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22.02.2009
Nur die Rechtschreibung
Wann kommt endlich die versprochene Erleichterung zum Vorschein?
Rudolf Hoberg in einem CICERO-Interview:
"Bei einer Untersuchung von Abituraufsätzen der letzten Jahrzehnte haben wir festgestellt, dass fast alles besser geworden ist. Das einzige, was sich verschlechtert hat, ist die Rechtschreibung."
Nach einem kompletten Abitur-Zyklus unter den Bedingungen der Reform immerhin ein bemerkenswertes Eingeständnis.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 23.02.2009 um 15.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1111#13951
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Auch wenn diese Binsenweisheit nun in CICERO steht (darf da nicht auch gelegentlich mal Thea Dorn Wichtiges kundtun?), so heißt das ja noch längst nicht, daß die Verschlechterung der Rechtschreibung etwas mit den diversen Reformen derselben zu tun hat. Womöglich ist doch eher die weltweite Finanzkrise oder die globale Erwärmung (falls es die denn gibt) dafür verantwortlich.
Das erinnert mich irgendwie an den Blödsinn, den Käseblättchen gerne drucken. "Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, daß..." Und das ist dann auch jede Woche etwas anderes. Mal macht Cola dick, dann wieder nicht, dann intelligent und ist schließlich sogar erfolgreich zur Bekämpfung von Magengeschwüren einsetzbar.
Wichtig bei Binsenweisheiten ist, daß sie eigentlich nichts Neues verkünden. Nur hat nie einer den Mut, endlich einmal die nötigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Daß es irgendwann zum weltweiten Finanzkollaps kommen wird, war auch klar. Nur, wer hätte vor ein paar Jahren den Mut gehabt, Banken zu maßregeln, die auf blauen Dunst dubiose Kredite vergeben und die dann zinsbringend ins Ausland weiterverkaufen?
Daß der Schwachsinn namens Rechtschreibreform nicht funktioniert, kann man seit 1996 sehen. Nur wo bleibt die logische Konsequenz?
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 23.02.2009 um 20.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1111#13954
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"Nur wo bleibt die logische Konsequenz?"
Sie bleibt aus. Inzwischen ist mir klargeworden, daß der Mensch das Unmögliche so lange versucht, bis die Dinge festgefahren sind oder alles zusammenbricht. Vorher will er seine Lektion nicht lernen. Das ist des Menschen Natur. Wir beobachten dieses Verhalten bei der Finanzkrise ebenso wie bei der Rechtschreibreform. Trägheit, Dummheit, Angst und andere Gefühle sind Urheber dieses selbstschädigenden Verhaltens.
Was die Papiergeldkrise betrifft, so fiel mir beim Studium der Vorgänge eine Parallele auf. Seit die Amerikaner die Goldbindung des Dollars ganz aufgehoben haben (ich glaube, es war Nixon im Jahr 1971), sind die Währungen beweglich: der disziplinierende Fixpunkt ist weggefallen, an dem sich Wirtschaft und Politik wohl oder übel ausrichten mußten. Erst die Demonetarisierung des Goldes ermöglichte das hemmungslose Vermehren des Papiers und die Erzeugung vieler Nullen. Nun konnte man die Enteignung der Bürger mühelos, in der Wall-Street-Spielhalle zockend, vorantreiben. Es gibt keine Sicherheit mehr.
Selbst auf die Gefahr hin, daß mir nun gesagt wird, der Duden sei untragbar gewesen, so war er doch trotz aller Fehler DIE Instanz: Ähnlich, wenn auch weitaus weniger dramatisch, sind die Folgen der Aufhebung der der Rechtschreibung an den Duden, also die "Dudenbindung". Diese wirkte, man kann es für gut oder schlecht halten, disziplinierend, sie war Fixpunkt. Niemand wäre auf die Idee gekommen, vielerlei Wortbilder für gleichwertig zu halten oder gar, sich eine eigene Hausorthographie zu basteln. Und niemals hätten mehrere Reformen oder Eingriffe (und wirtschaftliche Begehrlichkeiten) die Rechtschreibung weiter zerstört.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 11.05.2009 um 17.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1111#14430
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»Hoberg hat schon immer gern über die breite Bevölkerung gespottet.« (Th. Ickler, http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017)
Die Ostthüringer Zeitung (OTZ) berichtet von einem Vortrag Hobergs in Schleiz (wo Duden Rektor des Gymnasium Rutheneum war), in dem es im wesentlichen um den Einfluß des Englischen auf das Deutsche ging (siehe hier). Es fällt dann aber doch noch eine Bemerkung zur Orthographie:
»Nicht nachvollziehbar seien für ihn allerdings die Aufregungen um die Rechtschreibreform, meinte der Wissenschaftler, denn viele von denen, die sich empören, hätten "überhaupt keine Ahnung, worüber sie reden".«
(In dem Text noch: "Jeder wisse inzwischen, dass er mit mehr oder weniger Englisch in den meisten Ländern klar komme", "bei über 100 Millionen deutsch Sprechenden", "Lingua Franka")
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 11.05.2009 um 18.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1111#14433
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Vielleicht sollte Professor Hoberg einfach den Mund halten, wenn die "Aufregungen um die Rechtschreibreform" für ihn immer noch "nicht nachvollziehbar" sind. Die eigene Ignoranz als Argument ins Feld zu führen, ist schon ein starkes Stück, zumal er im selben Atemzug einen überlegenen Sachverstand für sich in Anspruch nimmt. Darin liegt die eigentliche Pointe: daß die mit der Reform angestrebte Entwertung des vermeintlichen Herrschaftwissens Orthographie ihrerseits erst einen auf exklusives angebliches Wissen gegründeten Herrschaftsanspruch ermöglicht.
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