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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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18.08.2013
 

Störende Homonymie
Manche Stolpersteine sind wirklich nicht notwendig

Es ist klar, daß jede natürliche Sprache unzählige polyseme und homonyme Ausdrücke enthalten muß. Der einfachste Grund liegt darin, daß der Sprachgebrauch fortwährend zu Spezialisierungen führt; außerdem werden Metaphern lexikalisiert usw.

Die Sprecher arbeiten natürlich ebenso unaufhörlich an der Eindeutigkeit ihrer Rede, sie wollen ja meist verstanden werden. Nun, warum bleiben dann einige Ausdrücke so erstaunlich lange erhalten, obwohl sie tagtäglich zu Mißverständnissen führen? Ein sehr bekanntes Beispiel ist sanktionieren. Die beiden Bedeutungen sind genau gegensätzlich.

Auf einem noch nachvollziehbaren Weg ist billig zu zwei gegensätzlichen Bedeutungen gekommen:

Yasin Aktay sagt, es sei billig, den Islam für den Angriff veranwortlich zu machen. (SZ 7.12.10)

Findet er es nun "gerecht" oder im Gegenteil "allzu billig" und damit ungerecht und schäbig?

Anlaß für die Homonymenflucht (wie man es nennt) ist gerade, daß die fraglichen Wörter in ziemlich genau denselben Umgebungen vorkommen; andernfalls stört die Vieldeutigkeit nämlich nicht. Zur Umgebung gehört auch die Konstruktion. So werden deutsch leihen, borgen nicht oft zu Mißverständnissen führen, und im Englischen dürfe look (sehen oder aussehen) im Kontext immer eindeutig sein.



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Kommentare zu »Störende Homonymie«
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 20.08.2013 um 01.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#23915

Völlig richtig: "Manche Stolpersteine sind wirklich nicht notwendig." Natürlich kann mal ein doppeldeutiger Ausdruck zu Mißverständnissen führen, aber Leute, zumal die, die professionell reden oder schreiben, spüren das, daß da was mißverstanden werden könnte und "formulieren um" oder setzen was zum eindeutigen Verständnis dazu. Im Beispiel hier haben wir gleich "allzu billig", und ich hätte wohl "billiges Gerede" gesagt. Und das andere "billig" kenne ich zuallererst als "unerwartet niedrigen Preis", also gar nicht so sehr als "gerecht", wenn ich es auch als "gerecht" verstehe, weil, naja, auch weil doch bei etwas außergewöhnlichem Sprachgebrauch zugehört habe. Aber "Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam" ist wirklich das einzige Beispiel, daß ich zitieren könnte.

Im Unterricht wies ich immer auf die doppelte Bedeutung von engl. "with" und dt. "mit" im Ausdruck "fight with s.o." / "mit j-m kämpfen" so hin: "If someone is fighting with me, I never know for sure which side he is on." Aber die besondere Betonung von "with"/"mit" reichte eigentlich schon, um klar zu sagen, was hier los ist, und der Zusatz von "together"/"zusammen" würde auch dem letzten Witzbold den Wind aus den Segeln nehmen. (Schwed. "vid = bei, nahe bei" machte mir schließlich klar, wie's zu dieser Doppelbedeutung gekommen war.)
Im Englischunterricht haben wir alle schön gelernt, daß "auf j-n warten" engl. "wait for s.o." ist. Aber in den USA gibt es Gegenden, wo, wie ich es für meine Studenten formulierte, "people wait on someone and don't expect a tip." Bei denen (in Ohio, Texas und sicher auch noch anderswo) ist "wait on", was bei uns hier im Mittelwesten "wait for" ist, und die finden ihr eigenartiges "on" genauso wenig falsch wie wir unser "auf" bei "auf j-n warten", dem dieses "on" ja sehr schön entspricht, auf das es aber nicht zurückgeht; es ist eben auch in der engl. Sprache drin. Und wenn bei uns hier wer "wait on" für "wait for" sagt, verstehen alle auch gleich und ohne Schwierigkeit, was gemeint ist, und fragen nicht weiter nach, — alle außer mir, der ich als *hyper-educated non-native speaker* des Englischen eben doch etwas langsam bin, aber auch ich stutzte nur beim ersten Mal.

