zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


29.06.2008
 

Schwarzrotgold
Die Frankfurter Allgemeine kennt nur noch Deutsche

Die FAS titelt groß und breit auf der ersten Seite: "Wir stehen hinter euch" – also genau so wie kürzlich die BILD-Zeitung.

In meiner Gegend sind so viele Autos und Häuser mit der Nationalflagge ausgerüstet, daß mir schon leicht unheimlich wird. Wie weit kann der sanfte Zwang zur Solidarisierung noch gehen, bevor er unsanft wird? Dabei geht es doch nur um die Berufsausübung von einigen Sportlern, die man aus unerfindlichen Gründen für "Deutschland" erklärt. Was ist von Leuten zu halten, die sich nicht im geringsten dafür interessieren?



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Schwarzrotgold«
Kommentar schreiben | neueste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 29.06.2008 um 23.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12470

Das geht mir ganz genauso! So ist das eben bei Nationalisten. Man könnte das auch mal zum Anlaß nehmen, um darauf hinzuweisen, daß die Abgrenzung zwischen gutem Patriotismus und schlechtem Nationalismus nicht zu haben ist. Es ist aber interessant, im fernen England deren distanzierten Kommentar zum Spiel zu hören.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.06.2008 um 00.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12471

Na so was, ich habe die FAS heute morgen noch für originell gehalten. Dann muß man also jetzt schon BILD lesen, nur um zu wissen, ob die FAS bzw. FAZ noch auf dem eigenen "klugen Kopf" steht.
 
 

Kommentar von Karl-Heinz, verfaßt am 30.06.2008 um 00.57 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12472

Zitat des österreichischen Kabarettisten Severin Groebner: "Laßt die Leute Fahnen schwenken und sie hören auf zu denken." Ich überlege noch, ob unsere Politkaste diese Fähnchentümelei nur wünscht oder ob sie nicht selbst fleißig mitschwenken.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 30.06.2008 um 08.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12474

Ein unverkrampfterer Umgang mit der Darstellung der Landesflagge sollten wir uns bei den Amerikanern und unseren zahlreichen Nachbarn abschauen. Denn letztlich sollte die Schwarzrotgoldene den Bürgern gehören und nicht dem Staat – schließlich ist es die Revolutionsflagge von 1848 (alles was davor gegebenenfalls noch war, das spielt keine Rolle).
Wer sich (als Segler z.B.) mit den sehr wenigen Rechten, sehr vielen Regeln und natürlich noch mehr Pflichten zur Nationalflagge beschäftigt hat (zur Flagge gibt es ein eigenes kleines Gesetzbuch), der weiß natürlich, daß die Flagge dem Staat gehört. Und daher sehe ich das viele (regel- und rechtswidrige) Flaggezeigen mehr als einen großen Akt von bürgerlichem Ungehorsam! ;-)
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 30.06.2008 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12475

Ich denke bei Schwarzrotgold an das Hambacher Fest, an die Bürgerlichkeit, die bürgerliche Gesellschaft, an das Aufbegehren gegen die Obrigkeit, gegen die absolutistische Alleinherrschaft. Schwarzrotgold hing über der Paulskirche.

Wir sind nun einmal Deutsche. Wir tragen unser historisches Erbe mit uns. Natürlich befaßt sich nicht jeder intensiv damit und überlegt sich, wie er damit umgehen kann oder soll.

Die Fahnen an den Autos sagen etwas anderes: Wir wollen auch eine Heimat haben, ein Land, zu dem wir uns bekennen, eine Mannschaft, mit der wir jubeln und leiden.
Und die Fahne ist unser Symbol, das des Volkes. Sie ist unser Gruppenabzeichen.

Wenn ich höre, mit welcher Inbrunst die Franzosen die Marseillaise singen, die Niederländer von Willem van Oranie und andere ihre Hymne, dann empfinde ich es als unnatürlich, daß wir Deutsche verschämt, peinlich berührt und belästigt wirken, wenn die Flagge gehißt und das Deutschlandlied gesungen wird.

Wir leben in diesem Land, wir haben die deutsche Staatsbürgerschaft, und wir sprechen die deutsche Sprache. Unsere nationalen Symbole zu sehen, sollte uns Anlaß sein, über Deutschland als unser Land nachzudenken, uns klarzumachen, was wir damit verbinden, und uns zu überlegen, was wir tun können, damit es besser wird, stärker unseren Idealen entspricht oder was auch immer wir uns von Deutschland wünschen.
 
 

Kommentar von Sprichwort, verfaßt am 30.06.2008 um 17.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12477

"Wenn die Fahnen flattern, ist der Geist in der Trompete." (böhmisch)
 
 

Kommentar von Markus Fischer, verfaßt am 30.06.2008 um 17.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12478

Mir erschließt sich der Sinn dieses Beitrages nicht.
Provozierende These, um einen Gedankenaustausch anzuregen?
Was soll er auf einer Seite, die sich um Sprachpflege bemüht?
Damit wir ja nicht in die falsche politische Ecke gestellt werden, vorbeugend Nationalaversion lancieren?
Immerhin forderte die Jugendorganisation der Linken dazu auf, Deutschlandfähnchen von Autos abzubrechen.
Niemand wird genötigt, zu flaggen.
Man kann das doch gelassen sehen: Menschen freuen sich über eine Sache, die nicht jedermanns Ding ist. Die Farben des Landes führen viele Menschen fröhlich zusammen. Das kann man doch ohne Griesgram einfach so stehenlassen. Man wird nicht gezwungen, mitzumachen.
Das häufige Problematisieren der Nation ist nicht mehr mein Anliegen. Ja, natürlich: man kann jedes Ding, Weltanschauung, Lehre, Religion, usw. mißbrauchen, auch Schwarzrotgold. Bedenkenschwangeres Stirnzerfurchen mit Zeigefingermentalität in dieser Sache halte ich für das Anliegen von Menschen, die ihrerseits anderen etwas aufdrängen wollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.06.2008 um 17.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12479

Tschuldigung, es war ein kleine Entgleisung. Schwarzrotgold wird weiterhin ohne Bindestriche geschrieben. Damit bin ich zum Thema zurückgekehrt. Eine Sprachfrage aber doch noch in die Runde: Es wird ja diskutiert, ob "Public Viewing" ein Pseudoanglizismus ist. Tatsächlich bin ich gerade dieser Tage auf den Ausdruck gestoßen, und zwar in einer Biographie Elvis Presleys (von Peter Guralnick), wo es sich um die Aufbahrung des jung verstorbenen Götterlieblings handelt. Ist der Ausdruck außerhalb des Funeralen gebräuchlich oder nicht?
 
 

Kommentar von Roger Herter, verfaßt am 30.06.2008 um 18.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12480

In einer Galerie z.B. findet zunächst ein "private viewing" statt (die Vernissage), danach sind die Bilder "open to public viewing".
 
 

Kommentar von Paul Westrich, verfaßt am 30.06.2008 um 18.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12481

Gerade habe ich mit einem englischen Freund gesprochen. Er teilte mir mit, daß der Ausdruck "public viewing" ursprünglich im Zusammenhang mit "lying in state" (=aufgebahrt sein) gebraucht wurde. Mittlerweile würde der Begriff "public viewing" aber einen "colloquialism" (umgangssprachlichen Ausdruck) darstellen, der durchaus auch im Zusammenhang mit "public viewing areas", also Plätzen, von man etwas gemeinsam anschaut, gebraucht wird oder im Zusammenhang mit einer Vernissage, wo später die ausgestellten Bilder von der Öffentlichkeit angeschaut werden können. Insofern wäre es kein Pseudoanglizismus.
 
 

Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 30.06.2008 um 18.39 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12482

Herrn Icklers Frage wurde bereits im Bremer Sprachblog behandelt:

http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2008/06/08/public-viewing/
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 02.07.2008 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12490

Die Kommentarkette sagt schon einiges aus. Kontrovers wird über die Fahnenfrage gesprochen, dann fragt jemand nach der versteckten Intention des Tagebucheintrags, und schwupp! Themenwechsel, Ablenkung, nur nicht Stellung nehmen. Und die Gemeinde macht es mit und schwenkt auf das neue Thema ein.

Bevor ich mich hier mit Viewing auseinandersetze, bleibe ich beim eigentlichen Thema, dem der Fahnen.

Hier in Österreich war alles in Rotweißrot getaucht, und weil man Autos privat nicht beflaggen darf, hat der Innenminister das für die Zeit der EM per Ukas erlaubt. Sobald Österreichs Elf draußen war, wurden die Merchandising-Sachen (Strohhalme, Abziehbildchen und vieles mehr) für sehr niedrige Preise verramscht. Inzwischen sind alle Fähnchen weg und die EM kein Thema mehr.

