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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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01.03.2012
 

Sex
Beiläufige Beobachtung

Wir sind Säugetiere, können es aber nicht einfach hinnehmen.

Bei manchen Internetseiten kann man einen "Familienfilter" ein- oder ausschalten, und Google bietet an:

SafeSearch-Filter
Welche Art sexuell expliziter Inhalte (Webseiten, Bilder und Videos) soll der SafeSearch-Filter aus Ihren Ergebnissen filtern?


Anderes auszufiltern scheint nicht zur Diskussion zu stehen, vielleicht ist es schon ausgefiltert, bevor es gefährlich werden kann.

Dieses Starren auf die Fortpflanzungsfunktion ist eigentlich merkwürdig. Es erinnert an manche Institutionen, für die "Moral" fast dasselbe ist wie "Sexualmoral". (In der antiken Moralphilosophie kommt Sex so gut wie gar nicht vor.)

Damit wären wir beim "Weltbild"-Verlag, einem der größten Handelsunternehmen in Deutschland. Daniel Deckers zeigt in der FAZ (1.3.12), daß die Konkurrenz hier offenbar eine Kampagne angezettelt hat, um das profitable Unternehmen billig übernehmen zu können. Zu diesem Zweck wurden die Bischöfe und der Papst mit Meldungen über das "Erotik"-Angebot derart in Schrecken versetzt, daß sie sofort und um jeden Preis verkaufen wollten. Inzwischen ist eine gewisse Beruhigung eingetreten, und vielleicht führt sie nicht nur zum Erhalt der Firma samt hübscher Einkünfte, sondern auch zum Erhalt der Arbeitsplätze, ja vielleicht sogar zu einer Besinnung, was es denn mit dem ominösen Angebot für lebenslustige Säugetiere überhaupt auf sich hat.



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Kommentare zu »Sex«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2012 um 19.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#21815

Es gibt ja Fußfetischisten, aber Füße kann man eigentlich nicht in aufreizenden Posen darstellen, oder? Fußpornographie? Wem diese Neigung fremd ist, dem kann man Füße drehen und wenden, wie man will, es wird ihn nicht anturnen. Wenn man bei Google/Bilder "Füße" (oder feet) eingibt, kann man unendliche Reihen Füße anschauen, aber ich kann nichts besonders Aufregendes entdecken. Schaltet man jedoch den vorgegebenen Familienfilter aus, der ja erklärtermaßen entfesselten Sex freigeben soll, dann erscheinen sofort andere Füße bzw. dieselben Füße in anderer Reihenfolge (ich habe es nicht genau nachgeprüft). Warum das so ist, weiß ich nicht, die Fußbilder können doch nicht von Zensoren im Hinblick auf ihre pornographischem Potentiale indiziert worden sein. Gibt es auch Knopffetischisten? "Knöpfe" ergibt denselben Effekt. Überhaupt alles. Ziemlich sonderbar.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.10.2012 um 04.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#21818

Ich bin kein EDV-Fachmann, aber ich denke, die Bilder werden nicht einfach als solche gespeichert, sondern zusammen mit Stichwörtern ("Tags"), die auf den Inhalt schließen lassen und auf die Suchen späterer Nutzer zugeschnitten sind. Der Familienfilter richtet sich nach diesen Metadaten. Wenn bei den Tags ein Begriff dabei ist, der auch etwas mit Sex zu tun haben könnte, wird der Filter das wohl bemerken. Interessant wäre dann die Frage, wie man den Filter programmiert, damit nicht jedes Bild eines Fußes unterdrückt wird, nur weil es unter anderem mit den Begriffen Haut und Model verknüpft worden ist. Die Auswertung der Bilder wird wohl nicht nach der Holzhammermethode programmiert (Tag Haut = verboten), sonst würden schnell Proteste auflaufen. Aber ich könnte mir vorstellen, daß ein Begriff wie Haut schon irgendwie in die Berechnung des Anstößigkeits-Koeffizienten einfließt. Wenn es jemand besser weiß, bitte korrigiert mich.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.10.2012 um 05.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#21819

Habe mich aus Neugier gerade ein bißchen kundiger gemacht. Es gibt viele Berichte von Nutzern, Anbietern und Beobachtern, die sich über die Ergebnisse der Google-Suchen wundern. Beispielsweise kann es passieren, daß man bei einer Suche mit aktiviertem SafeSearch mehr Bilder angezeigt bekommt als mit einer Suche ohne Filter. Solche unlogischen Ergebnisse gibt es auch bei der Textsuche.

