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13.01.2011
Aus der Küche
Haarsträubend ungenaue Angaben
Als Kinder haben wir uns geärgert, wenn wir beim Kochen helfen wollten und die Eltern uns baten, eine Prise Salz, einen Stich Butter, eine Handvoll Nüsse und einen Schuß Essig zuzugeben.
Heute reden wir selbst so und ärgern damit unsere gewissenhaften Töchter. Ein erfahrener Koch weiß eben, wieviel das im Einzelfall sinnvollerweise ist. Sogar die Pauschalformel "abschmecken" reicht ihm.
Neulich las ich in einem Wok-Kochbuch, man solle das Gemüse fünf Minuten "pfannenrühren". Hübsch gesagt.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 13.01.2011 um 16.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17780
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Viel haarsträubender als diese traditionell ungenauen Angaben finde ich die irritierende Getrennt- und Zusammenschreibung in Rezepten. Für mich ist es eben etwas anderes, ob ich nun die Sahne "steif schlage" oder steifschlage. Einmal frage ich mich nämlich, ob das nur funktioniert, wenn ich steif (gefroren?) bin, während im anderen Falle klar ist, daß das Resultat steif sein soll. Dasselbe gilt für kleingehackte Zwiebeln ("klein gehackte"), bassingereinigte Muscheln ("Bassin gereinigte"), freilaufende Hühner ("frei laufende") u.ä. Der leserunfreundlichen, d.h. gehirnlosen Anwendung der Reformschreibung sind keine Grenzen gesetzt.
Und was ein erfahrener Koch (oder eine erfahrene Hausfrau) so alles im Gefühl hat, wissen wir ja auch noch:
ER: [...] Und woher weißt du, wann das Ei gut ist?
SIE: Ich nehme es nach viereinhalb Minuten heraus, mein Gott!
ER: Nach der Uhr oder wie?
SIE: Nach Gefühl … eine Hausfrau hat das im Gefühl…
Trotz der ungenauen Angaben gibt es bekanntlich nicht immer Tote am Frühstückstisch oder nach den Mahlzeiten.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.01.2011 um 17.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17781
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Die Getrenntschreibung der resultativen Verbzusätze stört mich nicht sehr, es sind alles Fälle für eine fakultative Regel. Nach der Rechtschreibreform mußte heilig sprechen geschrieben werden, nach der Revision nur noch heiligsprechen – beides völlig übertrieben!
In der FAZ stand kürzlich: Der polnische Papst Johannes Paul II. hatte 482 Menschen heilig und 1338 selig gesprochen.
Nun soll er selbst selig gesprochen/seliggesprochen werden. In diesem Zusammenhang bin ich auf eine kuriose Website gestoßen, die ich den Lesern nicht vorenthalten möchte:
http://heiligerhaider.wordpress.com/
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 13.01.2011 um 18.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17783
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Die Kochsprache ist eben eine Fachsprache wie viele andere auch. Insider wissen, was gemeint ist, alle anderen müssen es sich erst aneignen. Schwierig machen die Kochsprache allerdings starke regionale Unterschiede. Ganz abgesehen davon, daß verschiedene Lebensmittel oder auch Speisen in verschiedenen Gegenden unterschiedlich genannt werden. Siehe etwa www.philhist.uni-augsburg.de.
