meinem Kommentar auszudrücken versucht habe.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 22.06.2011 um 00.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18906
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Ich habe erhebliche Probleme mit der Systematik der Kommaregeln, sowohl in alter wie in reformierter Fassung. Zunächst die reformierten Regeln:
Die Amtlichen Regeln beginnen die Behandlung des Kommas mit:
§ 71 Gleichrangige (nebengeordnete) Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter grenzt man mit Komma voneinander ab.
Nun ist diese Aussage offenkundig falsch, denn sie gilt in ihrer Allgemeinheit nur für
und-Verbindungen. A und B und C ist gleichbedeutend mit A, B, C. Dagegen ist A oder B oder C nicht gleichbedeutend mit A, B, C, sondern allenfalls mit A, B oder C. Dementsprechend sind alle Beispiele in diesem Paragraphen letztlich
und-Verbindungen.
Das Beispiel A, B und/oder C legt doch eher nahe, daß das Komma hier eine Rolle als Platzhalter für die Konjunktion spielt (so wohl auch Ickler im Kritischen Kommentar). Insofern scheint mir hier das Pferd am Schwanz aufgezäumt. Zuerst müßte man die Konjunktionen behandeln, erst dann das stellvertretende Komma.
Die Ausnahme folgt auf dem Fuße, nämlich in § 72, scheinbar eine "gleichrangige (nebengeordnete)" Regel, tatsächlich aber eine Ausnahme zu § 71:
[I]§ 72 Sind die gleichrangigen Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter durch
und, oder, beziehungsweise/bzw., sowie (= und), wie (= und), entweder … oder, nicht … noch, sowohl … als (auch), sowohl … wie (auch) oder durch weder … noch verbunden, so setzt man kein
Komma.[/I]
Hätte man das Pferd anders aufgezäumt, hätte es dieser Ausnahme nicht bedurft.
Zusätzliche Verwiruung schafft in § 72 die "Erläuterung":
E2: Bei entgegenstellenden Konjunktionen wie aber, doch, jedoch, sondern steht nach der Grundregel (§ 71) ein Komma, wenn sie zwischen gleichrangigen Wörtern oder Wortgruppen stehen
Als Beispiele werden angegeben: Sie fährt nicht nur bei gutem, sondern auch bei schlechtem Wetter. Der März war sonnig, aber kalt. Er hat mir ein süßes, jedoch wohlschmeckendes Getränk eingeschenkt.
In der "Grundregel" ist aber von "entgegenstellenden Konjunktionen" keine Rede. Hieße es in E2 "bei allen anderen Konjunktionen", wäre die Erläuterung verständlicher, aber überflüssig. Was sind überhaupt "entgegenstellende Konjunktionen"? Alle angegebenen Beispiele sind logisch betrachtet und-Verbindungen (Der März war sonnig und kalt).
Was soll schließlich die Einschränkung "wenn sie zwischen gleichrangigen Wörtern oder Wortgruppen stehen"? Steht nicht erst recht ein Komma, wenn diese Konjunktionen zwischen "Teilsätzen" stehen?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.06.2011 um 15.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18904
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Es ist in der Tat ungeschickt, einen Sperrsatz so zu bauen, daß der Satzrest auf die Kopula zusammenschrumpft. Die beiden Kommas (ich würde sie dann auch setzen) bringen nur diese Unausgewogenheit zur Anschauung.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 21.06.2011 um 05.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18902
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Die unvermeidliche Kommasetzung links und rechts von ist führt in der Tat zu einem irritierenden Anblick. Ich bekomme bei solchen Sätzen als Lektor oft Rückfragen nach der Korrektur: "Muß das wirklich sein?" Ich sage dann, daß manchmal eine mündlich ganz normale Formulierung nach dem Niederschreiben nicht gut aussieht, wenn man bei der korrekten Kommasetzung bleibt. Dieser Fall gehört dazu.
Die Irritation läßt sich nur vermeiden, wenn man eine andere Formulierung wählt:
Dabei wurde nicht beachtet, dass nicht alle Reaktionsprodukte berücksichtigt wurden.
Was bei einer solchen Betrachtung nicht beachtet wurde, ist die Beteiligung unsichtbarer Reaktionsprodukte.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 21.06.2011 um 00.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18901
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In Wikipedia fällt mir die Kommasetzung in folgendem Satz auf:
"Was bei einer solchen Betrachtung nicht beachtet wurde ist, dass nicht alle Reaktionsprodukte berücksichtigt wurden."
Vor ist muß ja wohl zweifellos auch ein Komma stehen. Das Ergebnis, daß das kleine Wörtchen ist durch Kommas eingeschlossen wird, halte ich aber für sehr unschön.
Ich würde in diesem Fall dazu neigen, nicht das Komma vor, sondern das Komma nach ist wegzulassen. Eine Rechtfertigung dafür sehe ich allerdings weder in den alten noch neuen Regeln. Weder empfinde ich ist daß "als Einheit" (alter und neuer Duden), noch kann ich ist als "Einleitewort" (Amtliche Regeln) zum nachfolgenden daß-Satz auffassen.
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Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 16.06.2011 um 21.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18873
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Da hier wieder einmal die Kompliziertheit der amtlichen Regeln zur Zeichensetzung sowie die Verdienste des Herrn Stang angesprochen wurden, möchte ich den Diskutierenden die folgende Zusammenstellung, welche der genannte Duden-Autor in »Focus Schule«, einer Tochter des gleichnamigen Nachrichtenmagazins, veröffentlicht hat, selbstverständlich nicht vorenthalten:
Seite 1: http://tinyurl.com/3n7fx77
Seite 2: http://tinyurl.com/3r8hypd
Seite 3: http://tinyurl.com/6lbsr3u
Seite 4: http://tinyurl.com/66h8dft
Wie wir sehen, benötigt man nicht neun – so die Reformer und Kultusminister –, sondern nur sieben Kommaregeln, um »die Mehrzahl aller Kommas richtig [zu] setzen«, eben nur eine »Hand voll«, wie Stang meint.
Daß man die wichtigsten traditionellen Kommaregeln, mit Hilfe derer man die große Mehrzahl der Kommas auch in der bewährten Orthographie richtig setzen kann, ebensogut in nur sieben Punkten zusammenfassen kann und man hierfür keineswegs 53 Kennziffern benötigt, wird selbstverständlich nicht erwähnt.
Und daß der »Focus«, der strikt an »Hand voll«, »aufwändig«, »Recht haben« usw. festhält, generell den reformierten Schreibungen folgt, weit über die Hausorthographie der Dudenredaktion hinausgeht und damit maximale Unterwürfigkeit demonstriert, zeigt des weiteren, daß es den hierfür Verantwortlichen keinesfalls nur darum gehen kann, den Schülern keine Schreibungen zu präsentieren, die ihnen in einem Aufsatz als Fehler angerechnet werden würden, wie Helmut Markwort 2004 zum besten gab.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.06.2011 um 09.14 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18862
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Ich muß mich korrigieren. Laut Google werden die Kommas tatsächlich überwiegend so gesetzt wie im Duden-Newsletter. Also zwei Kommas, eines vor als auch und danach noch eines (vor dem dass). Manchmals wird das hintere Komma weggelassen, seltener das vordere oder beide. Wer so komplizierte Sätze baut, ist offenbar in der Lage, die Hauptsatz-Nebensatz-Struktur zu analysieren und entsprechend Kommas zu setzen.
