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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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06.07.2008
 

Anz der Gram
Folgen unkritischer Kritik

Unter literaturkritik.de findet man seit langem skurrile Schreibweisen. Thomas Anz interviewte einmal Walter Müller-Seidel:

"Ich habe in dem Lexikon auch den Artikel über Sie gelesen und war sehr erleichtert, dass bei Ihnen keine Mitgliedschaft verzeichnet ist, erleichtert nicht deshalb, weil ich Ihnen Gram gewesen wäre, wenn Sie wie meine Mutter etwa in der Hitlerjugend gewesen wären." (März 2004)



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Kommentare zu »Anz der Gram«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 11.09.2008 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1023#12985

Die Irrelevanz der Fragen herausstreichend, mit denen sich die Germanistik gegenwärtig befaßt, rief Anz in der gestrigen F.A.Z. dazu auf, Kafkas Romanfragment entweder Prozeß oder Prozess zu nennen, je nach orthographischer Präferenz, keinesfalls aber Proceß oder Process. Sicherlich würde er den Kollegen gerne die Schreibung Prozess zur Vorschrift machen, wenn er die Mittel dazu hätte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.11.2011 um 16.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1023#19572

Man fragt sich bei vielen Professoren, warum sie die Gemeinsame Erklärung gegen die Rechtschreibreform unterschreiben haben, wenn sie zugleich auf eben diese Reformschreibung umgestiegen sind, sie ihren Studenten vorschreiben und sich sogar noch lustig machen über diejenigen, die den Protest ernst nehmen. So damals auch Thomas Anz, zeitweise Vorsitzender des Germanistenverbandes. In literaturkritk.de schrieb er am 1.9.2000:

"Der antiautoritäre Geist von 1968, der die Reform, wenn auch mit vielen Verzögerungen, in Gang gebracht hatte, weil er sich für eine demokratisierende Vereinfachung der Orthografie einsetzte, scheint dreißig Jahre später von den erklärten Gegnern der Reform Besitz zu ergreifen. Während sich heute kaum ein junger Student, noch nicht einmal in der Germanistik, für das Thema interessiert, rechtet diese neue APO der Vierzig- bis Achtzigjährigen, angeführt von der FAZ, gegen die empörende Willkür und Anmaßung des autoritären Staates. Sie macht ungeheuer viel Lärm - allerdings, anders als vor dreißig Jahren, um fast nichts."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.01.2020 um 07.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1023#42736

Reich-Ranicki lehnte die Rechtschreibreform ab, sein Nachlaßverwalter Thomas Anz stellte „Meine Geschichte der deutschen Literatur“ (3. Aufl. München, DVA [Random House] 2014) trotzdem um. „Die Fassungen aus den Druckvorlagen wurden, mit Ausnahme von Zitaten, gegenwärtig geltenden Regeln der Rechtschreibung angeglichen.“ (S. 556) Also: Er warb um sie aufs Leidenschaftlichste, ohne je zu vergessen, sie aufs Nachdrücklichste zu warnen. (S. 274) Ein Jahr zuvor war das sinnvollerweise noch klein geschrieben. Thomas Anz, zeitweise Vorsitzender des Germanistenverbandes, ist ein exemplarischer Fall. Er hatte auch die Erklärung der Professoren gegen die Rechtschreibreform unterschrieben. Seine eigenen Bücher erscheinen z. B. bei C. H. Beck unreformiert.

Manches erklärt sich, wenn man noch dies dazunimmt:

Auf Nachschlagewerke zur deutschen Sprache, die Auskünfte über die alte wie die neue Rechtschreibung geben, sind wir derzeit dringend angewiesen. Seit einigen Monaten liegt das preisgünstige "Bertelsmann Rechtschreib-Set" vor: "Die deutsche Rechtschreibung" in einer Neuausgabe von 1999, das "Wahrig Fremdwörterlexikon" in einer ebenfalls neu bearbeiteten Auflage sowie die 1998 von Lutz Götze und Ernest W. B. Hess-Lüttich fertig gestellte "Grammatik der deutschen Sprache". Einen mehrmonatigen Test des Rezensenten haben alle drei Nachschlagewerke gut bestanden. (...) Innovativ ist jedoch vor allem die Grammatik. Sie trägt neueren Entwicklungen der Linguistik in einem Ausmaß Rechnung, das man von einem derart massenhaft verbreiteten Buch nicht erwartet hätte. Neben der üblichen Formen- und Satzlehre enthält sie komprimierte und verständliche Einführungen in die Sprechakttheorie, die Dialoggrammatik, die Stilistik oder die Textsortenlehre, informiert über historische, regionale, soziale und fachsprachliche Variationen und Entwicklungen, reflektiert den Sprachgebrauch in den Massenmedien sowie verschiedene Formen der Spracherziehung. (literaturkritik.de, September 2004)

Er hat also nichts gemerkt.
 
 

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