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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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19.03.2013
 

für und für
Wuchern einer Präposition

Schon Schopenhauer hat, wenn ich mich recht erinnere, den widersinnigen Gebrauch der Präposition für kritisiert.

Heute lese ich in der FAZ: Zwangsabgabe für Zyprer und denke gleich an das Geld, das ich für die zyprischen Banken hergeben soll. Aber es sind die Abgaben der Zyprer selbst gemeint.

Ähnlich: Abgaben für Besserverdienende? (Forschung & Lehre 5/1998)

Die Untersuchungen Husserls sind für die Philosophie von großem Einfluß gewesen. (Wolfgang Stegmüller)

Neue Hinweise für Virus-Beteiligung bei Prostatakrebs

Oft wird für zwecks Vermeidung ("für die Vermeidung") schiefer Genitivattribute eingesetzt:

Das Aberkennungsverfahren der Uni Düsseldorf für ihren Doktortitel wird im Jahr der Bundestagswahl schwer auf der Bundesbildungsministerin lasten. (Welt online 23.1.13)



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Kommentare zu »für und für«
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 06.05.2021 um 22.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#45849

Es gibt leider keinen allgemeinen Eintrag für Präpositionen, aber es ging hier auch schon um "wegen":

Wegen Kinderpornografie wurde ein Mann in zweiter Instanz freigesprochen
(Freie Presse, 7.5.2021, Seite 12)

Deswegen kann man nicht freigesprochen werden, sondern höchstens [u]von[/u] (dem Vorwurf der) Kinderpornografie.
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 24.09.2013 um 16.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#24104

Dreimal "für":

- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
- Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland
- Angela Merkel Kanzlerin für Deutschland
 
 

Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 03.04.2013 um 19.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22918

Die Schopenhauer-Stelle findet sich in der Abhandlung "Über Schriftstellerei und Stil", § 283, Anmerkung HH. Schopenhauer bemerkt dort drastisch: "Das 'für' wird bald die einzige Präposition im Deutschen sein: der Unfug, der damit getrieben wird, ist grenzenlos. [...]"

Ich kann immerhin ein Beispiel für das schräg gebrauchte "für" beisteuern; es kam mir kürzlich vor Augen (siehe ver.di-Zeitschrift "M", 2/2013, S. 10):
"Um dem grundgesetzlichen Anspruch für Vielfalt im Medienangebot zu entsprechen, werden allerdings kaum Handlungspositionen entwickelt."

Als Sprachberater hatte ich viele Anfragen zu Präpositionen zu beantworten; es besteht da eine erhebliche Unsicherheit. Auch bei "durch" lassen sich "Wucherungen" beobachten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.03.2013 um 03.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22852

Das Schild ist auch sonst semiotisch bemerkenswert mit der jungen Familie im Vordergrund. Man möchte zurückfragen: "Wegen wem?"
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 22.03.2013 um 17.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22851

In der Nähe meines Wohnortes hat die Jägerschaft dieses Schild an die Straße gestellt:

http://pics.virch.net/wegenuns.jpg.

Man soll wohl für Tiere bremsen oder überhaupt Rücksichtauf sie nehmen. Wenn ich dort vorbeifahre, muß ich immer an einen Landkreisbeamten denken, der, von mir um eine Erlaubnis gebeten, nickte und antwortete: "Wegen meiner." Ich war sehr bewegt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.03.2013 um 14.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22850

Daß man wegen der Annäherung an ein Stauende, wegen gefrierender Nässe, wegen einer roten Ampel oder auch wegen Tieren bremst, ist ja nichts Besonderes. Jeder, dem sein Auto und sein Führerschein lieb und teuer sind, bremst da. Niemand wird solch selbstverständliches, teils auch eigennütziges Verhalten extra per Aufkleber auf seinem Auto kundtun. Wer einen Aufkleber "Ich bremse auch für Tiere" spazierenfährt, der will damit sagen. daß er ein Tierfreund ist, daß er notfalls auch zum Nutzen kleiner Tiere, die ihm selbst gar nicht schaden könnten, also extra und nur für sie, auf die Bremse treten würde, und daß andere Fahrer entsprechend hinter ihm Abstand halten mögen. Sollte jemand mit für tatsächlich wegen meinen, wäre das natürlich falsches Deutsch im Sinne dieses Tagebucheintrags. Ich glaube nur nicht, daß das in diesem Fall so gemeint ist.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 22.03.2013 um 12.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22849

"...für" jemanden bremsen ist aber hier nicht anstelle, sondern gemeint ist, wegen Tieren bremsen.
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 22.03.2013 um 08.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22848

Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich es da einfacher. Auf dem Heck war noch ein Regenbogen geklebt. (Wie unschön: ein geklebter Regenbogen)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.03.2013 um 00.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22847

Wenn es auch oft nicht richtig paßt, so ist für dennoch kein Unwort. Man kann jederzeit etwas für jemanden tun, also auch für jemanden bremsen.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 21.03.2013 um 20.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22845

Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mir über die Bedeutung von „Heten“ Klarheit verschafft hatte:
1. Heten ist ein Ort in der Oblast Transkarpatien in der Ukraine an der Grenze zu Ungarn. (einkopiert aus Wikipedia)
2. HETE ist die Abkürzung für:
High Energy Transient Explorer, Weltraumteleskop für Gamma- und Röntgenstrahlung (ebenfalls aus Wikipedia)
3. Hete, Plural Heten
umgangssprachlich, leicht abfällig: Person mit heterosexueller Orientierung (einkopiert aus Wiktionary)

Ich muß wohl ziemlich rückständig sein, die Bedeutungen dieses Homonyms umständlich herauszubekommen.
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 21.03.2013 um 19.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22844

Kürzlich gesehen: " Ich bremse auch für Heten".
 