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Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 13.01.2011 um 18.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17784
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Fachsprachen weisen ja so manches Kuriose und Hübsche auf. Vor kurzem stieß ich in einem Buch zur modernen Physik Hawkings auf den Ausdruck "langreichweitig" – Es dauerte etwas, bis der Groschen fiel und mir klar wurde, daß 'von langer Reichweite' gemeint war.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 13.01.2011 um 18.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17785
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In meinen – allesamt vorreformierten – Kochbüchern heißt es regelmäßig klein schneiden, fein hacken, steif schlagen usw. Vielleicht ist das ja auch fachsprachlich? Vergiftet habe ich jedenfalls noch niemanden; allerdings gucke ich fast nur nach, um mich über Garzeiten zu vergewissern. Und genauere Mengenangaben sind sowieso cum grano salis zu nehmen, vor allem beim Salz. So stieß ich vor Weihnachten im Internet auf ein Gänsebraten-Rezept, dessen Verfasser unter Berufung auf seine Großmutter riet, pro Kilo Gans einen Eßlöffel Salz zu rechnen. Dabei reicht einer pro Gans schon aus, um zumindest die Sauce zu ruinieren. Doch selbst wenn sie nicht von einem Scherzbold stammen, setzen Kochrezepte einen Nutzer voraus, der nicht auf sie angewiesen ist.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 13.01.2011 um 22.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17786
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Mich stört die Getrenntschreibung resultativer Verbzusätze fürchterlich. Stolpersteine, wo man hinsieht. Warum den Unterschied zwischen miesmachen und mies machen nicht der jeweiligen Bedeutung entsprechend schreiben? Was ist am Verzicht auf Klarheit fakultativ?!
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.01.2011 um 06.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17787
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Herr Virch scheint sich tatsächlich sehr zu ärgern. Nun, das Fakultative ist einfach ein Ergebnis meiner Methode, Sie wissen schon: einfach den Schreibbrauch beobachten! Und sobald die Verbzusätze, auch die resultativen, etwas länger werden (mausetot schlagen), werden sie ja ohnehin wieder getrennt geschrieben, und das stört Sie dann nicht mehr, oder? Aber wo ist die Grenze? Wer will sie festlegen und dann auch im Wörterbuch vorschreiben?
Das Beispiel miesmachen habe ich ja selbst ganz am Anfang der Reformdebatte vorgeführt, um zu zeigen, daß es Unterschiede gibt, in der Bedeutung und auch in der Betonung. Aber daraus folgt nicht, daß alle diese Unterschiede auch in der Schrift ausgedrückt werden müssen. Der alte Duden hat es versucht und damit lauter unbeherrschbare Einzelfallfestlegungen getroffen, die dann den Ruf nach einer Reform gerechtfertigt haben.
In Wirklichkeit hat klein schneiden praktisch nie jemanden gestört.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.01.2011 um 07.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17790
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Urs Bärleins Beobachtung "In meinen – allesamt vorreformierten – Kochbüchern heißt es regelmäßig klein schneiden, fein hacken, steif schlagen usw." wundert mich nicht. Die Getrenntschreibung ist in Kochbüchern sogar besser geeignet, und zwar deshalb, weil dann das Verb eigenständig zur Geltung kommt. Der Koch soll schneiden, er soll hacken, er soll schlagen. Er soll sich auf diese Tätigkeiten konzentrieren. Wann das Ergebnis (klein, fein oder steif) erreicht ist, wird er dann schon merken. In den Zusammenschreibungen kleinschneiden, feinhacken, steifschlagen wird das Verb ein wenig verschluckt. Das ist in diesem Fall suboptimal.
Ein weiterer Aspekt: Zusammenschreibung deutet einen wohldefinierten Vorgang an. Bei den genannten Tätigkeiten ist aber das Ergebnis gar nicht so genau definiert: Wie fein sind denn die Würfel? Wie klein sind die Stücke? Es geht in Wirklichkeit um mehr oder weniger klein schneiden. Es gibt ein Kriterium "Erweiterbarkeit/Steigerbarkeit", das Getrenntschreibung nahelegt. Die Sünde des Reformers Burkhard Schaeder bestand nur darin, daß es dieses Kriterium zur allesentscheidenden harten Regel aufmotzen wollte. Wir sollten nun umgekehrt nicht den Fehler machen, das Kriterium "Resultativzusatz" zur harten Regel für Zusammenschreibung zu machen. Das scheitert ja schon an den weiteren Kriterien "Umfänglichkeit" bzw. "Erweiterung": halbsteif schlagen, ganz klein schneiden. Die Wahrheit liegt tatsächlich im fließenden Übergang bzw. in der Feststellung "Die Schreibung ist freigestellt".