Grundsätzlich verrät Google nichts Genaues über seine Suchalgorithmen. Man kann aber davon ausgehen, daß Google nicht nur den Bildtitel oder Tags auswerten läßt, sondern zugleich alles mögliche andere. Dazu zählt der Text der gesamten Internetseite, auf der das Bild erscheint. Wenn der ordinäre Passagen enthält, wird es ungemütlich für das Bild. Außerdem werden die Links überprüft, die auf die Seite mit dem Bild führen. Wenn diese zu oft auf inkriminierten Seiten stehen ("schlechte Nachbarschaft"), ist man ebenfalls in Gefahr, in den Filter verschoben zu werden. Dabei kann es ohne weiteres vorkommen, daß eine ganze Internetseite dem Filter zugeordnet wird, die auf ihr veröffentlichten Bilder aber nach wie vor über die Google-Filtersuche gefunden werden, weil sie auf andere Seiten kopiert wurden oder von anderen Seiten aus über Links erreichbar bleiben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.10.2012 um 07.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#21820

Früher scheint das recht simpel gehandhabt worden zu sein. Man beklagte sich, daß Internetseiten mit Stichwörtern wie "Brust" gesperrt wurden, so daß die Suche nach medizinischen Auskünften schwer war. Ein Lehrer erzählte mir, als ich selbst noch kein Internet hatte, daß die Eingabe "Erziehung" erst einmal eine lange Reihe von Domina-Studios brachte; das scheint inzwischen überwunden. Gestern sprach ich zufällig wieder mit ihm, und er meinte, die Google-Suche sei inzwischen so personalisiert, daß von jedem PC aus etwas anderes Priorität habe. Natürlich kennt Amazon längst meine Interessengebiete. Bei Google muß man etwas geschickter suchen, bis man durch die von anderer Seite gesteuerten Prioritäten durchstößt.

Das E-Mail-Angebot hat sich auch verändert, weniger Potenzmittel (vielleicht werde ich als zu alt eingeschätzt), mehr plumpe Versuche, an meine Bankdaten zu kommen. Unverändert die Aufforderungen, einem Nigerianer Geld zu schicken, damit er es mir hundertfach zurückzahlen kann.

Insgesamt habe ich als eifriger Internetnutzer, aber Ahnungsloser in technischen Hintergründen, den unbestimmten Eindruck, daß wir immer noch in den Anfängen dieser wunderbaren Erfindung stecken. Es wird sicher alles noch mehr durchkommerzialisiert, aber ich bin sicher, daß ich immer meine Nische finden werde.

Mein Freund schimpft gern auf das Internet und kann sich nicht damit abfinden, daß Amazon usw. den Buchhandlungen den Garaus macht. Ich brauche keine Buchhandlungen. Ich weiß immer, was ich will, und meine Möglichkeiten, es zu beschaffen, stehen nicht hinter denen einer Buchhandlung zurück. Seit der Rechtschreibreform betrete ich sowieso keine Buchhandlungen mehr. Bei Thalia wird mir richtig schlecht. Die Konkurrenz hält sich, wie man hört, nur dadurch über Wasser, daß sie der Universitätsbibliothek die Zeitschriften liefert, an denen diese zugrunde geht. Da scheint sich aber eine Veränderung anzubahnen, wie die Boykottbewegung gegen Elsevier zeigt (Open Access).
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 31.10.2012 um 09.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#21822

Ich würde das so lösen: Google definiert einfach verschiedene Kategorien von Seiten. Jede tatsächliche Seite wird dann einer oder mehreren Kategorien zugeordnet; diese Zuordnung läßt sich aufgrund des Inhaltes relativ leicht erstellen. Im Fall von Filtern werden einfach Seiten, die entsprechenden Kategorien angehören, gesperrt, und zwar mit allen Inhalten, also auch den darin enthaltenen Bildern, unabhängig davon, was diese Bilder tatsächlich zeigen.
Bei der Bildauswahl selbst wird zuerst der Dateiname und dann eine eventuelle Bildunterschrift herangezogen. Benenne ich also ein Bild, welches ein Auto zeigt z. B. mit Fuß.jpg, dann wird dieses Autobild unter den gesammelten Füßen erscheinen, sofern es nicht von einer gefilterten Seite stammt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.12.2013 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#24610