Ich hätte erwartet, daß die holprige Kommasetzung Widerstand auslöst. Man kann vermuten: Wenn gute Schreiber dieses Mißfallen empfinden, werden sie auf eine andere, bessere Formulierung ausweichen. Herr Achenbach hat es vorgeführt.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.06.2011 um 00.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18860
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So steht es natürlich nirgends in den Amtlichen Regeln, schon deshalb, weil "als Einheit empfunden" alte Dudensprache ist, die jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht in den Amtlichen Regeln zu finden ist. Ich habe es schon immer als Zumutung empfunden, daß der Duden mir vorschreiben wollte, was ich "als Einheit empfinden" soll.
Andererseits können auch die Amtlichen Regeln nicht jeden Einzelfall regeln. Deshalb kann man es dem Duden nicht verwehren, seine eigenen Schlußfolgerungen aus den Amtlichen Regeln zu ziehen, zumal die KMK es versäumt hat, ein Oberstes Rechtschreibgericht einzurichten - außer vielleicht sich selbst. Aber die KMK will ja mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben (gebranntes Kind scheut das Feuer).
Diese Schlußfolgerungen des Duden entbehren nun - zum Teil - nicht einer gewissen Logik. In den ersten beiden Beispielen ist ja klar, daß sowohl und weder zum Hauptsatz gehören. Also kann man wohl folgern, daß die die zweiten Teile der Konjunktionspaare, als auch und noch, ebenfalls zum Hauptsatz gehören. Also sind die beiden Nebensätze an verschiedenen Stellen in den Hauptsatz eingefügt und werden der allgemeinen Regel zufolge durch Kommata abgetrennt.
Hätte der Duden nun in seinem "Newsletter" gesagt, daß in den beiden anderen Beispielen die Konkunktionspaare Teil des (zusammengesetzten) Nebensatzes seien und durch Konjunktionen verbundene gleichrangige Nebensätze nach allgemeiner Regel nicht durch Komma getrennt werden, wäre die Logik der Ableitung nahezu perfekt gewesen.
Stattdessen hat der Duden das merkwürdige Kriterium, daß "die mehrgliedrige Konjunktion dem Hauptsatz voran- oder nachgestellt" sei, formuliert. Wohl nur deshalb ist das dritte Beispiel so unnatürlich formuliert. Natürlicher würde man sagen: Die Fußballnationaltrainerin muss Sorge tragen, dass die Spielerinnen sowohl die jeweiligen Positionen taktisch optimal ausfüllen als auch [dass die Spielerinnen] der Quirligkeit der Brasilianerinnen athletisch und technisch gewachsen sind.
Bei den Sätzen mit weder kommt noch eine weitere Erwägung hinzu:
Weder - noch ist die Negation von und oder von sowohl - als auch. Man könnte beide weder-Sätze auch so fassen: Der defensiven Mittelfeldspielerin hat gegen unsere Mannschaft nicht genutzt, dass sie technisch so versiert ist und [dass sie] ein Spiel zu lesen vermag.
Daß der Hauptsatz im zweiten weder-Satz des Duden durch den Nebensatz negiert wird, kommt mir etwas erstaunlich vor. Ich würde hier deshalb folgende Fassung vorziehen: Weder, dass die defensive Mittelfeldspielerin technisch so versiert ist, noch, dass sie ein Spiel zu lesen vermag, hat ihr gegen unsere Mannschaft genutzt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.06.2011 um 12.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18856
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Ich werde alt, verstehe vieles nicht mehr ... Deshalb noch einmal meine Frage: Aus welcher amtlichen Regel folgen die Dudenausführungen, und wie ist die Ableitung?
Zu Herrn Mahlmann: Ich hatte nicht gemeint, daß jemand auch mal den großen Anfangsbuchstaben durch ein Komma ersetzt, sondern daß er einfach auch mal einen einleitenden Nebensatz "zwischen paarige Kommas" setzt, also mit einem Komma anfängt und dann sicher auch noch einen Großbuchstaben schreibt.
Die Dudenausführungen im Newsletter fangen mit grammatischer Argumentation an, gehen aber am Ende in "gefühlte Einheit" über, also ins Rhetorische, Psychologische. Es ist aber nicht plausibel, daß die beiden als auch dass jeweils ganz unterschiedlich „empfunden werden“.
Die Sätze sind zunächst auf grammatische Normalform zu bringen und dann mit Extraposition und Nachtrag zu interpretieren: Die Fußballnationaltrainerin muß sowohl für A als auch für B Sorge tragen. Von hier dann geht es weiter.
Anstelle des Präpositionalobjekts steht ausnahmsweise ein direktes Objekt, das nur im daß-Satz zu realisieren ist. Man könnte alternativ statt des FVG ein einfaches Verb wie beachten (ohne Präpositionalobjekt) einsetzen. Dann wird die ungewöhnliche Nachtragsstellung deutlicher. (Die Fußballtrainerin muß beachten, sowohl daß ...) Gesprochen kommt so etwas natürlich vor, aber es zu schreiben und regelgerecht zu kommatieren, das ist doch etwas anderes.
Jedenfalls sollte man diese ganze Kasuistik mal vorzeigen, wenn wieder jemand von Vereinfachung der Kommaregeln spricht.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 13.06.2011 um 12.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18855
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Ich fühle mich durch Herrn Ickler durchaus gekitzelt; wenn ein Amateur wie ich einem Profi mit (scheinbar) einfachen Lösungen kommt, kriegt er ganz schnell gezeigt, wo der Hammer hängt.
Ich glaube ebenso wie andere hier, daß Nebensätze durch Kommata umschlossen werden, wobei das stärkere Satzzeichen das schwächere übersticht: Semikolon ersetzt Komma, Punkt ersetzt Semikolon. Daß niemand auf die Idee kommt, den großen Anfangsbuchstaben eines Satzanfangs durch ein Komma zu ersetzen, weil ein Nebensatz beginnt, ficht die Regel m. E. nicht an.
In den vorliegenden Beispielen kollidieren Kommaregeln. Es ist wohl in jeder Sprache möglich, das zu provozieren. Womöglich muß man sich bei solchen Gelegenheiten einfach entscheiden, welcher Regel man den Vorzug gibt. Sofern die Lesbarkeit die Richtschnur ist, wird wohl bei den meisten (zumindest guten) Schreibern Sinnvolles dabei herauskommen.
Mich wundert, daß solche Vorbehalte gegen ein Komma nach einem und bestehen. Ich glaube auch nicht, daß in der Literatur, zumal der alten und, wenn man so will, »höheren«, ein Komma nach einem und vermieden wurde.
Aktueller und ärgerlicher ist es ohnehin, daß durch die Reform der Kollateralschaden eingetreten ist, jedes Komma vor und zu streichen und somit das schließende Komma eines eingeschobenen Nebensatzes zu versäumen.
