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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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27.05.2013
 

Hiwi
Woher stammt dieses Kurzwort?

Einige Wortbildungsforscher meinen, Hiwi bzw. HiWi sei eine Kurzform zu Hilfswissenschaftler.
Meist wird etwas angemerkt, was sich in der Wikipedia so liest: „Die offizielle Bezeichnung ist "wissenschaftliche Hilfskraft" bzw. "studentische Hilfskraft". Umgangssprachlich werden studentische Hilfskräfte oft kurz als "HiWis" bezeichnet. Dies kann als Abkürzung für "Hilfswissenschaftler" gedeutet werden, weckt mitunter jedoch Assoziationen zu den ebenfalls mit "HiWi" abgekürzten "Hilfswilligen" im Zweiten Weltkrieg."

Ich glaube eher, daß die Deutung als "Hilfswissenschaftler" nachträglich erfunden worden ist, auch wenn es ein solches Wort sicherlich schon vorher gelegentlich gegeben hat. Aber an den Universitäten dürfte es überall ebenso ungebräuchlich gewesen sein wie an meiner, an der ich vor über 40 Jahren selbst Hiwi war. Der Anlaut wi- mag die Übernahme oder vielmehr Weiterführung des "klassischen" Hiwi erleichtert haben, so daß man eher über die verkehrte Reihenfolge (statt Wihi hinwegsehen konnte. Dieser Hiwi war auch nie ausgestorben, wie denn Wikipedia vermerkt: „umgangssprachlich eine Person, die z. B. im Baugewerbe für vergleichsweise niedrig qualifizierte Tätigkeiten als Hilfskraft eingeteilt ist.“



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Kommentare zu »Hiwi«
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Kommentar von Andreas Blombach, verfaßt am 27.05.2013 um 16.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23272

Interessant.

Wikipedia scheint da allerdings die gleiche Meinung zu vertreten wie Sie – im Artikel, den Sie zitieren, wird das nur sehr vorsichtig ausgedrückt. Deutlicher dagegen im Artikel "Hilfswilliger":

»Das Ende der Zeit des Nationalsozialismus und die Niederlage der Wehrmacht beendeten alle Arbeitsverhältnisse, die Bezeichnung „Hilfswilliger“ blieb jedoch auch nach 1945 der deutschen Sprache erhalten, allerdings ohne militärischen Hintergrund und überwiegend in der abgekürzten Form.

„Hiwi“ findet sich als inoffizielle Bezeichnung für eine studentische Hilfskraft an Hochschulen oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters beim Bundesgerichtshof. Die Etymologie des Begriffes ist allerdings zumeist unbekannt (so wird die Abkürzung „Hiwi“ oft als „Hilfswissenschaftler“ gelesen).«

Das klingt plausibel, dürfte allerdings nicht ganz einfach zu belegen sein.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 28.05.2013 um 06.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23280

Noch spannender finde ich die Frage, warum Assistenten an Universitäten bisweilen als "Bremser" bezeichnet werden.
 
 

Kommentar von Paul Westrich, verfaßt am 28.05.2013 um 08.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23281

Der Begriff "Bremser" kommt vermutlich aus der medizinischen Anatomie, wo Assistenten im "Schnippelkurs" den Studenten bei der Präparation menschlicher Leichen helfen und sie davon abhalten ("bremsen"), zuviel bei der Freilegung von Muskeln etc. wegzuschneiden. So habe ich es jedenfalls aus meiner Studienzeit in Erinnerung. Der Begriff wurde auch für Assistenztätigkeiten in Kursen anderer naturwissenschaftlicher Fächer gebraucht, wo zum Teil auch präpariert wird (Anatomie der Wirbeltiere).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.05.2013 um 09.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23282

Im damals achtbändigen Großen Wörterbuch von Duden stand 1994 noch nichts von "Hilfswissenschaftler". Es gab nur den Hilfswilligen (nur implizit durch die Beispiele auf die Kriegszeit bezogen), 2. "(Jargon) wissenschaftliche Hilfskraft an einer Universität" und 3. "(ugs. abwertend) jmd., der an untergeordneter Stelle Hilfsdienste leistet".
Hilfswissenschaftler ist auch als Lemma nicht zu finden.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.05.2013 um 11.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23283

Nach 1945 waren unter den Studenten und Dozenten an den Universitäten viele Demobilisierte, und sie werden den Begriff wohl scherzhaft eingeführt haben. Burschensprachliche Anleihen aus dem Militärjargon haben ja eine lange Tradition.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 28.05.2013 um 21.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23284

Den "Bremser" für Assistenten könnte man als einen höheren Hilfsbremser (= Variante von HiWi) ansehen. Hilfsbremser gab es bei der Eisenbahn, als die Druckluftbremse noch nicht eingeführt war. Gugel findet den Tod von zwei Hilfsbremsern bei einem Unglück in Sonnborn.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.05.2013 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23290

In der Firma, wo meine Frau arbeitet, gibt es einige Hiwis, als Hilfswissenschaftler verstanden, das sind immer studentische Aushilfskräfte, noch ohne Abschluß. Dadurch kommt Hiwi ab und zu in unserer Unterhaltung zu Hause vor, was leider dazu geführt hat, daß wir nicht mehr ganz genau wissen, wie lange wir es schon kennen. Aber etwa zu 90% bin ich mir sicher, daß das Wort Hiwi auch in der DDR benutzt wurde. Zumindest in den 80er Jahren wurden Assistenten höherer Führungskräfte (ab Direktor) so genannt, auch da wurde das Wort als Hilfswissenschaftler gedeutet, allerdings waren das nie Studenten, sondern relativ gut bezahlte Leute mit Studienabschluß. Mit etwas Aufwand ließen sich bestimmt noch irgendwo alte Schriftstücke finden, die das bestätigen könnten.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.05.2013 um 17.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23306

Ein ähnliches Kürzel wie Hiwi ist Wimi, dessen Bedeutung (Wissenschaftlicher Mitarbeiter) wohl klar ist. Aber an welches von beiden ich mich aus den 80ern zu erinnern glaube – ich bekomme es noch heraus.
 
 

Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 10.06.2013 um 19.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23395

Sicherlich ist "Hiwi" für die Sprache der NS-Zeit (Militär) für "Hilfswilliger" belegt; in meiner CD-ROM-Sammlung aus der Reihe der Digitalen Bibliothek finde ich noch einen treffenden Beleg aus Walter Killys Literaturlexikon. Zu Albert Bosper wird vermerkt:
"Am bekanntesten wurde sein Kriegsroman 'Der Hiwi Borowitsch' (Stuttgart 1958). Er berichtet vom Schicksal eines jener zahlreichen Sowjet-Soldaten im Zweiten Weltkrieg, die sich aus existentieller Not 'freiwillig' zur dt. Wehrmacht meldeten."
Man kann m. E. hier eine Brücke zur Sprache der Nachkriegszeit sehen. "Hiwi" im Sinne von "Hilfswissenschaftler", hier stimme ich Ickler zu, dürfte nachträglich hinzuerfunden worden sein.
Im "Deutschen Wörterbuch" von Wahrig, 2006, wird zu "Hiwi" immerhin angegeben: 1. umgangssprachl., Kurzwort für "Hilfswilliger"; 2. studentensprachl., Kurzwort für "wissenschaftliche Hilfskraft"; 3. umgangssprachl., abwertend: "jmd. der Hilfsarbeiten verrichtet".
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 11.06.2013 um 14.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1556#23398

Mir ist der "Hiwi" aus dem Studentenjargon der 70er geläufig. An der Universität Bielefeld war das zunächst die Kurzform für "wissenschaftliche Hilfskraft" (im Unterschied zur studentischen, d.h. mit Abschluß, also meistens ein Doktorand, in der Hierarchie unterhalb des "Assis" angesiedelt), darüber hinaus aber auch eine gängige Bezeichnung für studentische Hilfskräfte. Die Rede zumindest von einer studentischen Hilfskraft als "Hiwi" war durchaus abschätzig gemeint und hatte unüberhörbar die Nebenbedeutung "Kollaborateur", zumindest bei den Historikern und anderen Geisteswissenschaftlern, die die Bedeutung der Abkürzung ja kannten. Von "Hilfswissenschaftlern" sprach niemand. Das scheint mir eine Anpassung an die Kurzform zu sein, vorgenommen von Leuten, denen die ursprüngliche Bedeutung nur noch als mitunter auftauchende Assoziation begegnet.
 
 

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