 

Kommentar von Bockwurst, verfaßt am 21.03.2013 um 16.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22842

Schöner ist dieser Aufkleber: "Hup, wenn du auch schwul bist!"
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 21.03.2013 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22839

Ich bremse für Tiere

Autoaufkleber, lese ich häufig auf der Stoßstange meines Vordermanns.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 21.03.2013 um 10.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22832

"Folgen Sie K41 für dreizehn Kilometer" – Lisa TomTom.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.03.2013 um 10.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22831

Es ist eine ganz hübsche Übung, sich in jedem Fall die richtige Präposition zu überlegen. Manchmal gibt es gar keine, man stellt besser den Satz um oder benutzt einen Kasus ohne Präposition. Ich merke, daß das gar nicht so einfach ist. Vielleicht hat sich gerade deshalb die Präposition für so etabliert, sie ist anscheinend universell einsetzbar und erspart einem das Nachdenken. Manchmal läßt sich damit auch eine Wiederholung vermeiden, wie bei Zustimmung zu (einer Sache). Besser wäre natürlich in vielen Fällen ein Verb (einer Sache) zustimmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.03.2013 um 07.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1547#22829

Hier sind noch einige auffällige Verwendungen von für:

Dadurch werden neue Einsichten gewonnen für die gesellschaftlichen Bedingtheiten von Sprache. (Heinemann/Viehweger: Textlinguistik. Tübingen 1991:65)

[i]Der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Biermann hatte, neben der Faszination für Dylan Thomas, durchaus auch aktuellen Anlaß, das Gedicht zu übersetzen. (FAZ 14.12.91)

Die Faszination von Politikern für ihre jeweilige nationale Bildungskatastrophe (...) (Unterrichtswissenschaft 1978:210)

Abneigung für Seegeschichten (Christa Wolf: Störfall.1987:116)

Die Akzeptanz für den rotgrünen Senat ist sehr gut. (Nürnberger Nachrichten 4.9.89)

Das Verstehbare ist mitgegeben, die sprachlichen Formen sind Zugang dafür. (Peter R. Lutzeier: Linguistische Semantik. Stuttgart 1985:8)

Die Reisemöglichkeiten in die Bundesrepublik haben zudem eine stabilisierende Wirkung für das innere Gefüge der DDR. (FAZ 20.9.88)

Als wichtige Einflußgröße für den Lernerfolg sind die Wohnverhältnisse zu betrachten. (Interkulturelle Erziehung 5, 1986:105)

Die malaysische Regierung hat ein Auslieferungsgesuch für den 24jährigen Frank Förster abgelehnt. (SZ 19.12.86)

Das Restkollegium täte gut daran, sich in einer stillen Stunde nach der Tauglichkeit für die sehr spezifischen Anforderungen zu fragen (FAZ 30.6.87)

Zustimmung für Reagans Entscheidung (SZ 4.12.86, Titel)

Daß die Jugend Anfang der achtziger Jahre technikfeindlich sei, dafür gibt es keine Hinweise, eher im Gegenteil: Gegenüber früheren Jugendstudien ist das Interesse der Mädchenund jungen Frauen für Technik angewachsen. (Shell-Studie 1985: Jugendliche und Erwachsene ´85, Bd. 1:24)

Die Chancen für einen Arbeitsplatz sind gering. (FAZ 21.4.86)

Daß er keine Alternative für Modernisierung sieht, hat der Parteichef oft gesagt. (SZ 26.2.86)

Interesse für Logik (Paul Lorenzen: Methodisches Denken. Frankfurt 1968:9)

Für das, was wir Physik nennen, hat Aristoteles oft nur hemmend gewirkt. (Paul Lorenzen: Die Entstehung der exakten Wissenschaften. Berlin 1960:114)

Für die Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts haben verschiedene Wissenschaften ihren Beitrag zu leisten. (Zs. f. Germ. 3, 1982:137)

Eine für Nichtexperten anwendbare umfassende deutsche Grammatik ist daraus noch nicht hervorgegangen. (Peter v. Polenz: Deutsche Satzsemantik. Berlin 1985:60)

Die Möglichkeiten des Mittelhochdeutschen für syntaktische Unterordnung von Sätzen waren noch sehr beschränkt. (Peter v. Polenz: Geschichte der deutschen Sprache. Berlin 1972:98)

Für Sozialwissenschaftler, Soziologen und Politologen besteht auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Nachfrage. (SZ 10.5.85)
 
 

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