In diesem Forum ist es überdies nachgerade Usus, nach vorangestellten erweiterten Infinitiven kein Komma zu setzen. Von mir aus deckt sich das mit alten Duden-Darstellungen oder sonstigen Regellesarten. Ich empfinde es als Leseerleichterung, es zu setzen. Die Position eines Nebensatzes oder auch etwas satzwertigen anderen kann nicht die Kommaregel beeinflussen. Um dem Leser einen Gefallen zu tun, sollte man an Kommata nicht sparen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 13.06.2011 um 06.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18854
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Herr Virch hat recht. Die letztere Formulierung ist nicht realistisch.
Ansonsten: Typisch Duden! Theoretisch ist das korrekt. In Wirklichkeit wird man nur die erstere Formulierung vorfinden, wobei in der zweiten Hälfte kaum jemand ein Komma vor dass schreiben wird. Statt dessen dürfte üblich sein:
als auch dass ... beziehungsweise noch dass ....
Ich sehe hier Parallelen zu nur weil, aber obwohl, erst wenn und ähnlichen Kombinationen. Dem Sinn nach scheint nur usw. in die Ebene des Hauptsatzes zu gehören, entsprechend Nur deshalb, weil ..., Aber, obwohl ..., Erst dann, wenn ...
Grammatisch befindet sich nur usw. jedoch im Nebensatz.
Indizien:
a) Das Wort vor der Konjunktion ist normalerweise nicht betont.
b) Es gibt keine Sprechpause.
c) Das Vorfeld des Hauptsatzes kann nicht doppelt besetzt werden.
Es spricht also fast alles dafür, daß nur weil, aber obwohl, erst wenn komplett zum Nebensatz gehören, entsprechend sieht man nur selten ein Komma. Nach diesem vertrauten Muster werden die Schreiber auch kein Komma innerhalb von als auch dass beziehungsweise noch dass setzen wollen, auch wenn die grammatischen Verhältnisse etwas anders aussehen. Es handelt sich tatsächlich um einen ähnlichen Fall wie zuvor: Wenn man (wie üblich) ein Komma wegläßt, gerät die Hauptsatz-Nebensatz-Gliederung durcheinander.
Ich frage mich, warum der Duden so umständliche Beispielsätze gewählt hat. Vermutlich zwecks Vertuschung. Wenn man kürzere Sätze nimmt, werden die unschön gehäuften Kommas noch auffälliger.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 12.06.2011 um 19.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18852
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„Die Fußballnationaltrainerin muss Sorge tragen, sowohl dass die Spielerinnen …"
Vom Rest mal abgesehen – wie kann man nur eine so unappetitliche Satzstellung als beispielhaft vorbringen?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.06.2011 um 18.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18851
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Wie's der Zufall will, behandelt der Duden-Newsletter vom 11.6.2011 ein ähnliches Problem:
Kommas bei sowohl – als auch / weder – noch in Satzgefügen
Ist die mehrgliedrige Konjunktion in den Hauptsatz einbezogen, haben wir es mit einer ganzen Menge Kommas zu tun:
„Die Fußballnationaltrainerin muss sowohl Sorge tragen, dass die Spielerinnen die jeweiligen Positionen taktisch optimal ausfüllen, als auch, dass die Spielerinnen der Quirligkeit der Brasilianerinnen athletisch und technisch gewachsen sind. Weder hat der defensiven Mittelfeldspielerin gegen unsere Mannschaft genutzt, dass sie technisch so versiert ist, noch, dass sie ein Spiel zu lesen vermag.“
Ist die mehrgliedrige Konjunktion dagegen dem Hauptsatz voran- oder nachgestellt, kommen wir mit erheblich weniger Kommas aus:
„Die Fußballnationaltrainerin muss Sorge tragen, sowohl dass die Spielerinnen die jeweiligen Positionen taktisch optimal ausfüllen als auch dass die Spielerinnen der Quirligkeit der Brasilianerinnen athletisch und technisch gewachsen sind. Weder dass die defensive Mittelfeldspielerin technisch so versiert ist noch dass sie ein Spiel zu lesen vermag, hat ihr gegen unsere Mannschaft genutzt.“ Hier bilden die Glieder der mehrgliedrigen Konjunktionen mit den unterordnenden Konjunktionen (hier mit dass) Fügungen, die als Einheit empfunden werden und daher nicht durch Komma geteilt werden.
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Alles klar? Wo steht das eigentlich im amtlichen Regelwerk?
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Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 09.06.2011 um 19.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18835
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Für die Interessierten seien hier noch die Unterschiede der zwei Ausgaben des Dudens (Mannheim und Leipzig) erwähnt, die in einigen Teilen nicht unerheblich voneinander abwichen (Beispiele: New Yorker/New-Yorker, gutgehen/gut gehen, weder ... noch, noch/weder ... noch[,]noch, Tadschikistan/Tadshikistan, West-Berlin/Westberlin, Komma/kein Komma bei mit »und« verbundenen Imperativhauptsätzen, diverse Abweichungen beim erweiterten Infinitiv usw.)
Des weiteren existierte zur Zeichensetzung auch eine Mannheimer und Leipziger Sekundärliteratur (einmal das Duden-Taschenbuch von Berger aus Mannheim und andererseits das von Baudusch aus Leipzig).
In der letzten Leipziger Duden-Rechtschreibung (18. Aufl. (1985), letzter Nachdruck 1990), wo sich im übrigen die so berühmt gewordenen 52 bzw. 53 Kommaregeln finden (sogar die Frage, warum manchmal von 52 und dann wieder von 53 Regeln gesprochen wurde, läßt sich mit Hilfe des Leipziger Dudens beantworten), ist der hier diskutierte Fall folgendermaßen und damit anders als in der Mannheimer Ausgabe geregelt. Unter K 451 heißt es:
»451
5.2.3.3. Konjunktion »und«
(Die Regeln gelten auch für oder.)
5.2.3.3.1. Die Konjunktion und steht mit Komma,
wenn sie selbständige Sätze oder Sätze mit Auslassungen verbindet
[...]
K 400 od. K 420: Der neue Fragebogen(,) und wie man ihn ausfüllen muß. Sie kaufte Butter, Zucker(,) und was sie sonst noch brauchte. Butter, Zucker(,) und was sie sonst noch brauchte(,) kaufte sie ein. Sie kaufte Butter, Zucker(,) und was sie sonst noch brauchte(,) im Konsum. Aus Interesse(,) und um sich weiterzubilden(,) nahm er an dem Kursus teil. Vgl. auch 5.2.3.3.2.
[...]«
Quelle: Duden, Die deutsche Rechtschreibung (18. Aufl., Leipzig 1985), S. 677 f.
Der Leipziger Duden folgt also dem Bauduschschen Duktus des sogenannten paarigen Kommas, der in Mannheim nie eine Rolle spielte.
In ihrem Duden-Taschenbuch schreibt Baudusch:
»R 168 Wird ein erweiterter Infinitiv durch und oder oder mit einem anderen vorangehenden Satzglied verbunden, so wird er in der Regel nicht durch Komma abgegrenzt:
Ohne ein Wort und ohne sich noch einmal umzudrehen ging er davon.