Den "richtigen" Gebrauch von dt. "borgen" und "leihen" habe ich übrigens auch erst verstanden, als ich beflissen Englisch lernte und mir von da an "borrow from" und "lend to" nicht mehr aus dem Sinn kam und ich keinem mehr was borgte oder mir von jemandem was lieh. Und zum hier an gesprochenen "look good/bad" einfach: Take a good look, damit alles klar ist. Und zum "well" dabei: Als nach der Geburt unserer ersten Tochter ein Kinderarzt bei der Kleinen Finger und Zehen nachgezählt hatte und sich bei ihr was weiß ich sonst noch genau angesehen und angefühlt hatte, sagte er uns stolzen Eltern: "You have a well baby." Weil ich nicht wußte, was das bedeutete, sagte er mir, auf einer Skala von eins bis zehn läge unser Baby so auf neun oder zehn, was bei Einzelheiten höchste Erwartungen beträfe, die man an ein frisches Baby stellen könne. Ich verstand das dann, sowieso, denn when I looked at her, the kid looked extremely good to me!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 20.08.2013 um 12.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#23916

Das englische "with" gehört zu dem Drittel des englischen Wortschatzes, das von den norwegischen Wikingern mitgebracht wurde, deren alt-westskandinavische Sprache nur in Island überlebte.
Altisländisch, Altnorwegisch "vith, vithr" (mit Dativ und Akkusativ) = gegen, mit, bei, an.
"with" verdrängte das altenglische "mid" = mit, durch, bei (altsächsisch "mid(i), gotisch "mith")
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 21.08.2013 um 00.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#23918

Nun, im Deutschen haben wir auch "wider". Auch beim englischen "with" ist der westgerm. Ursprung nicht ausgeschlossen. "Origin: before 900; Middle English, Old English: opposite, against (cognate with Old Norse vith), apparently short variant of Old English wither against; cognate with Old Saxon withar, Old High German widar, Old Norse vithr, Gothic withra" (dictionary.reference.com/etymology/with). Das Wort war da; dessen kurze Variante nahm aber wohl unter Einfluß des Altnordischen (und vielleicht auch des lat. "cum" [pugnare cum]) die Bedeutung "association, combination, and union" an und ersetzte so das ae. "mid". Interessant ist aber eben, daß sich die Doppelbedeutung bis heute gehalten hat. Aber nur geschrieben. Denn gesprochen zeigt die unterchiedliche Betonung hinreichend an, wer bei sowas auf wessen Seite ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.04.2014 um 15.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#25686

Das Adjektiv ganz wird auch in zwei gegensätzlichen Bedeutungen verwendet:

Ganze 90 000 Teilnehmer nahmen an den groß angekündigten Demos teil – gerade mal gut ein Prozent aller Gewerkschaftsmitglieder. (Nürnberger Nachrichten 15.7.03)
(= nicht mehr als)

Vielleicht wird Afghanistan ja doch noch ein Hort der demokratischen Meinungsvielfalt. Ganze 169 Zeitungen, Zeitschriften, Gazetten und verschiedenste Publikationsorgane sind mittlerweile erschienen – trotz der hohen Papier- und Druckkosten. (FAZ 15.7.2003)
(= nicht weniger als)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.04.2014 um 17.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#25687

An die Bruchrechnung sollte man dabei lieber nicht denken, z.B. bei "die ganzen Leute". Es gäbe ja auch geeignetere und genauere Wörter.
 
