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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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10.06.2008
 

Heuchler und Umfaller
Eine Erinnerung

Zehetmair fragte nach der Frankfurter Erklärung höhnisch, ob denn die Schriftsteller von einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt zurückgekehrt seien, weil sie jetzt erst gegen die Rechtschreibreform protestierten (übrigens zwei Jahre vor dem Inkrafttreten und neun Jahre vor dem geplanten Ende der Übergangszeit!).
Ein Jahr zuvor hatte er im SPIEGEL-Interview selbst zugegeben, daß die Öffentlichkeit überhaupt nicht informiert sei. Er selbst kannte die Einzelheiten ja auch nicht. – Unterstöger schloß sich der Verhöhnung der Schriftsteller an ("Meister des Wortes"), ganz im Ton des IDS ("Großschriftsteller" usw.). Zur Verteidigung der Literatur war er nie bereit.

Auch die fünf "Jungen Wilden" der CDU sprachen in ihrem Brief vom 14.9.1995 von einem "bisher weitgehend geheimgehaltenen Regelwerk". Vier von ihnen wurden später Ministerpräsidenten und setzten die Reform durch. Der sechste Fraktionsvorsitzende, Ole von Beust, hatte seine Unterschrift wieder zurückgezogen. Ob man die Gründe je erfahren wird?



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Kommentare zu »Heuchler und Umfaller«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2019 um 07.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#42411

Am 12.9.1995, als noch wenige Einzelheiten der geplanten Rechtschreibreform bekannt waren, richtete ich meinen ersten Brief an Zehetmair (ein gutes Dutzend folgten in den nächsten Jahren):

Herrn Staatsminister
Dr. Hans Zehetmair
Ministerium für Unterricht und Kultus
München

Sehr geehrter Herr Minister,

Ihre Absicht, den Entwurf einer Rechtschreibreform noch einmal überprüfen zu lassen, habe ich mit großer Genugtuung zur Kenntnis genommen. Ich glaube im Namen vieler Sprachwissenschaftler zu sprechen, wenn ich den Entwurf für außergewöhnlich mißlungen erkläre. Anders als Sie halte ich ihn sogar für irreparabel. Es wäre eine große Dummheit, ihn zu verwirklichen, zumal gegenwärtig überhaupt kein Handlungsbedarf besteht. Österreich und die Schweiz werden sich guten Argumenten gewiß nicht verschließen.

Ich erlaube mir, eine vor längerer Zeit verfaßte Schrift beizulegen, in der ich auf einige Ungereimtheiten hinweise, die m.E. schon ausreichen, dem Entwurf jedes Vertrauen zu entziehen.

In der Hoffnung, daß Sie sich in Ihren begründeten Vorbehalten nicht irremachen lassen, grüßt Sie

mit vorzüglicher Hochachtung


Das war also noch vor Zehetmairs Regierungserklärung, in der unter dem Niveau blieb, das ihm als Philologen zugänglich gewesen wäre.
 
 

Kommentar von Stabweitblick, verfaßt am 18.06.2008 um 15.29 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12357

B.Eversberg: "...und ob es in diesem unserem Lande in einem anderen Bereich möglich wäre...".
Glasreiniger: "Nicht alles, was dem einen oder anderen aus diesem oder jenem Grund nicht paßt, ist so im Kern faulig wie die RSR."

1. Antidiskriminierungsgesetz – siehe Dr. Wolfgang Philipp
2. Fernsehen und Jugendgewalt – siehe Dr. Manfred Spitzer
3. EU-"Reformvertrag" – siehe Dr. Schachtschneider
4. Immigration und Jugendgewalt – siehe Oberstaatsanwalt Roman Reusch
5. Volksentscheid – Kritische Anmerkungen auf zwei Flugblättern zum sogenannten Volksentscheid bezüglich der Nutzung des Flughafens Tempelhof können abgerufen werden unter sportfeld08@aol.com
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 14.06.2008 um 23.18 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12345

Die Methode, jemanden dem "Lager" der Pharisäer, Faschisten, Freimaurer, Päderasten, Bourgeois, Großgrundbesitzer, Kapitaleigner usw. zuzuordnen bzw. als solchen zu "benennen", sobald die Argumente ausgehen, ist so neu nun auch wieder nicht. Sie wird allerdings von den Verantwortlichen für die Katastrophe der RSR, die heute unauffindbar sind, von Anfang an fleißig geübt, sogar mit einiger Kenntnis ihrer Diffizilitäten.