Die umfassende Werbung für "RedTube" läßt mich noch einmal auf ein Thema zurückkommen, das mit Zensur zusammenhängt. Bei uns versucht man ja, die sexuelle Mißhandlung von Kindern dadurch zu unterbinden, daß man die Kundschaft anstelle der oft nicht greifbaren Hersteller bestraft. (Auf meinem Bildschirm ist auch schon mal die Mahnung erschienen, Geld zu überweisen, andernfalls ich wegen Herunterladens von Kinderpornographie angezeigt würde. Ich habe es einfach weggeklickt, denn wenn ich etwas auf dieser Welt weder suchen noch finden würde, dann ist es Kinderpornographie.)
Nun glaube ich zwar nicht, daß über das Trockenlegen der Nachfrage die eigentlichen Verbrecher, also die Hersteller erreicht werden, aber das sei dahingestellt. Mir geht etwas anderes durch den Kopf. In der Vergangenheit wurde ja Pornographie nicht deshalb verfolgt, weil bei ihrer Herstellung Verbrechen begangen wurden, sondern wegen ihrer angeblich verderblichen Wirkung. Noch immer behilft man sich mit Begriffen wie "gewaltverherrlichend". Damit sind gewagte Hypothesen verbunden. Ist nun der Besitz von "Kinderpornographie" im herkömmlichen Sinne, also tatsächlich literarischer oder auch graphischer Phantasieprodukte strafbar? Oder denken wir an die ungeheuren Möglichkeiten der Digitalfilme: da könnten doch die schauerlichsten Verbrechen simuliert werden, ohne daß aber jemals ein Kind oder sonst jemand zu Schaden käme. Ist der Besitz von so etwas strafbar? Ist man über den gewagten Begriff "gewaltverherrlichend" hinausgekommen? Aber wie gelangt man von der Darstellung der Gewalt zur Verherrlichung?

Im Grunde ist es immer noch das alte Problem der Zensur: Einerseits möchte man dem Menschen die Freiheit und Selbstbestimmung lassen, andererseits will man nicht gern alles einfach hinnehmen, was möglich ist.

Gestern habe ich zeitvergeudenderweise bei Youtube ein paar Streifen angesehen, die nichts weiter zeigten als Autounfälle - da gibt es ja durch die ständig mitlaufenden Kameras heute unendlich viel Material. Nach ein paar Minuten ertappte ich mich bei Lachanfällen, obwohl die Zusammenstöße und Saltos bestimmt viele Verletzte und auch Tote zur Folge hatten, es war ja schließlich alles echt.

Die USA haben schon Tausende von Menschen in verschiedenen Ländern mit Drohnen ermordet. Würden wir das in lauter Filmschnipseln sehen, kämen wir wahrscheinlich aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.

Damit mir so etwas nicht passiert, habe ich kein Fernsehen.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 14.12.2013 um 23.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#24611

Ist nun der Besitz von "Kinderpornographie" im herkömmlichen Sinne, also tatsächlich literarischer oder auch graphischer Phantasieprodukte strafbar? Oder denken wir an die ungeheuren Möglichkeiten der Digitalfilme: da könnten doch die schauerlichsten Verbrechen simuliert werden, ohne daß aber jemals ein Kind oder sonst jemand zu Schaden käme. Ist der Besitz von so etwas strafbar? Ist man über den gewagten Begriff "gewaltverherrlichend" hinausgekommen? Aber wie gelangt man von der Darstellung der Gewalt zur Verherrlichung?

Der Besitz von Kinderpornographie im herkömmlichen Sinne von "Pornographie" ist gleichermaßen strafbar. Das gilt auch für digitale Erzeugnisse, und für literarische Phantasieprodukte sowieso. Im Fall der "Josefine Mutzenbacher" z.B. ist die Strafbarkeit dadurch gegeben, daß die Hauptfigur zumindest bei ihren frühen Abenteuern (ich kenne das Werk leider nur in Auszügen) als Minderjährige eingeführt wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte übrigens auch der Besitz von Pornofilmen strafbar sein, in denen Darstellerinnen auftreten, die vom Phänotypus her jünger als 18 sein könnten, auch wenn sie tatsächlich älter sind ("Anscheinjugendliche"). Wenigstens diesem Unfug hat das Bundesverfassungsgericht freilich einen Riegel vorgeschoben.