Ich habe in Rezepten immer die Getrenntschreibungen klein schneiden, fein hacken, steif schlagen usw. angewendet. Für mich war entscheidend, die Tätigkeiten schneiden, hacken, schlagen zu würdigen und in den Vordergrund zu stellen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.01.2011 um 12.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17791
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Herr Wrase hat es wie immer sehr feinsinnig dargestellt. Vor Jahren hatte ich ihm übrigens mal ein Rezept mitgeteilt, das mir damals sehr gut gefiel, Fisch in Zimtsoße oder so ähnlich, es hat ihm aber nicht so gut geschmeckt, oder er hat es angesichts der abstrusen Zutaten gar nicht erst gekocht.
Zur Unterhaltung der resultativzusatzgestreßten Leser möchte ich noch etwas erzählen: In Indien hatten wir einen Koch, der vorzüglich kochte, aber er war Analphabet. Wenn wir etwas Neues aus dem "Dalda"-Kochbuch (entspricht unserem Dr. Oetker) haben wollten, mußte das Kindermädchen ihm den Text vorlesen, und er legte am Schluß seinen ganzen Ehrgeiz darein, das Gericht genau so zu servieren, wie es auf dem Foto abgebildet war. Die drei Zwiebelringe auf den Kichererbsen sind bei uns sprichwörtlich geblieben.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 14.01.2011 um 12.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17792
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Ich hätte wohl sagen sollen: mich stört jede unnötige oder gar fehlleitende Getrenntschreibung. Ich bin für Klarheit. Sicherlich können Bedeutungs- und Betonungsunterschiede in der Schrift nicht konsequent ausgedrückt werden; wo immer es möglich ist, sollte man es aber tun, wenn man Wert auf mühelos lesbare Texte legt. Ich gebe allerdings zu: ich kann nicht kochen, und wenn ich mal den Auftrag ausführe, Zwiebeln feinzuhacken, heißt es nachher lobend: „Die hast du aber fein gehackt!“ Was den Schreibbrauch angeht – da scheinen sich die von Herrn Höher zitierten „Bassin gereinigten Muscheln“ durchzusetzen.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.01.2011 um 12.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17793
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Ein höflicher Schreiber schreibt nicht so, wie es für ihn am leichtesten zu schreiben ist, sondern wie es für seinen (hoffentlichen) Leser am leichtstesten und schnellsten zu verstehen ist. Wenn es Bedeutungsunterschiede zwischen Getrennt- und Zusammenschreibung gibt, sollte er sie auch schriftlich ausdrücken. Andernfalls gehört er zu den grauen Männern, die den Leuten die Zeit stehlen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.01.2011 um 14.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17797
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Ja genau, es war ein Fischgericht mit diversen exotischen Gewürzen, darunter auch Zimt. Abgeschreckt haben mich damals aber nicht die Zutaten, sondern zunächst die Anweisung "durchpassieren". Ich gestand sogleich, daß dies meine Fähigkeiten zu übersteigen drohte. Nachdem Professor Ickler zu meiner Entlastung geantwortet hatte, daß man denselben Effekt auch mit dem Schnellmixstab erreicht, versuchte ich mich dann sehr mutig an seinem Rezept ...
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.01.2011 um 16.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17801
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Der Schreiber braucht aber keine Feinheiten in die Schreibung zu legen, die der Leser gar nicht entschlüsseln kann. Diese Überlegung stand auch über meiner Darstellung im Wörterbuch. Als Grenzfall, wo sich möglicherweise eine neue Systematik anbahnt, habe ich damals stehenbleiben vs. stehen bleiben usw. diskutiert.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.01.2011 um 23.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17807
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Nun besteht ja kein Zweifel, daß bei klein schneiden, fein hacken, steif schlagen tatsächlich geschnitten, gehackt und geschlagen wird. Auch bei dem bekannten Schwankungsfall kalt stellen/kaltstellen wird ja wirklich etwas in den Keller oder in den Kühlschrank gestellt.
