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14.03.2011
Auf dem Rücken
Beobachtung zur politischen Rhetorik
Es war schon etwas befremdlich, als Guttenberg behauptete, er sei "auf dem Rücken der Soldaten" zum Rücktritt gezwungen worden. Für mein Sprachgefühl bedeutet das "auf Kosten" oder "zum Schaden" von jemandem, und davon konnte ja hier keine Rede sein.
In einem Interview zur Atomkatastrophe in Japan sagt unser bayerischer Umwelt- und Gesundheitsminister Söder nun:
"Ich fände es politisch unanständig, wenn man auf dem Rücken der Opfer in Japan und der Besorgnis der Menschen jetzt versucht, kleinkarierten Wahlkampf zu betreiben." (SZ vom 14. 3.11)
Wiederum schadet es doch den japanischen Opfern nicht, wenn man bei uns über die Atomkaft diskutiert. (Söders Einlassungen sind auch widersprüchlich, weil er einerseits darauf beharrt, daß bei uns alles perfekt ist, andererseits ein neues Nachdenken ankündigt; aber das will ich hier nicht weiter erörtern.)
Gemeinsam ist der politischen Propaganda schon lange die Maxime, daß wichtige Themen aus dem Wahlkampf herausgehalten werden müssen. Eigentlich komisch, besonders wenn man hinzunimmt, daß es nur noch zweitwichtigste Themen gibt, denn die wichtigen werden ja auf EU-Ebene entschieden, fast ohne Mitwirkung des Souveräns, nur von der Exekutive ("Demokratie-Defizit").
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.09.2016 um 17.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1428#33408
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Früher konnte ich mal auf dem Kopf stehen (hab's lange nicht probiert), und meine Enkelin kann schon auf einem Bein stehen.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 29.09.2016 um 10.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1428#33407
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Ja, etwas sonderbar vielleicht, aber nicht sehr. Im Sommer liege ich im Sand auch auf dem Bauche und lese; wegen meines Hüftersatzes kann ich nicht so gut auf meiner rechten Seite liegen. Nur etwas anders fanden die Leute den Jennerwein "am Bauche liegend" bei Tegernsee am Peißenberg, aber einige singen jetzt hinterher auch "auf dem Bauche liegend" standarddeutsch. Präpositionen haben eben nicht nur die Bedeutung, die Schulsprachlehre ihnen zuschreibt. (Siehe dazu besonders engl. "on", welches ja mehr als die Standarddefinition "on top of" an sich hat: on the table, on the wall, the ring on his finger, Stradford-on-Avon, wait on a person [übrigens auch in der Bedeutung "auf j-n warten"!], live on potatoes, also on Sundays, speak on this occasion on "on", etc., etc.)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.09.2016 um 05.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1428#33405
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Übrigens ist die Wendung auf dem Rücken liegen eigentlich etwas sonderbar. Vielleicht dachte man daran, daß meine Rückseite gewissermaßen "unter" mir ist, wenn ich auf dem Rücken liege.
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Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 16.03.2011 um 15.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1428#18317
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Bruno Jonas hat den Söder, als der die politische Fernsehbühne betrat, Maustotquatscher genannt. Mit dem Hinweis, das Wort sei in Söders Heimat geläufig. Ich kannte das Wort nicht, fand es aber köstlich.
Heute kenne ich den Söder und finde es immer noch köstlich.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 14.03.2011 um 15.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1428#18315
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Eine ähnliche Entwicklung gibt es in den USA, wo der Begriff "bi-partisan" allgemein positiv konnotiert wird. Geht man aber davon aus, daß alle wichtigen Entscheidungen ohnehin gemeinsam von den Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien getroffen werden (ob im Kongreß, im Europaparlament oder im Vermittlungsausschuß), kann man sich die Wahlen natürlich gleich schenken.
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