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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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31.05.2005
 

Musik liebende Bundeswehr
Ich habe nicht vor, mich bei der Bundeswehr zu bewerben

Aber wenn ich es täte, würde ich leider wegen unzureichender Rechtschreibkenntnisse nicht genommen.
In ihrem Online-Test (www.bundeswehr-karriere.de) verlangt sie "Musik liebend" und will gar nichts anderes gelten lassen.



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Kommentare zu »Musik liebende Bundeswehr«
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Kommentar von rrbth, verfaßt am 31.05.2005 um 09.41 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#266

Immerhin habe ich dort eins meiner Lieblingswörter gesehen:
Zuggurtöse
 
 

Kommentar von Jean M. Wittolsheimer Schweiz, verfaßt am 31.05.2005 um 16.52 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#269

Ist das der spezielle Lärm der deutschen Armee?
 
 

Kommentar von Bernhard Deykowski, verfaßt am 01.06.2005 um 13.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#274

Zur Frage, ob das der spezielle Lärm der deutschen Armee sei, möchte ich Folgendes zur Aufklärung beitragen. Interessant hierbei ist, dass in diesem Sprachforum zum einen Beiträge mit leicht sarkastischem Touch eigentlich nichts zu suchen haben und zum anderen, die Sprache leicht zur Quelle der Missverständnisse wird. Der Begriff deutsche Armee ist nicht mehr zeitgemäß, wird weitestgehend nur noch von Kriegsveteranen verwendet und steht zudem sprachbedeutend ohnehin nur stellvertretend für das Heer! Mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten im Bundestag am 20. März 1956 trugen die Streitkräfte endgültig den Namen Bundeswehr. Für "mildernde Umstände" spricht natürlich die Tatsache, dass die offizielle Bezeichnung der Streitmacht der Schweizerischen Eidgenossenschaft "Schweizer Armee" ist; eigentlich semasiologisch nicht ganz korrekt, da die Schweiz ja auch über eine Teilstreitkraft Luftwaffe verfügt. :-)

Abschließend sei bemerkt, dass die Streitkräfte der Bundeswehr (Heer, Luftwaffe und Marine) mit ihren Musikkorps natürlich alles andere als Lärm produziert...

PS: Und wie sagte der Schweizer Theologe Josef Vital Kopp. "Deutsche Sprache: Beim Ballspiel spielen alle mit demselben Ball, aber einige treffsicherer."


 
 

Kommentar von Reinhard Markner, verfaßt am 01.06.2005 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#275

Semasiologisch mögen Sie recht haben, aber etymologisch spricht eigentlich nichts gegen die Bezeichnung Armee für die Streitkräfte insgesamt.
 
 

Kommentar von rrbth, verfaßt am 01.06.2005 um 16.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#276

Ganz ohne Sarkasmus:
Zuggurt-Öse
Zug-Gurt-Öse

 
 

Kommentar von Jean M. Wittolsheimer Schweiz, verfaßt am 01.06.2005 um 18.07 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#277

Natürlich danke ich für die mildernden Umstände. Auch wollte ich keinen deutschen Geist durch falsche Wortwahl kränken. Das Zitat von J.V. Kopp hat mir klargemacht, dass ich ein Trottel bin. Mir das auch noch durch das Zitat eines Schweizers zu vermitteln, gehört genau zu den Techniken, die man in der Schweiz bei den Deutschen so schätzt.

Zum sarkastischen Touch: Wie kann man das Thema Rechtschreibreform ohne diesen behandeln, ohne zu verzweifeln?
 
 

Kommentar von Bernhard Deykowski, verfaßt am 02.06.2005 um 12.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#282

Zug-Gurt-Öse und Zuggurt-Öse ist sicherlich aufgrund einer besseren Hervorhebung und Verdeutlichung von Wortgruppen bzw. Eigennamen korrekt und hilft somit dem Lesenden (§ 50 zwingt dazu, § 51 stellt es hingegen frei). Die Verwendung von Bindestrichen ist jedoch nach meiner Auffassung eine ziemlich heikle Sache, da es eine Vielzahl von Bestimmungen gibt, die man setzen kann, aber nicht muss. Im Umkehrschluss ist dies natürlich auch gut so, da hiermit Freiraum und optionale Möglichkeiten bestehen und sie nicht durch den Schreibenden in ein enges Korsett geschnürt werden müssen.

Nach meinem Kenntnisstand hat es hinsichtlich der Verwendung von Bindestrichen übrigens immer schon Probleme gegeben. Schaut man beispielsweise in ornithologischer Literatur nach Vogelnamen, wird man feststellen, dass bereits vor der "großen Reform" dahingehend Verwirrung herrschte. So findet man z.B. in Literatur aus dem Jahre 1992 die Schreibweise Samtkopfgrasmücke, wie auch bereits der damaligen Regel (welcher?) folgenden meiner Auffassung nach korrekten Schreibweise Samtkopf-Grasmücke. Da sich unter den ornithologischen Trivialnamen eine nicht geringe Zahl befindet, die aus vier Eigennamen zusammengesetzt sind, würde mich interessieren, ob es richtig ist, dass der Bindestrich bei zusammengesetzten vier Eigennamen grundsätzlich nach dem zweiten Eigennamen gesetzt wird. Also Schwarzschnabel-Sturmtaucher und nicht Schwarzschnabelsturmtaucher?

Alleine das Beispiel einer korrekten Verwendung von Bindestrichen zeigt einmal mehr als deutlich, mit was für einem Regelberg deutscher Sprache ein heutiger Schüler konfrontiert wird...