 

Kommentar von Egon, verfaßt am 09.09.2014 um 13.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26691

Also der Ausdruck "bis auf" bedeutet einerseits "mit/und" und andererseits "außer". Das ist find ich 'n ziemlicher Stolperstein.
z.B. "Nass bis auf die Haut." und "Bis auf Kleinigkeiten sind die Arbeiten abgeschlossen."

 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.09.2014 um 17.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26692

Bestreiten: Er bestreitet den Unterhalt, obwohl er die Unterhaltpflicht bestreitet. "bestreiten" fehlt in Ickler-Wörterbuch. Man sollte dieses Wort auch nur mit äußerster Vorsicht gebrauchen, es gibt eindeutigere Wörter.
 
 

Kommentar von Gunther Chmela, verfaßt am 09.09.2014 um 18.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26693

Kann man "wegweisend" (weeg...) und "wegweisend" (wegg...) eigentlich als Homonyme ansehen, trotz der unterschiedlichen Aussprache?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 09.09.2014 um 19.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26694

Wenn die Aussprache bei gleicher Schreibung unterschiedlich ist, spricht man von Homographen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 22.09.2014 um 10.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26829

Über den Ausdruck zugeknöpft hatte ich mich immer latent gewundert. Warum wurde hier gerade ein Verschließen mit Knöpfen als Bild gewählt? Ich sah darin eine Art Sprachspielerei des Volksmunds: Es wird ein anschauliches Bild verwendet, aber es ist ein bißchen schief und wird dadurch mit einem Schuß Albernheit aufgeladen.

Jetzt sehe ich (in einem Artikel auf Spiegel Online über Rosamunde Pilcher) die Form zugeknüpft mit dieser Bedeutung. (Pilcher soll als junge Frau diese Eigenschaft gehabt haben.)

Aha! Jetzt ergibt das Ganze schon mehr Sinn. Man erfährt im Lexikon, daß knüpfen früher auch die Bedeutung knoten oder verknoten hatte. Also jetzt die Arbeitshypothese: zugeknöpft bedeutet eigentlich zugeknotet, so fest verschlossen wie ein Knoten; es hatte ursprünglich nichts mit den heutigen Knöpfen zu tun.

Weitere Vermutung: Der Schreiber hat die Form zugeknüpft gewählt, weil ihn die Knöpfe störten. Er wollte das Wort verwenden, es aber an seine ursprüngliche Bedeutung annähern, um sie dem Leser nahezubringen. Oder ist zugeknüpft eine halbwegs lebendige Variante von zugeknöpft? Glaube ich nicht.

Das Deutsche Wörterbuch bringt nur einen Mini-Beleg für Zugeknöpftheit, ohne irgendeine Erläuterung; das Wort zugeknöpft hat dort keinen Eintrag. Bei Duden online erfährt man auch nur die Bedeutung, nichts zur Herkunft.

Also was nun: Irreführung durch Lautwandel/Homonymie oder doch ein verspielter Ausdruck, der von normalen Knöpfen ausging?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 22.09.2014 um 11.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26830

Wenn man mal nach »sehr zugenöpft/zugeknüpft« sucht, um nur die übertragene Verwendung zu finden, trifft man auf eine überwältigende Mehrzahl von Belegen für die Schreibung mit ö, verstärkt einsetzend um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Es ist nicht plausibel anzunehmen, daß sich da etwas verschoben hätte. Die Frage ist nur, worauf sich die Redewendung ursprünglich bezieht, auf einen zugeknöpften Geldbeutel, die Hosentaschen (DWb) oder etwas anderes. Für ersteres sprechen Belege wie z. B. »Sobald es aber einmal beginnt zu kriseln, verhält sich Alles, was Geld hat, sehr zugeknöpft« (Die Neue Zeit 1894). (Wobei das natürlich auf dasselbe hinausläuft, wenn in den Hosentaschen loses Geld klimpert.)
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 22.09.2014 um 12.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26831

