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13.06.2008
Neun Prozent für Hoberg
Peinliches Ergebnis einer Umfrage
Durch die Presse geht zur Zeit das Ergebnis einer Umfrage, die von der Gesellschaft für deutsche Sprache in Auftrag gegeben und von Allensbach durchgeführt wurde. Zähneknirschend gab der Vorsitzende Rudolf Hoberg bekannt:
"Mit der Rechtschreibreform haben sich nur wenige angefreundet (9 Prozent), die Mehrheit, 55 Prozent, spricht sich auch jetzt noch dagegen aus. Vielen ist die Rechtschreibreform letztlich ‚egal‘ (31 Prozent)."
"Auch die in der Umfrage wieder zutage getretene breite Ablehnung der Rechtschreibreform (nur neun Prozent haben sich bis heute mit ihr angefreundet) verschleiere die Tatsache, ,dass die meisten Menschen auch vorher schon immer mit der Rechtschreibung nicht zurecht gekommen sind‘."
Hoberg hat schon immer gern über die breite Bevölkerung gespottet. Er verkennt den Kern der Sache: Ganz unabhängig davon, wie die Leute selbst mit der Rechtschreibung zurechtkommen und -kamen (wobei Hoberg sich immer an den alten Duden klammert) – sie wollen die reformierte Schreibweise nicht, und das hat seine guten Gründe. Es gibt seit der Reform keine Zeitungsseite mehr, die nicht eine deutliche Qualitätsminderung spüren ließe.
Zur Erinnerung: Im Rechtschreibrat und schon vorher gehörte Dudenautor Hoberg zu denen, die jede Korrektur ablehnten. Das sogar von seinen Urhebern als fehlerhaft erkannte Produkt sollte erst einmal einige Jahre in den Schulen durchgesetzt werden, dann könne man weiter nachdenken.
Ein solcher Zyniker ist nun auch noch Vorsitzender des Deutschen Sprachrats.
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Kommentare zu »Neun Prozent für Hoberg« |
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.06.2008 um 15.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12476
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Zu Ihrer Frage (#12436), lieber Herr Bärlein: Es geht mir nicht um ein wie auch immer geartetes, von einer moralischen Perspektive her bzw. sonstwie von einer höheren Ebene aus zu begründendes Verpflichtetsein. Es geht mir lediglich darum, als Reformgegner etwas in der Sache zu erreichen und unliebsame Nebenwirkungen zu vermeiden. Dazu ist es wichtig, dem Gegenüber weder die Möglichkeit für ein Ausweichen (etwa: "Auf solche Polemik braucht man nicht einzugehen"; "reines Eiferertum") noch für eine Zurückweisung ("Das ist ja völlig überzogen"; "vollkommen irrelevant") zu bieten, ferner auch keinen neuen Angriffspunkt zu schaffen, etwa für Unterstellungen ("Die sind schon zu alt und verknöchert, das Neue zu begreifen"; "reine Faulheit, Bequemlichkeit, Gewohnheit"; "das kommt letztlich aus einer anrüchigen Ecke").
Es kommt darauf an, in der Öffentlichkeit insgesamt den Eindruck zu hinterlassen, daß die Reformkritik und die damit verbundenen Forderungen vernünftig und sinnvoll seien. Das kann man ja gleich als Fazit mit abliefern und eventuell noch einen Ausweg weisen: "Die Reform verlangt a. Daraus resultiert b. Das ist wegen c nicht sinnvoll. Daher sollte a keinen Bestand haben / Es sollte nun vernünftigerweise d geschehen."
Rein sachbezogen, ideologiefrei und ohne Polemik aufzutreten, bietet zwar noch keine Garantie, das eigentliche Ziel (in der Sache an sich Gehör zu finden) auch zu erreichen, es vermeidet aber, eine Chance leichtfertig zu verspielen. Natürlich kann ein Journalist (oder auch ein Germanist), der nicht verstehen kann oder will, immer etwas daran auszusetzen finden und die Angelegenheit in ein Licht rücken, wie es ihm paßt; siehe als Beispiel dazu die "Anmerkungen" von P. Wapnewski (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=676). Ich will einfach darauf hinaus, es einem solchen Menschen nicht zu einfach zu machen, indem man mit reformkritischen Äußerungen bereits eine Vorlage (im Sinne von Steilpaß, sozusagen) für derartige Kommentare liefert.
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Kommentar von Nachtrag, verfaßt am 27.06.2008 um 09.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12462
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Youtube bietet auch folgenden interessanten Film aus dem ZDF-Mittagsmagazin: "Rechtschreibreform gescheitert".
http://de.youtube.com/watch?v=Nbu6wCdLWis
Wohl bekomm's.
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 27.06.2008 um 09.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12461
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Zur Ergänzung des Beitrags von "that's male" hier ein Link, der sehr gut die beschriebenen Eskalationsmuster in allen Phasen veranschaulicht (Ansehen lohnt durchaus):
http://de.youtube.com/watch?v=b1SdNczHU5I
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2008 um 16.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12453
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Nein, ich spreche nicht im Namen des Forums und bestimme auch nichts, sondern habe nur festgestellt, wie ich selbst mit pseudonymen Rundumschlägern umzugehen gedenke und warum. Aber nun wirklich genug davon, ich habe weder Zeit noch Lust zu weiteren Bereicherungen der "Gruppendynamik".
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Kommentar von that's male, verfaßt am 26.06.2008 um 16.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12452
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Dieser Strang ist gruppendynamisch wesentlich interessanter als rechtschreiblich (komisch, sowas hatte ich hier zuletzt schon mal gelesen).
Anonymi werfen Brocken herein, und die angestammten TN (fast hätte ich Meute geschrieben) reagieren wie auf Knopfdruck mit unglaublicher Erregung. Wo bleibt die Contenance, meine Herren? Bleibt ruhig, wenn jemand wirklich provozieren will, wird er/sie schon nachsetzen.
Auch interessant: ein TN reagiert wie meistens - so, als wäre jeder Beitrag nur an ihn persönlich gerichtet ...
Übrigens: Ist eine Nettikette etwas ähnliches wie eine Perlenkette? (Okay Mann, war nur ein kleiner Scherz.)
Keine Sorge, meine Herren Red.s, ich bin schon wieder weg; meine Wortmeldung war auch nicht an Sie gerichtet, sondern an die Allgemeinheit.
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Kommentar von Kelkin, verfaßt am 26.06.2008 um 15.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12451
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Herr Ickler oder der Administrator bestimmen, ob in diesem Forum Pseudos gegen die Netikette verstoßen.
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Kommentar von Kelkin, verfaßt am 26.06.2008 um 14.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12449
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Die Vokabel vom 'Krieg', die 'kritikaster' gebraucht, wäre nur dann berechtigt, wenn es in diesem Forum eine Front gäbe. Es handelte sich aber bis zum öffentlichen Auftritt von 'kritikaster' eher um einen Kreis Gleichgesinnter, und die dürfen unter sich vom Leder ziehen, wie es der Administrator eben zulässt. Ein Krieg kann hier nur ausbrechen, wenn Reformbefürworter ihn wollen.
Der Trick, mit einem polemischen Beitrag, der den Vorwurf der Polemik enthält, polemische Antworten zu provozieren und diesen Vorwurf dadurch nachträglich zu bestätigen, begegnete mir in anderen Foren zuhauf. Schon deshalb fühle ich mich hier pudelwohl.
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Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 26.06.2008 um 14.29 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12448
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B. Eversberg: Damit käme Teil 2 des Urteils zum Zuge, in dem es heißt, die Anwendung in den Schulen sei an die Akzeptanz in der Gesamtgesellschaft gebunden (sonst gälte ja der Grundsatz "Non scholae sed vitae" nicht mehr).