Es geht dem Gesetzgeber hier offensichtlich nicht um die Unterbindung der Darstellung tatsächlichen Mißbrauchs, schon gar nicht um die Bekämpfung des Mißbrauchs selbst. Sogar die Deutung, es gehe darum, unerwünschte Phantasien zu unterdrücken, wo und wie auch sie sich irgend materialisieren, greift m.E. zu kurz. Es geht vielmehr darum, die Demütigung der Frau durch den heterosexuellen Koitus unsichtbar zu machen (das mißbrauchte Kind hat als unbestreitbares Opfer nur eine Brückenfunktion). Um so sichtbarer werden soll das Bild des Mannes als Penetrationsmonster.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.12.2013 um 11.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#24615

Prostitutionsexpertin Alice Schwarzer schlägt in der Tat eine Brücke zwischen Pädophilie und Unterdrückung der Frau: "In der Prostitution herrscht – ganz wie bei der Pädophilie – nicht Gleichheit, sondern Ungleichheit“ (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-11/alice-schwarzer-paedophilie-prostitution). Spätestens seit #Aufschrei“ wissen wir, daß grundsätzlich jeder männliche Annäherungsversuch einen Übergriff darstellt. Klar, was moralisch geboten ist: Du sollst keine Frau anbaggern. Bring bloß keine zum Lachen! Frauen verstehen keinen Spaß. Frauen wollen auch keinen Sex.

(Weiß der Himmel, warum sich die Mädels kreischend zusammenrotten, sobald irgendwo ein Schwänzchen wie Justin Bieber auf der Bühne erscheint.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 15.12.2013 um 15.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#24616

Vertragsverhältnisse werden in der Regel im gemeinsamen Interesse eingegangen, sonst kämen sie ja nicht zustande. Die Prostitutierte nimmt den Platz des Proletariers ein, der immer schon als ausgebeutet gilt, unabhängig von seinem tatsächlichen Klassenbewußtsein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.04.2014 um 07.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#25578

Jetzt überbieten sich die Politiker in Vorschlägen zur Verschärfung des Strafrechts wg. Kinderpornographie. Nach Ansicht der meisten Leute ist auch jetzt schon das Strafrecht (§ 184b) so auszulegen, daß Zeichnungen, Mangas usw. ebenso darunterfallen wie echte Fotos und Filme. Damit wird aber klar, daß es nicht um den Schutz der Kinder geht, die bei der Herstellung solchen Materials in ihren Rechten verletzt werden, sondern um die moralische Verurteilung gewisser Arten des Sexualverhaltens. Wer sich selbst eine kinderpornographische Zeichnung anfertigt, wird bestraft. Sobald die Technik es schafft, auch Phantasien direkt aus einem Hirnscan abzulesen, werden auch diese verboten werden.

Ich bleibe dabei, daß es eigentlich unmöglich ist, ein Kind in "sexuell aufreizender" Weise darzustellen, weil Kinder nun mal rundherum mehr oder weniger niedlich sind und weder ihre unbeträchtlichen Geschlechtsteile noch der neuerdings so oft erwähnte Po für einen normalen Menschen etwas mit Sex zu tun haben. Die anderen werden sich auch an Kinderbildern aus der Werbung (für Kinderhilfswerke usw.) auf ihre Art erfreuen, da kann man nichts machen. Es wäre aber schade, wenn die Freude an Kindern (nicht die "Lust am Kind", wie es ein bekannter Pädophiler genannt hat) immer mehr unter Verdacht gestellt und jede Unbefangenheit beseitigt würde. Kinder muß man auch auf den Schoß nehmen, Kniereiterspiele machen (gut für die Sprachentwicklung!), sie nackt herumplanschen lassen usw. Es ist schließlich unser Nachwuchs, und wir finden ihn natürlicherweise sehr erfreulich.

Die gegenwärtige Diskussion ist auf jeden Fall interessant, weil sie die Mechanismen und Zwänge der veröffentlichten Meinungsbildung vorführt. Die meisten Texte dazu wirken einerseits hochmoralisch, andererseits eigentümlich unentschieden, vielleicht weil man ahnt, wie riskant das alles ist.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 13.04.2014 um 01.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#25584

Das Problem der "sexuell aufreizenden" Darstellung von Kindern ist lösbar. Man setzt auf Verdachtsfälle einfach pädophile Staatsanwälte und Richter an. Die haben den erforderlichen klaren Blick und ein unbestechliches Urteilsvermögen. Eine skurrile Figur im Kindersex-Theater ist jetzt schon der auf eigene Faust im Internet nach einschlägigem Material fahndende "Kinderschützer", der seine Funde der Polizei meldet. Dort weiß man die Brüder natürlich richtig einzuschätzen und empfiehlt ihnen dringend, anschließend ihre Zwischenablage zu löschen. Das ändert zwar nichts an der Strafbarkeit der eigenmächtigen Ermittlungen, hilft aber beiden Seiten, den Schein zu wahren.