Dem Eintrag von Prof. Ickler würde ich zustimmen, wenn wir in einer Diktatur leben würden. Seit 1989/1990 (WM) trauen sich die Deutschen, ihre eigene Fahne zu zeigen. Das war schwer genug. Ohne Ausdrucksmöglichkeiten staut sich Nationalbezogenheit auf. Fairer Fußball mit bunten Fahnen und kraftvoll geschmetterten Hymnen hat etwas ungemein Entkrampfendes.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.07.2008 um 13.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12492

zu #12481:
Ich habe auch einen englischen Freund und Kollegen zu "public viewing" gefragt, und der hat mir gleich einige interessante Beispiele geliefert:

– Leichenschau bzw. -aufbahrung (Tod vom ehemaligen Papst):
http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/europe/1366871.stm

– Kunstaussstellung bzw. Vernissage: hier

– im "deutschen" Sinne:
http://www.qype.co.uk/uki/categories/799-public-viewing-screens-in-london

– und noch eine Variante, öffentliche Unterlagen werden zum Nachlesen ausgestellt:
http://www.arun.gov.uk/cgi-bin/buildpage.pl?mysql=1329
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2008 um 06.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12493

Es war umgekehrt, verehrter Herr Ballistol: Ich hatte mir eine Abschweifung erlaubt und war reumütig zum Thema Sprache zurückgekehrt. Dabei will ich nun auch bleiben (obwohl mir manches auf der Zunge liegt).
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 03.07.2008 um 08.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12495

Natürlich stimmt es auch so herum. Das beantwortet aber nicht die Fragen von Markus Fischer, und es mag ein seltsamer Zufall sein, daß Sie just unmittelbar nach seinem kritischen Eintrag einfach so auf sprachwissenschaftliche Feinheiten rund um "Public viewing" zu sprechen kommen. Was das mit der Fahnenfrage zu tun haben soll, wissen die Götter. Aber bitte, es ist ja Ihr Blog.
 
 

Kommentar von Red., verfaßt am 03.07.2008 um 11.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12498

Zu Fragen der Hymnenforschung siehe das Forum.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2008 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12499

Sie sind wirklich zu skrupulös, lieber Ballistol. Es ging doch um Fußball, und von dort bin ich sowohl auf schwarzrotgold also auch auf Public viewing gekommen. Zu einem solchen war ich anläßlich des Endspiels selbst eingeladen, war dann aber verhindert.
 
 

Kommentar von Markus Fischer, verfaßt am 06.07.2008 um 12.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12501

Einfach mal ein nettes Dankeschön in Richtung Österreich für das Nachhaken. Ich bin auch noch immer skrupulös.
Aus Österreich kommen öfter mal nette Sachen: zur Vereinigung von Bundesrepublik und DDR wehte auf dem Wiener Rathaus Schwarzrotgold (wie schon 1848 dort). Einfach so. Aus Mitfreude. Das hat etwas Großes, weil nicht diktatorisch angeordnet.
 
 

Kommentar von nn, verfaßt am 18.07.2008 um 10.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#12632

Das hat halt hier Methode.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2010 um 19.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16473

Schon wieder alles voll Fahnen! Da eine meiner Töchter gerade zum "Public viewing" aufgebrochen ist, um sich mit Freunden ein Fußballspiel anzusehen, das heute abend in Südafrika (!) stattfindet, interessiert mich die Meldung der Bildzeitung:

Sprachverein zeigt «public viewing» Rote Karte
Mittwoch, 07. Juli 2010, 16:34 Uhr
Dortmund (dpa/lnw) - Der Verein Deutsche Sprache zeigt dem Begriff «public viewing» die Rote Karte. «Der Ausdruck ist der deutschen Sprache grammatisch fremd, er bereitet Schwierigkeiten bei der Aussprache und sträubt sich gegen Regeln der deutschen Rechtschreibung», kritisierte VDS-Chef Walter Krämer am Mittwoch in Dortmund. Der Ausdruck stamme aus dem US-amerikanischen Englisch und meine dort meistens eine öffentliche Besichtigung wie zum Beispiel die Aufbahrung Verstorbener. Für den deutschsprachigen Raum seien Freiluftfernsehen, Fußballkino, Straßenkino, Ö-TV oder Rudelgucken bessere Alternativen. Auch der Duden bekommt sein «Fett» ab: Das Nachschlagewerk führe «public viewing» ebenfalls seit 2007.


Sind diese Sprachschützer noch bei Trost? "Rudelgucken"! Meine Tochter ist doch keine Hyäne. Die Veranstaltung ist, soweit ich weiß, keineswegs immer unter freiem Himmel, und Kino ist sie auch nicht. Paßt "Ö-TV" etwa besser in die deutsche Grammatik? Hoffen wir für Krämers Verein, daß die Bildzeitung etwas falsch verstanden hat.
 
 

Kommentar von Neoballistol, verfaßt am 08.07.2010 um 09.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16476

Schon interessant, wie sich dieses Forum in nur zwei Jahren von einer lebendig-kritischen Austauschgruppe zu einem Mini-Mantra-Kreis zusammengeschrumpelt hat (transitiv mit Absicht), in welchem der vermeintliche Austausch aus nichts als dem monomanen Murmeln eines monomanen Murmlers und dem gelegentlichen Aufpicken von Murmelbrocken durch verstreute Krähen besteht.

Ich würde sagen, das ist der Fluch der Ignoranz, aber darin liegt auch etwas sehr Poetisches.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 08.07.2010 um 16.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16480

"...der Nationalflagge ausgerüstet, daß mir schon leicht unheimlich wird. Wie weit kann der sanfte Zwang zur Solidarisierung noch gehen, bevor er unsanft wird? " (s. Kopf d. Strangs).

Da trifft sich Herr Ickler mit Christian Ströbele (2.7. im Deutschlandfunk):
"Ich habe das schon bei der letzten WM deutlich gemacht, daß ich mich angesichts des Meers an Deutschlandfahnen an Häusern und Autos gar nicht besonders wohlfühle."

Ist das nicht für jeden deutlich genug?

Übrigens, Herr Ickler, der "Herr" Ballistol ist ein weithin bekanntes Waffenöl. Da geht alles wie geschmiert.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 08.07.2010 um 18.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16485

Zum etwas sehr Poetischen in #16476: Jaja, und schon irgendwie verständlich. Die früher gewohnte öffentliche Achtung vor richtiger Sprache und Schreibung ist jetzt einfach hin. Alle guten Begründungen für die eigentlich normale Rechtschreibung und gegen die sog. "neue" liegen offen auf dem Tisch. Aber das stört die Druckmedien nicht (die noch eine gewisse Unabhängigkeit hätten), auch die Schullehrer nicht (die diese Freiheit wegen ihres Anstellungverhältnisses nicht so ganz haben), und nach der Qualität der Germanisten auf ihren p.c.-korrekt gesicherten Stühlen will ich gar nicht erst fragen; es ist jedenfalls für fast alle in der Verantwortung einfacher, sich durch sachlich richtiges Denken zu diesem Kulturproblem nicht weiter stören zu lassen.

Hier z. B. einfach was von heute zum doch eigentlich selbstverständlichen Korrekturlesen: "Es war eine Sensation: Vor genau 60 Jahren, 1950, erlaubte Papst Pius XII. dem Mainzer evangelische Pfarrer Rudolf Goethe, katholischer Priester zu werden. [...] Allein Bayern in Bayern, genaue Zahlen halten die Bistumsbehörden zurück, sind nach verlässlichen Informationen in den zurückliegenden 30 Jahren etwa 30 ehemalige protestantische Geistliche zum Priester geweiht worden." (Welt.de, 8.7.10)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.09.2010 um 05.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16781

In Irland habe ich vor einigen Tagen die Beflaggung in den Counties Kilkenny und Tipperary gesehen (wegen des Hurling-Spiels, das die beiden Mannschaften in Dublin austrugen), und sie übertraf alles, was es in Deutschland gibt, bei weitem. Dorfstraßen, Schaufenster, alles voller Gelb-Schwarz bzw. Gelb-Blau ("amber" bzw. "gold" im Original), selbst Chinarestaurants usw. konnten oder wollten sich nicht entziehen. Es gab auch tagelang nur ein Gesprächsthema. Die Stimmung war fröhlich und natürlich auch gebührend selbstironisch, wie es sich für Iren gehört. Besonders die alkoholträchtigen Parties, die auch für den Fall der Niederlage angekündigt und dann auch tatsächlich abgehalten wurden, spielten eine große Rolle.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.10.2010 um 16.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16898

Fußball als Gelegenheit, die Guten von den Bösen zu unterscheiden, je nach Grad des bezeugten Patriotismus – das liegt jedenfalls dem bayerischen Innenminister nicht fern. Er war sich nicht zu schade, die unsolidarischen Pfiffe einiger Türken bei einem Länderspiel Deutschland-Türkei in Berlin als Indiz verweigerter Integration zu erwähnen. Das nenne ich staatsmännisch!
Herrmann sagt immer das, was tags zuvor sein jeweiliges Herrchen gesagt hat (zur Zeit noch Seehofer), das wissen wir schon. Ich erinnere an die Rechtschreibreform. Eigentlich war er dagegen, aber weil die CSU dafür war, war er auch dafür. Und so hat er sie durchsetzen helfen, wie all die anderen, die dagegen waren.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 13.10.2010 um 21.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16899

Zu "den paar Pfiffen" dies aus Eurosport: "Im Stadion war dann das akustische Übergewicht der türkischen Zuschauer ohrenbetäubend deutlich. Die deutsche Nationalhymne wurde gnadenlos ausgepfiffen, ebenso Mesut Özil, der im Anschluss für wenige Sekunden auf der Anzeigetafel im Bild erschien. Wohl sein größtes Glück, dass die UEFA Live-Bilder im Stadion während des Spiels verbietet".