Dagegen ist bei eine Arbeit fertigstellen keineswegs klar, inwiefern die Arbeit (wohin?) gestellt wird. Das ist ein grundlegender Unterschied zu den vorgenannten Beispielen. Hier wäre an sich die Regel von 2006 zu der "idiomatisierten Gesamtbedeutung, die nicht auf der Basis der Bedeutungen der einzelnen Teile bestimmt werden kann" sehr gut anzuwenden. Leider wird diese Regel aber im zweifelhaften Sinne der alten Duden-Unterscheidung zwischen wörtlicher und übertragener Bedeutung gebraucht, was zu völliger Willkür führt.
Ich bin nicht der Meinung (was regelmäßige Leser dieses Forums nicht überraschen wird), daß noch so viele Schwankungsfälle eine allgemeine fakultative Regel bei den Ressultativzusätzen rechtfertigen können. Das ist in meinen Augen eine Kapitulation vor dem unverstandenen empirischen Befund eindeutig unterschiedlicher Fälle.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 15.01.2011 um 00.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17809
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Da ich das Faß mit den Verbzusätzen in diesem Tagebuchstrang wieder aufgemacht habe, möchte ich einige Dinge präzisieren.
Ähnlich wie Herr Virch stört mich – gerade in Kochrezepten – vieles, was den Leser, der zugleich auch nachkochender Täter sein soll, verunsichert. Viele Verbzusätze sind ja beim Kochen tatsächlich resultativ – oder sollten es zumindest sein (anderenfalls liegt es am Koch). Zugleich möchte ich anhand von Kochbüchern nicht eine grundsätzliche grammatische Diskussion um die Schreibung von Verbzusätzen (fakultativ zusammen etc.) führen. Vielmehr scheinen mir Kochrezepte geeignete Beispiel für Mitteilungen zu sein. (Nerius und sein Gefolge haben bekanntlich die Erfassungs- und Aufzeichnungsfunktion der Sprache zu trennen versucht.) In einem Kochrezept sollte der Schreiber dem Leser jedoch seine kommunikativen Ziele so deutlich wie möglich vor Augen führen. Und da halte ich die Zusammenschreibung von resultativen Verbzusätzen für ein Mittel, das er unbedingt gebrauchen sollte.
Auch die vielen Photographien in Kochbüchern sollen dem Leser doch nur zeigen, wie das Ergebnis seiner Mühen aussehen soll. Auch wenn wir tatsächlich wissen, mit wie vielen Tricks diese Aufnahmen hergestellt werden. Bei "feinhacken", "unterheben", "steifschlagen", "kaltstellen" oder "garziehen" (um nur einige Beispiele zu nennen) versucht der Schreiber nicht nur, einem Leser einen Inhalt so gut und so erfolgreich wie möglich zu übermitteln, sondern er gibt ihm zugleich eine Vorstellung vom Ziel. Was sind das bitte für Feinheiten, die der Leser nicht entschlüsseln kann? Wenn ich steifgeschlagenes Eiweiß unter das Mehl heben soll, ist doch klar, daß ich nicht wild rühren soll, weil ich mir sonst nicht erst die Mühe des Steifschlagens machen muß. Beim Rühren fällt der Eischnee nämlich wieder zusammen und der Teig backt wie Gummi.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.01.2011 um 09.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17813
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"Kapitulation"? So kann man es nennen, aber es ist einseitig. Herr Achenbach berücksichtigt nicht die Folgen für den Schreibenden, ich meine die ungeheure Last der Nachschlagefälle. zustandebringen, abhandenkommen usw. – das sind auch keine Fälle von Bringen und Kommen, also obligatorische Zusammenschreibung?