Die Straftat selbst, der lüsterne oder anzügliche Blick auf das Kind, läßt sich nur durch dessen Verhüllung zuverlässig unterbinden. Die Konstruktion einer Sexualordnung um das zentrale Tabu Kindersex herum hat den paradoxen Effekt einer Sexualisierung der Kindheit, vor der diese vermeintlich gerade bewahrt wird, und die Sexualisierung der Kindheit ihrerseits führt in letzter Konsequenz zur Talibanisierung. Auch die Definition züchtiger Kinderbekleidung sollte man übrigens Pädophilen überlassen. Sie wissen am besten, ob z.B. ein Gesichtsschleier erforderlich ist oder ein Kopftuch reicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2014 um 03.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#25585

Die feministische Sprachkritik hat es vorgemacht. Das linguistische Schleppnetz bekommt immer feinere Maschen, so daß am Ende (?) aus history herstory wurde und eine Frau etwas ihrerzeit erlebte. Den Frauen wurde dadurch nicht geholfen, außer denen, die sich mit der Demonstration ihres feineren Moralempfindens einen Vorteil verschafften.

Aktivistinnen, denen am Kontakt mit Männern nichts liegt, haben Definitionen gefunden, die es Männern praktisch unmöglich machen, solche Kontakte zu knüpfen. Man darf sich auf keinen Fall anmerken lassen, daß man zwischen einer Frau und sich selbst einen Geschlechtsunterschied feststellt oder gar einen gewissen Reiz darin sieht. (Es gibt diesen Unterschied ja auch nicht mehr, er wird bloß konstruiert zum Zwecke der Gewaltausübung.)

Der "Fall Edathy" zeichnet sich dadurch aus, daß es ihn gar nicht gibt. Es herrscht ja Übereinstimmung darin, daß die Bilder, an denen er sich erfreute, nicht pornographisch waren. Ich habe die Diskussion um das BKA nicht verfolgt, aber es steht fest, daß dem Ganzen sozusagen die Geschäftsgrundlage fehlt. Warum sollte man jemandem Untätigkeit oder Vertuschen vorwerfen, wenn überhaupt keine "Tat" vorlag? Aber gerade dies läßt den Guten im Lande keine Ruhe: Wenn es bisher nicht strafbar war, soll es in Zukunft strafbar sein. Man muß also die Gesetze "verschärfen". Wohin soll das führen? Schon jetzt ist es ratsam, weder Fotos von Kindern (warum nicht auch von den eigenen? Man kann doch nie wissen...) zu besitzen noch Kindern nahezukommen. Am besten, man wechselt die Straßenseite, wenn eins entgegenkommt. Kinderspielplätze sind Peepshows, bloß nicht hingucken! Urs Bärlein hat die Dialektik dieser Moralisierung sehr treffend dargestellt.

Was ist das für ein Menschenbild? Natürlich sind zu allen Zeiten schlimme Dinge passiert, aber der Generalverdacht vergiftet alle Verhältnisse. Auch wir haben unseren Kindern beigebracht, sich nicht von fremden Männern anreden und vor allem nicht im Auto mitnehmen zu lassen. Andererseits ist bekannt, daß Verbrechen nicht nur von Unbekannten verübt werden. Soll man deshalb jedem Nachbarn mißtrauen? In einer ländlichen Umgebung wie hier war es immer selbstverständlich, daß man aus dem Kindergarten nicht nur die eigenen Kinder, sondern auch die der Nachbarn abholte; das ist heute ohne schriftliches Einverständnis nicht mehr möglich. Man denke auch an die Sicherheitsvorkehrungen, die an Schulen Amokschießereien verhindern sollen, nur weil es ein paarmal in mehreren Jahren zu so etwas gekommen ist. (In den USA wird die Bewaffnung der Lehrkräfte erwogen oder schon praktiziert.) Der Ausbau der Schulen zu Festungen samt Security-Check wie auf Flughäfen ist im Gange. Ist das eine Lösung?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2014 um 03.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#25924