Entschuldigend muß man allerdings Herrn Ickler zugutehalten, daß er kein Fernsehteilnemer ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2010 um 04.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16901

Besten Dank für die "Entschuldigung", war aber nicht nötig! Mir kam es auf das Unangemessene an, nicht auf die Zahl der Fans. Fußball als Instrument der Politik, darüber sollte ein Minister wohl allmählich erhaben sein. Übrigens züchtet man mit dem patriotischen Gedöns um gewisse Sportarten genau die Leidenschaften erst heran, über die man sich aufregt. Wo man zufällig geboren ist und "für" wen man dann Fußball spielt – was wäre gleichgültiger!? Ich kann mich nicht mit irgendwelchen Leuten identifizieren, von deren Leibesübungen oder gar Fahrkünsten man behauptet, sie würden in meinem Namen ausgeübt. Mir graust vor dem "wir" (wir sind Weltmeister, wir sind Papst usw.).
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.10.2010 um 19.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16907

Die türkischen Pfiffe als nur "unsolidarisch" zu bezeichnen, geht an der Sache doch etwas vorbei. Die Nationalhymne der "gegnerischen" Mannschaft und einen der Spieler, nur weil er trotz türkischer Herkunft die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat und infolgedessen in der deutschen Mannschaft spielt, auszupfeifen, ist zunächst einmal äußerst unsportlich.

Es ist angesichts der gegenwärtigen Integrationsdebatte in Deutschland aber auch sehr unklug.

Mein erster Gedanke bei den türkischen Pfiffen gegen den deutschen Spieler Özil war, daß sich unsere türkischen Mitbürger damit keinen Gefallen tun. Denn wie soll man ein solches Verhalten anders verstehen denn als demonstrative Integrationsverweigerung?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 15.10.2010 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16912

Wenn der Spieler Özil von den Türken ausgepfiffen wurde, kann man das kaum als Ausdruck von Integrationsverweigerung deuten. Der Reiz des sportlichen Kräftemessens besteht für die Zuschauer ja nur dann, wenn sie sich mit einer Seite identifizieren, also die Türken mit den Türken. Özil wird von den Türken in erster Linie als Türke wahrgenommen. Sein Einsatz für die deutsche Mannschaft ist für sie nicht viel anders, als wenn Philipp Lahm plötzlich gegen die deutsche Mannschaft antreten würde: Natürlich würden die Deutschen dann den Verräter auspfeifen.

Ebenso wie man "für" die eigene Mannschaft ist, für das eigene Land, ist man im Rahmen des Spiels "gegen" die andere Mannschaft und "gegen" das andere Land. So gesehen, ist auch das Auspfeifen der deutschen Hymne ganz einfach zu verstehen. Es ist stillos, respektlos oder, wie Herr Achenbach sagt, äußerst unsportlich. Man kann es aber auch tiefer hängen. Ich sehe in den Pfiffen der Türken gegen die deutsche Hymne einen Ausdruck der Leidenschaft, mit der sie Partei ergreifen. Die Deutschtürken empfinden in ihrer Zerrissenheit die Frage der Zugehörigkeit natürlich viel intensiver als irgendwelche Deutschen, denen sich nie die Frage nach ihrer kulturellen und nationalen Identität gestellt hat.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 15.10.2010 um 07.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16913

Ich habe behauptet, daß Mesut Özil von den Türken in erster Linie als Türke wahrgenommen wird, und ich habe mich anschließend gefragt: Wenn das stimmt, warum ist es so? Ich glaube, daß es vor allem an drei Faktoren liegt, in dieser Reihenfolge: sein Name, sein Aussehen und, wie man sagt, seine Wurzeln. Wenn jemand Mesut Özil heißt, dann ist das ein Türke: Das empfinden nicht nur Türken so, und bis dieses Gefühl sich abschwächt, braucht es mehrere Generationen an Gewöhnungszeit. Die Integration von Ausländern würde den Deutschen leichter fallen, wenn mit ihr das Annehmen eines deutschen Namens verbunden wäre. Schon der Austausch entweder des Vornamens oder des Nachnamens würde helfen. (Das ist nur eine Mutmaßung, keine politische Forderung!)

In den Talkshows sagen irgendwelche Theoretiker: "Özil ist einfach ein Deutscher, wieso begreifen das die Deutschen nicht?" Wenn es so einfach wäre. Die Empfindungen der Menschen sind nicht politisch korrekt, weder auf der einen noch auf der anderen Seite.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.08.2012 um 09.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#21191

Die Youtube-Kommentare sind voll des Lobes für die irischen Fußballfans wegen ihres Verhaltens bei der Niederlage gegen Spanien. Recht so!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.06.2014 um 12.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26124

Natürlich ist die dritte Strophe des Deutschlandliedes historisch unverdächtig. (Huffington Post 21.6.14)
Auch die erste Strophe ist historisch unverdächtig, unhistorisch dagegen verdächtig, wie so vieles (Marseillaise usw.).

Manche Leute lassen sich erst von der Identifikationspropaganda der Fußballwirtschaft einreden, eine bestimmte Mannschaft spiele "für" sie, "vertrete unser Land" o. ä., und dann glauben sie verlangen zu können, daß die Fußballer die Nationalhymne mitsingen. Je mehr Fußballer aus der ganzen Welt zusammengekauft werden, desto unglaubwürdiger wird das alles. Vielen Leuten ist auch schon aufgefallen, daß "Europa" so gar keine Rolle mehr spielt und wohl auch niemals spielen wird. Man ist durch und durch national, sonst würden die Milliarden nicht so fließen. Immerhin sehe ich viel weniger Beflaggung als damals bei der EM.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.06.2014 um 15.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26125

Beim gemeinsamen Tischgebet hat mein Großvater nie mitgesprochen, auch hat er die Hände nicht "gefaltet", sondern lose in den Schoß gelegt. Trotzdem kam bei niemandem in der Familie der leiseste Zweifel auf, daß er nicht tief gläubig war und andächtig zuhörte und in Gedanken sein Amen dazu gab.

Das Mitsingen der Nationalhymne ist für mich genausowenig ein notwendiger Beweis für die besondere Verbundenheit zum Heimatland. Und dann noch dieses überkitschige Hand-aufs-Herz-Legen ...

Wenn ich es zu bestimmen hätte, würde ich die Nationalhymnen vor Sportveranstaltungen und bei Siegerehrungen ganz abschaffen. "Wir sind bereit zum Tod" (Italien), es gibt ähnliche Texte in anderen Hymnen, ist es nicht abartig, so in ein Fußballspiel zu ziehen? Außerdem, selbst wenn man die Texte wegließe, diese Hymnen entstammen m.E. einer überholten Zeit, damit wird ein übersteigerter Nationalismus gepflegt, der nachher vielleicht auch manches brutale Foul erklärt. Mein Gott, die ziehen doch nicht in den Krieg, die sollen doch nur spielen!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.07.2014 um 04.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26356

Nach der Fußball-WM glaubten praktisch alle Zeitungen schreiben zu müssen: Wir sind die Größten, aber niemand braucht Angst vor uns zu haben, denn wir sind nicht nationalistisch-überheblich usw.

Schmachthagen findet allerdings: „Wer gesehen hat, mit welcher Entschlossenheit und Inbrunst die brasilianischen Auflaufkinder ihre Hymne schmettern, wünscht sich ein wenig mehr Begeisterung für die deutsche Hymne.“ (HA 15.7.14)

Warum eigentlich? Sind Einigkeit und Recht und Freiheit in Gefahr, und warum müssen ausgerechnet Fußballer und ihre Fans sich dafür verwenden? Übrigens sah man auch viele Brasilianer beten, aber genutzt hat ihnen beides nicht.