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.06.2005 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#285

Die Bindestrichsetzung ist im Duden ziemlich detailliert geregelt, ohne daß man sich dadurch aber vollkommen eingeschnürt fühlen mußte, denn die Generalklausel war recht auslegungsfähig. Es diente eben alles der Lesbarkeit, wie es die Erfahrung gezeigt hatte. Schon gar nicht waren die Schüler mit einem Regelberg konfrontiert, denn es ist wohl nie vorgekommen, daß das gesamte Duden-Richtlinien-Korpus mit den Schülern durchgenommen worden ist. Ich habe einen guten Rechtschreibunterricht genossen, glaube ich (wie es eben in den Volksschulen der 50er Jahre üblich war), aber ich kann mich nicht entsinnen, daß der Bindestrich je zum Thema gemacht worden wäre. Also der berühmte Regelwust des alten Duden ist wohl mehr ein Phantom, das man zur Begründung der Reform mißbräuchlich heranzog. Aber nun das neue Regelwerk! Neu numeriert, aber enorm umfangreich, mit Paragraphen bis zu 4 DIN-A4-Seiten! Sogar nach Eingeständnis der Reformer für Laien unverständlich. Dann kamen die vereinfachten Darstellungen - bis hinunter zum postkartengroßen 10-Punkte-Blättchen, und es geschah, was ich mal so ausgedrückt habe: Man verwechselte die vereinfachte Darstellung der Regeln mit einer Darstellung vereinfachter Regeln. Der Rest ist bekannt, und nun sitzen wir in Gremien zusammen und arbeiten uns an der Korrektur des monströsen Gebildes ab.

Man lese die alten Kommaregeln von 1991 und vergleiche sie mit den ebenso umfangreichen, aber äußerst schwerverständlichen von 1996! Oder die Groß- und Kleinschreibung in den beiden Fassungen! Ich bin nicht gerade als bedingungsloser Dudenverehrer bekannt, aber hier muß man den alten Duden sehr loben. Das Allerwichtigste habe ich ja noch gar nicht erwähnt: Die Dudenregeln führten niemals zu grammatischen Fehlern, was die reformierten auf Schritt und Tritt tun.

(Das war jetzt ein bißchen Wiederholung - für neu hinzugekommene und herzlich willkommene Gäste auf diesen Seiten!)
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 02.06.2005 um 18.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#286

Bei einem Zug muß man nicht unbedingt an einen Militärverband denken, man kann mit ihm auch fahren. Bei einer Armee muß man nicht anbedingt an einen deutschen militärischen Großverband des ersten oder zweiten Weltkrieges (russisches Analogon: Front) denken. Grundsätzlich sind die Streitkräfte eines Landes insgesamt (die armed forces, bewaffneten Kräfte) seine Armee; Beispiele Rote Armee, Chinesische Volksbefreiungsarmee, Nationale Volksarmee (eine der Abkürzungen: "die Armee") der DDR. Kein rechtes Beispiel ist die Heilsarmee, weil nicht bewafftet. Und die berühmte Armada war kein Heeresverband, sondern auf dem Wasser unterwegs. Und das kleine Wortspiel mit "Zuggur-Töse" soll unschicklich gewesen sein?
 
 

Kommentar von Michael Mann, verfaßt am 07.06.2005 um 16.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#316

Immerhin wissen die Verantwortlichen der Bundeswehr, wann sie auf Expertenrat hören sollten: Mittlerweile wurde der Test korrigiert, richtige Antwort ist nun "ein musikliebender Mensch".

O tempora, in denen sich die Bundeswehr bereitwilliger überzeugen läßt als die Kultusbürokratie... ;-)
 
 

Kommentar von Bernhard Deykowski, verfaßt am 09.06.2005 um 17.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=114#368

Die "Verantwortlichen" der Bundeswehr hatten wie alle anderen Behörden, Gremien, Verlage etc. seinerzeit sofort reagiert und waren der Rechtschreibreform gefolgt. Seitens des Ministeriums erfolgte auch dahingehend eine ministerielle Weisung mit Wirkung vom...

"O tempora, in denen sich die Bundeswehr bereitwilliger überzeugen läßt als die Kultusbürokratie... ;-)"

In der Bundeswehr gibt es bekannterweise recht viele Verantwortliche. Ironisch könnte man hierzu feststellen, zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer... :-) Und so hatte ich mich denn auch berufen gefühlt, den Test ad hoc zu ändern, worauf prompt einige Mail-Hinweise eingegangen sind, dass dies nicht richtig wäre, sondern man Musik liebend schreiben müsste. :-)

Abschließend erlaube ich mir eine Frage. Warum wird in diesem Forum von nicht wenigen Beitragenden eigentlich weitestgehend die Rechtschreibung aus Zeiten der großen Reform benutzt? Hat dies einen besonderen Hintergrund? daß, läßt und viele weitere Beispiele...

Zu Jean M. Wittolsheimers Statement, dass die Verwendung eines schweizerischen Zitats genau zu den Techniken gehört, die man in der Schweiz bei den Deutschen so schätzt, möchte ich anmerken, dass dies von mir nicht gewollt und beabsichtigt war. Ich hatte es lediglich als prägnant und zugleich natürlich auch ein wenig amüsant angesehen und wollte damit keineswegs arrogantes Verhalten zeigen. Abschließend glaube ich diesbezüglich nämlich zudem nicht, dass man in der Schweiz diese Techniken bei den Deutschen so schätzt. Das wäre nämlich ziemlich pauschalisierend und betrifft mit Sicherheit nicht die Auffassung "in der Schweiz"...
 
 

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