Man stößt ja immer wieder drauf, auch wenn man persönlich nie etwas damit zu tiun hatte (unsere Töchter sind bisher unbehelligt durchs Leben gekommen, toitoitoi).
Also neulich fand ich im Internet Berichte über Leute, die - wohl im vorigen Jahr - die private Jagd auf Pädophile mit Hilfe einer gänzlich computergenerierten Attrappe ("Sweetie") betrieben haben. Diese virtuelle, fernöstlich aussehende Zehnjährige bot sich Internetsurfern zum Videosex an, befingerte sich auf Anforderung anscheinend selbst und verhalf erwachsenen Männern zu ihrer mehr oder weniger kümmerlichen Selbstbefriedigung. In vielen Fällen war es leicht, die Identität der Männer festzustellen.
Haben sie etwas Strafbares getan? Meiner Ansicht nach läuft es darauf hinaus, die bloße Neigung zu bestrafen, und selbst das nicht ganz überzeugend, denn es kann sein, daß ein anderweitig unauffälliges Individuum sich in sexueller Hinsicht die eine oder andere Phantasie erlaubt, die es in Wirklichkeit nie ausleben würde. (Das gilt sogar für biedere Ehepaare.)
Wie dem auch sei, es geht hier nicht einmal um "Verführung zu einer Straftat", sondern um die Verführung zur Vorstellung einer Straftat. Das Argument lautet also: Wer auf unseren Trick hereinfällt, verrät, daß er ein potentieller Kinderschänder ist. Man zieht ihn am besten vorbeugend aus dem Verkehr. Internetpranger wäre wohl das Richtige.
Eine sehr abschüssige Bahn im Strafrecht, geradezu orwellsch.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 25.06.2014 um 17.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#26145

Professor Ickler fragte kürzlich nach der möglichen Konkretheit des Landes, "das lange zögert, eh es untergeht" (Rilke). Mir fiel kürzlich etwas ähnliches auf, nämlich daß ich nie zu einer Entscheidung gelangt bin, wie ich mir eigentlich den "Goldregen" vorstellen soll, als der sich Zeus der schönen Danae genähert hat. Man will es sich vor Augen führen, aber es geht nicht.

Ist das so ähnlich wie die Sterntaler? Echtes Gold wäre ja viel zu schwer und zu hart für den Zweck der erotischen Annäherung, auch wenn es kleine Stückchen wären. Aber wie dann? Flüssiges Gold? Oder ein goldfarbener Regen, also nur die Farbe Gold? (Im Wikipedia-Artikel über Zeus steht "goldener Regen", das klingt für mich passender als "Goldregen".) Oder so etwas wie goldene Blüten?

Kann man sich das überhaupt vorstellen? Geht aus dem griechischen Text etwas hervor?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.09.2014 um 06.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#26638

Man kann es sich so vorstellen: http://visionsofwhimsy.blogspot.de/2012/05/danae-and-golden-shower.html

("Golden shower" allein führt nicht zu den einschlägigen Ergebnissen, sondern auf Pipi-Fetischismus.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.11.2014 um 04.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#27342

Zur Lex Edathy haben eigentlich unsere Klassiker schon das Nötige gesagt:

"Beim Himmel! der weiß nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sittenschule machen will. Immerhin hat das den Staat zur Hölle gemacht, daß ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte." (Hölderlin, Hyperion)

"Es ist eine Ausartung und philosophisch-bürokratische Überhebung, wenn der Staat direkt das Sittliche verwirklichen will, was nur die Gesellschaft kann und darf." (Jacob Burckhardt, Weltgesch. Betr.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2014 um 14.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#27574

Nun ist schon wieder viel Zeit vergangen, aber die Edathy-Affäre nimmt immer größere Ausmaße an und entfernt sich zugleich vom punctum saliens. Ein CSU-Minister ist zurückgetreten (aus den falschen Gründen), und nun zerfleischt sich die SPD (aus einem falschen Anlaß). Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Affäre Wulff besteht darin, daß der justiziable Anlaß so nichtig ist. Edathy hat sich gern Bilder von unbekleideten Jungs angesehen, die für die meisten Männer etwa so reizvoll sind wie ein Teller Bratkartoffeln. Soweit bisher berichtet, haben sich mit den Aufnahmen einige Jugendliche in Rumänien oder anderswo ein paar Euro Taschengeld verdient, oder? Kein Vergleich jedenfalls mit den wirklichen Vergewaltigungen in der Odenwaldschule usw.
Man darf Sexualpraktiken nicht mehr "normal" nennen, weil das einschlösse, daß andere nicht normal sind. Aber gleichzeitig wird die moralische Empfindlichkeit an anderer Stelle in künstliche Höhen getrieben, die keiner mehr nachvollziehen kann. Wer hätte gedacht, daß das Angucken von Bildern nackter Jungs einmal die Justiz und die Spitzen der Politik beschäftigen würde? Mehr als ein nachsichtiges Lächeln ist doch kaum angebracht. (Immer vorausgesetzt, daß tatsächlich nichts Schlimmes passiert ist.)
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 19.12.2014 um 16.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#27575