Mir fällt aus aktuellem Anlaß gerade auf, daß seligpreisen laut Duden nun wieder zusammengeschrieben werden soll, aber im amtlichen Verzeichnis nicht mehr zu finden ist (wo es 1996 noch getrennt geschrieben war). Ich bin nicht Theologe genug, um zu sagen, ob es ein Resultativzusatz ist, man könnte es, wie ich schon vor 15 Jahren geschrieben habe, als orthographische Rückbildung zur terminologischen Seligpreisung aus dem NT ansehen. Aber nun: Wie schreibt man glücklich preisen? Die Rechtschreibwörterbücher sagen es nicht. Die Wendung wir können uns seligpreisen (durchaus nichttheologisch) ist angeführt. Ob das nun richtig ist? Und: Hätten Sie's gewußt? Oder hätten Sie lächerlicherweise nachschlagen müssen? Wo doch alles obligatorisch und eindeutig geregelt sein soll und auch tatsächlich ist, soweit man sich in den Redaktionen eben nicht einfach gedrückt hat.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.01.2011 um 12.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17817
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Ich würde zustandebringen, abhandenkommen etc. stets zusammenschreiben, ohne nachzuschlagen – vielleicht in intuitiver Berücksichtigung der von Herrn Achenbach erwähnten idiomatisierten Gesamtbedeutung. Daß es Grenzfälle gibt, sehe ich natürlich, doch gerade sie gestatten mir, die Bedeutung in diese oder jene Richtung zu lenken. Will ich (auch ohne Theologe zu sein) zeigen, daß die Bergpredigt Benachteiligte zu Seligen mache, schreibe ich seligpreisen; meine ich, sie erkläre Benachteiligte zu Seligen, schreibe ich selig preisen. Glücklich preisen kann ich allerdings nur einen, dessen Glück mir Anlaß dazu gibt – wollte ich jemanden glücklichpreisen, müßte ich dafür schon übersinnliche Kräfte besitzen.
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Kommentar von Gudrun, verfaßt am 19.01.2011 um 17.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17849
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Mehr noch als über die ewige Getrenntschreiberei ärgere ich mich bei den Rezepten über die zeitraubende Umständlichkeit: Kräuter JEDESMAL abspülen, trocken schütteln und fein hacken, Zwiebeln klein schneiden, statt einfach feingehackte Kräuter und kleingehackte Zwiebeln im Rezept aufzulisten. Wir könnten ja das Abspülen und Trockenschütteln vergessen!
Übrigens sehe ich einen feinen Unterschied zwischen "fein hacken" und "kleinschneiden"!
Und wie findet die Rechtschreibgemeinde "Sahne halb fest schlagen", so gesehen in der "Brigitte"?
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Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 19.01.2011 um 20.06 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17851
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"Ich habe jemanden halb tot geschlagen".
War ich halb tot oder der Geschlagene?
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 19.01.2011 um 21.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17853
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Die fein geschnittene Zwiebel ist mir ja immer noch lieber als Zwiebelbrunoise, das steht noch nicht einmal im dicksten "Langenscheidts Handwörterbuch Französisch". Zum Glück gibt's jetzt das Internet. Aber muß man vorm Kochen wirklich immer erstmal gugeln? Muß man wirklich wissen, was Brunoise ist?
Und was sind Crevetten? Hätte man statt dessen nicht gleich Garnelen schreiben können, die jeder kennt?
Anscheinend gehört zu jedem guten Koch auch ein bißchen Wichtigtuerei in Form von Fachchinesisch.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.01.2011 um 06.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17855
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Gudrun hat recht. Anders als bei klein schneiden kommt bei fein hacken eine mögliche adverbiale Auffassung hinzu (die die ohnehin mögliche Getrenntschreibung des Ergebniszusatzes stützt), und zwar wegen der ähnlichen Vorgänge fein raspeln oder fein hobeln. Bei letzteren Ausdrücken dürfte die Auffassung als Adverb überwiegen, wobei natürlich auch das Ergebnis "fein" ist. Dieser adverbiale Aspekt greift dann kaum merklich auf fein hacken über, obwohl man zwar in einem feinen Modus raspeln und hobeln kann, aber kaum auf feine Weise hacken.