Aus Interesse(,) und um sich weiterzubilden(,) nahm er an dem Lehrgang teil. (Vgl. auch R 183)«
Quelle: Baudusch, R.: Punkt, Punkt, Komma, Strich – Regeln und Zweifelsfälle der deutschen Zeichensetzung, 2. Aufl., Leipzig 1986, S. 117.
Und ebendort:
»R 183 Wenn ein erweiterter Infinitiv oder ein Nebensatz als Glied einer Aufzählung angefügt ist, wird das Komma freigestellt (vgl. R 106):
Aus Interesse(,) und um sich weiterzubilden(,) nahm er an dem Lehrgang teil.
Sie kaufte Butter, Zucker(,) und was sie sonst noch brauchte.«
Quelle: Baudusch, R.: Punkt, Punkt, Komma, Strich – Regeln und Zweifelsfälle der deutschen Zeichensetzung, 2. Aufl., Leipzig 1986, S. 130 f.
Die Darstellung im Taschenbuch von Berger dürfte den meisten geläufig sein. Sie folgt verständlicherweise der Mannheimer Interpretation. Bei Interesse stelle ich sie gern noch ein.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 09.06.2011 um 09.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18826
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Ich bleibe dabei: Die Regel ist sehr stabil, jedenfalls bezogen auf die Häufigkeit aller real existierenden Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktionen. Die hier diskutierte, relativ seltene Struktur macht schon rund die Hälfte aller Ausnahmen aus. Zudem sind es nur scheinbar Ausnahmen im Bereich der Kommaregeln, weil schon das niederzuschreibende sprachliche Material ausnahmsweise nicht sauber in Haupt- und Nebensatz sortiert werden kann. Daß in der Folge auch die Kommasetzung ins Wanken gerät, ist unvermeidlich.
Wir haben es wie gesagt mit einer Regelkollision zu tun. Die Regel, daß bei und in Aufzählungen kein Komma steht, ist eben noch stärker und setzt sich gegebenenfalls gegen die nicht ganz so starke Regel "Nebensatz mit Komma abgrenzen" nach Punkten durch. Ich habe nicht gesagt, daß die Nebensatz-Kommaregel die stärkste aller Regeln ist, sondern nur, daß sie eine der stabilsten Regeln ist.
Der Ausdruck "in Kommas einschließen" ist selbstverständlich nur dann sinnvoll, wenn der Matrixsatz auf beiden Seiten des Nebensatzes vorzufinden ist. Und dann kann man auch von "paarigen Kommas" sprechen, warum nicht? Wenn der Matrixsatz nur auf einer Seite des Nebensatzes steht, sagt man "mit Komma abgrenzen", und diese oder ähnliche Formulierungen kann man ganz allgemein verwenden. In diesem Fall kommt nur ein einzelnes Komma in Betracht, keine "paarigen Kommas".
Einige Reformer bringen es fertig, auch dann "in Kommas einschließen" zu sagen oder "paarige Kommas" anzusetzen, wenn der Matrixsatz nur links oder nur rechts vom Nebensatz steht. Wer so abwegiges Zeug denkt, bringt es eben auch fertig, noch eine "Tilgungsregel" draufzusatteln, laut der eines der "paarigen" Kommas (unmittelbar am Satzanfang oder unmittelbar vor dem Satzschlußpunkt) zu tilgen sei (damit der Satz nicht mit einem Komma anfängt oder mit der Zeichenfolge Komma Punkt aufhört). Das alles ist offensichtlich hochgradig bescheuert und nicht der Diskussion wert. Es kann deshalb nicht zur Gegenargumentation dienen.
Der Beispielsatz Sie lachte über ihn wegen seiner großen Füße und weil er vor Aufregung stotterte entspricht genau dem hier diskutierten Muster von seltenen Ausnahmen bei der Satzkonstruktion, die (scheinbare) Ausnahmen bei der Kommasetzung nach sich ziehen. Es handelt sich also um nichts Neues.
Dasselbe gilt für den Beispielsatz mit Infinitiv Wir bewegten uns auf Zehenspitzen und ohne ein Wort zu sprechen. Da der erweiterte Infinitiv sowieso nicht dasselbe Gewicht hat wie ein ordentlicher Nebensatz, setzt sich die Regel "Kein Komma bei und in Aufzählungen" natürlich noch deutlicher durch.
Hermann Paul in Ehren, aber ich kann ihm nicht folgen. Es gibt nun mal Hauptsätze und Nebensätze, die Gliederung ist in den allermeisten Fällen deutlich zu erkennen, und die übliche grammatische Kommasetzung macht diese Gliederung deutlich, sehr zur Erleichterung des Lesens. Daß man abweichend davon oder darüber hinaus auch Kommas nach rhetorischen Gesichtspunkten setzen oder weglassen kann, steht auf einem anderen Blatt und setzt die grammatisch orientierten Kommaregeln nicht grundsätzlich außer Kraft. Sonst könnte man die Kommasetzung ganz einfach so regeln: "Man setzt Kommas dort, wo es Sprechpausen gibt." Das ist offensichtlich nicht hinreichend und nicht üblich.
Die Frage wäre: Wie lautet denn die umfassende Kommaregel, die die übliche Kennzeichnung der Nebensatzgrenze und die hier besprochenen Ausnahmen unter einen Hut bringt? Oder eine umfassende Kommaregel, die sowohl der grammatischen Struktur als auch dem Muster der Sprechpausen gerecht wird?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.06.2011 um 08.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18825
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Das angeblich so stabile Einschließen des Nebensatzes in Kommata hat ja bei den Reformern zum Begriff des "paarigen Kommas" geführt, in logischer Konsequenz dann auch zu einer Tilgungsregel: Steht der Nebensatz am Anfang oder am Ende, dann wird entweder durch den Satzbeginn (Großbuchstabe!) oder durch das Satzsachlußzeichen eines der paarigen Kommas getilgt. Ich habe dagegen eingewandt: "Regeln erkennt man nicht zuletzt daran, daß gegen sie verstoßen wird. Aber noch nie hat irgend jemand, und sei es der blutigste Anfänger, einen Satz versehentlich mit einem Komma begonnen!" (Kritischer Kommentar)
Abgesehen davon: Wenn die stabile Regel gälte, ergäbe sich laut R 124: Sie lachte über ihn wegen seiner großen Füße und, weil er vor Aufregung stotterte.
Natürlich könnte man zum weil ein Korrelat im Obersatz einführen (deshalb), dann wäre das Komma gerechtfertigt. Aber es steht nun mal kein Korrelat.
Ähnlich dann zum erweiterten Infinitiv: Wir bewegten uns auf Zehenspitzen und, ohne ein Wort zu sprechen.
Diese und andere "Ausnahmen" sprechen dafür, daß die stabile Kommaregel von vornherein falsch formuliert ist.
