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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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02.11.2007
 

Hoffnung SOK
Allmählicher Rückbau ist auch ein Weg

Wahrscheinlich ist im Augenblick nichts anderes möglich.
Und nachdem sich die Verhärtungen durch den bloßen Ablauf der Zeit und vielleicht auch durch die nicht gerade begeisternden Erfahrungen mit der Reformschreibung deutlich gelöst haben, könnten die Presseorgane im ganzen deutschen Sprachgebiet sich sehr gut mit den zurückhaltenden Vorschlägen der Schweizer Orthographischen Konferenz anfreunden. Das Ergebnis wäre eine klare Verbesserung der Qualität.

Jedenfalls haben unsere Freunde in der Schweiz bewundernswerte Arbeit geleistet:

"Deutschschweizer Presse über Rechtschreibung einig

In der Deutschschweizer Presse zeichnet sich ein Konsens über die Umsetzung der neuen Rechtschreibung ab. Eine wachsende Zahl von Verlagshäusern will die Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) umsetzen. Die SOK hat laut einer Mitteilung vom Donnerstag an ihrer Herbsttagung die abschliessenden Empfehlungen zur Rechtschreibung vorgelegt. Zugleich lud die SOK in einer Resolution die Zeitungen der Deutschschweiz ein, die Empfehlungen der SOK zu übernehmen.

Bereits an früheren Tagungen hatte die SOK bei Varianten empfohlen, die herkömmlichen Schreibweisen zu verwenden. In verschiedenen Fällen solle die neue Rechtschreibung nicht angewendet werden. Als Beispiele nannte die SOK einzelne Umlautschreibungen (zum Beispiel behände) oder falsche Herleitungen (Quäntchen). An ihrer Tagung empfahl sie nun unter anderem auch, die Tageszeiten (heute morgen) entgegen der neuen Rechtschreibung klein zu schreiben."

(Freitag, 2. November 2007)



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Kommentare zu »Hoffnung SOK«
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 02.11.2007 um 09.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10569

Zur Schweizer s-Schreibung hab ich eine Frage: Wird ss immer zwischen den s getrennt, auch wenn es silbenmäßig falsch ist? Heute las ich in einer Schweizer Zeitschrift die Trennung 'gros-steils'.
 
 

Kommentar von Tell Me, verfaßt am 02.11.2007 um 17.59 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10577

Es mag Ihnen an den Schweizern manches seltsam erscheinen, Herr Strasser, aber völlig beknackt sind sie nicht. Natürlich gelten hier dieselben Trennregeln wie im übrigen deutschen Sprachraum.
Da nun einmal das ß fehlt, ist ss die einzig mögliche und keine "Ersatzschreibung" – und wird daher wie andere Doppelkonsonanten getrennt. Also beispielsweise Stras-ser. Damit hat sich's.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 02.11.2007 um 21.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10578

Herr Tell irrt, und Herr Strasser ebenfalls.

Zu Herrn Strassers Frage: Solche Trennungen sind nirgends richtig, aber sie sind sowohl innerhalb wie außerhalb der Schweiz immer häufiger.

Herr Tell übersieht, daß beis-sen nach Schweizer Trennregel anders (und mMn besser) getrennt wird als bei-ßen. Die Trennregel bei-ssen scheint es wohl einmal gegeben zu haben, aber kaum jemand hat sie angewendet. Der einzige Fund im Internet dazu war die Friedhofsordnung von Biel.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 03.11.2007 um 00.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10579

Also die Trennungen Grüs-se, Grös-se oder grös-ste sehe ich in Schweizer Texten häufig. Die Trennweisen Grü-sse und Grö-sse sehen jedenfalls komisch aus.
 
 

Kommentar von Tell Me, verfaßt am 03.11.2007 um 09.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10582

Wo der Irrtum steckt, kann ich nicht erkennen. Das Beispiel ist ungeschickt, es lag zu verführerisch nahe; Stras-se wäre besser, am besten wäre gar keins. Es sind doch gar zu simple Sachen, nicht? Ich wollte eine knappe Antwort geben, damit wir vielleicht doch noch die Kurve zum Thema des Tagebucheintrags kriegten...