Mackie Messer wußte auch nie von etwas und war nie auch nur in der Nähe des Vorfalls.
 
 

Kommentar von Hustensaft, verfaßt am 13.06.2008 um 15.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12323

Nun, Herr Prof. Ickler ist zwar ein Eklektiker, aber diese Seite ist lediglich eklektisch.

Sie sollten sich übrigens nicht vorauseilend selbst demütigen, das übernehmen schon diejenigen, die sich dazu berufen fühlen. Wir anderen hatten mit Ihnen nie ein Problem.
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 13.06.2008 um 12.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12321

Das beantwortet zwar nicht so ganz meine Frage, verehrter "Hustensaft", was ich bedaure, aber der Hinweis ist ja angekommen. War meine Stimme denn schon wieder so kratzig? Ich meinte eigentlich einen sachlichen Ton gewahrt zu haben.
 
 

Kommentar von Hustensaft, verfaßt am 13.06.2008 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12319

In Frankreich setzt man sich diesem Verdacht aus, wenn man die deutsche Sprache benutzt.
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 13.06.2008 um 07.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12318

Ach, Herr Ickler, schön, daß ich nicht der einzige bin, der diesbezüglich leidet. Ich mußte mich auch schon mit brauner Gülle übergießen lassen, und das auch noch öffentlich ohne Möglichkeit zur Widerrede, und wer war's? na klar, die Reformbefürworter. Ein merkwürdiges Phänomen: wenn ich mich in Deutschland für unsere Qualitätsrechtschreibung einsetze, muß ich immer erst den Verdacht ausräumen, ein Nazi zu sein. Allein der Verdacht ist so blöd, daß ich darauf gar nicht erst eingehe. Ist das eigentlich ein typisch deutsches Problem, oder gibt es das andernorts auch, etwa in Frankreich?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.06.2008 um 04.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12317

Apropos: Beobachtung und Obacht scheinen mir jenen Neonazis gegenüber notwendig, von denen mir leider ab und zu Material ins Haus flattert, obwohl ich es gewiß nicht "verdient" habe. Vor ein paar Tagen kam wieder so etwas, Prospektmaterial – leider in herkömmlicher Rechtschreibung, was eben den Ärger über falsche Freunde weckt.
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 13.06.2008 um 01.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12316

Ich weiß, ich darf hier eigentlich nicht schreiben und stehe unter gesonderter Beobachtung, weil ich mir hier in der Vergangenheit mehr als einen Fehltritt geleistet habe, doch möchte ich nur kurz sagen, daß mich solche Äußerungen Herrn Zehetmairs wirklich auf die Palme bringen. Wann wäre denn der rechte Zeitpunkt gewesen, Kritik zu äußern, um den Zug noch zu stoppen? War nicht jeder Tag immer entweder zu früh oder zu spät?

Eingedenk der tröstlichen und aufmunternden Worte Herrn Ludwigs, daß nur der Resignierende nicht in einer Demokratie lebt, habe ich nunmehr Kontakt zum RfdR aufgenommen, mit der freundlich formulierten Bitte, mir Adressaten zu nennen, die gleichzeitig für den Ist-Zustand unserer Rechtschreibung verantwortlich zeichnen und bereit sind, sich einer sachlichen Diskussion zu stellen, die sich nicht an persönlichen Befindlichkeiten festbeißt, sondern allein das Wohl unserer Schrift im Sinne hat. Adressaten, die überhaupt bereit wären, den Brief eines besorgten Bürgers zu lesen und zu beantworten. Ich bin nicht so ein Meister unserer Sprache wie die meisten hier, dennoch reicht mein Schriftverständnis völlig aus, um zu erkennen, daß die Dinge nicht so bleiben können, wie sie sind. Möglicherweise wird mir der Charme des Ahnungslosen helfen, man wird es sehen.
 