Hermann Paul bemerkt übrigens am Anfang der Syntax (Bd. III der Grammatik):
„Insbesondere hat die falsche Lehre, daß der sogenannte zusammengesetzte Satz zunächst in Haupt- und Nebensatz zu zerlegen sei, einen Widerspruch zwischen Interpunktion und syntaktischer Gliederung hervorgerufen, infolge wovon Sprechpausen und Komma nicht zusammenfallen.“
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 09.06.2011 um 07.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18824
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Ich sage ja selbst, daß wir es mit einer Ausnahme von dieser stabilen Regel zu tun haben. Das liegt daran, daß sich die Sprache einen Trick erlaubt, der nach der Schulweisheit eigentlich gar nicht vorkommen dürfte: die hierarchische Gleichstellung eines Satzteils (in der Ebene des Hauptsatzes) mit einem Nebensatz (normalerweise in der Ebene unterhalb des Hauptsatzes) im Rahmen einer Aufzählung.
Bei der Struktur Satzteil + und + Nebensatz kollidieren zwei Regeln:
(1) Bei und steht in Aufzählungen kein Komma.
(2) Nebensätze werden mit Komma gegenüber dem Hauptsatz abgegrenzt.
Es geht nun um die Botschaft:
(1) ist stärker als (2). Bei einer Kollision gilt (1).
(1) könnte so formuliert werden:
"In Aufzählungen steht weder vor und noch nach und ein Komma."
Niemand kommt auf die Idee, Kommas so zu setzen: Brot, Butter und, Marmelade. Das heißt, ein Komma nach dem und kommt sowieso nicht in Frage. Deshalb wird (1) der Übersichtlichkeit halber wie folgt verkürzt:
"In Aufzählungen steht vor und kein Komma."
Entsprechend könnte der Text in R 101 des Duden 1991 lauten:
In Aufzählungen steht weder vor „und“ noch nach „und“ ein Komma, auch dann nicht, wenn eine Infinitivgruppe oder ein Nebensatz als Bestandteil der Aufzählung folgt.
Der Fall "nach und" ist für den Nutzer ebenso abwegig wie bei Brot, Butter und, Marmelade. Deshalb beschränkt sich der Duden auf den anderen Fall: vor und. Diesen Fall zu thematisieren ist sehr sinnvoll. Es wäre nämlich, wie in #18809 schon angedeutet, sehr wohl möglich zu schreiben:
Die Mutter hat einen Mantel (und was sie sonst für die Reise brauchte) gekauft.
Oder mit Gedankenstrichen:
Die Mutter hat einen Mantel – und was sie sonst für die Reise brauchte – gekauft.
Oder mit Kommas:
Die Mutter hat einen Mantel, und was sie sonst für die Reise brauchte, gekauft.
Zu dieser Kommasetzung dürften viele Schreiber tendieren, jedenfalls tausendmal eher als zu einem Komma nach dem und. Nur handelt es sich dabei nicht mehr um die Struktur einer Aufzählung. Es sind keine grammatischen Kommas, sondern rhetorische Kommas, die etwas anderes erzeugen: und was sie sonst für die Reise brauchte ist jetzt eine Anmerkung, eine Fußnote, die in den Matrixsatz eingebettet wird und mit dessen Struktur ansonsten nichts zu tun hat. Der Matrixsatz enthält jetzt keine Aufzählung mehr, sondern nur noch das Akkusativobjekt einen Mantel. Dieses Thema (Kommas als Alternative für Klammern oder Gedankenstriche) wird an anderer Stelle der Regeln behandelt; hier soll es jedoch um das Komma bei Aufzählungen gehen.
Dies dem Wörterbuchnutzer alles auseinanderzusetzen wäre viel zu kompliziert. Der Duden hat eine gute, pragmatische Formulierung gefunden, indem er auf jenen Fall eingegangen ist, der für den Ratsuchenden relevant ist: ein fragliches Komma vor dem und in Aufzählungen.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 08.06.2011 um 23.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18823
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Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß sich die Frage nach dem Komma vor und, wenn ein Nebensatz folgt, eigentlich gar nicht stellt, denn das sollte (bei geeigneter Formulierung) aus der allgemeinen Regel zu Aufzählungen hervorgehen.
Die eigentliche Frage ist dagegen, warum nach und kein Komma steht. Für jemanden, dem "eine der stabilsten Regeln überhaupt" eingebleut worden ist, daß nämlich Nebensätze durch Kommas abgetrennt werden, wäre es doch ganz natürlich zu schreiben:
Die Mutter hat einen Mantel und, was sie sonst für die Reise brauchte, gekauft.
Die Frage nach einem Komma nach dem und wird aber in der Regel 101 des Duden 1991 überhaupt nicht behandelt. Dort steht ja nur:
Vor „und“ steht bei Aufzählungen auch dann kein Komma, wenn eine Infinitivgruppe oder ein Nebensatz folgt.
Damit wird auch der Fall, daß der Nebensatz vorangeht, nicht behandelt. Also könnte (müßte?) man nach dem alten Duden schreiben:
Die Mutter hat, was Sie für die Reise brauchte, und einen Mantel gekauft.
Übrigens hat der alte Duden in R 101 das Bindewort oder anscheinend (fast) ganz vergessen. In den Regeln wird nur das und behandelt. Am Ende wird aber ausgerechnet ein Beispiel mit oder angeführt:
Bei Regen oder wenn es kalt ist[,] ziehe ich den Mantel an.
Die Behandlung von oder in den Regeln wird erst in der "Zusammenfassung" nachgeholt (R 123, R 124).
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 08.06.2011 um 11.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18822
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Das sehe ich nicht so, Herr Riemer. Daß Nebensätze in Kommas eingeschlossen werden, ist eine der stabilsten Regeln überhaupt. Infinitivkonstruktionen mit zu haben von vornherein eine Zwitterstellung zwischen Satzglied und Nebensatz, so daß es zum Beispiel naheliegt, den nichterweiterten Infinitiv mit zu als nicht satzwertig und deshalb als normalerweise nicht kommapflichtig einzustufen; das hat mit einer Ausnahme nichts zu tun. Auch haben richtige Sätze gewöhnlich ein Subjekt und ein damit korrespondierendes gebeugtes Verb; beide Merkmale fehlen bei diesen Infinitiven.
Folglich bleiben als Ausnahmen nur der hier besprochene Fall und die von Ihnen beigesteuerte Konstruktion Sie konnte schon ein Jahr(,) bevor sie zur Schule kam(,) Bücher lesen.
Besonders irritierend ist in diesen Fällen aber nicht die Frage, ob überhaupt Kommas gesetzt werden, sondern daß es manchmal am besten zu sein scheint, den Übergang vom Hauptsatz in den Nebensatz ohne Komma zu schreiben, am anderen Ende des Nebensatzes aber ein Komma zu setzen. Insgesamt ergibt das den Befund, daß eine stimmige Kommasetzung nicht formuliert werden kann.
Ansonsten gibt es praktisch keine Ausnahmen von der Regel "Nebensatz mit Komma abgrenzen".
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.06.2011 um 10.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18821
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Man muß sich wohl von der vermeintlichen Grundregel "Nebensätze werden mit Komma abgetrennt oder in Kommas eingeschlossen" verabschieden. Das ist so etwas wie "Groß schreibt man, wo ein Artikel davorsteht", es trifft zwar oft zu, aber nicht immer.