Schweizerisch gelten andere Schreibungen, keine anderen Trennregeln: ß wird nicht ersetzt – es ist nicht vorhanden: müs-sig, mäs-sig, aus-sen, heis-sen. (Das "Konzept ß" fehlt.)
Schreibt nun jemand nach 'außerschweizerischer' Norm und hat entweder kein ß auf der Tastatur oder will ein Wort mit ß in Großbuchstaben setzen, so gilt jene Ersatzschreibung, die "kaum jemand anwendet": STRA-SSE (s. Ickler, § 29, Anm. 3).
 
 

Kommentar von Tells Freundin, verfaßt am 03.11.2007 um 09.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10583

„Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.
Mancher hält sich für den Herrn seiner Mitmenschen und ist
trotzdem mehr Sklave als sie.“
(Aus dem Gesellschaftsvertrag von Jean-Jacques Rousseau)

Besonders empfehlenswert ist Eveline Haslers Roman (in herkömmlicher Schreibweise!) aus dem Deutschen Taschenbuch Verlag in München, ungekürzte Ausgabe vom Oktober 2006 unter dem Titel:

Tells Tochter
Julie Bondeli und die Zeit der Freiheit

Zum Dreiteufelsnamen auch! Selbst Kinder wurden und werden mit anspruchsvoller Literatur (nicht dem heutigen Schund) konfrontiert. Sicher ein Grund, warum bei uns keine Revolution bezüglich ß, SS oder Trennregeln stattfindet oder angezettelt wird.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 03.11.2007 um 12.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10585

Der von Herrn Herter bestrittene Ersetzungsvorgang findet regelmäßig statt, z. B. wenn in Schweizer Medien deutsche und österreichische Namen verwendet werden, die ein ß enthalten.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 04.11.2007 um 09.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10611

Was sagt denn eigentlich die RSR zur Trennung von STRASSE?
Soweit ich sehen kann, ist dieser Fall nicht ausdrücklich geregelt. Man könnte vielleicht in § 111 die Antwort vermuten. Die Regel lautet:
"Stehen Buchstabenverbindungen wie ch, sch; ph, rh, sh oder th für
einen Konsonanten, so trennt man sie nicht. Dasselbe gilt für ck."
Hier steht SS für ß, also STRA-SSE. Das Problem ist nur, daß ss auch für nur einen Konsonanten steht. Demnach müßte man ja auch Ga-sse trennen. Außerdem ist ß kein Konsonant, sondern ein Buchstabe, der wie ss für den stimmlosen s-Laut steht.
Wäre also STRAS-SE die reformierte Trennung?
Sagt der Duden etwas dazu?
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 04.11.2007 um 09.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10612

In § 110 des Regelwerks findet man das Beispiel „beis-sen (wenn ss statt ß, vgl. § 25 E2 und E3)“. Der Duden schreibt dazu unter K 164 Nr. 3: „Steht ss als Ersatz für ß zwischen zwei Vokalen, dann wird zwischen den beiden s getrennt (§ 110). Grüs-se (statt: Grü-ße), heis-sen (statt: hei-ßen) (Aber: scheuss-lich)“
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 04.11.2007 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10613

Damit ist meines Erachtens auch erwiesen, daß ss in diesen Fällen eben nicht bloßer „Ersatz“ für ß ist, denn das zu ersetzende Eszett befände sich in einem entsprechenden Text ja unstreitig in der nächsten Zeile. Außerdem verträgt sich diese Regel nicht mit der durch die griffige Formel „Nach Kurzvokalen steht ss, sonst ß“ (Flückiger/Gallmann) suggerierten Lautbezogenheit der neuen s-Schreibung, wie etwa das Beispiel Mas-se/Ma-sse zeigt.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 05.11.2007 um 09.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10625

Zu "Allmählicher Rückbau ist auch ein Weg":

Diese Erkenntnis gab es hier schon einmal im vergangenen April.

http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=826#8358

Ich halte den aktuellen Tagebucheintrag deshalb nicht für originär.
 