Die Bewirtschaftung des Fantums wird nur in Fußnoten gelegentlich erwähnt (Sponsorenmonopole usw.), aber eigentlich ist sie der Kern der Sache. Nur Spielverderber weisen darauf hin, und das wissen die Herrschaften natürlich nur zu gut.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 18.07.2014 um 09.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26358

Zu #26125 "Und dann noch dieses überkitschige Hand-aufs-Herz-Legen ...": Das kommt aus den USA. Da ist es Tradition. Und das mit der Nationalhymne bei allen Sportveranstaltungen kam, wie ich höre, im 2. Weltkrieg auf, wo man also zu Hause sich vom Sport der lokalen Jungs unterhalten ließ, während an der Front viele Jungs ihr Leben einsetzten, - so daß man zu Hause alles so haben konnte, wie es sich entwickelt hatte. Irgendwie respektiere ich das. Auch ich blickte auf die Flagge da an der Wand des highschool swimming pool und machte mir dabei meine Gedanken, während meine Töchter da mit der Hand auf dem Herzen die Hymne sangen, bevor sie gleich danach laut loskreischten, um danach im Wasser um Ehre und Rekorde so richtig loszulegen, wobei es auch mich manchmal von meinem Sitzplatz hochriß.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.07.2014 um 16.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26359

Wie Schmachthagen selbst schreibt, braucht man Nationalhymnen fürs diplomatische Protokoll. Dabei sollte man es belassen.
(Fußballer und andere Berufssportler sind so unpatriotisch wie nur denkbar. Sie arbeiten dort, wo es am meisten Geld gibt, und Steuern vermeiden sie auch, soweit es mit entsprechendem Beistand geht. Das geht in Ordnung, muß aber nicht patriotisch verbrämt werden.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 18.07.2014 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26360

Das lästige diplomatische Protokoll, Kranzabwerfen usw., ist sicherlich nicht wichtiger als das Abspielen der Hymnen bei sportlichen Anlässen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.07.2014 um 17.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26361

Sub specie aeternitatis sicher nicht, aber wie das Leben nun mal ist, sehr wohl. Diese Formen kann man nicht einfach zertrümmern, selbst wenn man ein Meister ist.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 18.07.2014 um 22.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26363

Hand aufs Herz! Wir Deutsche sind doch wirklich die Größten!

Nicht etwa, weil „unsere“ Nationalmannschaft Weltmeister geworden ist. Das sind doch sowieso alles vaterlandslose Gesellen, die sich meistbietend ins Ausland verkaufen. Nein, weil wir dieses ganze nationale Getue ablehnen: Nationalhymne, Nationalflagge - alles Quatsch, zu nichts nutze! Wir haben alles durchschaut: Identifikationspropaganda, Sponsorenmonopole und noch viel mehr.

Mitleidig schauen wir zu, wie die Brasilianer ihre Nationalhymne schmettern und in Tränen ausbrechen. Wir schütteln mit dem Kopf, wenn wir sehen, wie die Norweger ihre Weihnachtsbäume in den Nationalfarben schmücken, wie fast jeder Norweger einen Fahnenmast im Vorgarten stehen hat. Wir staunen, wenn die Amerikaner bei der Nationalhymne überkitschig die Hand aufs Herz legen oder wenn sich in manchen Staaten die Kinder vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulplatz versammeln und die Nationalhymne singen.

Falls es auch bei uns mal zu Ausrutschern kommt und einige unserer Landsleute schwarzrotgoldne Fahnen schwenkend durch die Straßen ziehen, beeilen wir uns unseren Freunden und Verbündeten sogleich zu erklären, daß das alles nicht wirklich so gemeint ist.

Denn wir sind keine Nationalisten, Gott bewahre! Wir sind nicht einmal deutsche Patrioten; wir sind reine Verfassungspatrioten.

Nur schade, daß der Rest der Welt noch nicht so aufgeklärt ist wie wir. Das zu ändern, das wäre doch endlich einmal ein nützliche Verwendung für all diese Entwicklungshilfemilliarden!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2014 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26364

Gut getroffen! Das ist eben die Dialektik an der Geschichte, wenn man anfängt, über etwas zu reden, nur um zu sagen, daß man darüber am besten kein Wort verliert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.11.2015 um 06.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#30696

Die Nationalhymne soll ins Grundgesetz. Das sieht ein Antrag des CDU-Vorstands für den kommenden CDU-Bundesparteitag Mitte Dezember in Karlsruhe vor.
So verlangt die Partei, Artikel 22 um einen dritten Absatz zu erweitern. Die Bundesregierung solle dazu eine Initiative ergreifen. Bisher sind im Artikel 22 die Hauptstadt Berlin und die Bundesflagge festgelegt. Als Text schlägt die CDU vor: "Die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland ist die dritte Strophe des Liedes der Deutschen mit dem Text von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und der Melodie von Joseph Haydn."
(Berliner Morgenpost 26.11.15)

Bemerkenswert ist die Begründung:

Das Bekenntnis zur Nationalhymne sei "das richtige Zeichen", erklärte Ziemiak und fügte hinzu, "gerade jetzt, wo so viele Menschen in unser Land kommen".

Leider wird nicht deutlich, ob die Zuwanderer mitsingen oder nur zuhören sollen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.11.2015 um 07.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#30697

„Der bedeutende Ethologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt hat schon vor Jahrzehnten beschrieben, dass eine Gruppe von Individuen nur eine begrenzte Anzahl nicht zugehöriger Individuen ‚verkraften‘ kann.“ (Leserbrief in der FAZ 28.11.15, über Flüchtlinge)

Wissenschaft im Dienste von Weltanschauungen. Einmal in die Welt gesetzt, lassen sich solche Thesen immer wieder zitieren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.11.2015 um 11.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#30700

"das richtige Zeichen":

Es gibt derzeit eine ganze Invasion von Zeichensetzern. Ich möchte damit ein Zeichen setzen, wir setzen damit ein Zeichen ... - so geht es ständig, täglich, daß man die Floskel schon nicht mehr hören mag.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.06.2016 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#32747

Es ist schon seltsam, wie in der Politik die Nation krampfhaft heruntergespielt wird, während sie beim Sport ebenso krampfhaft hochgespielt wird. Obwohl jeder weiß, daß Fußballer auf dem Weltmarkt eingekauft werden, treten dann Nationen gegeneinander an, mit Flagge, Hymne usw., und manchmal gewinnen "wir", öfter verlieren "wir". Wir sind Europäer oder gar Kosmopoliten, außer beim völkerverbindenden Sport. Das soll man nicht so ernst nehmen, wird gesagt, aber wehe, einer nimmt es nicht ernst!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2017 um 10.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34508

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#26124

"Das war das absolut Allerletzte"
Unangenehmer Moment bei der Eröffnung des Fed-Cup-Turniers auf Hawaii: Zur Eröffnung sang ein Solist "Deutschland, Deutschland über alles". Die deutsche Mannschaft und Fans reagierten geschockt.
(SPON 12.2.17)

Usw., alles trieft von Betroffenheit und "hätte heulen können".

Wenn man von einem Gedicht nur gewisse Strophen ertragen kann, sollte man es gleich ganz lassen. Es gibt doch genug moderne Schlager, die auf Sportplätzen gesungen werden könnten.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 12.02.2017 um 18.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34515

Die Berichterstattung durch SPON ist natürlich über Gebühr aufgeblasen (man muß ja die Zeilenzahl vollkriegen). Andererseits ist es auch nicht ganz auszuschließen, daß es sich um eine gezielte Provokation handelte. In den angelsächsischen Ländern ist das "Deutschland, Deutschland über alles" sehr bekannt und berüchtigt.

Offenbar haben einige der anwesenden Deutschen das auch als bewußte Provokation aufgefaßt, was "Wut und Fassungslosigkeit" ja durchaus rechtfertigen würde.

Ansonsten passieren protokollarische Pannen immer wieder mal, etwa wenn für einen (West-)Deutschen Besucher die DDR-Fahne oder bei einem französischen Staatsbesuch die niederländische Flagge gehißt wurde. Wie der Volksmund so sagt: "Shit happens."

Pannen passieren ja auch in unseren Breiten, wenn etwa die ARD die falsche Neujahrsansprache sendet.
 
 

Kommentar von SP, verfaßt am 12.02.2017 um 19.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34516

Wieso ist es eigentlich scheinbar Konsens, daß das "Über Alles" für Großmannssucht und Weltherrschaftsphantasien steht?

