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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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07.02.2011
 

Bologna
Kontroverses

Im Jahrbuch des Amtes für das Auslandsschulwesen verbreitet sich Exminister Hans Joachim Meyer sehr kritisch über den "Bologna-Prozeß".
In diversen Repliken wird er daran erinnert, daß es sich um ein Produkt der Kultusminister handelt, zu denen er in den entscheidenden Jahren selbst gehörte.

Der Generalsekretär des DAAD hält ein "Zurück zu einem Zustand ante Bolognam" für unmöglich und nicht wünschenswert. (Er hätte wohl besser "ante Bononiam" gesagt.)



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Kommentare zu »Bologna«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.04.2017 um 04.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#34968

Deutschland bleibt hinter dem Ziel von 42 % Hochschulabsolventen zurück. (Warum gerade 42 gut sein sollen, wird nie erklärt. Auch tut man so, als wüßte man nicht, daß sich unter "Hochschulabschluß" Verschiedenes verbirgt.)
Länder wie Zypern und Litauen haben mehr als 50 %. Die Arbeitslosigkeit ist dort drei- bzw. zweimal so hoch.
Die Abschlüsse nach dem dualen Ausbildungssystem werden aus naheliegenden Gründen nicht verglichen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.02.2017 um 06.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#34475

Die FAZ widmet heute eine ganze Seite dem Einfluß von Bertelsmann (CHE) auf die Hochschulen. Lesenswert.

Es fehlt noch ein Gesamtbild, das offenlegt, wie sehr die Bildungspolitik (bis hin zum Zipfelchen Rechtschreibung) bereits in der Hand des Konzerns ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2013 um 11.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#22822

Wie ein Kommentar zur "Workload"-Ideologie klingt ein Einwand, der bei Wikipedia gegen das Verfahren des "Human development index" erhoben wird, nur die Ausbildungsdauer einzubeziehen:

"So steht beispielsweise eine 8-jährige Ausbildung zum indischen Tempeltänzer faktisch über einer 6-jährigen Facharzt-Ausbildung in westlichen Ländern. Ebenso steht jetzt die Ausbildung eines Rikschafahrers oder Kamelführers auf der gleichen Stufe wie die eines Piloten oder Astronauten, sofern die Ausbildung dafür formell genauso lange dauerte."
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 03.09.2012 um 23.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21370

Die unermüdliche Warnerin Heike Schmoll hält den Kultusministern (mal wieder) eine Standpauke in Sachen "Bologna":

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/studienreform-der-bologna-boykott-11857113.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/hochschulreform-in-der-bologna-falle-11877689.html
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 21.08.2012 um 10.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21277

Die Rechtschreibreform war ja nur der Anfang von weiteren schiefgegangenen "Reformen", an denen aus Gründen der Staatsräson mit allen politischen Mitteln festgehalten wird: G8-Gymnasium, Bologna-Reform, Euro-Erweiterungen. Wenn halt nur auf die Wirtschaftsverbände gehört wird und der Wille des Volkes ignoriert wird. Käufliche Partitokratie eben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler , verfaßt am 18.08.2012 um 02.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21262

Die Zeitungen bringen seitenweise kritische Artikel zur Bologna-Reform, ohne jemals die Bertelsmann-Stiftung und ihre Planungszentrale CHE zu erwähnen – auch eine Leistung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.08.2012 um 03.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21256

Für Schavan ist eine Reform erfolgreich, wenn es gelungen ist, sie durchzusetzen. So sieht sie Bologna, so sieht sie die Rechtschreibreform.
Der Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz kritisiert Bologna mit scharfen und weitgehend treffenden Worten (SZ vom 14.8.12 und andere Medien). Aber hat die HRK sich gegen Bologna gewehrt? Typischerweise schließt er mit der These, ein Zurück könne es nicht geben, nur "Optimierung" des Unabänderlichen. Das ist immer so: Wenn etwas sich nicht bewährt hat, braucht man eben mehr davon.

(Außerhalb meines Fachgebietes scheint besonders die Abschaffung des deutschen Dipl.-Ing. eine ebenso überflüssige wie schädliche Gleichmacherei zu sein.)
 
 

Kommentar von Südwest-Presse, 9. August 2012, verfaßt am 09.08.2012 um 19.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21244

Schavan sieht Bologna-Reform als großen Erfolg

Stuttgart. Im Gegensatz zu kritischen Stimmen zieht Bildungsministerin Annette Schavan eine positive Bilanz der vor zehn Jahren begonnenen Bologna-Reform.

Die im Jahr 2002 EU-weit eingeführten Hochschulabschlüsse Bachelor und Master 2002 sind aus Sicht von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) eine "europäische Erfolgsgeschichte." Sie schlage sich nieder in einer kürzeren Studiendauer, der inzwischen sehr guten Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt und der hohen Mobilität der Studenten, teilte die Ministerin gestern mit.

Als Belege führte sie unter anderem an, daß sich die Zahl deutscher Studenten, die im Ausland eingeschrieben sind, von 1999 bis 2009 mit 115 000 nahezu verdoppelt habe. Etwa ein Drittel aller an deutschen Hochschulen Eingeschriebenen sammele Auslandserfahrung. Auch die Attraktivität deutscher Hochschulen habe zugenommen: 2011 überstieg die Zahl ausländischer Studenten zum ersten Mal 250 000.

Deutlich zurückgegangen ist die Studiendauer bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluß. Die Hälfte der Bachelor-Studenten war 2010 nach 6,5 Semestern fertig.

54 Prozent der Absolventen an den Fachhochschulen und 77 Prozent an den Universitäten schlössen derzeit ein Masterstudium an, wobei 90 Prozent ihr Wunschfach an ihrer Wunschhochschule studieren könnten. Ein Vorteil der Bologna-Reform sei dabei, daß Studenten den Master entweder direkt, während oder nach gewonnener Praxiserfahrung machen könnten.

Die Zahl der Studienabbrecher habe sich an den Fachhochschulen, die die Abschlüsse zuerst eingeführt hatten, mit 19 Prozent 2010 mehr als halbiert. Insgesamt lag sie bei 28 Prozent der Studienanfänger 2006/07. Befragte Unternehmen äußerten sich mehrheitlich zufrieden mit den Leistungen der Bachelor-Studenten. Diese seien "in ihrer großen Mehrheit" mit ihrer beruflichen Situation zufrieden.


(www.swp.de)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.07.2012 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#21178

«Die Hochschulen machen es sich zu leicht, wenn sie sich darüber beschweren, dass die Schüler nicht genug mitbringen», sagte [Kultuministerin] Bauer der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Ebenso wie Schulen müssten sie sich der Tatsache stellen, dass junge Menschen wachsende Schwierigkeiten mit Lesen und Rechtschreibung hätten und mehr Zeit bräuchten, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Wie die Schülerschaft sei die Studierendenschaft unterschiedlicher geworden. Darauf müssten die Hochschulen mit verstärkter individueller Förderung reagieren. (Rhein-Neckar-Zeitung, 31.7.12)

Ist das wirklich so? Nach 12 Jahren Schule sollten die Hochschulen erwarten, daß junge Leute lesen und schreiben können, bei aller sonstigen Unterschiedlichkeit. Was denn sonst? Sie machen ja auch alle den Führerschein usw. Nein, die Hochschulen müssen endlich Ernst machen und damit die Schulen an ihre zwingende Grundaufgabe erinnern. Wenn früher alle Viertkläßler lesen und schreiben konnten und heute nicht mehr, dann muß es eben bis zum Abitur geübt werden. Die Hochschulen kann man nicht auch noch damit belasten, nachdem schon der lächerliche Bachelor mit seinen sechs Semestern erster berufsqualifizierender Hochschulabschluß sein soll (und ein Teil der „workload“ für rhetorische soft skills draufgeht). – Übrigens ist trotz der politisch korrekten „Studierendenschaft“ dann doch immer nur von Studienabbrechern die Rede.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.05.2012 um 09.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#20589

Der Bologna-Experte Volker Gehmlich, Betriebswirtschaftler, ist Verfasser des folgenden Textes der Bundesregierung:
www.bmbf.de/pub/band_zwei_berufsbildungsforschung.pdf.
Ein bemerkenswertes Stück Prosa.
Ich frage mich, ob das ausdrücklich propagierte "Baukasten"-Modell der Bildung zwingend ist. Man sieht ja schon am Lernen einer Fremdsprache, also eines verhältnismäßig gut beschreib- und abgrenzbaren Bereichs, daß der eine dies, der andere jenes lernt und eine Klasse, die am Anfang noch beisammen ist, schon nach wenigen Wochen auseinanderfällt. Ich habe das sogar mal in informellen Tests nachgeprüft, und das Ergebnis stimmte genau mit den Ergebnissen älterer Forschungen überein.
Die "Bausteine" heißen heute neumodisch "Module", und die lernenden Menschen werden von diesen Bildungsideologen wie Maschinen aus genormten Fertigteilen betrachtet und behandelt. So sehen dann auch die Lehrpläne und Prüfungsordnungen aus. Früher durfte man die Leistung eines Kandidaten noch "würdigen", heute wird gezählt und gemessen (Punkte sammeln, schon in der Schule!). Man versucht, die alten "Lernziele" beizubehalten, hat aber die behavioristische Grundlage aufgegeben, und das Verhalten in Tests reduziert sich folglich sehr oft auf das Ankreuzen von Multiple-choice-Aufgaben als Gipfel der Objektivität. Da ist wohl viel Selbstbetrug dabei.

Gehmlich schreibt auch:

Lernergebnisse sind der erste logische Schritt, um lernendenzentriert zu lehren. (...) Die Dichotomie zwischen Lehrenden- und Lernendenzentriertem Lehren ...

In einem Interview steht: das wird wahrscheinlich zunehmend Berufs begleitend erfolgen
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.02.2011 um 16.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1410#18186

„Durch das System von Leistungspunkten ist der Arbeitsaufwand von Studenten messbar geworden.“ (SZ 23.2.11 über das neue Bachelorstudium)

Nein, das System setzt die Meßbarkeit des Arbeitsaufwandes ("work load") voraus. Das ist natürlich ein Selbstbetrug, aber solange alle mitmachen, funktioniert es.
 
 

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