Aus dem Politiker »mit Migrationshintergrund« ist jetzt, wie zu hören ist, ein echter Migrant geworden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.01.2015 um 08.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#27708

Der Schriftsteller Ulf Erdmann Ziegler beschreibt in der FAZ (5.1.15), wie er zu einem Fernsehauftritt in der Talkshow von M. Illner gekommen ist und was er dort erlebt hat. Tausende müssen ähnliche Erfahrungen gemacht haben, aber man liest nur selten etwas so Treffendes darüber. Wer sich darauf einläßt, ist selbst schuld, gewiß, aber ein ehrlicher und gutgläubiger Menschenfreund kann es sich ja nicht vorstellen, eben weil so wenig davon berichtet wird. Kein Schwein interessiert sich für die Sache, um die es angeblich geht, oder gar für dich, keiner hat eine Ahnung von irgend etwas, aber das macht gar nichts: Es geht nur darum, eine Stunde Fernsehunterhaltung in genau demselben Format abzuliefern, das die Leute gewohnt sind.
Ich bin nicht einzige, der gegen die Rechtschreibreform auch dieses Mittel zu nutzen versucht hat, aber wir haben alle dieselbe Erfahrung gemacht wie Ziegler (bei dem es um Edathy usw. ging, weshalb ich meine Beobachtung hier einschalte). Den schlechten Geschmack im Mund wird man lange nicht los.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.03.2015 um 04.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#28242

Der Kinderschuzbund will das Geld nicht, zu dessen Zahlung Edathy verpflichtet worden ist. Der Verein bekommt jedes Jahr bedeutende Summen aus Strafverfahren zugewiesen, auch aus solchen einschlägigen. Man nimmt ja an, daß der Kinderschutzbund die Kinder schützt. Warum sperrt er sich gerade jetzt? Ist das Vergehen Edathys so einzigartig? Dem widerspricht die Einstellung des Verfahrens. Oder macht der Bund nur Werbung mit einer sehr bekannten Sache – und verzichtet gern auf den Klacks von 5000 €?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2015 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#28647

Ergänzend zum vorigen Eintrag:

Edathy-Absage bringt Kinderschutzbund Spendenflut
Die 5000 Euro Geldauflage, gegen die der Kinderpornografie-Prozess gegen Sebastian Edathy eingestellt wurde, wollte der Kinderschutzbund nicht. Dafür spendeten andere fünzigmal so viel Geld wie sonst.

(Welt 18.4.15)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.02.2016 um 09.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#31810

Weil ich mich in dieser Rubrik schon mit Buchpreisbindung usw. befaßt habe, will ich noch etwas anfügen:

Ein 60 Jahre alter Artikel aus den „Acta Psychologica“, jetzt Elsevier, kann als PDF für $ 35.95 heruntergeladen werden; derselbe Preis gilt auch für die einzelne Seite mit dem „Editorial Board“.
Warum sollen diese Zustände erhaltenswert sein?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.02.2016 um 13.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#31811

Wo genau ist das Problem?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.02.2016 um 17.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#31812

Na, bei den Wucherpreisen, denke ich.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.02.2016 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#31813

Elsevier lebt von kartellartigen Strukturen (die das eigentliche Problem sind) und hat es deshalb nicht nötig, marktfähige Preise für solche »Produkte« anzusetzen. Aber die Nachfrage ist ja auch annähernd null, jedenfalls hierzulande, wo an jeder Ecke eine Universitätsbibliothek steht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.12.2017 um 05.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#37169

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1049#13893

Es geht nicht an, daß Paare erst zum Therapeuten laufen, wenn etwas schiefgeht. In der FAS (3.12.17) wird der Nutzen von präventiver Paartherapie dargestellt. Das Therapieren von Gesunden ist überhaupt eine geniale Geschäftsidee. Wenn zwei Menschen einander kennenlernen, sollten sie sofort präventiv zu einem Paartherapeuten gehen. Das schließt ja die lebenslange Beziehung zum normalen Psychoanalytiker ("mein Therapeut") nicht aus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.06.2018 um 11.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#38961