Für mein Empfinden ist das "Über Alles" nach 2 x Deutschland mit dem freudigen Ausspruch des Kindes verwandt, das bekundet, Schokoladenpudding über alles in der Welt zu lieben.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.02.2017 um 21.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34517

An dem bekannten Vers »Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt« ist übrigens interessant, daß die seinerzeit eigentlich strittige Frage war, wie weit Deutschland im Südosten reichte. Das hat Hoffmann elegant umschifft.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2017 um 07.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34776

Der vielseitige Menno Aden veröffentlicht dieser Tage eine „Kulturgeschichte der deutschen Erfindungen und Entdeckungen: von Albert Magnus bis Konrad Zuse“ – um das „Mannschaftsgefühl“ der Deutschen zu stärken.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2017 um 06.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#34956

Christian Lindner fordert, daß Berufsfußballer die Nationalhymnen mitsingen. Aber wie er dann twitterte, fordert er es gar nicht, sondern es ist bloß seine Meinung, die er aber nur äußere, wenn die Zeitung ihn fragt. Oder so ähnlich.

Wir sollen uns stärker zum Grundgesetz "bekennen", meint er. Also zur Meinungsfreiheit, die aber ihre Grenzen hat, wenn es um negative Äußerungen bei Wikipedia, Wirtschaftswoche usw. geht. Oder so ähnlich.

Lindner ist für die Trennung von Kirche und Staat und auch dagegen. Er selbst ist nicht religiös, erkennt aber den Wahrheitsanspruch der Religion an.

Eigentlich ist er Kriegsdienstverweigerer, aber nicht als solcher anerkannt, weil er gleichzeitig eine Laufbahn als Reserveoffizier absolvierte und inzwischen Hauptmann d. R. ist.

Es kann aber auch anders sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.11.2017 um 04.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#37036

Die Ursache (der evolutionäre Sinn) der Gänsehaut gilt laut Wikipedia als ungeklärt. Unter den verschiedenen (dort aber nicht aufgeführten) Theorien verdient meiner Ansicht nach jene den meisten Zuspruch, die darin ein unwillkürliches Imponieren sieht. Das Aufrichten der Haarbälge muß man an Tieren studieren, die noch eine nennenswerte Körperbehaarung haben, und nicht an uns "nackten Affen". Die Gänsehaut ist der sogenannten Ergriffenheit verbunden, die sich bei gewissen Gemeinschaftserlebnissen einstellt. Haydns Melodie ist schön, aber nur so wie andere Melodien auch, erst durch die Weihe zur Nationalhymne bewirkt sie Ergriffenheit, Gänsehaut und manchmal Tränen (auch ungeklärt). Volkes Stimme dazu ist ganz aufschlußreich: Ist es normal, dass ich bei der russischen Nationalhymne mega Gänsehaut kriege? (gutefrage.net) usw.
Das unterschiedlich verteilte Auftreten der Gänsehaut bei akustischen Reizen wie Kratzen auf Metall usw. ist womöglich auf einen "Schaltfehler" zurückzuführen und nicht funktional.

Die Ergriffenheit hängt mit dem "Erhabenen" zusammen. (Der Wikipedia-Eintrag zu diesem Stichwort ist ziemlich sonderbar.) Das wird meistens philosophisch behandelt, nicht empirisch und sprachanalytisch, daher wenig befriedigend. Die berühmte Schrift des Pseudo-Longinus können wir auch nur teilweise nachvollziehen, weil die Maßstäbe sich historisch verschieben. Ich nehme an, daß "das" Erhabene keine natürliche Kategorie und daher nicht allgemeingültig definierbar ist. Wenn Philosophen (einschl. Schiller) glauben, es definieren zu müssen, kommt nicht viel dabei heraus. Man sollte mit faßbaren Dingen beginnen, wie eben z. B. dem Aufrichten der Haarbälge, und sich erst allmählich vorarbeiten bis zu Kants Hymne an die "Pflicht" (Pflicht! du erhabener großer Name) usw.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.11.2017 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#37041

Wenn das Erhabene gänsehauterregend ist, müßte es doch gerade eine »natürliche Kategorie« sein, oder nicht?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.11.2017 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#37043

So war es natürlich (!) nicht gemeint. Man drückt sich doch auch so aus, wenn man eine in der Sache selbst liegende Abgrenzung meint, also nicht bloß einen willkürlichen oder zufälligen Titel für Unterschiedliches.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2018 um 06.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38976

Die Zeitungen würden auch Sackhüpfen auf der ersten Seite kommentieren, wenn die Hüpfer behaupteten, für Deutschland zu hüpfen, und wenn es um viel Geld ginge.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.07.2018 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38977

Die Behauptung an sich spielt für die Zeitungen noch gar keine Rolle. Das tut sie erst, wenn sie von einem erheblichen Anteil der Bevölkerung mitgetragen wird. Wenn also Sackhüpfen derart interessant wäre, dann wäre es ja auch die ganz normale Pflicht der Medien, darüber zu berichten.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.07.2018 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38978

Die hohen Preisgelder im Sport kommen auch nur durch das hohe Interesse zustande.
Siehe das engl. Wort für Zinsen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.07.2018 um 23.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38980

Wenn erwachsene Männer in die Kamera weinen (ob nun mit oder wie heute ohne deutsche Beteiligung), dann muß es ja schon um etwas sehr Wichtiges gehen, oder?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2018 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38981

"Interessant" kann vieles werden, wenn man das Interesse weckt, z. B. durch ständiges Berichten, Wichtignehmen, Aufladen. Auch kindliche Spiele, die zu kindischen werden, wenn Erwachsene sie treiben und ernst nehmen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.07.2018 um 17.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#38982

"interessant" ist ein Schibboleth für manche Ostdeutsche, die es [interesant] sprechen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.07.2018 um 06.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39178

Wenn es „Nationalmannschaften“ (Unwort!) gibt, dann müssen sich alle Mitglieder zu der Nation bekennen, „für“ die sie spielen. Dann ist es richtig, die Nation nicht nur wochenlang mit Fußball zu traktieren, sondern auch mit Fußballerpolitik. Auch im demokratiebeitragsverdächtigen Fernsehen.
Interessant auch, daß der auf Bewährung auf freiem Fuß lebende Steuerhinterzieher Hoeneß als Musterpatriot die Vorbildlichkeit von Nationalspielern beschwört.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.07.2018 um 11.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39179

Das mit dem Vorbild hat Zwanziger gesagt.
Hoeneß hat nichts als die schlechte spielerische Leistung kritisiert, über irgendeine Form von Vorbildlichkeit hat er meines Wissens nichts gesagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.07.2018 um 12.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39180

Ach so? Na, ich kann ihn trotzdem nicht leiden.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 24.07.2018 um 15.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39182

Wie zu lesen war, hat Sophia Thomalla zu dem Thema schon alles gesagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.10.2018 um 19.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39856

War nicht dieses Jahr etwas mit dem Fußballer Mesut Özil? Ich stoße gerade darauf, daß wir vor acht Jahren hier in diesem Strang schon mal über ihn sprechen mußten, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Komisch.

Übrigens lese ich heute, daß Österreich den Südtirolern einen österreichischen Paß anbieten will, und versuche mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ein anderer Staat den Deutschen seinen Paß anböte.

Ob jetzt die Südtiroler ihren Nationalsport wiederbeleben (Strommasten sprengen)?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.10.2018 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39860

Die Südtiroler werden gemeinhin als Deutsche betrachtet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.10.2018 um 12.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#39862

Bei meinem ersten Aufenthalt in Südtirol machte die forcierte Italianisierung noch viel böses Blut. Das ist allerdings über 50 Jahre her. Ich weiß nicht, wieviel davon noch übrig ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2019 um 07.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#41858

Die Fahne, die Nationalhymne, die aufmarschierten Soldaten, da bekomme ich eine Gänsehaut. (Kramp-Karrenbauer, FAS 21.7.19)
Zur Gänsehaut vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#37036

Ihre Eignung als Verteidigungsministerin begründet sie außerdem damit, daß sie Innenministerin des Saarlandes war, und auch da gehe es um die „Sicherheit“ bzw. „Sicherheitsarchitektur“.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 21.07.2019 um 09.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#41860

Andere Politikerinnen überkommt beim Deutschlandlied das Schaudern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.07.2019 um 11.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#41861

Jedenfalls sagen sie das. Aber da liegt das eigentliche Problem: Warum sagt jemand so etwas? Was will die Ministerin uns damit sagen, daß sie beim Anblick aufmarschierter Soldaten eine Gänsehaut bekomme? Es muß doch irgendwie mit ihrem neuen Amt zusammenhängen. (Sie scheint mehr das Paradieren als das Kämpfen der "Soldatinnen und Soldaten" zu meinen.)
 