R. M. hat recht. Wenn der Ausdruck so jung ist, geht es um Knöpfe. Das war damals der normale Verschluss für Kleidung. Es klingt erst heute nach einem gesuchten Ausdruck. – Wenn das Bild auf Personen übertragen wurde, liegt es nahe, von den Knöpfen eines Mantels oder eines anderen größeren Kleidungsstücks auszugehen. Geldbeutel hatten ja auch nicht so viele Knöpfe.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.09.2014 um 12.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26832

Ich glaube mich zu erinnern, daß die gewöhnlichen Jackentaschen früher mit einem Knopf verschlossen wurden. Als Schutz vor Taschendieben verteite man das Geld auf mehrere Jackentaschen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.09.2014 um 12.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26833

Ohne der Sache nachgegangen zu sein, würde ich spontan auch auf den Geldbeutel tippen. Aber eine andere Möglichkeit scheint mir auch nahezuliegen. Man sagt ja auch, jemand sei "verschlossen". Dazu könnte "zugeknöpft" einer jener Hyperkonkretismen sein, wie sie die Volkssprache liebt. Also wie "am Hut haben" (statt "im Sinn haben"), "wo steckt er?" (statt "wo ist er?") usw.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 22.09.2014 um 14.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#26835

Ganz interessant die Erläuterungen in Johann Friedrich Schützes Holsteinischem Idiotikon von 1800 zur Redewendung »eenen den Knoop up den Büdel holen«.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.05.2015 um 05.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#28778

Noch zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#25686:

Die Autoren erwarten, dass in diesen Berufsgruppen ganze 86 Prozent der Arbeitsplätze wegfallen können. (Welt 2.5.15)

(= nicht weniger als)

Auch als Steigerungspartikel wird ganz in entgegengesetzten Bedeutungen verwendet: Das Fest war ganz schön = einigermaßen schön/sehr schön. Allerdings ist es in der zweiten Bedeutung meinem Eindruck nach stärker betont.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2015 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#29280

Der Staat kann unsere Rechtsbrüche sanktionieren, wir seine nicht. (FAZ 26.6.15)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.02.2016 um 10.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#31733

Wir haben gesehen, wie ganz zu seiner abschwächenden Wirkung gekommen ist: ganz schön. Bemerkenswerterweise hebt die Verdoppelung das wieder auf: ganz ganz schön ist wirklich sehr schön.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.04.2017 um 06.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#34965

Sprachwandel ist zwar nicht teleologisch, sondern in gewisser Weise "mechanisch" oder "blind", wie die Junggrammatiker mit Recht hervorgehoben haben. Dem widerspricht aber nicht, daß ihm absichtsvolle Gestaltung der einzelnen Rede zugrunde liegen kann. Otto Jespersen hat das besonders ausführlich dargestellt.

Hierzu gehört die Homonymenflucht: Ein Wort oder eine Form kann gemieden werden, weil es Homonyme gibt und dadurch eine Undeutlichkeit entstehen kann. Für mich sind zum Beispiel darum und deshalb gleich vertraut und akzeptabel. darum hat aber eine zweite Verwendung: darum kümmere ich mich. Interrogativ und relativ unterscheiden wir: warum/worum. Weil es leider kein dorum gibt, bevorzuge ich manchmal deshalb.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2017 um 04.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35484

Das Französische bietet berühmte Beispiele dafür, was der Lautwandel anrichtet, ohne daß die Sprecher sich dagegen wehren: centum, sanguinem, sine, sensus, sentit sind in der Aussprache zusammengefallen (sã) (nach Eugen Lerch).
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 26.06.2017 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35488

Das ist nicht einmal eine vollständige Aufzählung, sonus und suus kommen noch hinzu, vielleicht auch noch anderes.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 26.06.2017 um 10.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35490