Ich hatte diese Feinheiten (ein Kalauer!) unterschlagen, um die Argumentation übersichtlich zu halten. Aus demselben Grund hatte ich auch für die Getrenntschreibung der Ergebniszusätze geworben und nicht hinzugefügt, daß ich in denselben Rezepten andererseits trockenschütteln und glattrühren bevorzuge ...
Da spielen ganz feine (das ist nun mal der richtige Begriff) Aspekte und Assoziationen mit- und gegeneinander, die mit einer grobschlächtigen Selektion "eindeutig zusammenzuschreiben" versus "eindeutig getrennt zu schreiben" nicht erfaßt werden können.
Kochbücher sind die ideale Gelegenheit, die Lösung im Ickler-Wörterbuch schätzen zu lernen! Das habe ich auch dem Verfasser damals mitgeteilt. Nachdem ich anfangs noch gedacht hatte, die Flut von Bögen und Beliebigkeit sei die Manifestation eines irregeleiteten Geistes, begann sich später meine Einsicht zu verbessern. Anleitungen zum Kochen und Backen haben dazu beigetragen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.01.2011 um 10.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17857
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Zum adverbialen Sinn: Das gilt ja auch für getrennt schreiben, was manchen widersinnig schien, weil man doch auch zusammenschreibt. Wenn man erst das eine und dann das andere schreibt (Art und Weise), dann ist es hinterher getrennt (Resultat).
Zu Argonaftis: Meinen Sie das ernst? Für das prädikative Attribut (Hermann Paul) habe ich den Appositivtest vorgeschlagen, den man auch zur Vereindeutigung des sprachlichen Vexierbildes benutzen kann: Halbtot, wie ich war, habe ich ihn geschlagen. Der Sinn ist meistens abwegig.
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Kommentar von Gudrun, verfaßt am 20.01.2011 um 17.32 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17862
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Danke Wolfgang Wrase! Und wenn es noch eines Beweises bedürfte, um "kleinschneiden" und "fein hacken" zu rechtfertigen, dann brauchte man nur auf die Betonung zu hören! Die Betonung ist es doch in vielen Fällen, die weiterhilft (leider nicht immer).
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Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 20.01.2011 um 20.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17866
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"Jemanden halb tot schlagen"
Nein, Herr Ickler (zu #17 857), das war ein konstruierter Satz, inspiriert durch ein Buch, das ich gerade lese, in dem es von Auseinanderreißungen geradezu wimmelt und die ich als besonders häßlich empfinde; die – beispielhaft – den Leser zur Frage zwingen, wer hat nun wen geschlagen. Ein Produkt der GZS dank RSR.
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Kommentar von Knorpel, verfaßt am 21.01.2011 um 13.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17868
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Ich bin auch sehr für unterscheidende Schreibungen, wenn es Unterschiede gibt. Häufiger als über möglicherweise unkorrekte Zusammenschreibungen stolpere ich über *getrennt Schreibungen.
Aber ich weiß nicht, was der Unterschied zwischen stehenbleiben und stehen bleiben ist.
Das Wort glücklich preisen oder glücklichpreisen verstehe ich gleich gar nicht. Ist damit so etwas wie "als glücklich preisen" gemeint?
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.01.2011 um 14.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17872
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@Knorpel:
Prof. Ickler hat in seinem Buch Die sogenannte Rechtschreibreform" im Kapitel "Getrennt- und Zusammenschreibung" die bedeutungsverschiedenen Schreibweisen von "bleiben" und "lassen" mit Infinitiven begründet: Wer "stehenbleibt", ist vorher gelaufen; wer "stehen bleibt", ist vorher gestanden; wer jemanden "gehenläßt" oder "laufenläßt", läßt ihn frei; wer jemanden "gehen läßt" oder "laufen läßt", erlaubt daß derjenige weiterhin geht oder läuft; u.s.w.
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