 

Kommentar von R. H., verfaßt am 05.11.2007 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10628

Der hier angegebene Link (#10625) führt zu einem Tagebucheintrag über "selbstständig". Es findet sich dort nichts über die SOK und deren (recht moderate) Änderungsvorschläge, die den Rückweg zu guter, sprachrichtiger Schreibung weisen und beschleunigen möchten.
 
 

Kommentar von (P. S.), verfaßt am 05.11.2007 um 13.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10631

Falls Sie aber schlicht auf Ihren hübschen Zweizeiler anspielen, so verdient der doch allemal, als Kommentar zum aktuellen Eintrag hier wiederholt zu werden:

Ist der Frieden erst diktiert,
Wird der Unsinn abmontiert.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 05.11.2007 um 14.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10633

Der ist erstens nicht von mir und zweitens auch gar nicht besonders hübsch, sondern affektiert. Mir ging es darum, darauf hinzuweisen, daß schon vor vielen Monaten bekannt war, daß sich die Betreiber jetzt im großen Konsens davonschleichen. Herr Prof. Ickler äußert diese Einsicht erst jetzt.
 
 

Kommentar von (P. S.), verfaßt am 05.11.2007 um 14.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10634

Übrigens findet sich ein Namensvetter unseres Volksdichters auf der Internetseite der SOK.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 05.11.2007 um 20.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10638

Demnach wäre also Mas-seinheit richtig und gros-steils falsch.
Die Ergänzung, daß die Regel nur gilt, wenn ss zwischen zwei Vokalen steht, war im 2000er CD-Duden noch nicht vermerkt, dort stand rot: „Steht ss als Ersatz für ß, dann wird zwischen den beiden s getrennt.“ Demgemäß war also auch gros-steils richtig.
Ich meine, beides ist falsch.

Zu Trennfragen äußert sich die SOK-Seite, vermutlich wegen untergeordneter Wichtigkeit, bisher noch nicht.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 05.11.2007 um 20.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10639

Die Trennung Mas-seinheit wäre deshalb falsch, weil hier eine Zusammensetzung vorliegt, die zwischen ihren Bestandteilen zu trennen ist (§ 108).
 
 

Kommentar von St. Galler Tagblatt, 2. November 2007, verfaßt am 07.11.2007 um 17.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#10651

Verlage: Konsens bei Rechtschreibung

In der Deutschschweizer Presse zeichnet sich ein Konsens über die Umsetzung der neuen Rechtschreibung ab. Eine wachsende Zahl von Verlagshäusern will die Empfehlungen der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) umsetzen. Die SOK, in der Vertreter der Presse, der Literatur und der Sprachwissenschaften vereinigt sind, hat an ihrer Herbsttagung in Zürich die abschliessenden Kapitel ihrer Empfehlungen zur Rechtschreibung vorgelegt. Sie betreffen unter anderem die Gross- und Kleinschreibung. So empfiehlt die SOK, Tageszeiten («heute morgen») entgegen der neuen Rechtschreibung klein zu schreiben. Bereits an früheren Tagungen hatte die SOK empfohlen, bei Varianten die herkömmlichen Schreibweisen zu verwenden.

Ausgerichtet hatte die Tagung der Sprachkreis Deutsch. Es nahmen Zeitungen teil, darunter das St. Galler Tagblatt, die NZZ, der «Tages-Anzeiger» und andere, ausserdem Vertreterinnen der Politik, Schriftsteller, Sprachwissenschafter und Verleger sowie die Nachrichtenagentur SDA. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Sprachrichtigkeit und Einheitlichkeit der Rechtschreibung in Presse und Literatur zu fördern.

Nun lädt die SOK in einer Resolution die Zeitungen der Deutschschweiz ein, ihre Empfehlungen zu übernehmen. (sda)

(Link)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.10.2024 um 10.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=915#54131

Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) hat vor wenigen Tagen ihr neues Manifest veröffentlicht, das ich zur Weiterverbreitung empfehle:

https://sok.ch/sok-manifest-2024
 
 

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