Lateinisch sonus und suus ergeben französisch son. Das wird mit einem anderen Nasal ausgesprochen als etwa französisch sang oder sans. Man kann aber festhalten, daß für lateinisch sonus und suus dasselbe gilt wie für die zuvor genannten Beispiele: Im Französischen sind daraus Homophone geworden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2017 um 11.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35491

Das wesentliche Argument (der Junggrammatiker) war, daß solcher Zusammenfall den mechanischen Lautwandel nicht verhindert. Die Sprecher weichen eher auf andere Wörter aus ("Homonymenflucht") oder sorgen sonstwie für Eindeutigkeit.
Kraß ging es auch im Chinesischen zu, wo die Schriftzeichen viel eindeutiger sind als die zusammengefallenen gesprochenen Morpheme; die Eindeutigkeit wird durch "Synonymkomposita" oder andere lexikalische Mittel herbeigeführt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 26.06.2017 um 11.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35492

Stimmt, sonus und suus gehören in eine Gruppe mit sunt. Die beiden Nasale liegen aber sehr nahe beieinander.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.07.2017 um 11.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#35743

Wenn mehrere Träger desselben Namens vorkommen, sind die Namen nicht homophon (gegen Hartwig Kalverkämper: Textlinguistik der Eigennamen. Tübingen 1978:37). Man sagt nicht, daß der Name des einen ebenso klingt wie der Name des anderen, sondern daß sie "denselben" Namen tragen.
Homophone Appellative haben verschiedene Bedeutungen, gehören verschiedenen Begriffssystemen an.
Gleiche Eigennamen verweisen auf verschiedene Adressen in Bestandssystemen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.11.2017 um 09.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#37103

Unter Google-News stehen Angaben wie vor 16 h. Heißt das nun „vor 16 Uhr“ oder „vor 16 Stunden“? Offenbar letzteres, aber die Zweideutigkeit stört.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.03.2018 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#38187

Und Gabriel vermisst in seiner Rede ein letztes Mal die Welt. (SZ 15.3.18)

Aber vermißt die Welt auch Gabriel?

Das Partizip vermessen ist wieder in anderer Weise doppeldeutig.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.02.2019 um 11.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#40739

Ich muß doch mal eine kleine Anekdote von Anfang der 90er Jahre erzählen. Als wir dank der gerade gewonnenen Reisefreiheit mit Begeisterung das erste Mal in den Norden fuhren, fielen mir auf den schwedischen Autobahnen die Schilder an Rast- und Tankstellen mit dem Wort Nattöppet auf. Ich konnte damals noch kaum ein schwedisches Wort, wußte aber schon, daß der bestimmte Artikel als Suffix (-en oder -et) angehängt wird. So dachte ich, aha, töppet heißt der Topf, nat bedeutet Nacht, also alles klar. Nur kam mir eine Sprache, die so auf Toiletten hinweist, schon ein bißchen archaisch vor.

Erst eine Weile später erkannte ich, daß es ein Wort töpp in den nordgermanischen Sprachen gar nicht gibt und daß Nacht nur auf dänisch nat heißt, im Schwedischen und Norwegischen aber mit zwei t geschrieben wird. Also natt-öppet, die Einrichtungen (natürlich einschließlich der nicht extra genannten Toiletten) sind auch nachts geöffnet.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 01.02.2019 um 14.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#40740

Kurios! In der Tat bedeutet potta im Schwedischen Nachttopf und eben nicht Kochtopf. Diese Bedeutungsverschiebungen sind in der Regel bloß amüsant, können aber natürlich auch peinliche Folgen haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.02.2019 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1576#40843

Bericht über eine Talkshow:

(Titel:) Andrea Nahles und Katja Kipping selten einig

Das war zu erwarten. Gemeint ist aber das Gegenteil,
sie seien so einig gewesen wie selten. Später heißt es denn auch:

Nahles und Kipping sind sich so einig wie vielleicht noch nie.

Eine ziemlich störende Zweideutigkeit.
 
 

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