Ähnliche Beispiele wie hier hatte Prof. Ickler unter "Ein Komma zuviel" (www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=956) angeführt. Auch da ging es darum, daß Konjunktionen (nachdem, bevor), bezogen auf einzelne Satzglieder, das Komma verhindern, z. B.:
Sie konnte schon ein Jahr(,) bevor sie zur Schule kam(,) Bücher lesen.
Es gibt viele Nebensatztypen, unter anderem den erweiterten Infinitiv mit zu, den der Duden (Bd. 4, Grammatik) als satzwertig zählt. Auch dieser wird nicht immer (z. B. wenn er für das Subjekt steht) mit Komma abgetrennt. Wir haben also eine Menge Ausnahmen vom Nebensatzkomma (bzw. -kommapaar).
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.06.2011 um 16.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18817
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Zu #18814: In "wann immer", "wo immer", "wie immer", "auf welche Weise (auch) immer" usw. ist "immer" nicht dasselbe wie das Zeitadverb "immer" = jederzeit, ohne Unterbrechung. Ich schreibe "whenever" auch immer als ein Wort, ob ich's nun "normal/gewöhnlich" oder "emphatisch" gebrauche (s. dazu ein gutes Wörterbuch). Und zu "nachlässig": Vergessen wir nie, daß Englisch und Deutsch germanische Sprachen sind und daß sie deshalb eben viel mehr gemeinsam haben könnten als unsere Schulweisheit sich träumen läßt.
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Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 07.06.2011 um 16.15 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18816
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Die ganze Fachdiskussion in Ehren, aber all das ist Lichtjahre entfernt von der Schreibwirklichkeit hier in in Augstland, wo die Kommas oft genug nach dem Zufallsprinzip gestreut werden. Komme keiner diesen Tintenklecksern mit Rechtschreibregel 74E2.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2011 um 15.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18815
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Der Satz ist, wie aus dem Diskussionszusammenhang hervorgeht, von mir gebildet, als leichte Abwandung des vorgegebenen Beispiels. Ich glaube, der mit wann immer eingeleitete Satz ist untadeliges Deutsch. Man könnte auch den Reisesatz entsprechend erweitern: und was immer sie für die Reise brauchte. Auch dann ist es nicht – oder fast nicht – möglich, ein Korrelat im Obersatz einzufügen.
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Kommentar von MG, verfaßt am 07.06.2011 um 15.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18814
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| Bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht ....
... frage ich mich, ob der entsprechende Text vielleicht etwas nachlässig aus dem Amerikanischen übersetzt worden ist.
"When ever" ist für mich immer noch "jedesmal, wenn" und nicht "wann immer".
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 07.06.2011 um 10.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18812
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Herr Wrase würde den Reise-Satz als Lektor nicht unverändert durchgehen lassen; ich auch nicht. Ein Problem gibt es nur, wenn es darauf ankommt, den – mündlich geäußerten – Satz wörtlich zu protokolleren. Aber obwohl der Satz mit und ohne Komma zwischen braucht und gekauft gleichermaßen holprig ist, braucht man nicht einmal zu würfeln. Der Vorrang des Wortprotokolls kommt dann auch darin zum Zuge, daß man ein Zeichen im Zweifel wegläßt. Die Frage ist, warum die Duden-Redaktion hier eine leere Nuß knackt.
Der Dürre-Satz ist zwar ebenfalls schief und läuft bei Umstellung zumindest glatter: Wenn der Föhn weht oder bei großer Dürre ist das Rauchen hier streng verboten. Trotzdem gehört in seine wörtliche Wiedergabe das Komma. Dessen Abwesenheit wäre störender als seine Anwesenheit.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2011 um 08.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18811
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Das Kitzlige (für Herrn Mahlmann) besteht darin, daß der freie verallgemeinernde Relativsatz das angeblich weggelassene Pronomen im Obersatz nicht einmal zuläßt.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 06.06.2011 um 19.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18809
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Natürlich wäre folgendes möglich:
Ich leide bei großer Dürre, oder wann immer der Föhn weht, an Migräne.
Diese saubere Lösung habe ich nur deshalb unterschlagen, weil ich diejenigen Fälle besprechen wollte, bei denen dem Leser die beiden Bestandteile bei großer Dürre und wann immer der Föhn weht als gleichrangig mit oder verbunden präsentiert werden.
Bei obiger Lösung wird stattdessen oder wann immer der Föhn weht zu einer zweitrangigen Anmerkung herabgestuft, nach dem Motto: "Ach, was mir noch einfällt, das gilt auch bei Föhn". Damit ist auch eine rhetorische Veränderung verbunden (hörbare Zäsuren). Somit handelt es sich bei dieser Lösung ebenfalls um eine "Umformulierung" im Dienste der korrekten Kommasetzung. Dann schon lieber so:
Bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht, leide ich an Migräne.
Zwar wurden hier Wörter verschoben, aber die Aussage wird nicht modifiziert. Im Gegenteil, wenn man auf die Auseinanderspaltung des Matrixsatzes verzichtet, klingt es natürlicher und ist leichter zu verstehen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 06.06.2011 um 18.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18808
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Wieso kitzeln? Der Fall ist relativ leicht zu beurteilen.
Problematisch ist die Mischung von Satzteil und Nebensatz erst, wenn sie beidseits Übergänge zum Matrixsatz hat, wie im Beispielsatz des Tagebucheintrags. Dann erscheint die gesamte Ergänzung am einen Ende in der Ebene des Matrixsatzes (Satzteil, also normalerweise kein Komma), am anderen Ende jedoch ist der Sprung vom Nebensatz in den Matrixsatz vorhanden (also normalerweise Komma).
Bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht, leide ich.
Nach weht ist die Grenze zwischen Neben- und Matrixsatz, also Komma. (Wie Herr Dörner gezeigt hat, stellte Duden 1991 dieses Komma ins Belieben des Schreibers. Ich halte den Satz ohne Komma für suboptimal, die Freizügigkeit im Duden wundert mich. Es wäre zu prüfen, wie oft gute Schreiber tatsächlich auf das Komma verzichtet haben.)
Wann immer der Föhn weht oder bei großer Dürre leide ich
bei Dürre gehört als Satzteil zum Folgenden, also kein Komma.
Wenn Verschiedenes gemischt wird, sind die Bestandteile (Satzteil und Nebensatz) nur abstrakt betrachtet gleich starke Partner in bezug auf das Verhältnis zum Matrixsatz. Für den Leser ist vor allem derjenige Bestandteil eindrücklich, der den Matrixsatz berührt. Entsprechend:
Ich leide, wann immer der Föhn weht oder bei großer Dürre.
Ich leide bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht.
Entsprechungen gibt es bei der Kasuskongruenz:
mit oder ohne Kinder
ohne oder mit Kindern
mit und ohne sind theoretisch gesehen als gleich starke Partner gemischt, aber man orientiert sich aufgrund des Klanges an derjenigen Präposition, die direkt vor dem Bezugswort steht.
Jedenfalls wird es erst kitzlig, wenn wir das Gefüge mitten in den Matrixsatz einbetten. Auf diesen schwierigen Fall ist der Duden 1991 erst gar nicht eingegangen. Ich würde so kommatieren:
Ich leide, wann immer der Föhn weht oder bei großer Dürre, an Migräne.
