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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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29.05.2005
 

Ich kenne mich nicht mehr aus

Als ich meine Bücher über die Rechtschreibreform schrieb, hatte ich fast die ganze bisherige und die reformierte Getrennt- und Zusammenschreibung im Kopf.
Jetzt liegen vor: die tatsächlich praktizierte Qualitätsorthographie, die Dudennorm von 1991, die Reform von 1996, die stille Revision von 2000, die amtliche Revision von 2004 und ihre halbe Umsetzung im Duden 2004, die verschiedenen Vorlagen der Arbeitsgruppe GZS, die Beschlußvorlage für die kommende Ratssitzung und seit gestern auch noch die Parallelaktion der im Rat vertretenen Wörterbuchverlage, die zu vielen Punkten einen veritablen Gegenentwurf vorgelegt haben und ihn auch noch weiter ausbauen wollen. Ich blicke einfach nicht mehr durch, muß ständig alle diese Texte durchwühlen.
Wie soll es da erst den vielbeschäftigten anderen Ratsmitgliedern gehen, die ja beruflich größtenteils etwas ganz anderes machen? Gar nicht zu reden vom Vorsitzenden selbst, der diesen disparaten Haufen zusammenhalten soll. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß wir schlicht keinen ausgereiften Text haben, über den wir einen Beschluß fassen könnten. Zu § 38 und 39 ist überhaupt noch kein Wort gesagt worden.
Das kann heiter werden, zumal man ständig mit Wortmeldungen derjenigen rechnen muß, die überhaupt nichts ändern wollen, weil es ihnen "egal ist, ob man 'aufsehenerregend' oder 'Aufsehen erregend' schreibt." (Dies von Leuten lesen zu müssen, die über die deutsche Rechtschreibung entscheiden sollen, ist wahrhaftig was für starke Nerven!)



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Kommentare zu »Ich kenne mich nicht mehr aus«
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 29.05.2005 um 18.26 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=112#262

> Das kann heiter werden, zumal man ständig mit Wortmeldungen derjenigen rechnen muß, die überhaupt nichts ändern wollen, weil es ihnen "egal ist, ob man 'aufsehenerregend' oder 'Aufsehen erregend' schreibt."

Wenn es diesen Leuten egal ist, wozu haben sie die Reform dann angeschoben?
Daß es jetzt nicht darauf ankomme, während sie beim Auseinanderreißen der Wörter
sehr wohl darauf pochten, das ist in hohem Maße unglaubwürdig.

 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 29.05.2005 um 19.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=112#263

Wann erfährt denn die interessierte Öffentlichkeit endlich etwas über die Beschlußvorlage und die Vorschläge der Wörterbuchverlage?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2010 um 09.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=112#15808

Ich muß ständig nachschlagen, um mich der gegenwärtigen Beschlußlage zu versichern. Jedes Jahr werde ich unsicherer, was der Rat zu welcher Zeit beschlossen bzw. zurückgenommen hat. Es gibt so viele Papiere, die ich damals studierte habe. Zurück bleibt der Eindruck: Da war doch etwas ...

Dies habe ich stark empfunden, als ich ein Übungsblatt durchsah, auf dem eine meiner Töchter (in Übersetzerausbildung) Zweifelsfälle gelöst hatte. Was für ein Durcheinander! Besonders überrascht haben mich die zahllosen Varianten. Eigentlich wußte ich das ja, aber so zusammengeballt war es doch ziemlich schockierend.

Die Revisionen sind zum großen Teil nicht im Schreibvolk angekommen. Zum Beispiel die Rücknahme der -ig/-isch/-lich-Regel oder die Sache mit den erweiterten Partizipien. In einem germanistischen Fachtext lese ich gerade:

In Silbensprachen treten Aussprache erleichternde Assimilationen sowohl im Wortinneren als auch an Wortgrenzen auf. (Natur und Geist 2/2009)
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 09.01.2013 um 22.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=112#22304

Die F.A.Z. bietet ein besonderes Leckerli (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/neuer-rundfunkbeitrag-jetzt-klagt-rossmann-12019094.html):

"Zudem verstoße der Rundfunkbeitrag ob der Vielzahl an mehr Belasteten gegen das Übermaßverbot."
 
 

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