 

Kommentar von Vollgasfahrer, verfaßt am 21.07.2019 um 20.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#41863

Frau Merkel scheint das Kostümfest mit Beteiligung der D-F-Brigade neulich in Paris ja auch ganz gut gefallen zu haben (jedenfalls hat sie nicht gezittert). Schwarz-Rot-Gold am Himmel werden wir dennoch nie am Himmel zu sehen bekommen. Die Kanzlerin macht ja schon ein Gesicht wie auf dem Klo, wenn man ihr ein Fähnchen reicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.08.2019 um 15.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#41962

Nach Kramp-Karrenbauer (Dienstpflicht, Gänsehaut) soll kostenloses Fahren mit der Bahn die "Sichtbarkeit" der Soldaten erhöhen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.10.2019 um 03.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#42269

Dieter Borchmeyer war eigentlich gegen die Rechtschreibreform, hat auf der Professorenliste unterschrieben und in diesem Sinn auch mal neben mir auf einem Podium gesessen.
Sein tausendseitiges Werk "Was ist deutsch?" ist in Reformschreibung gedruckt. Gelernt habe ich nicht viel daraus. Die Riesenmenge an Zitaten enthält wenig Überraschendes, die Hauptgewährsleute sind denn doch allzu oft die üblichen Verdächtigen. Schon der Titel ist ja zum Gähnen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.12.2019 um 06.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#42540

In der FAZ spricht sich Redakteur Eckart Lohse für den von Kramp-Karrenbauer geforderten allgemeinen Zivildienst bzw. die Wehrpflicht aus, aber nicht, weil die Bundeswehr Rekruten oder das Sozialwesen mehr billige Arbeitskräfte braucht, sondern:

„Aber das Hinwirken des Staates auf ein kurzes Innehalten – ein Jahr am Stück oder aufs Leben verteilt – könnte helfen zu erleben, dass die Konzentration auf das eigene Fortkommen, auch das ökonomische, nicht alles ist im Leben.“ (FAZ 6.12.19)

So ähnlich sagt’s der Herr Pfarrer auch. Wie paßt staatliche Sinnstiftung zum sonstigen Credo der FAZ, daß es jedem einzelnen überlassen bleibt, wie er seinen pursuit of happiness gestaltet?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.07.2020 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#43855

Die neue Wehrbeauftragte (SPD) will die Wehrpflicht wiedereinsetzen. Nicht weil die Bundeswehr die Schule der Nation sein soll, wie die Konservativen es sahen, sondern umgekehrt: „Es tut der Bundeswehr jedenfalls sehr gut, wenn ein großer Teil der Gesellschaft eine Zeit lang seinen Dienst leistet. Das erschwert es auch, dass sich Rechtsextremismus in der Truppe breit macht. Ich möchte darüber im nächsten Jahr intensiv diskutieren.“
Also auch wieder ein pädagogisches und damit ganz anderes Motiv als die Landesverteidigung, für die eine Armee eigentlich da ist. Wem was „guttut“, ist in diesem Zusammenhang eine irrelevante Frage. (Und die Antwort würde die drängenden USA auch nicht zufriedenstellen.)
Außerdem ist nicht klar, wie jedes Jahr „ein großer Teil der Gesellschaft“, nämlich geschätzt 500.000 Rekruten beiderlei Geschlechts, in der kleinen High-Tech-Bundeswehr (175.000 Mann) unterkommen soll.
Weil das nicht geht, wollen manche eine allgemeine Dienstpflicht einführen, und vielleicht ist das wieder einmal der heimliche Zweck der sinnlosen „Diskussion“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.07.2020 um 06.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#43856

Prompt kehrt Kramp-Karrenbauer zu ihrer alten Idee einer allgemeinen Dienstpflicht zurück und damit zur "Schule der Nation". Ob militärisch oder zivil: junge Menschen sollten "etwas für die Gesellschaft tun". Arbeiten und Steuern zahlen genügt nicht. Weiteres unter "Gänsehaut".

Der bisher noch als freiwillig geplante Dienst soll unter dem Motto stehen „Dein Jahr für Deutschland“. Wieder die alte Vorstellung, daß Soldatsein denn doch noch etwas anderes ist als jeder andere Dienst. Unsere Jüngste hat ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, in einem psychosozialen Heim – für eine wohlbehütete Achtzehnjährige ein harter Job. Aber nicht „für Deutschland“, sondern für ältere Menschen mit verschiedenen psychischen Behinderungen; zwei nahmen sich während dieser Zeit das Leben.

Wie sich die 700.000 Dienstleister eines Jahrgangs auf den Arbeitsmarkt auswirken, scheinen die Damen auch nicht durchgerechnet zu haben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.06.2021 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46234

Nach dem Eindruck vieler Deutscher ist es um die Meinungsfreiheit derzeit so schlecht bestellt wie nie zuvor in der Bundesrepublik: Etwas weniger als die Hälfte glauben, man könne seine politische Meinung noch frei äußern.

So gestern die FAZ (online) über eine Allensbach-Umfrage.
Das könnte etwa so gegangen sein:

Frage: Glauben Sie, daß man in Deutschland seine Meinung noch frei sagen kann?
Antwort: Dazu möchte ich jetzt lieber nichts sagen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.06.2021 um 11.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46235

Dies hätte ich besser zum Lügenparadoxon bzw. zu den Kretern einordnen sollen. Die Antwort kann eigentlich nie "nein" lauten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.06.2021 um 14.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46236

Daß man den Mund nicht mehr aufmachen dürfe, lassen sich besonders gern diejenigen einreden, die sowieso den Mund nie aufmachen. Wenn sie dann gefragt werden, sagen sie natürlich, man dürfe den Mund nicht mehr aufmachen.
Außerdem halte ich es, wie schon oft gesagt, für schädlich, daß so viele ohne Not anonym schreiben und dadurch den Eindruck erwecken und verstärken, man müsse vorsichtig sein.
In Sonntagsreden wird gern gesagt, wer seine Freiheit nicht wahrnehme, verspiele sie.
Ich weiß gar nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich irgendwo anonym meine Meinung äußerte.

(Mit "ohne Not" erkenne ich an, daß es Ausnahmesituationen gibt, z. B. für Whistleblower.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2021 um 12.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46310

Hat Deutschland es nicht begriffen? (t-online.de 24.6.21) (Es geht um ein Fußballspiel.)

Die Wirtschaft immerhin hat begriffen, daß Fußball immer weniger Menschen interessiert; Fehlinvestitionen schmerzen. Die Medien versuchen krampfhaft, den Flohzirkus zum weltbewegenden Ereignis hochzujubeln. Interessant ist für mich die Ansteckungsgefahr in den Stadien.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.07.2021 um 04.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46647

Jemand fordert, das ganze deutsche Schul- und Hochschulwesen so umzubauen, daß Sportler künftig wieder mehr Medaillen "für Deutschland" holen und "wir" nicht von den USA und China abgehängt werden. Davon soll unser Nationalstolz abhängen? Eher sollten wir stolz darauf sein, daß Biontech soviel Ruhm "für Deutschland" erworben hat (übrigens unabhängig von Trumps Warp Speed, was unsere Medien im Troß der amerikanischen beinahe täglich verschleiern). Übrigens arbeitet Biontech jetzt an einem Malariaimpfstoff auf der gleichen Grundlage (mRNA), außerdem weiterhin an Krebs, dem ursprünglichen Hauptthema der Firma. Ich erwarte viel davon.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.07.2021 um 06.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#46666

Der "Medaillenspiegel" ist ja sozusagen die Essenz der Verrücktheit namens Olympische Spiele. Besondere Freude machen mir immer die Inder, denen ich mich seit meiner Jugend besonders verbunden fühle. Leider haben sie auch schon eine Medaille – gar keine wäre mir lieber. So ein großes Volk, und dann begnügen sie sich mit ein paar Verrenkungen. Das gefällt mir.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.01.2022 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#48106

Bernhard Schlink im Interview mit „chrismon“:

Wir brauchen ein europäisches Dienstjahr, damit sich junge Menschen schichten-, klassen- und nationenüber­greifend und in gemeinsamer Verantwortung begegnen. Das koste zu viel, heißt es. Aber dem wird ­treffend ent­gegnet, dass wir vielleicht die Bankenkrise mit ihren immensen ­Kosten nicht gehabt hätten, wenn Banker in jungen Jahren gelernt hätten, Kinder im Rollstuhl mit der Schnabeltasse zu füttern.

Vielleicht – vielleicht auch nicht. Gibt es Belege für einen solchen Zusammenhang? Wenn nicht, sollte man Spekulationen unterlassen. Erwachsene Menschen pädagogisch weiterzubehandeln wäre eine Fortsetzung des Geredes vom Militär als Schule der Nation, unter zeitgemäßer Ersetzung des Vaterländischen durch das Soziale. Das will gut überlegt sein. Wer nur unter größtem Widerwillen die Schnabeltasse zur Hand nimmt, wird seinen Dienst vielleicht ganz anders erleben, als Schlink es sich vorstellt. Vielleicht auch nicht.