Ich leide bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht an Migräne.
Im letzteren Fall wird die Angabe im Duden 1991 sinnvoll: Man kann das einzelne hintere Komma (nach weht) weglassen, um die beiden Enden des Einschubs gleichwertig zu behandeln. Aus demselben Grund habe ich im ersteren Fall beidseitig Kommas gesetzt. Warum im einen Fall Kommas, im anderen keine? Man wird als Schreiber am Anfang des Einschubs veranlaßt, die dort einleuchtende Entscheidung zu treffen, und diese hält man dann der Ausgewogenheit zuliebe auch am Ende des Einschubs aufrecht. Diese Lösungen kommen mir jedenfalls angenehmer vor als die Entscheidung "Vorne so, hinten anders":
Ich leide, wann immer der Föhn weht oder bei großer Dürre an Migräne.
Ich leide bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht, an Migräne.
Am besten ist wie gesagt die Vermeidung durch Umformulierung. Wenn man den Matrixsatz nur auf einer Seite hat, ist die Sache schon wesentlich einfacher.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.06.2011 um 17.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18807
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Um Sie noch ein bißchen zu kitzeln, setze ich ein weiteres Beispiel her: Bei großer Dürre oder wann immer der Föhn weht ....
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 06.06.2011 um 17.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18806
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Im Grunde wird bei den Beispielsätzen aus rhetorischem Grund ein Pronomen weggelassen; setzt man es (wieder) hinzu, ist auch die Kommasetzung unstrittig:
Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid und das, was sie sonst noch für die Reise brauchte, gekauft.
Bei großer Dürre oder dann, wenn der Föhn weht, ist das Rauchen hier streng verboten.
Kann man nun aus ebenso rhetorischer Erwägung auch das Komma weglassen? Weil Kommata nicht hörbar sind und die Kommasetzung sich im Deutschen nicht an der Sprechmelodie orientiert, sondern der Satzgliederung dient, würde ich es hier setzen – vor was bzw. wenn.
Daß ein Komma an solcher Stelle ungewohnt ist, stört mich nicht; lieber ein Gliederungszeichen zuviel, als daß ich einen Satz noch einmal lesen muß.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 06.06.2011 um 06.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18801
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Der im Tagebucheintrag zitierte Beispielsatz kann nicht befriedigend kommatiert werden. Die Situation am Anfang des Nebensatzes (gleichrangig verbindendes und) ist ganz anders als am Ende, wo die beiden Verben aus Nebensatz und Matrixsatz aufeinanderprallen (brauchte gekauft). Am Anfang verbietet sich das Komma (aus der für den Leser dominierenden Perspektive der und-Verbindung), am Ende wäre das Komma regulär zu setzen. Daraus ergibt sich die irritierende Situation, daß der Anfang des Nebensatzes anders behandelt wird als sein Ende.
Die Sprache arbeitet gelegentlich mit Kompromissen, bei denen Unvereinbares pragmatisch gemischt wird; in diesem Fall werden Satzteile aus dem Matrixsatz mit einem Nebensatz gleichrangig gestellt. Weil es beim Sprechen keine Kommas gibt, ist die Konstruktion für den Hörer unproblematisch. Beim Schreiben kann man nur durch Umformulierung eine perfekte Rechtschreibung erzielen. Zum Beispiel das Verb weiter vorne:
Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer gekauft, einen Mantel, ein Kleid und was sie sonst noch für die Reise brauchte.
Es ist eigentlich unfair, die Unzulänglichkeit bestehender Regeln mit solchen Beispielen zu demonstrieren. Es gibt keine Regel, die bei diesem grammatisch unsauberen Material zu einem guten Ergebnis führt. Der Satz kann als Beispiel dafür dienen, daß man manche Formulierungen der Rechtschreibung wegen (allgemeiner gesagt: der optimalen Lesbarkeit zuliebe) meiden sollte.
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Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 05.06.2011 um 19.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18799
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Komma: Herleitung
Auch mir scheint, was die "alte" Dudenrechtschreibung betrifft, R 124 einschlägig zu sein: "Es steht kein Komma, wenn ... in einer Aufzählung ein erweiterter Infinitiv oder ein Gliedsatz folgt"; die Beispiele liegen indessen etwas anders, so etwa: "Sie lachte über ihn wegen seiner große Füße und weil er vor Aufregung stotterte"). Dies nach meiner privaten Sammlung: 18. Auflage, 1980.
Die Wahrig-Rechtschreibung, Ausgabe 2002/2003, die mir vorliegt, zeichnet § 74 E2 brav nach, umgeht im Kommentar allerdings den fraglichen Aspekt (bezeichnet die Differenz zu früheren Regelungen auch vage mit "Teilweise identisch"). Genannt sind simple Beispiele, zweifelhafte werden umgangen (siehe auch: "Außerordentlich bedauert hat er diesen Vorfall und dass das hier geschehen konnte" sowie: "Das Rauchen ist hier streng verboten, wenn der Föhn weht oder bei großer Dürre").
Mit anderen Worten: Eine andere Herleitung als die, die Herr Ickler sieht, also die Beziehung des neueren Duden-Beispiels auf § 74 E2, kann ich auch nicht erkennen.
Es geht m. E. (wie in anderen Fällen ja auch) um eine sture, mechanische Beziehung und plane Anknüpfung an das amtliche Regelwerk, was auch immer in der Schreibwirklichkeit vorgeht. Man will ja nicht abweichen und amtlichen Kredit verspielen. Ich weiß es auch aus persönlichem Kontakt mit verantwortlichen Vertretern der Dudenredaktion: Differenzen unterdrücken, nicht thematisieren, Gleichklang hervorkehren, Harmonie verbreiten.
Zudem: Ich meine, nach "brauchte" sollte man kein Komma setzen. (Man könnte dabei sogar auf "... wenn der Föhn weht oder bei großer Dürre" verweisen.)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2011 um 05.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18797
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Nun, die Verschiedenheit besteht gerade in dem Punkt, den Reese dann auch erwähnt: Der Konditionalsatz ist eine freie Angabe, während der freie Relativsatz eine notwendige Ergänzung im Matrixsatz ist, der ohne ihn also grammatisch unvollständig wäre. Das wird je nach Grammatikmodell verschieden ausgedrückt, und es ist auch nicht klar, ob für die Interpunktion etwas daraus folgt. Die Kommatierung ist in diesen Fällen nicht durchweg grammatisch begründet, sondern rhetorisch, lesepsychologisch, wie ja auch schon angedeutet wurde. Das ist wie bei den formelhaften Ausdrücken, wo die Kommasetzung nach Gefühl immer noch zulässig ist.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 04.06.2011 um 23.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18795
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Lieber Prof. Ickler,
was meinen Sie mit der Aussage, "daß der wenn-Satz etwas verschieden vom freien Relativsatz ist"? Daß beide Nebensatzformen verschieden sind ist natürlich klar. Was ist aber die spezifische Verschiedenheit, die Sie meinen?
Einiges an den Ausführungen von Reese ist mir ebenfalls nicht klar. So sagt er, daß bei Relativsätzen gelte, "daß die ihn einschließenden Kommata getilgt werden, wenn der Kopf des Relativsatzes Teil des Hauptsatzes selbst ist".