 

Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 12.06.2008 um 21.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12315

Wenn ich irgendwo in der gegenwärtigen Politik eine Parallele zur Rechtschreibreform sehe, dann in der EU-Verfassung bzw. EU-Vertrag. Hier ist die Taktik der Nicht- bzw. Desinformation gegenüber Abgeordneten und der Bevölkerung perfektioniert worden, ebenso wie die Verhinderung jedweder Form der Beteiligung des Volkes am Entscheidungsprozeß. Wen es interessiert, der sollte im Internet einmal nach dem Namen "Karl Albrecht Schachtschneider" suchen und sich Interviews bzw. Vorträge (YouTube) dieses Professors, der zur Zeit in dieser Sache vor dem BVerfG klagt, anschauen.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 11.06.2008 um 09.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12311

>sondern allein darauf, ihn auswendig zu lernen

Schon rein gefallen. Neu Schreib: "auswändig".

Und immer schön beim Schreiben zwischendurch abwechselnd Leertaste und Umschalttaste hauen, und eins, und zwei, und drei, ... immer im Rhythmus bleiben, ja, auch Du in der letzten Reihe, und eins, und zwei, ..., wie die linke Hand beim klavier Spielen, ..., und eins, und zwei, ... garantiert auch schön gleich mäßige Abnutzung ("wear levelling") des Key Boards.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 11.06.2008 um 08.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12310

Die Eignung der Fälle Pendlerpauschale und Minaralölsteuer als Parallelen zur "RSR" halte ich für nicht gegeben. Lassen wir die Kirche im Dorf. Nicht alles, was dem einen oder anderen aus diesem oder jenem Grund nicht paßt, ist so im Kern faulig wie die RSR.
 
 

Kommentar von Ali Baba, verfaßt am 10.06.2008 um 23.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12309

Die genannten Politiker sind nicht umgefallen, sondern haben angesichts der demographisch-politischen Entwicklung hell- und weitsichtig entschieden. Denn im Zuge der Islamisierung Europas werden Fragen der deutschen Rechtschreibung künftig sowieso ohne Belang sein. Der Akt der Rechtschreibreform war nur eine Vorstufe auf dem Weg zu den Koranschulen der Zukunft. Dort kommt es bekanntlich nicht darauf an, einen Text zu lesen und zu verstehen, sondern allein darauf, ihn auswendig zu lernen.
 
 

Kommentar von Heiko Burger, verfaßt am 10.06.2008 um 21.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12308

Die Deutschen werden es nie lernen, sich zu wehren!
3 Beispiele
1. Die Rechtschreibreform
2. Die Pendlerpauschale
3. Die Mineralölsteuer
Was die Deutsche Regierung einmal beschloß, muß so bleiben!
Der Deutsche „Michel“ macht alles mit!
Das wissen auch die Kultusminister.
 
 

Kommentar von Th. Hartwig, verfaßt am 10.06.2008 um 20.03 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12306

Und passiert es in anderen Ländern auch, daß die Schriftsteller so geringgeschätzt werden?
Und selbst wenn es so wäre, ist das wirklich beruhigend?
 
 

Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 10.06.2008 um 19.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12305

Na gut, dann hängen wir das tiefer. Bringt ja eh nix mehr...
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 10.06.2008 um 19.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12304

Keine Sorge, so etwas passiert ständig auch in anderen Ländern.
 
 

Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 10.06.2008 um 16.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1015#12303

Man fragt sich schon etwas ratlos, ob es in einem anderen Land geschehen könnte, und ob es in diesem unserem Lande in einem anderen Bereich möglich wäre, daß sich zivilisiert wirkende Menschen im öffentlichen Raum in dieser Weise verhalten UND daß solches Verhalten einfach so hingenommen wird. Auch und besonders von kritischen Medien, die ansonsten empfindlich auf jedwede Diskriminierung reagieren und sich selber sorgfältig davor hüten.
"Vernachlässigt wird die Sprache von denen, die Verantwortung für sie tragen", wie Herles schreibt – aber mitschuldig sind die, die es sehenden Auges geschehen lassen.
 
 

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