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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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03.01.2011
 

Schöne Bücher
Eine Neuausgabe und ein Rückblick

In der Zeitung wird die Neuausgabe von Arno Schmidts Hauptwerk, "Zettel's Traum" gefeiert, die erste wirklich gesetzte und nicht bloß faksimilierte. Es scheint eine typographische Meisterleistung zu sein, dank unserem Beiratsmitglied Friedrich Forssman.

Zur gleichen Zeit fiel mir noch einmal die Pressemeldung samt Kommentar in die Hände, wonach vor 5 Jahren der abscheuliche und vollkommen unsolide gebundene gelbe Duden als eines der "schönsten Bücher" ausgezeichnet wurde. Die Zeitungen habe das unkritisch hingenommen und weiterverbreitet. Die Dudenbände wurden kurz nacheinander verramscht, entsprechend billig ist die ganze Aufmachung.



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Kommentare zu »Schöne Bücher«
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Kommentar von kac, verfaßt am 03.01.2011 um 16.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17685

"Zettel's Traum": Stammt der Apostroph von Arno Schmidt, von der Zeitung oder gar von Ihnen, Herr Ickler? Sollte es nicht in altbewährter Rechtschreibung "ZettelsTraum" heißen?
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 03.01.2011 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17686

Das hat Arno Schmidt selbst so geschrieben, und zwar extra. Skurrile Schreibungen sind ein Stilmittel dieses Autors. Es kann freilich nur funktionieren, wenn alle nicht nur wissen, daß sie falsch sind, sondern auch, daß der Autor das ebenfalls weiß. Insofern hat gerade das Werk Arno Schmidts durch die Reform Schaden genommen.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 03.01.2011 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17687

Ich bin mir nicht sicher, daß Arno Schmidt seine bewußt "unfilologische Orthografie" als "falsch" angesehen hat, Herr Bärlein. Haben Sie dafür einen Beleg von ihm? Als Autor, der konsequent gegen den literarischen Strom seiner Zeit schwamm, hat er sich eben auch (übrigens nicht von Anfang an) eine eigene Rechtschreibung zugelegt. Andersartigkeit als Erkennungsmerkmal.

Wenn man sich ein bißchen bei Schmidt und seinen literarischen Vorbildern auskennt (und damit meine ich nicht Karl May, den er in Bargfeld leider in mehr als nur einer Ausgabe an den Wänden stehen hatte), dann kommt man sehr schnell auf Schmidts "Meridian", nämlich Wieland, wo sich vor allem in den typographischen Bemühungen des späten Wieland schon das meiste vorgebildet findet.

Spaßhafter Hinweis am Rande: Wikipedia muß natürlich darauf hinweisen, daß Schmidts Rechtschreibung nicht der Duden-Norm entsprach. Man vergaß freilich anzugeben, welche Duden-Auflage denn normverbindlich für Schmidt gewesen sein soll. Wikipedia tut wirklich alles, um den Weniglesern den Einstieg in die Literatur zu erleichtern!
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 03.01.2011 um 17.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17688

Bei Schmidt sind die skurrilen Schreibungen Ablenkung vom grausen Inhalt.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 03.01.2011 um 17.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17689

Lieber Herr Höher, ob "Andersartigkeit als Erkennungsmerkmal" oder "Skurrilität als Stilmittel" – im Grunde meinen wir doch wohl dasselbe. Daß Schmidt seine orthographischen Eigentümlichkeiten als positiv falsch angesehen hat, ist zu bezweifeln; schließlich schrieb er absichtlich so, und seine Leser wußten das. Denken Sie sich einfach Anführungsstriche dazu, oder setzen Sie für "falsch" z.B. "normwidrig" oder "anders" ein.
Worauf ich hinauswollte: Abweichung von der Norm taugt nur dann als selbstgewähltes Erkennungsmerkmal oder Stilmittel, wenn die Norm im übrigen intakt und selbstverständlich ist. Andernfalls wird die Abweichung in der Tat nur als Fehler, als bloßes Defizit wahrgenommen, wie weiter unten geschehen.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 03.01.2011 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17690

Naja, Herr Markner, wen wundert's! Ich glaube damals bei der Schmidt-Exkursion nach Bargfeld vier komplette Ausgaben von Karl May gezählt zu haben. Dazu kamen dann noch zwei bis drei komplette deutsche Ausgaben der Romane Walter Scotts. Ich war damals jedenfalls ziemlich schockiert über die Bibliothek.

Der Hamburger Antiquar Dieter Gätjens hat übrigens die Nachlaßbibliothek Schmidts seinerzeit aufgenommen, so daß eine sehr gute Bibliographie entstanden ist. Die Dürftigkeit des Inhalts sollte nicht über die sorgfältige Arbeit des Bibliographen hinwegtäuschen.

www.arno-schmidt-stiftung.de/content/Archiv/Bibliotheksverzeichnis/BVZ_2003_09.pdf

(Es bleibt der Redaktion überlassen, einen Verweis zu setzen.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 03.01.2011 um 22.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#17697

Karl May ist nicht schuld, eher vielleicht schon Nr. 575.10: Bonaparte, Marie (Prinzessin Georg von Griechenland): The Life and Works of Edgar Allan Poe. A Psycho-Analytic Interpretation. Foreword by Sigmund Freud. Translated by John Rodker. (First English Edition). London, Imago Publishing Co. Ltd., (1949).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2016 um 06.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1395#33488

In einem Rückblick auf die "schönsten Bücher" bildet das FAZ-Magazin auch noch einmal den quittegelben Duden von 2000 ab (ist das schon so lange her?). Aus dem zeitlichen Abstand wird die Verfehlung noch deutlicher.
Und wie kann etwas schön sein, das durch die billige Herstellung so sehr der eigentlichen Funktion widerspricht? Ein Rechtschreibwörterbuch, das nach kürzester Zeit den Einband verliert? Hat das Gelb den Juroren so gut gefallen, daß sie das Buch nicht einmal aufgeschlagen haben?
 
 

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