Pädophile Täter und pädophile Nichttäter sollen verschiedene Hirnstrukturen haben. So das Netzwerk Nemup („Neuronal mechanisms underlying pedophilia and child sexual abuse“). Unkritischer Bericht von Karin Truscheit über die windigen Ergebnisse einer Untersuchung an einer viel zu kleinen Stichprobe in FAZ 13.6.18. (Titel und Programm des Netzwerks präsupponieren schon eine bestimmte Art von Ergebnissen.)
Es läuft auf das „Verbrechergehirn“ hinaus, dem man präventiv entgegentreten könnte.
Übrigens: Werden die Nutzer von Kinderpornographie eigentlich als pädophile Täter oder als pädophile Nichttäter eingestuft? Das Strafrecht sieht aus kriminalpolitischen Gründen Täter, ich selbst würde sie als Nichttäter bezeichnen, auf derselben Stufe wie Leute mit pädophilen Phantasien, im Unterschied zu den Herstellern solcher Produkte. Das Problem mit den animierten Kunstprodukten, deren Konsum ebenfalls kriminell sein soll, habe ich anderswo schon erörtert. Es wird noch verschärft durch die Umdeutung von Sexualvergehen in „sexualisierte Gewalt“.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.06.2019 um 13.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#41667

"Homosexualität ist keine Krankheit und damit nicht behandlungsbedürftig", sagte der Minister in Berlin. (tagesschau.de)

Sollte man nicht alle „sexuellen Orientierungen“ ebenso beurteilen? Nur die strafbaren nicht. Dann wäre Strafbarkeit die Krankheit...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.06.2019 um 06.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#41687

Zum vorigen:

Den kommunistischen Diktaturen hat man vorgeworfen, Regimekritiker in Irrenanstalten verschwinden zu lassen. In milderer Form treiben wir es ebenso, wenn wir unerwünschtes Verhalten („Aufsässigkeit“, „Querulantentum“) als Krankheit behandeln. Der Psychiater und Psychiatriekritiker Bruce E. Levine schrieb kürzlich:

Many mental health professionals have long recognized the lack of scientific validity of the DSM, and its pseudoscience has at times become so obvious so as to be a public embarrassment for psychiatry. Prior to 1973, owing clearly to prejudice and not science, homosexuality was a DSM mental illness. Since what enters and exits the DSM has nothing to do with science (the actual criteria for DSM “illness” being what behaviors make an APA committee uncomfortable enough), homosexuality could only be eliminated as a DSM illness by political activism, which occurred in the early 1970s; and homosexuality was omitted from the 1980 DSM-III.
In that same DSM-III, however, again owning to prejudice and not science, a new mental illness for kids was invented by psychiatry: “oppositional defiant disorder” (ODD), the so-called symptoms including “often argues with authority figures” and “often actively defies or refuses to comply with requests from authority figures or with rules.” ODD is categorized as a “disruptive disorder,” and today disruptive-disordered kids are being increasingly medicated. („Tom Paine, Christianity, and Modern Psychiatry“ – counterpunch June 14, 2019)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.08.2020 um 10.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#44070

Zum vorigen vgl. den unkritischen Artikel bei Wikipedia:

https://en.wikipedia.org/wiki/Oppositional_defiant_disorder
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.01.2024 um 06.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1501#52522

KI-generierte erotische und gewalttätige Animationen, die mit dem Disclaimer versehen sind, die Kunstfiguren seien "18 oder älter", wirken komisch, aber dahinter steht das hier schon diskutierte Problem, wann und warum Pornographie eigentlich strafbar ist, und zwar schon der Besitz und Konsum. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Mißbrauch kann sich ja nur auf die Umstände der Herstellung beziehen, nicht auf die Phantasien der Konsumenten. Aber soviel ich weiß, darf nicht einmal in Romanen ohne weiteres etwas beschrieben werden, was in der Wirklichkeit strafbar wäre.
Der Witz der Animation besteht ja gerade darin, daß bei der Herstellung keine wirklichen Menschen benutzt werden und daher auch keine Kinder zu Schaden kommen. Man soll es sich nicht einmal vorstellen dürfen, und das ist mit dem Schutz der Kinder nicht zu rechtfertigen, es sei denn, man glaubt dem Argument, wer sich so etwas angucke oder auch nur vorstelle, werde wahrscheinlich auch irgendwann zur Tat schreiten. Dem steht die mindestens ebenso plausible These gegenüber, daß die Phantasie ein Ersatz für die Tat sei und sie entbehrlich und daher unwahrscheinlicher mache. Unbestreitbar ist wohl, daß die allermeisten Phantasien niemals ausgelebt werden. Die Anklickzahlen für Porno- und Gewaltdarstellungen sind bekannt. Sie übersteigen die Zahl einschlägiger Taten bei weitem.
 
 

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