(Anderswo habe ich auf die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hingewiesen und auch auf die Möglichkeit, daß ein gewissenhaft erlernter und ausgeübter Beruf noch am ehesten die gewünschte Verantwortungsbereitschaft einübt.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.01.2022 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#48115

Zum vorigen:

Wer eine allgemeine Dienstpflicht fordert, damit der Nachwuchs auch nach Erreichen der Volljährigkeit noch zu Verantwortungsbewußtsein usw. erzogen wird, spricht der Jugend nach alter Vätersitte (schon Nestor in der Ilias) das Urteil: Sie taugt nichts. Nebengedanke: Früher war das besser, mit Wehrpflicht, Disziplin, den verleumdeten Sekundärtugenden...
So ja auch der ständig grantelnde Josef Kraus und ähnliche Zeitgenossen.
Ich teile dieses Urteil nicht. Es gibt auch keine belastbaren Belege. Wir sind nicht besser als unsere Kinder, und unsere Eltern ware nicht besser als wir. Warum fällt es manchen so schwer, das anzuerkennen?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.03.2022 um 06.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#48769

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#16781

Die Kilkenny Cats haben damals verloren, aber ich sehe jetzt erst, was es mit den sprichwörtlichen, also nicht Hurling spielenden Kilkenny cats auf sich hat. Zwei Katzen, die so erbittert miteinander kämpfen, daß am Ende nur noch die beiden Schwänze übrig sind – das ist eine Vorstellung, die meinen Tag rettet. Bei Wikipedia gibt es einen ungeheuer ausführlichen Beitrag dazu: https://en.wikipedia.org/wiki/Kilkenny_cats
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.12.2022 um 16.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49987

Warum sind wir keine „führende Kickernation“ mehr? „Ist das DFB-Team womöglich ein Spiegelbild der Mentalität im Land, wo sich ebenfalls viele Leute lieber zurücklehnen, statt selbst anzupacken?“ (Florian Harms bei t-online.de) Diesen Zusammenhang haben auch die Rechten um Tichy schon hergestellt: allgemeiner Niedergang des sich selbst abschaffenden Deutschland. („Die Kicker sind nur Spiegelbild von Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschland versinkt wie auch der Fußball nach der Herrschaft von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Nachfolger Olaf Scholz im Mittelmaß.“) Außerdem hat der Kommentator herausgefunden, warum die Deutschen ausgeschieden sind: sie haben nicht gut genug gespielt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.12.2022 um 18.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49988

Dieser kindische Trotz mit der Armbinde! Die deutschen Spieler hatten ja nur noch "ein Zeichen setzen" im Kopf, das war ihnen wichtiger als die mentale Spielvorbereitung.
Von Anfang an hat die Mannschaft mitgekriegt, wie zu Hause alle nur über Boykott des Turniers redeten. Der Kanzler läßt seine Endspielbesuchspläne im Falle deutscher Beteiligung demonstrativ erstmal offen, und die Innenministerin muß sich öffentlich dafür rechtfertigen, daß sie die Eröffnung besucht. Das schlägt natürlich auf die Laune und den Kampfgeist der Spieler zurück. Sie hatten ihr Land nicht hinter sich.
Wer nur das Moralisieren und Meckern über die Sitten anderer Länder im Kopf hat, dabei vergißt, daß es im eigenen Land bis noch vor kurzem auch nicht viel anders war, wer nicht einfach mal das positive Potential des Sports auch auf Katar wirken lassen kann, der ist auch sportlich nicht reif, scheidet letztlich verdient aus.

Kurz vor Abpfiff des Spiels Deutschland-Costa Rica kam es im Stadion zu lautem Jubel im Publikum. Es gab dafür gar keinen Anlaß durch das aktuelle Spielgeschehen. Die Zuschauer hatten nur gerade den Sieg Japans über Spanien und damit das Ausscheiden Deutschlands mitbekommen. Der Jubel war Hohn auf die Deutschen, die sich die Gunst des Publikums gründlich verscherzt hatten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.12.2022 um 18.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49989

Und dann ist da noch der Ball! Das verflixte Ding rollt, wo es will.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.12.2022 um 02.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49990

Freie Presse, 3.12.22, Seite 4:

Eine Nation sollte nicht 11+x überbezahlte Leistungssportler benötigen, um in einem gesunden Maß stolz und zuversichtlich zu sein. Andernfalls wäre sie ziemlich arm.

Eine Nation? Ach ja, na eben, da war doch noch was! Ab und zu, besonders beim Fußball, erinnern wir uns noch daran.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.12.2022 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49991

"Im Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche aus dem Jahr 1992 wird als erste Hauptsünde nicht Hochmut, sondern Stolz genannt." (Wikipedia)

Ob gesund oder nicht, auf die Frage, worauf ich stolz bin, würde mir nicht zuerst die "Nation" einfallen. Auch nicht, wenn ich mit Verwandten und Bekannten zusammensitze, die keine Deutschen sind. Vielleicht sind sie stolz darauf, XY zu sein, ich frage sie nicht danach. Wozu sollte das auch führen? Das Leben ist zu kurz, um sich mit solchen Vokabeln herumzuschlagen.

Von den vielen Aufgaben, die sich unausweichlich stellen, hat man einige nicht so gut gelöst, andere besser, und damit kann man dann zufrieden sein und meinetwegen auch stolz darauf, obwohl einem klar genug ist, daß man auch viel Glück gehabt hat: Partner, Kinder, Beruf... Was kann nicht alles schiefgehen! Aber mit der "Nation" hat es nichts zu tun, mit Fußball erst recht nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.12.2022 um 07.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49993

Irgendwo dazugehören zu wollen, ist Niedrigkeit, bassesse, ein Ausdruck, den Stendhal gerne gebraucht, etwa in Vie de Henri Brulard. Aber auch zu seinem eigenen Sack und Pack und Schnack, mit welchem man vom Leben beladen worden ist wie der Esel vom Müller mit den Mehlsäcken, sich auch noch begeistert zu bekennen, ist um nichts besser.
(Heimito von Doderer: Repertorium)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.12.2022 um 13.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#49997

Manchmal meint Stolz Hochmut, Selbstzufriedenheit, Selbstüberschätzung usw., manchmal eher Liebe, Zuversicht ...

Ob Stolz gut oder schlecht, berechtigt oder nicht ist, für alles lassen sich viele treffliche Zitate anführen, und eigentlich ist darin immer von ganz verschiedenen Gefühlen die Rede, zwei, drei, vier oder vielleicht noch mehr Sorten von Stolz.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2022 um 16.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#50065

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat einen Raum im Auswärtigen Amt in Berlin umbenennen lassen. Das sogenannte Bismarck-Zimmer heißt fortan „Saal der Deutschen Einheit“. Vor allem die Familie des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck ist empört – und geht die Grünen-Politikerin scharf an.
„Die moralisierende Außenministerin hat ihr Amt verfehlt. Sie geht nicht nur negativ mit vielen anderen Ländern um, sondern auch in ihrem eigenen Land verdreht sie die Geschichte“, heißt es in einer Mitteilung der Familie von Bismarck, die laut eigenen Angaben mehr als 350 Mitglieder zählt.
Die Entscheidung, zudem auch das Gemälde Otto von Bismarcks abzuhängen, zeuge davon, dass die Außenministerin „kein Geschichtsbewusstsein“ habe, heißt es in der Mitteilung weiter. „Leistungen des ersten deutschen Kanzlers, Otto von Bismarck, wovon heute Deutschland immer noch profitiert, werden so ignoriert.“
(KStA 16.12.22)

Frau Baerbock hat vielleicht durchaus ein Geschichtsbewußtsein, das nur eben nicht mit dem der Familie Bismarck übereinstimmt. Damit wäre sie in unverächtlicher Gesellschaft, und Bismarck-Verehrung gehört ja auch nicht zur Staatsdoktrin der Gegenwart.