Solange schon die unteren Instanzen ihr politisches Anpassungssoll in dieser Weise übererfüllen, haben Sie mit der Berufung auf die Akzeptanz keine Chance:
VG Schleswig, Urteil vom 6.2.2008, 9 A 301/05 (siehe hier): Leitsätze: Die Rechtmäßigkeit der durch Erlass in den Schulen verbindlich eingeführten Amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung hängt nicht davon ab, ob die eingeführten Neuregelungen zugleich die in der Gesellschaft allgemeinen üblichen Regeln sind (entgegen OVG Lüneburg).
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 26.06.2008 um 10.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12443
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Kommen denn aber die Menschen jetzt besser mit ihrer Rechtschreibung zurecht? Genau dafür sehe ich überhaupt keine Anzeichen. Die neuen Regeln werden häufig übergeneralisiert, im Zweifel schreibt man jetzt eben alles groß und getrennt, läßt aufs Geratewohl ein paar Kommata weg und pflegt zum Eszett ein bestenfalls noch kreativ zu nennendes Verhältnis. (Mir ist es übrigens lieber, ein Schreiber verzichtet ganz aufs Eszett, wenn er sich damit überfordert fühlt, bevor er nach Heyse schreibt.) Mir sind schon Diplom-Informatiker bekannt, die "weg laufen" schreiben.
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 26.06.2008 um 09.06 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12442
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Erfahrungsgemäß wird man das einklagen müssen. Herr Prof. Ickler hat hier auch vor einigen Monaten angemerkt, daß er behufs der Anliegen seiner Tochter selbst einen Prozeß à la Ahrens erwägt. Vielleicht könnte man beides in einem Aufwasch erledigen.
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Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 26.06.2008 um 07.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12441
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Kampf sollte nicht nötig sein, wo Recht gesprochen wurde. Das Urteil von '98 spricht jedem das Recht zu, außer Schulinsassen, die R-Reform zu ignorieren. Davon wird weithin Gebrauch gemacht, wie Allensbach herausfand. Damit käme Teil 2 des Urteils zum Zuge, in dem es heißt, die Anwendung in den Schulen sei an die Akzeptanz in der Gesamtgesellschaft gebunden (sonst gälte ja der Grundsatz "Non scholae sed vitae" nicht mehr). Zwar präzisierten die Richter nicht, wie "Akzeptanz" zu messen sei und sie setzten keine Frist. Aber auch der härteste Verfassungsrichter wird keine Frist jenseits von 10 Jahren setzen und er wird auch nicht 9% als Akzeptanz werten. Teil 2 des Urteils ist somit umzusetzen, d.h. die Zwangsverpflichtung der Schulen ist nicht länger haltbar. Ob das mal jemand der KMK vermittelt?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2008 um 05.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12440
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Darf ich daran erinnern, daß wir gegen etwas kämpfen und nicht nur kuriositätensammelnde Beobachter sind?
Informationen kann man auch unter Pseudonym mitteilen, aber wenn man in die Kiste mit den Ehrbegriffen langt, sollte man sich zu erkennen geben, sonst ist man nicht satisfaktionsfähig. Aber genug davon!
Es trifft sich ganz nett, daß Peter Wapnewski gerade einen Preis bekommen hat. An ihm konnte man 1997 studieren, welche wüsten Töne die Kritiker der Reformkritiker anschlugen. Es gab passende Antworten in Leserbriefen unserer Mitstreiter. Ich hatte das hier schon einmal erwähnt.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 26.06.2008 um 00.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12437
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Lieber Herr Bärlein, wir sind als Reformgegner eigentlich zunächst zu gar nichts verpflichtet. Es war immer mein Standpunkt, Apologeten der NRS müßten zuallererst einmal darlegen, warum ihnen ihre Schrift besser erscheint als die bisherige, und eine solche überzeugende Argumentation ist ausgeblieben und wohl auch nicht mehr zu erwarten. Die neue Schrift nimmt sich lächerlich gegen die alte aus, die zwar vielleicht bisweilen schwierig erscheint, aber doch eigentlich einfacher zu beherrschen ist und auch sprachrichtiger ist. Ich verstehe Herrn Wagner so: Wenn es wirklich der Wahrheit entsprechen sollte, daß unsere tradierte Rechtschreibung die bessere ist, woran ich keinen Zweifel habe, zeichnet es einen zivilisierten Menschen aus, auch in Momenten der höchsten Erregung die Ruhe bewahren zu können. Soviel Würde sollte unserer Sprache schon innewohnen. Das hysterische Gekeife liegt doch meist auf der gegnerischen Seite.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 25.06.2008 um 23.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12436
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Lieber Herr Wagner, daß ein sachlicher, ruhiger Ton noch am ehesten Gehör findet, läßt sich nicht bestreiten, und insofern will ich Ihrer Empfehlung auch gar nicht widersprechen. Aber warum sollten die Reformgegner "insbesondere" zu einem solchen Ton verpflichtet sein? Schließlich haben nicht sie den Umstand zu vertreten, daß es einen Konflikt gibt.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 25.06.2008 um 19.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12434
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Ohne Ihre scharfsinnige Analyse in #12401 hintertreiben zu wollen, lieber Herr Bärlein, möchte ich Herrn/Frau "kritikaster" insofern zustimmen, als daß manche Äußerungen von Reformkritikern durchaus einen "angemessenen Ton" vermissen lassen oder kleinkrämerisch/pedantisch/selbstgefällig/arrogant wirken. Daher hat der Einstiegskommentar von "kritikaster" einen gewissen Wert: Um Gehör zu finden, sollte man sich eines sachlichen, ruhigen Tones befleißigen, insbesondere als Reformkritiker, denn die Diskussion um die Reform ist bereits sehr aufgeladen. Leider gibt es ja auch prominente Schriften der Reformkritik, die nicht frei von unangebrachter Polemik sind.
Außerdem sollte man sich immer fragen, was jenseits aller Polemik an den vorgebrachten Argumenten dran ist und welche Aspekte übersehen worden sind. Auch in diesem Sinn hat "kritikaster" etwas beigetragen, wenn man seinen/ihren Kommentar (#12389) entsprechend "filtert". Da gibt es durchaus etwas zu diskutieren, und auf einen Versuch, in der Sache weiterzukommen, kann man es ja mal ankommen lassen.
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Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 25.06.2008 um 15.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12427
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»Lieber Herr Ickler, selbst *** schreibt hier unter Pseudonym. Es kann dafür gute Gründe geben.«
So schreibt einer, der vielleicht ebenfalls gute Gründe hat, sich hier unter der nicht gerade bescheidenen Firmierung "Hermagoras" zu Wort zu melden, womit vielleicht unterschwellig der Anspruch auf hochkarätige Priesterschaft angedeutet werden soll.
Eben. Und deshalb gehört es sich nicht, eine solche Pseudonymität aufdecken zu wollen. Einige Diskutanten, die hier unter Pseudonym mitwirken, haben der Redaktion ihre wirklichen Namen und die Gründe, weshalb sie diese nicht öffentlich preisgeben wollen, mitgeteilt. So geht es halt auch, Eure Heiligkeit!
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 25.06.2008 um 14.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12426
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Lieber "Aus Gründen heute namenlos",
so ist es. Die neue GZS ist schlechterdings nicht mehr vermittelbar. Ich dachte eigentlich, ich hätte sie verstanden und könnte sie auch Schülern beibringen, aber leider ist sie ein Sammelsurium von unkoordinierten Einzelfallentscheidungen, die einem Zufallsgenerator entsprungen scheinen. Die gute alte Betonungsregel ist noch immer der beste Weg durch den Irrgarten der deutschen Sprache, doch würde ich Schülern korrekten Neuschrieb beibringen wollen, müßte ich zunächst einmal geschätzte dreitausend Dudenregeln lernen. Solcherlei ist doch unzumutbar. Ich möchte Schülern auch nicht einen solchen Mist beibringen müssen.
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 25.06.2008 um 14.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12424
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Ich persönlich halte "Köster", genau wie "Höher" eher für einen Komparativ als für ein Adjektiv, und meinen Namen für einen Nominativ. Und dazu stehe ich natürlich ganz unvermummt.
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Kommentar von Pt, verfaßt am 25.06.2008 um 13.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12422
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Herr Köster, woran erkennen Sie denn, ob es nun ein bürgerlicher Name (ein Klarname) oder ein Pseudonym ist? Es gibt mehr Menschen als es Namen gibt. Deshalb kommt es schon mal vor, daß unter einem Namen sich zwei oder mehr Personen ''verbergen'' können. Namen sind, wie Pseudonyme auch, nicht eindeutig. (Mal abgesehen von den Uniform Resource Names des Internets, die nach Definition eindeutig sein müssen. Dafür sind sie auch entsprechend unhandlich.) Auch in der Mathematik kann ein Symbol (z.B. x) für sehr viele Dinge stehen. Wäre dem nicht so, ein Gedankenaustausch über mathematische Sachverhalte wäre schlichtweg unmöglich. Mir ist deshalb Herrn Icklers Abneigung gegenüber Personen, die hier unter Pseudonym eintragen, nur teilweise verständlich. Solange jemand unter Pseudonym hier fair mitdiskutiert dürfte es doch kein Problem sein, zumal in Internetforen Pseudonyme absolut üblich sind. (Auf dem Felde der Rechtschreibung geht es Herrn Prof. Ickler ja auch das Übliche.) Natürlich ist man in solchen Foren frei, seinen richtigen Namen als Pseudonym anzugeben. Es dürfte aber sehr schwer sein, diesen dann als solchen zu erkennen. Natürlich verführen Pseudonyme dazu, Äußerungen einzutragen, die von unschön bis kriminell reichen können. In solchen Fällen könnte sich die Redaktion dahingehend wehren, daß sie solche Einträge einfach löscht.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 25.06.2008 um 13.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12419
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Ach ja, Herr Mahlmann, ich vergaß zu erwähnen, daß dieser Verfasser diverser Schmierschreiben selbstredend ein Reformbefürworter ist. Eine Bevölkerungsgruppe, die sich wie keine andere das Motto "Warum sachlich, wenn's auch persönlich geht" zueigen gemacht hat.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 25.06.2008 um 12.29 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12418
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Zu Herrn Mahlmanns "Es gibt gute Gründe, im Internet nicht unter dem Klarnamen aufzutauchen": ja, so habe ich auch einst gedacht. Ich betrat das Spiegel-Forum unter meinem bürgerlichen Namen Philip Köster, voller Vertrauen, daß mein Name nicht mißbraucht werden würde, und was geschah? Irgendein dahergelaufener Übersetzer aus Ravenna, der wirklich niemals einen schönen deutschen Satz hervorzubringen in der Lage ist, benutzt Pseudonyme wie "Philip.Köster" und "Filippina Costa", dabei hatte er selbst nie den Mut, seinen eigenen Namen zu offenbaren. Ich meine, feiger geht es doch nun wirklich nicht. Was soll ich tun? Ich erwog schon, Strafanzeige zu stellen, aber ich glaube, der einzige Ausweg ist die Flucht nach vorn. Wer sich selbst treu ist, sollte auch in der Lage sein, für seine eigenen Wörter mit seinem eigenen Namen einzustehen. Alle anderen sind doch Schaumschläger.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 25.06.2008 um 11.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12417
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Nach dem Querulanten nun ein griechischer Rhetor, natürlich immer schön bildungssprachlich.
Unter welchem Namen aber auch immer, noch sind einige sachliche Fragen unbeantwortet.
Es bleibt somit abzuwarten, ob irgendwann auch mal eine sachliche Begründung kommt. Oder sollen immer mehr Pseudonyme diesen Mangel an Argumenten ausgleichen?
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 25.06.2008 um 11.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12416
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Es gibt gute Gründe, in einem Internetforum nicht mit dem Klarnamen aufzutreten.
Zu kritikasters Beitrag: Anders als er empfinde ich - von Ausnahmen abgesehen - dieses Forum als sehr sachlich und vor allem als fachlich sehr fundiert.
Ich erinnere mich an viele andere, die meine Kritik an der Rechtschreibreform für unsachlich, polemisch, halsstarrig und lern- und denkfaul, bisweilen auch selbstgerecht, arrogant und elitär erklärt haben. Das war so provokant formuliert, daß es meinerseits emotionale Antworten provozieren sollte, durch die ich die Vorwürfe im nachhinein bestätigen sollte oder bestätigt hätte. Ich bin weit davon entfernt, kritikaster eben dieses Kalkül vorzuwerfen, deshalb bitte ich ihn, darauf zu achten, daß ein solcher Eindruck vermieden wird.
Ich begrüße reformbefürwortende Teilnehmer in diesem Forum. Kritikaster schreibt, er tummle sich seit langem auf diesen Seiten. Er wird sich mithin eine Meinung zu den Argumenten gebildet haben. Ich rufe Sie, kritikaster, also dazu auf, sie uns mitzuteilen. Werfen Sie ihren Hut in den Ring, lassen Sie uns miteinander diskutieren.
Sie schreiben, niemand könne behaupten, die alte Rechtschreibung sei perfekt gewesen, also könne man nicht an der neuen mangelnde Systematik etc. kritisieren. Doch, das kann man, denn von der neuen Rechtschreibung wird ja von den Reformern behauptet, sie sei systematisch und logisch, zumindest stärker, als es die alte gewesen sei. Diese Behauptung kann man überprüfen, und findet man Belege dafür, daß die Behauptung nicht zutrifft, kann man das auch sagen. Die tradierte Rechtschreibung hingegen ist nie als Heilsversprechen angetreten; sie dient hier als Vergleich und erweist sich regelmäßig als die bessere Alternative.
Änderungen an der Orthographie werden von niemandem hier im Forum kategorisch abgelehnt - ich nenne nur Herrn Icklers "Auskämmungen" des 1991er Dudens als Beispiel.
Kritisiert wird hier zuvorderst, daß sich eine kleine Gruppe von durchaus respektablem Fachwissenschaftlern dazu aufschwingt vorzugeben, die deutsche Sprache in all ihrer Komplexität und all ihren historischen Verwachsungen durchdrungen und bis in's kleinste Detail verstanden zu haben, so daß ihr jetzt die Kompetenz und dadurch auch der Auftrag anheimfällt, Fehler in der Orthographie, die bislang allen verborgen geblieben sind, aufzuspüren, zu bewerten und sie nicht nur zu beheben, sondern dabei auch eine Unfehlbarkeit für sich zu beanspruchen, die jedwede Kritik unmöglich machen soll. Jedes Infragestellen dieser Unfehlbarkeit und jeder sachliche Einwand wird zudem mit inquisitorischem Eifer verfolgt.
Daß mehrfach emotionale Beiträge hier im Forum erscheinen, liegt schlicht daran, daß es den meisten hier eine Herzensangelegenheit ist, sich über die Rechtschreibung und die Sprache auszutauschen.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 25.06.2008 um 11.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12415
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Lieber Hermagoras,
ich schreibe hier nicht unter einem Pseudonym. Ich hatte einmal das Pseudonym "Kennst Duden?" gewählt, weil es mir lustig erschien. Allerdings glaube ich, daß meine Sprache, so schlecht sie auch sein mag, mich immer wieder zweifellos enttarnen würde, und folglich hat Herr Markner mich, so erinnere ich mich jedenfalls, auch sofort erkannt. So soll es auch sein. Herr Ickler hat einmal darauf hingewiesen, daß er nicht mit Vermummten an einem Tisch sitzen möchte, das ist hier die Hausordnung, die ich denn auch respektiere.
Mir vorzuhalten, ich sei ein Adjektiv, ist dialektisch ganz witzig, aber grammatisch nicht zu halten. Vielleicht war mein Absatz auch mißglückt, das möchte ich gerne zugestehen, ich wollte eigentlich nur in aller Bescheidenheit anmerken, daß ich mich selbst nicht als Intellektuellen sehe.
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Kommentar von Hermagoras, verfaßt am 25.06.2008 um 08.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12409
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Lieber Herr Ickler, selbst *** schreibt hier unter Pseudonym. Es kann dafür gute Gründe geben.
Lieber Herr Köster, hat man Ihnen fürwahr bescheinigt, ein Adjektiv zu sein? Es scheint so: "...ich bevorzuge für mich das Adjektiv intelligent, denn das haben Mitmenschen mir immer wieder zu sein bescheinigt."
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.06.2008 um 05.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12408
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Einen Anonymus kann man grundsätzlich nicht persönlich beleidigen, denn er will keine "Person" sein. Ist das so schwer zu begreifen?
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 25.06.2008 um 02.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12406
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Lieber Herr Bärlein,
ist es nicht aber ein Jammer, daß immer die sich für die Reform aussprechen, denen es sowohl an sprachlichen wie auch an charakterlichen Fähigkeiten mangelt. Sie schreiben die übelsten Pamphlete und erwarten dann auch noch eine sachliche Antwort. Ich finde, es gehört gar nicht viel Revoluzzertum dazu, ein Reformgegner zu sein, man wird es automatisch, wenn man Sätze verfassen will, die über die sechste Klasse Deutsch hinausgehen.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 25.06.2008 um 00.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12405
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Aber, aber, Herr Köster. Für einen Haß Kritikasters auf Intellektuelle gibt es nun wirklich keinen Beleg. Vermutlich hält er sich selbst für einen Intellektuellen. Ich ihn übrigens auch.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 24.06.2008 um 22.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12404
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Interessant an kritikasters Beitrag war immerhin sein Haß auf die Intellektuellen. Ich schwanke immer, ob ich mich da angesprochen fühlen sollte oder nicht, ich bevorzuge für mich das Adjektiv intelligent, denn das haben Mitmenschen mir immer wieder zu sein bescheinigt. Ich mache mir große Sorgen, wenn es in Deutschland zum Volkssport wird, auf die Intellektuellen zu schimpfen, vielleicht sogar noch, ohne sie gelesen zu haben. Nun will ich nicht in Alarmismus verfallen, aber mich erinnert das an die erste Stufe der chinesischen Kulturrevolution.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 24.06.2008 um 22.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12403
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Bislang war das "Beunruhigungspotential der Reformgegner" in den Augen der Reformbefürworter mehr ein Zeichen für das vermeintliche Festklammern an alten Zeiten (blöd nur, daß hier wirklich niemand den überreglementierten 1991er Duden zurückhaben will). Nun gibt es da aber diese Umfrage mit dem peinlichen Ergebnis. Noch dazu von den Gralsrittern in der festen Gewißheit der Heilserwartung selbst in Auftrag gegeben. Somit ist das "Beunruhigungspotential der Reformgegener" in Zahlen meßbar und keine abstrakte Größe von ein paar angeblich Ewiggestrigen mehr.
Zu Ihrer Frage, lieber Herr Bärlein, und meinen drei durchaus ernst gemeinten habe ich aber noch eine.
Wenn doch auch die Rechtschreibung vor 1996 so furchtbar fehleranfällig und wenig durchdacht war, warum hat man über 90 Jahre gebraucht, um das herauszufinden? Warum also ließ man drei Nationen einer Sprachgemeinschaft so lange falsch schreiben? Anscheinend hat man doch schon vorher gewußt, daß der "Tollpatsch" ("amtlich" immer noch so!) sich von "toll" und "patschen" ableitet, oder daß "Quäntchen" von Quantum kommt. Warum hat man all die Jahre nicht bemerkt, daß adverbiale Wendungen in Wirklichkeit nichts anderes als Substantive sind ("im Folgenden")?
Sollte sich womöglich auch im Superlativ ein Substantiv verbergen? gut, besser, am besten Schließlich ist am ja nur eine Kontraktion aus an + dem und damit sind wir wieder bei der jetzt so beliebten Artikelprobe. Alles was einen Artikel hat, ist ein Substantiv.
Also gut, daß da noch ein paar Fragen nicht beantwortet sind, besser, wenn wir da noch Aufklärung erhalten und am Besten, wenn Kritikaster "seine Empfindung mit Gründen unterstützen" kann.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 24.06.2008 um 22.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12402
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M.E. braucht man mit jemand, der hier mit Worten wie "Krieg" einsteigt, nicht zu diskutieren. Krieg wird im Irak geführt, Kosovo, Afghanistan etc. Wer gleich am Anfang so entgleist ist, wird auch später nicht mehr auf den Boden der Vernunft zurückkehren.
Es ist im übrigen nicht dieses Forum, das dem Staat die Befugnis zur Regelung bestreitet, sondern es ist ein Beschluß des deutschen Bundestages, daß die Sprache dem Volk gehört. Das Volk hat sich durchaus qualifiziert geäußert, z.B. in der Meinungsumfrage, die am Anfang dieses Strangs steht, oder auch in der Volksabstimmung in Schleswig-Holstein. Bitte, Herr Kritikaster!
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 24.06.2008 um 21.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12401
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Beeindruckend ist immerhin die augenscheinliche Aufrichtigkeit von "kritikasters" Indignation darüber, daß manche Leute auch heute noch sich nicht mit der Reform abfinden wollen. Das basse Unverständnis für die Motive der Kritiker nicht nur seitens mancher Publizisten, sondern sogar – in Teilen – von seiten der Fachöffentlichkeit war von Beginn an eine Begleiterscheinung der Reform, ist vermutlich sogar ein Bestandteil des Phänomens selbst.
Gemessen an anderen Entgleisungen (ich erinnere mich an einen Beitrag in der "Zeit", dessen Autor eine Typologisierung der Reformgegner unternahm; neben dem "Großschriftsteller" gab es noch den Typ des Revoluzzers und den des halbkriminellen Schrotthändlers) muß man Herrn (oder sollte ich besser schreiben: Frau?) Kritikaster außerdem zubilligen, hier nicht bloß eine simple Polemik eingetragen zu haben. Sein (oder ihr) Bemühen um so etwas wie eine Argumentation ist ebenfalls unübersehbar: das Bemühen, Gründe für die Beharrlichkeit des Widerstands gegen die Reform zu benennen.
Allerdings bleiben alle Erklärungen für die Hartnäckigkeit der Reformkritiker, die sich nicht auf die von diesen selbst genannten Gründe einlassen, tautologisch. Sie alle laufen auf die Feststellung hinaus, daß die Reformgegner das tun, was sie eben tun – ob nun aus Geltungsbedürfnis oder aus Revoluzzertum, Streitlust und kriegerischem Geist heraus, aus Abneigung, etwas Neues zu lernen, oder warum sonst auch immer. Das bleibt letztlich unerheblich. Mehr noch: Solche Erklärungen laufen um so unerbittlicher auf diese tautologische Feststellung hinaus, je länger sie als Erklärungen herhalten müssen; anders formuliert: auf die Feststellung ihrer Tautologie.
Das Beunruhigungspotential, das in der Fortdauer der Reformkritik liegt, ist deshalb erheblich. Der Hinweis auf deren Dauer hat durchaus das Zeug zu einem Argument, allerdings gerade nicht in dem von Kritikaster vorgeschlagenen Sinne.
An dieser Stelle bekomme ich ein Erklärungsproblem. Was hat Sie, werter Herr/werte Frau Kritikaster, dazu bewogen, uns Ihre Beunruhigung mitzuteilen? Mich irritiert, wohlverstanden, nicht Ihre Indignation, sondern der Umstand, daß Sie diese ausgerechnet in diesem Forum äußern. Hatten Sie gehofft, hier irgend jemanden eines vermeintlich Besseren belehren zu können? Wohl kaum. Hatten Sie erwartet, daß jetzt alle mit Kanonen auf Sie oder Ihr Futter schießen? Das hätte nur dann einen Sinn gehabt, wenn Ihre Indignation einer Bestätigung bedurfte.
Wenigstens zum Motiv Ihrer Einlassungen sind Sie also noch eine Auskunft schuldig. Die Ausrede, es fehle Ihnen an Zeit, zieht nicht. Schließlich haben Sie auch die Zeit anderer Leute in Anspruch genommen.
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Kommentar von kritikaster, verfaßt am 24.06.2008 um 21.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12400
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Sehr geehrte Herren,
wenn ich darüber nachdenke, bin ich eigentlich gerne bereit, mich nicht nur der Kritik zu stellen, sondern sachdienlich zu diskutieren. Dass mich diese Form der Sprachkritik, die in diesem Forum meines Erachtens unangemessen geübt wird, nicht unberührt lässt, dürfte klar erkenntlich sein. Dennoch betrachte ich mich nicht als blinden Verfechter der Rechtschreibreform. Nach eingehender Studie der Perspektiven, derer es nicht nur zwei gibt (denn ein scharz/weiß-Denken hilft in diesem Kontext nicht weiter), habe ich mir eine Meinung gebildet, die selbstverständlich nicht die objektive Wahrheit darstellt. Unabhängig von der Sachdebatte, die in einigen Topoi durchaus ihre Berechtigung besitzt, erschreckt mich jedoch der Ton, der in dieser Debatte – nein, diesem Kampf – angeschlagen wird:
"Meine Abneigung gegen pseudonyme Maulhelden ist nicht geringer geworden. Sie sind es, die sich schämen sollten, [...]."
Das ist ein Niveau, das der Polemik nicht entbehrt, sofern es diese Bezeichnung verdient. Polemik beinhaltet nicht die persönliche Beleidigung des Andersdenkenden. Und doch habe auch ich, in einem Moment der Erregung, meine guten Manieren vergessen. Wie weiter unten bereits angeführt wurde:
"Man kann sich bei diesem Mißfallen entweder auf die bloße Empfindung berufen, oder seine Empfindung mit Gründen unterstützen."
Auch wenn meine in Argumente verpacktes Missfallen nicht den angemessenen Tonfall trug – in diesem Forum fühlte ich mich so frei, diesen anzuschlagen. Denn wer scharfe Kritik übt – und es sollte Ihrerseits davon abgesehen werden, dies an dieser Stelle zu leugnen –, der muss auch mit der Kritik an der Kritik umzugehen wissen.
Wenn es möglich ist, das hohe Ross der sich mittlerweile sicherlich eingeschlichenen Kritik-Routine für einige Zeit zu verlassen, wäre ich Ihren Argumenten gegenüber aufgeschlossen. Doch besteht tatsächlich das Interesse an einer Diskussion? Diese muss nicht zwangsweise geführt werden. Doch denke ich, dass die Fronten längst nicht so verhärtet wären, wenn in früherer Form das Forum für solch einen Austausch und das gegenseitige Interesse dazu vorhanden gewesen wären.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 24.06.2008 um 20.01 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12398
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Der unbekannte Kritikaster, der selber so gerne mit grober Munition schießt und dann versucht, schnell anderen Leuten die Flinte in die Hand zu drücken, sollte auch vielleicht nicht zu vorschnell Kritikern das Recht auf Kritik absprechen. Zumal, wenn er selber gerne und ausführlich kritisiert.
Wenn doch die Rechtschreibreformen so wunderbar durchdacht, lernbar und vor allem viel weniger fehleranfällig sind, warum wurden sie dann bloß 1996 in einer Art von Nacht-und-Nebel-Aktion an den Schulen durchgezwungen? Immerhin zwei Jahre vor dem offiziellen Inkrafttreten der ersten Reformstufe. Und warum gab es überhaupt seitdem so viele Reformen zu den Reformen, wenn doch alles so viel besser war als vor 1996? Und warum schreibt seitdem kaum einer richtig gemäß den angeblich offiziellen Regeln? Zeitungen, Publikationen der Kultusministerien und Schulbücher legen davon ja hinreichend Zeugnis ab. Von Verständlichkeit im Sinne leichterer Lesbarkeit schweigt des Sängers Höflichkeit!
Da der Kritikaster ja auch seit längerem bekennender Leser dieser Seiten ist, wird ihm wohl nicht entgangen sein, daß gerade im Diskussionsforum die unlogischen und z.T. grammatisch bedenklichen Überreglementierungen des 1991er Duden sehr kenntnisreich offengelegt werden. Womöglich kann man hier doch besser kritisieren als der Herr, der diese Kunst sogar im Pseudonym führt.
Dazu übrigens noch ein letzter Hinweis, vielmehr ein Zitat, das bedenklicher ist als blindes Schießen mit einer Schrotflinte:
Tadeln heißt überhaupt, sein Mißfallen zu erkennen geben.
Man kann sich bei diesem Mißfallen entweder auf die bloße Empfindung berufen, oder seine Empfindung mit Gründen unterstützen.
Jenes tut der Mann von Geschmack: dieses der Kunstrichter.
Welcher von ihnen muß das, was er tadelt, besser zu machen verstehn?
Man ist nicht Herr von seinen Empfindungen; aber man ist Herr, was man empfindet, zu sagen. Wenn einem Manne von Geschmack in einem Gedichte oder Gemälde etwas nicht gefällt: muß er erst hingehen, und selbst Dichter oder Maler werden, ehe er es heraussagen darf: das gefällt mir nicht? Ich finde meine Suppe versalzen: darf ich sie nicht eher versalzen nennen, als bis ich selbst kochen kann? [...]
(Gotthold Ephraim Lessing)
Zitatnachweis mit bibliographischer Angabe liefere ich auf besonderen Wunsch nach.
Abschließend scheint mir vielmehr, daß das desaströse Ergebnis der Umfrage den Reformbefürwortern so allmählich ihre ach so demokratische Legitimation für diesen ganzen Unfug entzieht. Die Reformen funktionieren nicht. Nach zehn offiziellen (und zwölf inoffiziellen) Jahren will sie noch immer niemand haben, und das kulturelle Ansehen des Landes der Dichter und Denker im Ausland ist heillos ruiniert. Nun kommen also die polemischen Rundumschläge als letzte Verzweiflungstaten. Unwillkürlich muß ich an Herrn Lamm denken, der hier zur Jahreswende auf einem ähnlichen Kreuzzug war...
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2008 um 16.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12395
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Ich bin ja nicht betroffen von diesem Rundschlag des anonymen Kritikasters, denn ich habe nie zu den Verteidigern des alten Dudens und seines Privilegs gehört. Aber weil es nun einmal in "meiner" Tagebuchspalte steht, möchte ich doch meine Verwunderung ausdrücken. Wer schießt denn hier mit Kanonen? Das wird doch dem Charakter unserer Diskussion nun wirklich nicht gerecht.
"Ich habe nicht vor, mich hier einer breiten Diskussion zu stellen, da mir dafür die Zeit und, ehrlich gesagt, auch das Interesse fehlen."
Tja, was soll man dazu sagen? Am besten gar nichts mehr. Meine Abneigung gegen pseudonyme Maulhelden ist nicht geringer geworden. Sie sind es, die sich schämen sollten, statt hier andere das richtige Benehmen lehren zu wollen.
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 24.06.2008 um 16.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12394
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An kritikaster:
Bevor man eine Position kritisiert, sollte man sie erst einmal kennen. Theodor Ickler und andere Reformgegner haben den nichtreformierten Duden immer wieder scharf kritisiert und sprechen der Dudenredaktion keineswegs die Entscheidungsgewalt über die deutsche Rechtschreibung zu.
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Kommentar von kritikaster, verfaßt am 24.06.2008 um 16.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12393
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Ich habe nicht vor, mich hier einer breiten Diskussion zu stellen, da mir dafür die Zeit und, ehrlich gesagt, auch das Interesse fehlen. Ich hatte lediglich gehofft, den ein oder anderen verehrten Herren Kritiker dazu anzuregen, den Ton und die Mittel ihrer Kritik selbstkritisch auf Angemessenheit hin zu überprüfen. Wer mit seiner schriftlichen Äußerung Gehör finden möchte, sollte nicht vergessen, dass die gewählte Sprache und Form in Diskussionen ein Beurteilungskriterium für den Leser darstellt.
Um den Einwand bzgl. der Duden-Redaktion jedoch kurz aufzugreifen: Ich habe nicht behauptet, die Sekundärliteratur zu vergleichenden Darstellungen der Fehlerstatistik im Regelwerk des Dudens studiert zu haben. Dennoch bin ich gelegentlich auf Publikationen zu diesem Gegenstand gestoßen und haben diese interessiert zur Kenntnis genommen. Nichts ist verwerflicher als Einseitigkeit und Einschränkung des Blickwinkels bei der Betrachtung eines Objekts. Dies war jedoch nicht mein Einwand.
Ich finde es beachtlich, dass sowohl einer Kultusministerkonferenz als auch mehreren mit Sprachwissenschaftlern bestückten Rechtschreibkommissionen die Kompetenz und Zuständigkeit für die Normierung der Schriftsprache abgesprochen wird, diese aber einer Redaktion eines privaten Verlages ohne weiteres Hinterfragen (natürlich erst im Nachhinein) zugesprochen wird. Wie ich bereits sagte: Sie sind dieser Form der Änderung deshalb so zugetan, weil sie ohne ihr Wissen und fernab Ihrer Aufmerksamkeit vorgenommen wurde – unauffällig und 'schonend', wie Sie es sicherlich ausdrücken würde.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich Ihre Kritik am Subjekt der amtlichen Normgebungskompetenz sowohl auf Experten, Politiker und Beamte bezieht, als auch auf die zuständigen gerichtlichen Instanzen. Solange es die Möglichkeit gab, dass das Verfassungsgericht der Klage gegen die RSR Recht gibt, wurde dem Staat zumindest in diesem Bereich noch Kompetenz zugesprochen. Als jedoch gegen die eigene Position entschieden wurde, sprach man dem Staat grundsätzlich die Regelungskompetenz ab. Eigenartig einseitige Betrachtungsweise.
Als dem Duden-Verlag 1955 (von staatlicher Seite wohlgemerkt) die vorläufige Kompetenz zugesprochen wurde, wurde lediglich Kritik an der dadurch untermauerten Monopolstellung des Verlages laut – nicht aber an der Zuständigkeit des Staates, diese zuzusprechen. Seltsam – hatte der Staat diese Kompetenz damals noch?
Wenn Partei für eine bestimmte Normgebungsinstanz ergriffen wird, dann sollte diese konsequent beibehalten werden.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 24.06.2008 um 15.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12392
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Lieber kritikaster,
nun hätte ich im Eifer des Gefechts fast die wichtigste Frage vergessen: Welche Regel im Duden war denn Ihrer Meinung nach falsch? Bitte nennen Sie Roß und Reiter, damit die übrigen eine Diskussionsgrundlage haben.
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Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 24.06.2008 um 15.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12391
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Sollte sich bei einer objektiven Evaluierung herausstellen, daß die Verhältnisse heute auch nicht schlechter sind als vorher, wäre das noch immer kein Rechtfertigungsgrund für die Reform. Ein solcher ergäbe sich nur, wären die heutigen Verhältnisse nachweislich signifikant besser – wo sind dafür die Belege? Dann selbstverständlich wäre es ein Gebot der Redlichkeit, die Kritik herunterzufahren. Stellte sich objektiv das Gegenteil heraus, würde der Amtseid (von wegen Nutzen mehren und Schaden abwenden) die Politiker zur Abhilfe verpflichten. Es fand und findet aber keine Evaluierung statt. Angesichts der Dimension des Experiments ein Unding, nein, nichts weniger als ein Skandal, und darauf bei jeder Gelegenheit mit der nötigen Sachlichkeit den Finger zu legen bleibt legitim. Über den Ton dieser und jener Äußerung mag man geteilter Meinung sein, aber das ist ja immer so. Pauschalurteile darüber sind aber auch hier unhaltbar.
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 24.06.2008 um 15.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12390
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Lieber kritikaster,
ich weiß nicht, ob meine Meinung mit der der Redaktion deckungsgleich ist, doch habe ich eigentlich schon lange darauf gewartet, daß ein Reformbefürworter sich hier einmal in der Höhle des Löwen meldet. Wir brauchen den Disput, mit Selbstbeweihräucherung ist niemandem gedient. Eine sachliche Diskussion macht es nur eben unvermeidlich, die einzelnen Regeln Stück für Stück durchzugehen. Ich habe ein paar Jahre gebraucht, um festzustellen, daß die Dudens, deren Ruf vielleicht auch schlechter ist, als sie es verdient hätten, eigentlich alles in allem gar nicht mal so schlecht reglementiert haben. Dieses Vertrauensverhältnis wurde für mich spätestens an dem Tag gebrochen, an dem irgendein dahergelaufener Germanist mir allen Ernstes erklären wollte, die Unterscheidung zwischen "wiedersehen" und "wieder sehen" sei ein Hirngespinst. Seit diesem Tag habe ich angefangen, meinen eigenen Kopf einzuschalten.
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Kommentar von kritikaster, verfaßt am 24.06.2008 um 14.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12389
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Es ist schon erschreckend, in welcher Form auch heute noch, zehn Jahre nach der Umsetzung der Rechtschreibreform, Krieg gegen diese Reform geführt wird – und das mit Mitteln, für die sich ein halbwegs klar denkender und von niederen Emotionen befreiter Sprachwissenschaftler schämen sollte. Diese pedantische Fehlersuche, Kleinkrämerei, Verteufelung jedes Andersdenkenden und der eigene Anspruch, die einzig richtige Meinung zu vertreten, grenzen schon an eine Lächerlichkeit, für die es sich wirklich zu schämen gilt.
Wieso hat niemand von Ihnen, der sicherlich in einer stillen Minute zugeben würde, dass die alte Rechtschreibung auch nicht fehlerfrei war, bis 1994/96 eine Fehlersuche dieser Art in Bezug auf die alte Schreibung betrieben? Wo waren die 'Sprachretter' und Verfechter der einzig richtigen Meinung, bevor diese Reform umgesetzt wurde? Auch die alte Schreibung hat zu massenhaft Fehlern im täglichen Sprachgebrauch geführt, auch die alte Schreibung war in Teilen unsystematisch. Das hat aber keinen der hier Kommentierenden, eingeschlossen den Verfasser der Artikel, auch nur annähernd interessiert. Spannend wurde es erst, als man bewusst gegen jemanden kämpfen konnte, als es 'Schuldige' für eine nicht perfekte Rechtschreibung gab. Gegen die 'Urväter' der Rechtschreibung zu kämpfen, deren Erbe und Leistung heute höher eingeschätzt wird als je zuvor, wäre ja auch wirklich blasphemisch! Gegen die Duden-Redaktion zu kämpfen, die es genau richtig gemacht hat – kleine Änderungen am Regelwerk von Zeit zu Zeit, ohne dass es auch nur einem von Ihnen aufgefallen wäre – das wäre ja unangemessen: die Redaktion hat ja nichts böses getan, deren Intentionen waren rein und gut.
Ich verfolge diesen Blog schon seit einiger Zeit und kann nur noch hinzufügen, dass mich die Heftigkeit, Selbstgefälligkeit und Arroganz, mit der Sie glauben, urteilen zu dürfen, wirklich beschämt. Selbst wenn Sie DIE Sprachkenner Deutschlands wären – sollten Sie sich dann nicht auch mit einem angemessenen Ton auskennen? Ihr Kampf ist blind geworden, blind vor Emotionen. Sie schießen mit Kanonen auf Spatzenfutter, denn die Spatzen selbst interessieren sich nicht für Ihre Kritik. Das ist wohl auch der Grund, warum Sie ewig weiterkämpfen werden: der dringende Wunsch nach Anerkennung der eigenen herausragenden Leistung für die gute, alte deutsche Sprache! Auf dass ihnen die Waffen nie ausgehen mögen.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 17.06.2008 um 17.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12355
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Die Stelle ist (im Augenblick) geändert – und das unfaßbar dilettantisch: "Dieses Klischee trägt die Generation der in den Siebzigern Geborenen mit sich herumträgt."
Fehlerkorrektur durch Weglassen und Umformulieren. Womöglich sah das "dass" irgendwie falsch aus, aber keiner in der Redaktion wußte genau, wieso, und die Regel hatte auch keiner parat. Tja, der Stern...
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Kommentar von stern.de, verfaßt am 17.06.2008 um 17.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12354
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Und "dass" ist der Grund, weshalb der Neuschrieb von der Mehrheit weiterhin abgelehnt wird. Er funktioniert im Alltag einfach nicht.
»Er trägt Jesuslatschen, ein T-Shirt mit einer lachenden Sonne und dem Slogan "Atomkraft? Nein danke!" darauf und vom morgendlichen Müsli hat er noch eine selbstgezogene Sprosse zwischen den Zähnen: der Öko. Zumindest ist es dieses Klischeebild, dass die Generation der in den 70ern geborenen mit sich herumträgt.«
www.stern.de/lifestyle/mode/:Neo-%D6kos-Die-Guten-Geld/624055.html
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 16.06.2008 um 10.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12353
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Ich gehöre ganz und gar sichtbar zu den 55 %. Ende August wird mein nächstes Buch auch wieder in Normalrechtschreibung erscheinen (www.der-spendenkomplex.de.tt). Gut, daß es Verleger gibt, die den Autoren da keine Vorschriften machen.
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Kommentar von Oliver, verfaßt am 16.06.2008 um 09.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12352
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Ich arbeite in einer Behörde, in der alle Vordrucke, diktierte Schreiben und Formulare in Neuschrieb verfaßt sind. Ich habe ernsthaft versucht, mir anhand entsprechender Duden-Literatur den Neuschrieb beizubringen. Nach diversen Anläufen bin ich kläglich gescheitert.
Allein die Getrennt- und Zusammenschreibung ist beim besten Willen nicht zu verstehen. Nur ein Beispiel: Weshalb um alles in der Welt heißt es jetzt "Hof halten", obwohl sich die zugrundeliegende Regel, daß Verben mit verblaßten Substantiven zusammengeschrieben werden, gar nicht geändert hat? Und dann dieses unsägliche "im Einzelnen"!
Bloß: Was mache ich im Dienst. Diktate auf korrekte Rechtsschreibung umzubürsten macht erhebliche Arbeit. Darüber hinaus werden richtig geschriebene Schriftstücke von Vorgesetzten zuweilen nicht akzeptiert. Für große Diskussionen fehlt mir schlicht die Zeit, außerdem muß die eigentliche Arbeit irgendwann getan werden. Es ist ein Kreuz, weil ich so zwei Schreibvarianten anwenden muß, die richtige und den Neuschrieb.
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 16.06.2008 um 07.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12351
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Das Internet repräsentiert nur einen kleinen Teil der Gesellschaft, und zwar den eher fortschrittlichen, weshalb es nicht repräsentativ ist. Dies ist das eine.
Das andere ist die Spaltung des Denkens. Die öffentliche Meinung und damit das, was man in der Öffentlichkeit tut, weicht in nicht wenigen Fällen diametral von dem ab, was man denkt. Elisabeth Noelle-Neumann hat dies in ihrem Buch "Die Schweigespirale" erstmals plastisch herausgearbeitet. Wie oft trifft man auf Personen, die sich abfällig über die reformierte Rechtschreibung äußern, diese aber nach Kräften zu imitieren suchen. Dasselbe Spaltphänomen trifft man im Bereich vieler politischer und wirtschaftlicher Fragen, insbesondere in bezug auf den Feminismus, den Ökologismus, den Sozialismus – ja die gesamte Pädagogik. Man gehorcht im Handeln den progressiven Mustern der öffentlichen Meinung, beschwert sich jedoch gleichzeitig über die Nachteile und Unvereinbarkeiten mit der Wirklichkeit. Die Schmerzen des Spagats werden heroisch ertragen.
Genauso ist es mit der Reformschreibung, weshalb ich die Ergebnisse der Umfrage für realistisch halte. Möglicherweise ist der Prozentsatz der Ablehnung unter der Bevölkerung noch höher anzusetzen.
Niemand kann sich von dieser Schizophrenie ausnehmen. Wir Menschen sind einerseits Herdentiere, andererseits tragen wir einen Drang nach eigenständigem Denken und Handeln in uns. Beides liegt im Widerstreit.
Die Chance für einen Wandel gibt es erst dann, wenn die Macher der ersten Generation von der Bühne abtreten. Dann könnte sich die veröffentlichte Meinung wieder der persönlichen annähern, welche in ihrem Realismus erkennt: der Zustand des Patienten ist unerfreulich und verlangt Behandlung.
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Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 15.06.2008 um 21.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12350
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Die 55% sind schön und gut, aber wo sind sie? Da, wo ich mich im Internet herumtreibe und wo man frei von behördlichen oder beruflichen Zwang schreiben kann, sehe ich weit weniger Autoren, die ihre Texte in klassischer Schreibweise verfassen. Paßt man sich in deutscher Tradition nach außen hin brav an, oder sind diese 55% im Internet einfach unterdurchschnittlich präsent?
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 15.06.2008 um 21.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12349
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Bloß: Die Reformer sind schon längst nicht mehr Herr des Verfahrens (wenn sie es denn je waren).
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Kommentar von David Weiers, verfaßt am 15.06.2008 um 19.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12348
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Vielleicht sollte man auch einfach die Reformer daran erinnern, daß sie (wenn ich mich nicht irre) selbst vorhatten, das Ganze fallenzulassen, wenn nach (ich glaube) 10 Jahren nach der Einführung die ganze Chose immer noch nicht vom Volk getragen wird. Und genau das ist ja nun wiederholt bestätigt worden: die Mehrheit ist nach wie vor dagegen.
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Kommentar von Heiko Burger, verfaßt am 15.06.2008 um 18.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12347
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Wenn Zehn Jahre nach ihrer offiziellen Einführung 55% der Bevölkerung dagegen sind ... muß schlußendlich eine Volksabstimmung her!
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Kommentar von MG, verfaßt am 14.06.2008 um 22.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12344
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Was Deutschlehrer sagen?
Die sind froh, wenn sie selbst einigermaßen fehlerfrei schreiben. Oft allerdings ist es ihnen die Schreibung herzlich egal, sofern die Kotauschreibungen (ss und "Tipp") reformtreu geschrieben sind. Ich habe noch keinen gefunden, der das Regelwerk wirklich sicher anwenden konnte, schon gar nicht "intuitiv". Es ist ist auch schon lang her, daß ich das letzte wirklich fehlerfreie Schreiben aus dem Gymnasium meiner Tochter in Händen gehalten habe. Der Schnitt sind zwei Fehler pro Seite.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 14.06.2008 um 22.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12342
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Das von allen Pädagogen rundum verteufelte "Üben", "Lernen" usw. ist nicht autoritär. Autoritär sind die Pädagogen, die ohne auch nur den geringsten Beweis zu liefern, unbedarften Politikern einreden zu dürfen und zu können, daß man auf dem Wege zu Elite-Universitäten und ähnlichen von Staat "vergebene Titel" zunächst das Wort "Elite" selbst endgültig verteufeln muß, um zunächst die letzten Reste einer solchen auszumerzen und als "Deus ex machina", d.h. die Staatsbürokratie in ihrer (nicht gottgegebenen) Allmacht, Elite-Universitäten zu etikettieren (an denen dann hoffentlich Fächer wie "Allgemeine Pädagogik" und ähnliche Sammelsurien nicht gelehrt werden [dürfen]).
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Kommentar von Aus Gründen heute namenlos, verfaßt am 14.06.2008 um 11.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12340
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Man kann das aktuelle amtliche Regelwerk ja noch nicht einmal intuitiv – geschweige denn: fehlerfrei – beibringen. Auch wenn das viele Deutschlehrer(kollegen) vielleicht anders sehen; oder aber das Problem überhaupt nicht sehen, denn wirklich mit der Reform und ihren "Regeln" beschäftigen, das tun wohl die wenigsten. Was man den meisten aber auch gar nicht verübeln und will, denn in dem ganzen Durcheinander um Lehrplanumsetzung, Leistungsüberprüfung, Zentralabitur und Bildungsstanderhebung kommt so einiges zu kurz, was noch bis vor fünfzehn Jahren locker ausgereicht hat, um (zumindest halbwegs) anständig Schreibende aus den Schulen zu entlassen.
Heute dagegen grassiert gerade im "sozial schwächeren Bereich" (mit aller Vorsicht so benannt) der Sekundäranalphabetismus, wozu "die" Reform wohl nicht eben unerheblich beigetragen hat.
Seitens der Kernlehrpläne ist es ein einziger Eiertanz: Alles dreht sich darum, das böse autoritäre "Üben" und "Lernen" auf Teufel komm raus zu vermeiden. Alle "Kompetenzen" (die ohnehin schon ziemlich hochgestochen daherkommen) sollen am besten ausschließlich durch den Schüler (/die Schülerin!) selbst erworben werden. Der Lehrer (/die Lehrerin... soviel Zeit muß ja nun immer sein, nicht wahr?) ist im Idealfall Moderator; und "Bildung" entsteht in den "SchülerInnen" dann anscheinend gemäß dem Prinzip der Urzeugung... alles andere ist autoritär, elitär und in manchen furchtbar schlimmen Fällen sogar verdächtig ideologisch... Sie wissen, was ich meine.
Die Schüler tun einem leid. Auf der einen Seite werden sie komplett überfordert (Werbeanalyse als Thema des Deutschunterrichtes in Jahrgang 7, wenn noch nicht einmal der Konjunktiv richtig bekannt ist!), auf der anderen Seite suggeriert man ihnen, daß sie ja die tatsächlich unentbehrlichen Basisfähigkeiten gar nicht zu üben bräuchten, denn das wäre ja nicht wichtig und sie könnten es ja ohnehin schon; sowieso steckt Sprachkompetenz ausreichend genug in jedem Menschen. Chomsky (der dann in der Oberstufe schön grundlagenlos zerkaut wird) läßt grüßen. Obwohl der angesichts der ganzen Misere ja nun auch gründlich widerlegt wird. Aber das wäre eine Reflexion, die auch nur anzudeuten nahezu undenkbar ist. Und für BA/MA reicht alles andere sowieso aus.
Diese Suppe hat sich die Kultusbürokratie selbst eingebrockt. Auslöffeln wird sie über Jahrzehnte hinweg die ganze Gesellschaft müssen, sofern noch ein Fünkchen Motivation zur Kulturleistung in ihr schlummert...
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 13.06.2008 um 23.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12337
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Ich würde mich sogar wetten trauen, daß ein beträchtlicher Teil dieser 9% meint, wenn man:
- immer ss statt ß schreibt,
- Wörter, die es auch als Hauptwörter gibt, immer groß schreibt,
- Beistriche wegläßt, und
- möglichst häufig Getrenntschreibung anwendet,
daß man dann reformiert schreibt.
Interessant wäre einmal eine Studie, wie hoch die Übereinstimmung der Schreibung jener, die seit Anbeginn nichts anderes als die reformierte gelehrt bekamen, mit dem amtlichen Regelwerk tatsächlich ist.
Oder noch ein Schritt weiter: gibt es überhaupt Leute, die heutzutage das aktuelle amtliche Regelwerk intuitiv fehlerfrei anwenden können? Was sagen dazu Deutschlehrer?
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Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 13.06.2008 um 22.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12336
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Lieber Herr Ickler,
Sie werden mich jetzt gewiß auslachen, aber der beste Satz, den ich bisher zur Demokratie gehört habe, ist der der Mutter von Prinzessin Leia, die zu Anakin Skywalker, besser bekannt als Darth Vader, auf seine Frage hin, wozu all dies Gequatsche gut sein soll, antwortet: "Das ist genau das, was wir tun. Wir formulieren Meinungen, hören Gegenmeinungen, und versuchen, Kompromisse zu finden." Leider scheitert dieses Modell bei unserer Rechtschreibung, denn Rechtschreibung kennt keine Kompromisse. Es gibt immer nur eine erstklassige oder eine zweitklassige.
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Kommentar von ub, verfaßt am 13.06.2008 um 21.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12333
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Ich muß präzisieren. Das erste der beiden von Herrn Ickler angeführten Hoberg-Zitate stammt aus der Presseerklärung (bzw. wurde von dpa aus dieser übernommen), das zweite aus der Pressekonferenz.
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Kommentar von ub, verfaßt am 13.06.2008 um 19.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12330
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Das Hoberg-Zitat stammt aus dem dpa-Bericht über die heutige Pressekonferenz von GfdS und Sprachrat in Berlin (vgl. auch den entsprechenden Nachrichteneintrag).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.06.2008 um 17.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12328
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Vox populi ... Der Vergleich der RSR mit der Europa-Verfassung (Hinweis von Herrn Malorny) scheint mir treffend. In beiden Fällen wird auffällig vermieden, das betroffene Volk zu Wort kommen zu lassen. In der SZ steht heute ein großer Artikel, der auf die fatalen – vor allem wirtschaftsrechtlichen – Folgen hinweist, was die Legitimierung der EU-Verfassung betrifft. An Irland kann man sehen, daß die Interessen der Bevölkerung nicht immer mit denen ihrer gewählten Vertreter übereinstimmen. Der bloße Tatbestand der Repräsentation entfaltet eine Eigengesetzlichkeit. Wir haben das seinerzeit im Bundestag, beim Volksentscheid in S-H usw. hautnah miterlebt. Ich möchte hier nicht politisieren, nur ein paar Gedanken zu jener Frage vorbringen, die uns schon so lange umtreibt: Wie war es möglich?
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Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 13.06.2008 um 17.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1017#12326
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Klares Fanal für die Marketingabteilung in Mannheim: ein weiterer endgültiger Reformduden verspricht keinen Umsatz, aber ein wie auch immer genannter Klassikduden sehr wohl, nachdem der letzte ja nun schon lange nicht mehr lieferbar ist. Kein Kumi könnte ihn verbieten.
Die 86% dagegen, die keine RSR wollen oder denen sie wurscht ist, stehen auf dem Boden des Grundgesetzes: nach dem Urteil von '98 brauchen sie die Reform nicht zur Kenntnis zu nehmen – beachtlich große Zielgruppe für ein rundum legales Produkt. (Auf der Banderole: "Wir haben verstanden!")
Vermutlich wird Herr Hoberg lieber die roten Zahlen aus eigener Tasche ausgleichen. Oder ist er selber der größte Anteilseigner?
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