1. Woran erkennt man oder woraus schließt man, daß der Kopf des Relativsatzes (im behandelten Fall was) "Teil des Hauptsatzes selbst ist"?
2. Müßte in dem Satz "Sie kaufte, was sie für die Reise brauchte" dann nicht auch das Komma getilgt werden?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.06.2011 um 10.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18792
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Vielen Dank, Herr Dörner! Ich hatte diese Dinge nicht mehr genau in Erinnerung, obwohl ich sie in meinem eigenen Kommentar zum Duden 1991 hätte finden können.
Ich will hinzufügen, daß ich auf die ganze Frage durch eine knappe Darstellung von J. Reese, einem Schüler von Utz Maas, gestoßen bin:
http://reese.linguist.de/orthographie.pdf
Sie ist aber, wie sich nun zeigt, nicht ganz richtig. Richtig ist dagegen der dortige Hinweis, daß der wenn-Satz etwas verschieden vom freien Relativsatz ist – ein Unterschied, der aber anscheinend für die Kommatierung keine Folgen haben soll.
Reese ist aber trotzdem lesenswert, weil er die Hauptgedanken von Utz Maas gut zusammenfaßt.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 04.06.2011 um 01.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18791
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Herrn Dörner ist zu danken für die Aufklärung zu den Regeln von 1991. Die Verwirrung ist vermutlich dadurch entstanden, daß durch die beim Duden herkömmliche "Zusammenfassung" der Regeln zum Komma vor und oder oder ein Reihe von Regeln - das zum Teil aber auch nur unvollständig - verdoppelt werden, was man sonst nicht erwartet.
Herr Künzer hat wiederum den Finger auf die eigentliche Wunde gelegt. Nach den allgemeinen Regeln (in Aufzählungen kein Komma vor und, Nebensätze werden durch Komma abgetrennt) stellt sich die Frage nach einem Komma vor und überhaupt nicht. Die Frage, die sich tatsächlich stellt, ist die, warum vor dem was kein Komma stehen soll.
Nach diesen allgemeinen Regeln müßte tatsächlich in dem hier behandelten Beispielsatz vor was ein Komma stehen: Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid und, was sie sonst noch für die Reise brauchte, gekauft. Schließlich wird in den Regeln vorausgesetzt, daß was sie sonst noch für die Reise brauchte ein Nebensatz sei. Was sollte es auch anderes sein?
Offenbar setzt der Duden stillschweigend voraus, daß und was so eng zusammengehören, daß eine Trennung durch Komma gar nicht in Frage kommt. Dann müßte dieses Beispiel aber in einem ganz anderen Zusammenhang behandelt werden, nämlich dem der Regeln R 125 bis R 127, die die Kommasetzung in Fällen wie "vorausgesetzt, daß", "als daß" und "besonders[,] wenn" behandeln
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 03.06.2011 um 21.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18790
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Vgl. auch:
"ich sah es und schloß die Tür"
"ich sah, was kommen würde, und schloß die Tür"
"ich sah ihn, sie und es und schloß die Tür"
"ich sah ihn, sie und, was kommen würde, und schloß die Tür"
Dieser Logik folgend eigentlich mit noch einem Komma: "Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid und, was sie sonst noch für die Reise brauchte, gekauft." Sieht aber ungewohnt aus.
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Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 03.06.2011 um 20.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18789
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Einschlägig ist R 101 des Dudens von 1991:
»R 101 Das Komma steht zwischen Satzteilen, die durch anreihende Konjunktionen (Bindewörter) in der Art einer Aufzählung verbunden sind.
[...]
Vor „und“ steht bei Aufzählungen auch dann kein Komma, wenn eine Infinitivgruppe oder ein Nebensatz folgt.
Die Mutter kaufte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid und was sie sonst noch für die Reise brauchte.
Wird der übergeordnete Satz nach der Infinitivgruppe oder nach dem Nebensatz weitergeführt, dann ist es dem Schreibenden freigestellt, ein Komma zu setzen oder nicht.
Bei Regen oder wenn es kalt ist[,] ziehe ich den Mantel an.«
Quelle: Duden, Band 1, 20. Aufl. (1991), S. 40.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 03.06.2011 um 19.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18788
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Der Unterschied zur vorreformatorischen Regel liegt anscheinend darin, daß das fragliche Komma jetzt stehen muß.
In früheren Ausgaben des Duden war dieses Komma ausdrücklich freigestellt (so jedenfalls im Duden 1961 und im Zweifelsfälle-Duden 1985).
1960:
"Wird der Hauptsatz nach der Grundformgruppe oder nach dem Gliedsatz weitergeführt, dann ist es dem Schreibenden freigestellt, ob er einen Beistrich setzen will oder nicht.
Beispiel: Der Dichter schildert wahrheitsgetreu und ohne sich auch nur einmal im Ton zu vergreifen(,) das innige Verhältnis zwischen Herr und Hund."
1985:
"Wird der übergeordnete Satz nach dem Nebensatz oder dem erweiterten Infinitiv weitergeführt, dann ist das Komma freigestellt.
Beispiele: Ich sah ein Licht, das mich und die mit mir reisten(,) umleuchtete. Sie hat nur einige zuverlässige Leute oder wen sie dafür hält(,) benachrichtigt."
Warum diese ausdrückliche Freistellung des Kommas im Duden 1991 anscheinend fehlt, ist unklar. Man wir aber annehmen können, daß die bisherige Regel weitergalt, denn sonst hätte die Dudenredaktion eine geänderte Regel wohl ausdrücklich aufgeführt.
Ich halte die ursprüngliche Freigabe des Kommas für die angemessenere Lösung, denn einerseits ließe sich das Komma von der Satzintonation her rechtfertigen, andererseits empfinde ich das verwaiste Komma dort, wo man eigentlich ein paariges Komma erwarten würde, als unschön. Die Reformer, die doch vereinfachen wollten, haben hier die Gängelung der Schreibenden noch weitergetrieben.
Aber auch das alte wie neue Verbot des Kommas vor und/oder halte ich für überpedantisch. Man kann die fraglichen Fügungen immer als Einschübe auffassen und damit ein Komma vor der Konjunktion rechtfertigen, wenn man nicht vielleicht besser zu Klammer oder Gedankenstrich greift:
Sie hat nur einige zuverlässige Leute (oder wen sie dafür hält) benachrichtigt.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 03.06.2011 um 14.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18787
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Jetzt ganz ohne einschlägige §- und R-Kenntnisse: Ich vermute, das Komma soll für jenes eintreten, das bei anderer (und besserer) Stellung vor dem und zu setzen sich empfiehlt:
Die Mutter hatte der Tochter einen Koffer, einen Mantel, ein Kleid gekauft, und was sie sonst noch für die Reise brauchte.
Denkbar ist auch, daß das Komma als Rest eines Kommapaares figuriert, dessen andere Hälfte von den vorausgegangenen Aufzählungsgliedern versenkt wurde:
Die Mutter hatte der Tochter, [...] was sie sonst noch für die Reise brauchte, gekauft.
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