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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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29.06.2010
 

Irrational
Befürworter der Rechtschreibreform entdeckt!

"Die 'bewährte Rechtschreibung' ist Folge einer Rechtschreibreform aus dem Jahre 1901, der gegenüber die letzte Reform vergleichsweise klein und wenig 'aufwändig' ist. (...)
Aus rationaler Sicht ist die Reform im Großen und Ganzen begrüßenswert und sie stellt keinen größeren Eingriff in die deutsche Sprache dar als die Reform von 1901, ganz im Gegenteil. Außerdem ist die Reform seit 15 Jahren Schulnorm und wird sich daher schon auf Grund der Macht des Faktischen durchsetzen. Wer dagegen immer noch opponiert, dem muss ein grundsätzlich irrationales und rückwärtsgewandtes Denken unterstellt werden (...)."
(Dieter-Heinz Grillmayer, Gymnasialdirektor i. R., Steyr, in: Wiener Sprachblätter Juni 2010:9)

(Der Verfasser ist Mathematiklehrer. Man könnte ihm schreiben, daß jeder Satz falsch ist, aber was soll's.)



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Kommentare zu »Irrational«
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 29.06.2010 um 16.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#16430

Bei einem Sprachwissenschaftler hätten mich solche Ausführungen weniger überrascht. Wenn man schon die Grammatiken an die Reform anpassen darf, warum dann nicht auch die Geschichte?
 
 

Kommentar von Josef Hohenmebs, verfaßt am 02.07.2010 um 01.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#16448

Tut man doch, Herr Bärlein! Und frau übrigens auch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2012 um 13.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#20347

Die neueste Ausgabe der "Wiener Sprachblätter" (62/1, März 2012) feiert die Nazidichter Josef Weinheber und Erwin Guido Kolbenheyer ...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2012 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#21661

Im Juni haben die Wiener Sprachblätter ausführlich Gertrud Fussenegger gewürdigt, und nun im Septemberheft geht es um den Dichter Rolf Schilling, von dem die Verse Der Atem des Drachen umwebe den Speer titelwürdig befunden wurde. Seine Gedichte reihen lauter edle Wörter (der Quell, die Rüste usw.) aneinander und sind zum Davonlaufen. Das ist anscheinend nun die Richtung dieses Vereins, auf dessen Unterstützung gegen die Rechtschreibreform man ebenso gern verzichten würde wie auf die der "Jungen Freiheit" (die Schilling passenderweise auch schon gewürdigt hat).
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 09.10.2012 um 16.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#21662

Waren die Sprachblätter nicht vor einiger Zeit auf die amtliche Schreibung getrimmt worden?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.10.2012 um 17.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#21663

Daran erinnere ich mich nicht, nur an einige Beiträge in Reformschreibung, es scheint Diskussionen gegeben zu haben. Den Umschlag des neuen Heftes ziert übrigens Rudolf Eisenmengers Orpheus vom Eisernen Vorhang der Wiener Staatsoper.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.10.2012 um 06.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#21669

Das Septemberheft enthält auch einen Beitrag, der, wie ausdrücklich vermerkt ist, auf Wunsch des Verfassers in "Neuer Rechtschreibung" gedruckt ist. Der Verfasser dieses inhaltsarmen Artikels ist übrigens Menno Aden, der Vorsitzende der SWG. Der Verein "Muttersprache" war immer konservativ, aber nun scheint er fest in der Hand der äußersten Rechten zu sein. Ich kann da nichts mehr veröffentlichen und will überhaupt mit solchen Leuten nichts zu tun haben.
 
 

Kommentar von Wr.Sprachblätter, verfaßt am 12.10.2012 um 09.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#21671

Die Wiener Sprachblätter bekennen sich zu Wert und Würde der herkömmlichen deutschen Rechtschreibung nach den Beschlüssen der 2. Orthographischen Konferenz von 1901. Sie stellen es jedoch den jeweiligen Beiträgern frei, sich in ihren Texten für die alte oder für die neue, mit 1. August 1998 in Geltung gesetzte deutsche Rechtschreibung zu entscheiden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.10.2013 um 08.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#24223

Die „Wiener Sprachblätter“ (Verein Muttersprache) kündigen an, daß sie nun ihren Frieden mit der Rechtschreibreform machen wollen. Franz Rader schreibt im Septemberheft 2013 u. a.:

„(Die Wiener Sprachblätter) sollen den angestammten, alten, treuen Lesern gerecht werden, die sich in überwältigender Mehrheit für die ‚Alte Rechtschreibung‘ ausgesprochen haben. Doch dieser Personenkreis schwindet dahin. Sie müssen, um nicht zunehmend defizitär zu werden, andere, jüngere Leserschichten ansprechen. Mit der ‚Alten Rechtschreibung‘ geht dies nicht. Eltern werden einwenden: Da lernen unsere Kinder etwas Falsches, wofür sie in der Schule schlecht benotet, in Hochschule und Universität als mangel- oder fehlerhaft gebildet angesehen werden. Beamte und Lehrer werden beanstanden: Da hält sich ein Blatt nicht an den verordneten Standard. Damit geraten die ‚Sprachblätter‘ in den geruch des ‚Ewiggestrigen‘, wo nicht des Sektiererischen. (...) Schrift- und Vereinsleitung werden sich da Anpassungen an die Erfordernisse von Gegenwart und Zukunft, die für manche in ihrer Leserschaft schmerzlich sein mögen, meiner Meinung nach nicht noch lange verschließen können.“

Das ist alles sehr gut nachzuvollziehen und war ja auch abzusehen. Ich bin schon vor einiger Zeit aus dem Verein ausgetreten, aber nicht wegen der Rechtschreibung, sondern weil mir die zunehmenden Würdigungen von Nazi-Schriftstellern und Geistesverwandten zuviel wurden. Das „Ewiggestrige“ sehe ich also anderswo.

Nicht so schön finde ich die schonungslose Nennung der biologischen Lösung, der die „alten, treuen Leser“ zugeführt werden. Die Hoffnung auf eine junge Leserschaft ist wohl auch eine Illusion. Rader hat übrigens zuvor dargelegt, wie geringfügig die Änderungen in reformierten Texten sind – und da sollte es in Schulen und Universitäten (!) zu schlechten Bewertungen wegen traditioneller Rechtschreibung kommen?

Und was soll die Behauptung:

„Oft wird von den Anhängern der sog. Alten Rechtschreibung ein grundsätzlicher Gegensatz zwischen dieser und der ‚Neuen Rechtschreibung‘ geltend gemacht, als ginge es um einen Kulturbruch, um einen Untergang der deutschen Sprache oder gar des Abendlandes.“

Noch einmal sei es gesagt: Diese apokalyptischen Töne stammen von den Reform-Durchsetzern, nicht von den Reform-Kritikern.

Aber bitte sehr: Macht, was ihr wollt, die Sprachblätter sind wirklich nicht der Nabel der Welt, und ihre bevorstehende orthographische Gleichschaltung wird den jungen Österreichern weder schaden noch nutzen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2014 um 04.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#25586

In den Wiener Sprachblättern behauptet Menno Aden, lateinisch hiems und der Himalaya seien mit Hemd und griechisch himation verwandt; wer keinen Mantel habe, ziehe eben gegen den „Schnee“ oder „Winter“ wenigstens ein Hemd an. Nun, das ist recht lustig, aber ich glaube, unter der früheren Schriftleitung wären solche Böcke nicht geschossen worden. Der Aufsatz gibt sich indogermanistisch informiert, aber man sollte doch auf den ersten Blick erkennen, daß die vermuteten Entsprechungen lautlich gar nicht möglich sind. Das germanische h ist kein indogermanisches, und der griechische Spiritus asper ist auch anderer Herkunft (vgl. dagegen chion „Schnee“).
Im selben Zusammenhang sagt Aden, dessen Aufsatz auf eigenen Wunsch in Reformschreibung gedruckt ist, es gebe in den Einzelsprachen urverwandte Wörter, deren Bedeutungen sich aber auseinander entwickelt hätten (statt auseinanderentwickelt). Diese unerwünschte Folge der Reform von 1996 kennen wir ja schon, sogar die Reformer haben sie inzwischen halb korrigiert.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.04.2014 um 11.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1320#25590

Altkirchenslawisch (altbulgarisch) "zima" fem. (z = stimmhaftes s) Winter, Kälte
 
 

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