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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.02.2006
 

Fürwörter
Zu den Folgen der reformierten GKS

Ich halte „Folgendes“ und „unten Stehendes“ geradezu für falsch.
Der artikellose Gebrauch solcher Wörter beweist die Umfunktionierung zu Pronomina (= hinweisenden Wörtern). Andernfalls müßte man sie als Gattungsbegriffe verstehen, etwa so: „Probieren Sie doch mal Schwarzgeräuchertes!“ (= etwas, was schwarzgeräuchert ist)



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Kommentare zu »Fürwörter«
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Kommentar von Klaus Schübel, verfaßt am 11.02.2006 um 19.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2556

Mit den Vorschlägen des Rates für deutsche Rechtschreibung kann nun wirklich niemand zufrieden sein. Um den Reformgegnern entgegenzukommen, will der Rat alte Schreibweisen wiederherstellen und weicht damit nur klare Regeln auf. Von nun an sollen wieder vermehrt Ausnahmen zu beachten und noch mehr Doppelschreibungen möglich sein. In den einschlägigen Internetforen reagieren auch die Gegner der Rechtschreibreform nur mit harscher Kritik. Ich finde es zum Beispiel besonders ärgerlich, dass die alte Regelung über die Großschreibung der Anredefürwörter du, dich, deine usw. in Briefen oder persönlichen Mitteilungen wieder in Kraft gesetzt werden soll. Mit welchem Recht maßt sich der Rat für Rechtschreibung an, uns vorschreiben zu wollen, wie wir in unseren privaten Briefen an Freunde und Bekannte schreiben?

 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.02.2006 um 19.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2557

Besonders schön sind die Übergeneralisierungen, wenn allein Stehende an einer Wand lehnen und außen Stehende in einem Vortrag sitzen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.02.2006 um 22.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2559

Klaus Schübel: Ich finde es zum Beispiel besonders ärgerlich, dass die alte Regelung über die Großschreibung der Anredefürwörter du, dich, deine usw. in Briefen oder persönlichen Mitteilungen wieder in Kraft gesetzt werden soll. Mit welchem Recht maßt sich der Rat für Rechtschreibung an, uns vorschreiben zu wollen, wie wir in unseren privaten Briefen an Freunde und Bekannte schreiben?

Herr Schübel, Sie befinden sich im falschen Schnellzug. Der Vorschlag des Rates ergibt folgenden Passus:

In Briefen können die Anredepronomen du und ihr mit ihren Possessivpronomen auch großgeschrieben werden:
Lieber Freund, ich schreibe dir/Dir diesen Brief und schicke dir/Dir eure/Eure Bilder …

Somit ist die Großschreibung von du in Briefen freigestellt. Genau das, was Sie angeblich wollen. Wieso aber waren Sie bisher immer für die Neuregelung? Genau hier hatten sich ein paar Ideologen und dann in ihrem Gefolge der Staat angemaßt, uns vorschreiben zu wollen, wie wir – sogar in unseren privaten Briefen an Freunde und Bekannte bei der Anrede – zu schreiben haben. Nämlich plötzlich anders, als es zuvor üblich war. Sie scheinen den autoritären Charakter der Rechtschreibreform noch überhaupt nicht verstanden zu haben.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 11.02.2006 um 23.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2560

Sehr geehrter Herr Schübel,
richtig an Ihrer Einlassung ist, daß mit den Vorschlägen des Rates niemand zufrieden sein kann. Das ist aber auch schon alles. Daß es sich bei der Wiederherstellung "alter" (? – moderner!) Schreibungen (Sie machen ja selbst von der Lizenz der 2004er-Revision Gebrauch, "wiederherstellen" in einem Wort wiederzugeben) um ein Entgegenkommen an die Reformgegner handelt, mag ja auf den ersten Blick so aussehen. Tatsächlich handelt es sich um ein Entgegenkommen an die Sprachwirklichkeit. Die Frage, wie klar die Regeln sind, die dadurch "aufgeweicht" werden, und welchen Status solche Regeln haben, ist ein anderes Kapitel. Vielleicht kommen Sie ja dahinter, wenn Sie über Ihre beiden letzten Sätze noch einmal ein wenig nachdenken. Kleiner Tip: Die persönliche Anrede in Briefen war unter zivilisierten Europäern bislang immer eine Frage der Konvention bzw. des Stils. Erst die deutschen Reformer sind auf die Idee verfallen, dort orthographisch etwas regeln zu wollen.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 12.02.2006 um 03.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2562

Um Herrn Schübel zuvorzukommen: wiederherstellen schrieb man in "alte Schreibweisen wiederherstellen" auch nach dem Regelwerk von 1996 zusammen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2006 um 06.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2563

"Mit welchem Recht maßt sich der Rat für Rechtschreibung an, uns vorschreiben zu wollen, wie wir in unseren privaten Briefen an Freunde und Bekannte schreiben?"

Eben! Mit diesem nicht unwitzigen Nachwort (er hätte bloß "Staat" statt "Rat für Rechtschreibung" schreiben müssen) zu seiner jahrelang vorgetragenen Verteidigung der Reform (und der bayerischen Staatsregierung) hat Herr Schübel endlich die Bodenhaftung wiedergewonnen. Es ist bestimmt nicht angenehm, mitansehen zu müssen, wie das verbissen Verteidigte kurz und klein geschlagen wird. Den Altreformern im Rat geht es nicht anders. Die Deutschen haben sich allesamt zurückgezogen, der Wahlschweizer Sitta konnte es auch nicht mehr ertragen, nur Blüml und wenige andere Südstaatler harren noch aus.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 12.02.2006 um 09.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2565

Der Sozialverband VdK weist auf seiner Netzseite darauf hin, daß ein neues Wort oder eine neue Wortfamilie entstanden ist: Alleinverdiener, Alleinverdienender, alleinverdienend usw.

Es scheint sich von Anfang an Zusammenschreibung einzubürgern. Kann die Rechtschreibreform das zulassen oder muß sie sofort eingreifen?
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 12.02.2006 um 09.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2566

Anmaßung – so oder so

Die Du/du-Affäre kann man sehr gut zur Charakterisierung des Unternehmens Rechtschreibrform sowie auch der diversen Revisionsversuche heranziehen. An sich nur eine Kleinigkeit, zeigt dieser Fall doch beispielhaft, wes Geistes Kind die Reformer, ihre staatlichen Vollstrecker, aber auch die willig sich Unterwerfenden waren und sind. Das ganze ist bei aller Lächerlichkeit ein durchaus höchst bedenklicher Versuch, ein Volk umzuerziehen und es einer bestimmten Ideologie zu unterwerfen und gefügig zu machen. Erschreckend ist dabei die geringe Widerstandskraft und intellektuelle wie auch charakterliche Dürftigkeit derjenigen, die das Experiment gleich zu Beginn hätten auf den Müll befördern können.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 12.02.2006 um 11.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2571

Ich fand die alte Regelung auch hier nie ganz leicht. Jedoch um Welten besser als den jetzigen Zustand. Bei "Ich habe Neues für Dich" o.ä. würde ich nicht ohne weiteres an eine "Gattung" denken.
 
 

Kommentar von Chr. Schaefer, verfaßt am 12.02.2006 um 19.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2585

Sehr geehrter Herr Schübel,

Ihr grundlegender Irrtum, den Sie ja auch eifrig in zahlreichen Leserbriefen verbreitet haben, steckt meiner Ansicht nach in folgendem Satz: "Um den Reformgegnern entgegenzukommen, will der Rat alte Schreibweisen wiederherstellen und weicht damit nur klare Regeln auf." Erstens kann man nur von "alten" Schreibweisen reden, wenn man die Schreibwirklichkeit außerhalb der Schule nicht kennt. Dort sind die sogenannten "alten" Schreibweisen nämlich quicklebendig. Im übrigen sind die Reformschreibweisen nun wirklich altertümlich. Herr Ickler und Herr Munske haben dies zur Genüge belegt. Zweitens kann man bei der Reform nun wirklich nicht von klaren Regeln sprechen, es sei denn, man kennt diese Regeln nicht. Haben Sie sich einmal die Mühe gemacht, das "amtliche" Regelwerk zu lesen? Falls nicht, viel Spaß damit!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.02.2006 um 19.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2602

Lieber Herr Fleischhauer, Sie wissen doch sicher, daß ich "Appellativa" meinte und bloß den Fachbegriff ein bißchen eindeutschen wollte? "Neues" in ihrem Beispiel ist "etwas, was neu ist", also ein Gattungsbegriff.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 13.02.2006 um 22.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2603

Frommer Wunsch

Ich möchte ein einziges Mal den gesamten Wiener Arbeitskreis oder auch nur die ehemalige Kommission geschlossen in einem Interview oder auch nur einer Talkshow auftreten und dort Rede und Antwort stehen sehen und hören. Besonders natürlich im Hinblick auf den augenblicklichen Zustand der deutschen Orthographie.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 14.02.2006 um 01.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2606

Haben Sie Blüml damals bei Christiansen verpaßt? Er wrang seine Hände, blickte entweder gequält oder zu Boden und versuchte im übrigen zu erläutern, daß die dänische Rechtschreibreform auch erst nach Jahrzehnten durchgesetzt worden sei. Dabei machte er nicht den Eindruck, als könne er auch nur »mange tak« sagen. Aber wir schweifen ab. Der Unterschied läßt sich an dem gewissen etwas ablesen, das man vor folgendes nicht setzen kann.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.02.2006 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=407#2612

Die "etwas"-Probe führt zur Untermenge der nicht-substivierbaren Adjektive oder überhaupt Wörter.
 
 

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