Die Familie sollte den Mund nicht so voll nehmen. Sie hat ja immer noch den Bismarckhering und, wenn das nicht genügt, in Erlangen und anderswo eine Bismarckstraße.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2023 um 08.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#50835

Sogar unsere schöne Nationalhymne hat anscheinend einen Migrationshintergrund. Haydn soll sie einem kroatischen Volkslied nachgebildet haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2024 um 03.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#53316

„Ich fände es besser, wenn wieder mehr weiße Spieler in der deutschen Nationalmannschaft spielen.“ Es ist gleichgültig, wie viele Befragte diesem Testsatz zustimmten. Die Meinungsforscher haben ihn so gewählt, daß sie den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft nachweisen können. Das ist erfreulicherweise auch von vielen Seiten kritisiert worden. Nicht so deutlich wird gesagt, daß schon der Begriff der „Nationalmannschaft“ und die gesamte Sportwirtschaft mit ihrer Ausbeutung „patriotischer“ Erregung bedenklich ist. Sie ist so selbstverständlich, daß man die Besonderheit gar nicht mehr wahrnimmt. Sportler, die sich nicht fügen, werden gemaßregelt und von den Geldströmen abgeschnitten. – Im Supermarkt steht in der Nähe der Kasse ein Korb mit billigen kleinen Nationalflaggen fürs Auto. Auch die Nationalhymnen werden wieder reichlich zu hören sein.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 07.06.2024 um 23.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#53329

Ich verstehe die Kritik an der Umfrage zur Fußballnationalmannschaft, aber ich finde die Aufregung offen gestanden leicht übertrieben. 21 Prozent der Befragten gaben an, sie fänden es besser, »wenn wieder mehr weiße Spieler in der Nationalmannschaft spielen«. Ist das viel? Offenbar ist die überwältigende Mehrheit anderer Ansicht. Man kann, wie immer bei Umfragen, die Sache auch von der anderen Seite betrachten. Infratest Dimap titelt denn auch auf seiner Website: »Mehrheit findet multikulturelles Team gut« (https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/deutsche-fussballmannschaft-2024-mehrheit-findet-multikulturelles-team-gut/). Vielleicht hätte eine Erhebung mit derselben Fragestellung vor zehn oder fünfzehn Jahren noch eine viel größere Skepsis gegenüber »nichtweißen« Nationalspielern ergeben. Dann wären die Ergebnisse der jetzigen Umfrage gleich doppelt erfreulich.

Unsere Gesellschaft verändert sich, und die Leute brauchen Zeit, sich daran zu gewöhnen. Mit dem Anstieg des Anteils von Deuschen aus zugewanderten Familien verändert sich auch die Zuammensetzung von Sportmannschaften. Manchen geht das alles zu schnell, und nicht alle sind davon begeistert. Da geht es nicht nur um Hautfarben, Kultur, Mentalität, auch ohne Zuwanderung hätten wir alle genug mit den umwälzenden Veränderungen zu tun, die wir zur Zeit erleben, von der Digitalisierung und der Ausbreitung künstlicher Intelligenz über die sich wandelnden Einstellungen zu Arbeit und Freizeit, die Rentenfrage und manchen anderen Generationskonflikt bis hin zu neuen Kriegsängsten. Was bringt es, Menschen als Rassisten abzustempeln, die in einer nicht gerade fundierten Umfrage ein bißchen von Zeiten träumen, in denen sie ihr Leben als unkomplizierter und angenehmer empfunden haben? Daß es unter den 21 Prozent auch waschechte Rassisten gibt, ist doch klar, aber die wird es immer geben, und man wird ihren Anteil nicht senken, wenn man sie mit Leuten in einen Topf wirft, die sich mit den beschriebenen Veränderungen schwertun und ein Unbehagen artikulieren, das oft recht vage ist.

Was mich an der ganzen Sache am meisten stört, ist die Rechtfertigung des WDR für sein Vorgehen. Warum hat er diese Umfrage überhaupt in Auftrag gegeben? Der Sportchef des WDR Karl Valks hat sich dazu laut presse.wdr.de so geäußert: »Unser Reporter Philipp Awounou wurde in Interviews bei den Dreharbeiten zu der Dokumentation ›Einigkeit und Recht und Vielfalt‹ mit der Aussage konfrontiert, dass zu wenige ›echte‹, hellhäutige Deutsche auf dem Fußballplatz stehen. Das wollten wir bewusst nicht anekdotisch wiedergeben, sondern auf fundierte Daten stützen. Daher haben wir mit unseren Kollegen von Infratest Dimap die Umfrage in Auftrag gegeben.« Nun frage ich, wieso um alles in der Welt es nicht möglich sein soll, in einer Dokumentation Aussagen einzelner Personen zu dokumentieren, auch wenn sie zufällig nicht der Meinung der Redaktion entsprechen? Gute Dokumentationen leben von solchen »anekdotischen« Elementen, sie fangen auch Stimmungsbilder ein, und da kommen eben auch Stimmungen vor, die den Autoren nicht genehm sind. Im übrigen weiß ein guter Dokumentarfilmer, wie er damit umzugehen hat. Unliebsame Äußerungen durch eine Umfrage korrigieren zu wollen, die diese Äußerungen widerlegen soll, ist vom selben Geist wie die albernen Warnhinweise, die der WDR neuerdings vor der Ausstrahlung älterer Produktionen wie »Ein Herz und eine Seele« (Ekel Alfred) den Zuschauern geben zu müssen meint, damit die gerade noch rechtzeitig abschalten können, um keinen Schaden zu nehmen. Glaubt man beim WDR wirklich, daß man ungewollt »Rassisten« heranzüchtet, wenn man – in einer Dokumentation! – einfach mal eine Meinungsäußerung unkommentiert stehenläßt? Leider ist der Schuß in diesem Fall nach hinten losgegangen. Offenbar hatte sich die Redaktion von der Umfrage eine hundertprozentige Ablehnung der Forderung nach mehr Biodeutschen in der Nationalelf erhofft. Deshalb sieht sich Valks nun gezwungen, die untadelige Haltung des WDR in dieser Frage noch einmal unmißverständlich zu Protokoll zu geben: »Wir selber sind bestürzt, dass die Ergebnisse sind wie sie sind, aber sie sind auch Ausdruck der gesellschaftlichen Lage im heutigen Deutschland. Der Sport spielt in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle, die Nationalmannschaft ist ein starkes Vorbild für Integration.«
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 20.06.2024 um 09.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#53392

Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt zwitscherte gestern: »Diese Mannschaft ist wirklich großartig. Stellt euch kurz vor, da wären nur weiße deutsche Spieler.« Die Aufregung war groß, sie löschte den Text und entschuldigte sich für ihre Formulierung. So weit, so erwartbar (und so öde). Was ich daran mal wieder interessanter finde als den Vorgang selbst, ist die nachgereichte Begründung: »Mich hat aufgeregt, dass 21% der Deutschen es besser fänden, wenn mehr “Weiße” in der Nationalmannschaft wären. Ich bin stolz auf diese Mannschaft und wünsche mir, dass wir auch die 21% noch überzeugen.« Glaubt sie ernsthaft, mit so einer Aktion Zweifler überzeugen zu können? Welchen Gedanken will sie denn bei denen, die sich mehr weiße deutsche Spieler wünschen, mit ihrem Gedankenspiel heraufbeschwören? Ich sehe nur zwei Möglichkeiten: 1. Das wäre eigentlich schlimm, wenn ich es mir recht überlege, denn dann hätten wir nicht so viele Tore geschossen. 2. Ja, das wäre doch toll, genau das sage ich doch immer! Gedanke 1 geht natürlich gar nicht, denn will sie uns etwa sagen, daß die weißen Spieler, die statt der nichtweißen auflaufen würden, allein schon wegen ihrer Hautfarbe schlechter wären? Das wäre reiner Rassismus, nur mit umgekehrter Stoßrichtung. Und Gedanke 2 kann Frau Göring-Eckardt auch nicht gefallen, denn sie wollte die Skeptiker sicher nicht noch in ihrer Meinung bestärken. Sie hätte auch einfach schreiben können: »Schaut, wie erfolgreich unser buntes deutsches Team ist!« Aber das wäre selbst ihr wohl etwas zu naiv vorgekommen, weshalb sie es offenbar für ratsam hielt, pointierter zu formulieren.

Unbedachte Politikeräußerungen gibt es viele, und ich finde, man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Der aktuelle Fall ist aber doch in einer Hinsicht aufschlußreich. Er zeigt nämlich erneut, wie sicher sich manche Politiker in ihrer Blase fühlen, in der sie immer auf Zuspruch rechnen dürfen, und wie wenig Gespür sie dafür haben, wie Leute außerhalb dieser Blase ticken.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 20.06.2024 um 13.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1021#53394

Göring-Eckardt scheint ein besonderes Talent dafür zu haben, ihre frommen Gedanken in Quark zu meißeln. „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch“, schwärmte sie 2015, „und ich freue mich drauf!“ Alexander Gauland freute sich auch, er nannte den Zustrom der Flüchtlinge ein Geschenk an seine Partei und behielt recht.
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz: refresh Image CAPTCHA Image
  Bitte tragen Sie die Zeichenfolge in das Feld rechts ein. Falls Sie Schwierigkeiten haben, sie zu erkennen, können Sie sich mit einem Klick auf die grünen Pfeile eine andere Zeichenfolge vorgeben lassen.
  TESTBETRIEB; das funktioniert noch nicht! Bitte wählen Sie zur Kommentareingabe wieder die neuesten Kommentare zuoberst aus.


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM