Zurück zum Forenbereich
»Sprache und Politik«
Beiträge zum Thema
»Wie weiter?
Zu Perspektiven und Strategien«
Neueste Beiträge zuoberst anzeigen | nach unten
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 31.03.2006 um 16.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#578
Ich möchte einen Beitrag von Herrn Jochems aufgreifen und unabhängig von den tagespolitischen Nachrichten weiterdiskutieren:
Dies war der letzte Streich der Handvoll Kultusbürokraten, die seit 1987 aus der Anonymität heraus die Deutschen an der Nase herumgeführt haben. In fünf Jahren werden auch die letzten im Ruhestand sein, und ohne sie stehen dann Ahnen, Wolff und Schavan orientierungslos da.
Es sind ja nicht nur die Kultusbürokraten, die ein Interesse an der Reform haben. Einige Wissenschaftler werden für die nächsten Jahre auch noch dabeisein, so etwa Herr Gallmann. Und da absehbarerweise nun ein für alle unbefriedigender Zustand der Orthographie eintreten wird, eröffnet sich die Chance für die Reformer, in ein paar Jahren erneut auf den Plan zu treten – insbesondere dann, wenn der Widerstand seitens der „Altschreiber“ an Gewicht verliert. Deshalb halte ich die folgende Einschätzung für unzutreffend:
Ein Rechtschreibfriede ist gewiß gestern nicht beschlossen worden, aber die neue Situation sieht sehr nach einem Waffenstillstand aus. Mit einem solchen Zustand sind die Deutschen von 1945 bis 1990 sehr gut gefahren ...
Der große Unterschied zu damals (1945 bis 1990 – nein, genauer nur bis 1987, dem Jahr des offiziellen Auftrags von BMI und KMK an das IdS, einen Neuregelungsvorschlag zu entwerfen, bei dem der Bereich der Groß- und Kleinschreibung ausgespart bleiben sollte [!]) ist ja, daß die Deutschen nicht zu befürchten hatten, daß übereifrige Reformer die Schreibungen nach ihrem Gutdünken verbiegen würden! Und Herr Zehetmair hat ja selber angedeutet, daß weitere Änderungen nicht ausgeschlossen sind (siehe FAZ vom 29. März [Es sei durchaus erlaubt, noch einmal die Schreibung von „Quäntchen” und „behände” zu ändern. Zwar sei schon viel dadurch erreicht worden, „den alten Betonköpfen das absolute Geltendmachen des Regelwerks umzustoßen”, doch müßten noch weitaus mehr Schreibweisen dem Sprachgebrauch des „unverbildeten Lesers folgen”.] und dpa-Meldung vom 30. März ["In ruhigem Fahrwasser werden wir künftig weitere, auch grundsätzliche Fragen der deutschen Rechtschreibung diskutieren, ihre Einheitlichkeit wahren und von Zeit zu Zeit auch Anpassungen des orthografischen Regelwerkes vorschlagen."]).
Es bleibt natürlich abzuwarten, ob die Reformer in erster Linie für oder gegen etwas waren bzw. sind: Kam es ihnen (und eventuell auch anderen, beispielsweise Bertelsmann) mehr darauf an, gegen die bestehende Rechtschreibung vorzugehen, um überhaupt irgend eine Änderung zu erreichen bzw. Änderbarkeit an sich zu demonstrieren (Heller: „Wenn das Wenige jetzt nicht geschieht [...] kommt später auch das Mehrere nicht“), oder um die gezielte Einführung einer ganz bestimmten Form von anderer Rechtschreibung? Oberflächlich scheint der reine Änderungswille zu überwiegen, aber ich halte den Traum der sogenannten „gemäßigten Kleinschreibung“ noch lange nicht für ausgeträumt, nicht nur bei Herrn Gallmann und Herrn Blüml.
Wie man auch immer die jetzige Situation benennen mag, (Pseudo-) Rechtschreibfrieden, Waffenstillstand oder was auch immer – ich traue den Reformern und auch Herrn Zehetmair weiterhin nicht. Vielmehr halte ich den weiterarbeitenden Rechtschreibrat für das Deckmäntelchen, unter dem ausgebrütet wird, was die Reformer eigentlich wollen. Einzig tröstlich dabei scheint mir, daß die Wörterbuchverlage – wie schon jetzt – allzu weit gehende Änderungen zu verhindern suchen werden.
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 31.03.2006 um 18.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#579
Herr Prof Jochems meint mit dem Waffenstillstand, mit dem die Deutschen von 1945 bis 1990 gut gefahren seien, die Zeit vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Wiedervereinigung. Also einen völkerrechtlichen Zustand ohne Friedensvertrag. Er will damit wohl sagen, daß es auch ohne förmlichen Friedensschluß geht. - Wie man den vergangenen und gegenwärtigen Zustand in Sachen Rechtschreibung auch deuten und einordnen mag, "endgültig" ist natürlich gar nichts geregelt. Es wird auch Herrn Z. nicht gelingen, sämtliche öffentlich Schreibenden auf Linie zu bringen. Was er von sich gibt, sind doch eher Beschwörungsformeln, entsprungen einem allumfassenden Kontrollzwang, dem die nötigen Machtmittel nicht zu Gebote stehen. Ich prophezeie, daß man in nicht ferner Zukunft vom Rat für deutsche Rechtschreibung genauso wenig hören wird wie vom Deutschen Sprachrat. Er hat seine Aufgabe erfüllt, er wird nicht mehr gebraucht. Schon der Fünfjahresrhythmus ist doch ein deutliches Indiz für die Verabschiedung in die Bedeutungslosigkeit. Die deutsche Rechtschreibung wird sich wieder mehr aus sich selbst entwickeln, ganz ohne Räte, demokratische Beschlüsse, Erlasse. Sach- und fachfremde Einflüsse werden schwinden. Neue Gewohnheiten werden sich herausbilden, die vielfach die wiederaufgegriffenen alten sein werden. Wie man richtig schreibt, wird man Wörterbüchern entnehmen, z.B. dem DUDEN, der sich auf seine guten Traditionen besinnen wird.
|
nach oben | |
|
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 31.03.2006 um 18.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#580
Ja, natürlich – den Waffenstillstand habe ich vollkommen falsch interpretiert.
Sehr bemerkenswert auch die letzten Nachrichten aus der Schweiz. Hoffentlich bleiben die Schweizer bei ihrer Linie und fassen die bundesdeutsche Entscheidung nicht als Präjudiz auf, sondern führen die Anhörung konsequent durch. (Sonst könnte man die ja gleich abblasen, weil sie zur Farce verkäme.) Daher noch mal:
«Es ist viel Chaos angerichtet und bisher keines der Ziele der ursprünglichen Absichten erreicht worden», sagte er. Die Rechtschreibung sei nicht klarer und einfacher geworden, es gebe nicht weniger, sondern mehr Fehler. «Jetzt haben wir einen Kompromiss, bei dem zumindest die Richtung stimmt, um die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung annäherungsweise zu erhalten", fügte Wulff hinzu.
Chaos, Zielverfehlung, Fehlervermehrung, Uneinheitlichkeit: Dies in die Ohren der EDK – und derer, die von ihr befragt werden!
|
nach oben | |
|
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 01.04.2006 um 21.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#586
An anderer Stelle schrieb Kratzbaum: Anders als manche Ratsmitglieder scheint die DASD noch nicht gemerkt zu haben, wofür sie der KMK eigentlich gedient hat. Sie war sozusagen das größte Feigenblatt. [...] In Darmstadt scheint man tatsächlich zu glauben, DUDEN, WAHRIG und Konsorten warteten auf Zulieferung vom Rat, um mit allerhöchstem Segen ihrer geschäftlichen Tätigkeit nachgehen zu können.
Ich vermute, daß nun der Rat zum Feigenblatt werden kann – für Duden, Wahrig und ÖWB (Kratzbaum beschreibt hier, wie das vonstattengehen könnte). Deshalb denke ich auch nicht, daß er in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird.
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 01.04.2006 um 22.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#587
Lieber Herr Wagner, mein Versuch eines Blicks in die Zukunft des Rates hat zur Prämisse, daß "die Politik" auf jeden Fall nichts mehr mit der Rechtschreibreform zu tun haben will. Viele Äußerungen der letzten Zeit deuten darauf hin. Da der Rat aber nur von Gnaden der KMK existiert, wird ihm sozusagen die Geschäftsgrundlage oder raison d´être entzogen.
|
nach oben | |
|
Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA
|
Dieser Beitrag wurde am 01.04.2006 um 23.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#589
Zu #579 Kratzbaum, Sie unverbesserlicher Optimist! Natürlich "wird [es] auch Herrn Z. nicht gelingen, sämtliche öffentlich Schreibenden auf Linie zu bringen." Es geht aber darum, was die Schüler unter der staatlichen Aufsicht inkompetenter Kultusminister als unstrittig richtig und deshalb ohne jeden Zweifel Hinzunehmendes gelehrt bekommen. Wieviel Ignoranz kann ein Staat sich leisten, ohne Schaden zu nehmen? Ich spreche auch von meinen Kindern. Und anders als beim Irakkrieg (o-Ton Condoleezza Rice, die trapsende Nachtigall: "Ja, ich weiß, daß wir taktische Fehler gemacht haben, Tausende taktische Fehler", hatte Rice am Freitag auf die Frage, welche Lehren seit dem Einmarsch in den Irak 2003 gezogen werden könnten. "Aber ich bin fest davon überzeugt, daß es [der Einmarsch] die richtige strategische Entscheidung war, denn Saddam [Hussein] war lange genug eine Bedrohung für die internationale Staatengemeinschaft", fügte sie hinzu.) ist hier in dieser Frage eine sehr einfache Rückkehr zum Status quo ante mit geringstem Schaden für unsere Gemeinschaft möglich, nämlich, daß die bewährte Schreibung in den Schulen voll akzeptiert und also "auch unterrichtet" wird. Kratzbaum, Sie übersehen bei Ihren guten Hoffnungen die Politik und ihr Gemauschele. Ich bleibe jedenfalls wegen schlechter politischer Gegebenheit und darum leider guten Grundes aufgeregt.
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 02.04.2006 um 08.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#590
Lieber Herr Ludwig, ich weiß wohl, daß in meinen Prognosen einiges an optimistischem Wunschdenken mitschwingt, und man könnte schier verzweifeln angesichts der staatlich verordneten Barbarei an den Schulen. Hätte ich noch schulpflichtige Kinder, ich wüßte wirklich nicht, was ich denen sagen sollte. (Übrigens eine interessante Frage, an Betroffene in dieser Runde gegeben). Als entschiedener Fundamentalkritiker frage ich mich jedoch, ob die Zeit und die allgemeine Tendenz für mich arbeiten, und da bin ich nicht hoffnungslos. Sie müssen bedenken, daß alle Kultusminister und Ministerpräsidenten nicht nur die Befassung mit der Rechtschreibung überhaupt als Fehler ansehen, sondern auch die schlechte Qualität der Reform wahrnehmen. Das sind ja nicht alles Dummköpfe. Als Politiker sind sie nur allzu oft gehindert, aus Einsicht zu handeln. Ihr augenblicklicher Reflex ist: Finger weg, nicht mehr daran rühren! Wenn sie sich, in einem zweiten Schritt, schon nicht zur Behebung des Schadens aufraffen können, so ist doch die Abstinenz, die sie in Zukunft üben wollen, auch etwas Positives. Die Rechtschreibung gewinnt zumindest eine Teilautonomie zurück.
|
nach oben | |
|
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 03.04.2006 um 18.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#595
Ich möchte wiederum zu bedenken geben, daß damit eine Kontrollinstanz ausfällt, die im Notfall Eigenmächtigkeiten unterbindet. Die Politik soll die Schreibung zwar nicht regeln, aber sie sollte m.E. Unsinnigem eine Absage erteilen. Daß die Politiker dazu unabhängige Gutachter bestellen und auf diese hören müßte, steht auf einem anderen Blatt. Aber vielleicht wird ja doch noch irgend jemand aus Schaden klug und kommt zu dem Schluß, daß es ein zu hohes Risiko birgt, die KMK bzw. den Rat frei schalten und walten zu lassen. – Was hatte Zehetmair zuletzt gesagt? »In ruhigem Fahrwasser werden wir künftig weitere, auch grundsätzliche Fragen der deutschen Rechtschreibung diskutieren [...]« (siehe z.B. hier). Was für „grundsätzliche Fragen“ können das denn sein – etwa die Groß- und Kleinschreibung? Wehret den Anfängen!
Konkret hätte jetzt die MPK allein schon wegen der Verfahrensmängel den KMK-Beschluß kippen und das Verfahren an die KMK zurückverweisen müssen, am besten zusammen mit dem Auftrag, den Rat erst das ganze Reformwerk bearbeiten zu lassen, bevor etwas Endgültiges beschlossen wird. Warum sollte das nicht möglich gewesen sein?
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 03.04.2006 um 22.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#596
Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
Ich denke, wir alle wünschen uns für die deutsche Rechtschreibung, daß allein die verständigen Schreiber für sie zuständig sein sollen. Institute und Wörterbücher mögen sie untersuchen und registrieren. Im übrigen aber soll sie wieder ein freies Gut (jemand sagte:open source) werden. Ich möchte das Wort "Regelung" in diesem Zusammenhang nicht mehr hören - was nicht heißt, daß es regellos zugehen sollte in der deutschen Orthographie. Ob man sie nun als lebendigen Organismus oder als Werkzeug betrachtet, von Evolution oder von immer fotschreitender Optimierung spricht - als Praxis ist sie eine Sache der Praktiker. Wenn wir etwas aus dem nunmehr zehnjährigen Siechtum lernen können, dann dies: Rechtschreibung gedeiht am besten, wenn man sie sich selbst überläßt. Sie entwickelt sich nach eigenen, nie ganz durchschauten und durchschaubaren Gesetzen. Das Scheitern der sogenannten Reform, letztlich einem Machbarkeitswahn geschuldet, hat gezeigt, daß jeder Eingriff nur ein außerordentlich komplexes Gefüge durcheinanderbringt.
|
nach oben | |
|
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 04.04.2006 um 14.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#599
Wie wahrscheinlich ist es, daß es wirklich ein freie Entwicklung der Rechtschreibung geben wird? Welches Rechtschreibratsmitglied hätte denn ein Interesse daran – wenn es die Möglichkeit gibt, weiterhin nach Gutdünken lenkend einzugreifen?
Wir haben bislang nur die Generalprobe erlebt, und die hat geklappt. Wir müssen uns also darauf gefaßt machen, daß uns in ein paar Jahren neues Ungemach von Reformerseite ins Haus steht.
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 04.04.2006 um 15.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#600
Lieber Herr Wagner, ich bin, wie Sie wissen, auf vorsichtigen Optimismus gestimmt. (Eigentlich wird man ja mit dem Älterwerden eher schwarzseherisch...) Ich sage mir: Entscheidend ist, daß die Politik auf keinen Fall mehr etwas mit der (inhaltlichen) Regelung der Rechtschreibung zu tun haben will. Es gibt da nichts mehr zu gewinnen. Die Reformer inklusive Rechtschreibrat sind aber nichts ohne die Unterstützung der Politiker. Sie genießen keine Autorität aus sich selbst heraus. In meinen Augen war das, was wir jüngst erlebt haben, keine "Generalprobe", sondern eher eine matte Abschiedsvorstellung vor lustlosem und das Theater in Scharen verlassendem Publikum. Die Zeit der Rechtschreibreform ist einfach vorbei. Es bleibt nur noch die Aufräumarbeit. Die werden die Wörterbuchverlage leisten.
|
nach oben | |
|
Verschoben
Berlin
|
Dieser Beitrag wurde am 03.04.2007 um 19.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1730
Kommentar von Adelung, verfaßt am 03.04.2007 um 18.49 Uhr
@ Fungizid:
>>"Unbehaglich ist mir dennoch, zumal gerade auf Ihren >>Feldherrnhügeln weder langes s noch th zurückgefordert werden. >>Dürfen wir im Troß damit noch rechnen?"
Nun, zu fordern habe ich nichts, da bin ich etwas zu gering im Getriebe der Mächtigen. Ich unterstütze aber die Wiedereinführung der Frakturschrift und damit einhergehend des langen-s (in Antiquasätzen sieht das lange-s furchtbar aus).
Nur, und das ist der große Unterschied, Fungizid, ist die Verwendung der Antiquaschrift (und damit das Fehlen des langen-s) höchstens ein kulturelles, nicht verständliches Ärgernis, nicht aber etwas Sprachstörendes. Die Rechtschreibreform aber ist sprachstörend.
"leidtun" und "Flussschifffahrt" sind in meinen Augen wesentlich schlimmer als das Fehlen des langen-s.
Soll heißen: Zuerst müssen wir uns darum kümmern, die bewährte Orthographie wieder herzustellen, dann können wir uns um die Frakturschrift kümmern.
Ob die Unterschiede zwischen "seyn" (Verb) und "sein" (Possessivpronomen) u. ä. wiederhergestellt werden sollen, das können gerne Sie entscheiden, lieber Fungizid.
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 18.25 Uhr
Bis ~1901 war "Litteratur" im süddeutschen Raum gebräuchlich, "Literatur" eher im preußischen Einflußbereich.
Danke für die luziden Einlassungen, aber ich werde das Gefühl nicht los, daß manche, die sich hier weniger argumentativ betätigen als Sie, durchaus auch bei der Abschaffung von "Thür" oder auch beim Ende der Heyse-Schreibung heysergekläfft hätten.
Das wollte ich hier mal auf den Tisch legen, denn genau die tun ja unserem Anliegen einen Bärendienst. Ich hoffe nicht, daß ich als Advocatus diaboli zu vielen unserer in der Sache redlicheren Freunde die Akne ins Gesicht getrieben habe.
Kommentar von R. M., verfaßt am 03.04.2007 um 18.25 Uhr
Ganz unbegründet war das h nicht, es fungierte als Längenzeichen vor (!) dem betreffenden Vokal oder Diphthong. „die stellung des h ist hierbei oft willkürlich, teils vor, teils hinter dem vocale, dessen dehnung angezeigt werden soll; es begegnen die schreibungen nehmen und nhemen, jhar und jahr, raht, rhat und rath, nuhr und nhur für nur. schon im 16. jahrh. regelt sich der gebrauch dieses dehnungszeichens, das übrigens nicht mit consequenz, sondern nach der laune des schreibers ebenso gebraucht wird, wie die verdoppelung eines consonanten um dadurch die kürze des vorhergehenden vocals anzuzeigen, dergestalt, dasz es hinter dem betreffenden gedehnten vocale seine stelle erhält. ein rest des frühern brauchs, es vor denselben zu stellen, ist uns bis auf heute geblieben in der schreibung th, das, wie man weisz, mit dem niederdeutschen und englischen th nichts zu thun hat, sondern einfach willkürlich die hochdeutsche tenuis t vertritt: unser that ist gleich taht und soll nur tât ausdrücken, ebenso wie thun, thor, thüre nur für tûn, tôr, tûre stehen.“ (DWb)
Die politische Aufladung der Frakturschriften geht bis ins ausgehende 18. Jahrhundert zurück.
Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.04.2007 um 17.34 Uhr
In der rekonstruierten gemein-indogergermanischen Sprache gab es die behauchten Konsonanten bh, dh, gh, kh, ph, qh, rh, th. Davon wurden im Altindischen bh, dh, gh, kh, ph, rh, th mit eigenen Zeichen geschrieben und im Altgriechischen kh, rh, ph, th mit eigenen Zeichen. Das germanische "th" hat nur im Englischen und Isländischen überlebt. Das Wort "Thron" kommt von griechisch "thronos" und hat deswegen sein "th" behalten. Die meisten früheren th-Schreibungen germanisch-deutscher Wörter sind sprachgeschichtlich nicht begründbar und kamen im Neuhochdeutschen auf. Griechische Wörter sind davon unberührt.
"Literatur" wurde noch im Mittellatein "litteratura" mit zwei t geschrieben wie heute noch im französischen "littérature" und im italienischen "letteratura". Das englische "letter" entspricht genau dem italienischen "lettera". Im Englischen "literature" und in denjenigen romanischen Sprachen, in denen Doppelkonsonanten Ausnahmen sind wie Spanisch und Portugiesisch "literatura", schreibt man nur ein t. Vielleicht findet jemand heraus, ab wann es im Deutschen mit nur noch einem t geschrieben wurde. Mir wäre es lieber mit zwei t, damit nicht jemand "Literrat" (von Liter) für den Wassermeister und den Schankkellner schreibt.
Vor die Rechtschreibung Konrad Dudens wollen wir nicht wieder zurück. Das betrifft auch die Eindeutschung der französischen Infinitiv-Endungen "-er" und "-re" durch "-ieren".
Im übrigen (nicht im Übrigen, das ist auch ein Ortsteil von Heyse City) möchte immer noch die Mehrheit der Deutschen wie vor 1996 schreiben; das ist maßgebend.
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 17.33 Uhr
Die Unterscheidung zwischen Thau, m. und Tau, n. war jedenfalls gegeben und auch gut so. Es ist auch nicht meine Absicht, qua Ukas zu irgendwelchen früheren Zuständen zurückzukehren, aber eins will ich doch ganz entschieden zu bedenken geben: daß nämlich die BluBo/BrauSi-Vermatschung der Frakturschriften ganz erheblich durch diejenigen vorangetrieben wird, die damit ihre angeblich antifaschistische Gesinnung unterstreichen wollen - wo immer Linke oder auch nur der Spiegel über Hitler schreiben, ist sie ganz oben drauf, die Fraktur. Dabei hatten Marx und Engels die Fraktur noch als völlig unbefleckte Schrift verwendet, während die Superfortschrittlichen vom Völkischen Beobachter schon lange vor 1941 auf Antiqua und die Nazis überhaupt auf Groteskschriften umstellten. Seltsam nur, daß man heute dem Schöpfer der Arial von 1959, Adrian Frutiger, keine NS-Gesinnung unterstellt, durchaus aber den Benutzern äußerst unnationaler Frakturschriften rechtes Gedankengut vorwirft.
Kurz: Die politische Aufladung der Frakturschriften kam nicht von rechts, sondern von links.
Kommentar von David Weiers, verfaßt am 03.04.2007 um 17.02 Uhr
Wertes pilzzerstörendes Mittel,
vielleicht irre ich mich und verkenne die Tatsachen vollkommen, aber meiner Ansicht nach kann man den Prozeß der Orthographieregelungen bis hin zum Beginn des 20. Jahrhunderts nicht ohne Probleme gleichsetzen mit dem jüngsten Versuch, die Rechtschreibung per Verordnung an die Leine der Ministerialverwaltungen zu knüpfen.
Was mich betrifft, hätte ich auch überhaupt nichts dagegen, wenn die Fraktur eine Renaissance erlebte, wobei es mir aber auch klar ist, daß sie sich als "einzige Schrift" im Lande schwerlich würde durchsetzen können; hierzu wäre eine Annihilation bereits stattgefundener Entwicklungen vonnöten, die auch wirklich nicht immer autoritär gesteuert waren, also mit Fug und Recht als evolutionär angesehen werden können; und solch ein Ausradieren und Zurückdrehen ist schwer machbar, um es mal ein wenig blumig auszudrücken. (In der Biologie gibt es da den schönen Leitsatz "Evolution ist nicht umkehrbar". Meiner Meinung nach verhält es sich allein schon aus rein formallogischen Gründen mit einer jedweden Art von Evolution genauso.)
Dennoch wäre es denkbar, der Fraktur, den gebrochenen Schriften generell, wie auch den sog. deutschen Schreibschriften einen Platz einzuräumen, der in vielen Bereichen des Lebens parallel geschaltet ist zu dem der Antiquaschriften und der lateinischen wie vereinfachten (wie auch immer) Ausgangsschriften. Und es wäre durchaus denkbar, das Ganze vor einem Hintergrund zu vollziehen, der eben nicht nach Blut, Boden, Brauchtum, Sitte (jeweils und oder oder, oder alles zusammen in einem, durchgematscht und wiedergekäut, bla fasel...) und sonstigem Romantisieren (welcher Art auch immer) steht.
Und was das angeht, sollte man einmal abwarten: da wird nämlich auch so einiges wiederentdeckt zur Zeit, so habe ich zumindest den Eindruck.
Aber eine Rückkehr (denn eine solche wäre es ja) zur "vorputtkammerschen" Rechtschreibung? Ich denke nicht, daß es notwendig wäre, zumal man auch schlecht davon sprechen kann, daß man im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Volk einfach übergangen habe: die Frage nach der Legitimation durch "das Volk" hätte damals kaum einem solchen Grund entwachsen können, wie es der ist, aus dem sie es heute tut.
Aus demselben Grund also das -th- in "Tür" zurückzufordern, aus dem wir heute die Rücknahme der Rechtschreibreform verlangen – das wäre in der Tat ein nachträgliches Übertragen von heutigen Kriterien an bereits Vergangenes.
Also kurz:
1. Das lange s hat meines Erachtens nur Vorteile; aber andererseits bin ich gegen autoritäre Totalkontrolle kulturevolutionärer Prozesse. Und wenn es offenkundige Vorteile hat, dann sollte man eine Renaissance unterstützen, aber mehr auch nicht. Ob die Vorteile aber offenkundig sind, kann und sollte keine andere Instanz als "das Schreibvolk" entscheiden. Daß man es durchaus mit der Nase ein wenig darauf stoßen kann, steht ja auf einem ganz anderen Blatt...
2. Die vorputtkammersche Rechtschreibung hat sich im 19. Jahrhundert auch ohne staatliches Diktat nicht richtig halten können; warum sollte ich also heute "Thür" und "Thor" schreiben? (Was überdies auch gar nicht einheitlich so geschrieben worden ist, wenn ich mich nicht irre; die Unterscheidung zwischen "Thor, n." und "Tor, m." hätte sich zwar angeboten, aber ich meine, sie ist nicht konsequent realisiert worden.) Warum und wozu sollte ich also zurückgehen, obwohl ich auch vorwärtsgehen könnte? (Angewandt hieße das vielleicht: In Fraktur nach normaler, also unreformierter Rechtschreibung schreiben. Sieht auch gut aus.)
Ihr Mitstreiter aus dem Fußvolk.
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 16.56 Uhr
Diese Antwort, der ich voll zustimmen kann, finde ich weitaus plausibler als das pure Anstreichen der eigenen Auswahlbibliographie mit dem Leuchtmarkner.
Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 03.04.2007 um 16.45 Uhr
Lieber Fungizid, auch ich hab gründlich nachgedacht, allerdings zunächst weniger über die Leute, die da Reformen bedachten, als über das Reformierte selbst. Und da kam ich zu dem Schluß: Die Reform zu Beginn des 20. Jahrhunderts war gut durchdacht gewesen, von Wissenschaftlern, die wirklich etwas zur Sprache wußten, und so hat sich diese Verschriftung eben auch bewährt, ein Jahrhundert lang, und ihre Schreibung ist immer noch gut. Die jetzige Reform hat sich nicht bewährt, weil sie eben nicht gut durchdacht war, und die gegenwärtige Rereformierei und das Diktat unsinniger Sachen und unsinnige Erklärungen durch die Regierung (Rechtschreibfriede!) und die total verunsicherte Schreiberei in den Zeitungen und geradezu lächerliche Wörterbücher jetzt zur Hilfe zeigen's immer wieder. Und dann fragte ich mich eben, warum denn hier keine Könner am Reformwerk waren. O.k., dazu lesen Sie genug in diesem Forum, und im Forum der SZ zur Rechtschreibreform (das ich relativ genau verfolgt habe, bevor's dann halt abgewürgt wurde), wo durchaus auch viel Fußvolk sich zu Worte meldete, konnte man dazu (welcher Art Leute eben da unbedingt eine Rechtschreibreform zur Befriedigung ihrer Nöte brauchten) auch eine Menge lesen.
Kommentar von R. M., verfaßt am 03.04.2007 um 16.04 Uhr
Nein, aber es steht Ihnen frei, für die Wiedereinführung des th Verbündete zu suchen. (Wie auch für alle weiteren Ziele, die Sie verfolgen.)
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 15.51 Uhr
Unbehaglich ist mir dennoch, zumal gerade auf Ihren Feldherrnhügeln weder langes s noch th zurückgefordert werden. Dürfen wir im Troß damit noch rechnen?
Kommentar von R. M., verfaßt am 03.04.2007 um 15.37 Uhr
Wir betrachten Verleger, Journalisten oder Studenten nicht als Fußvolk, sondern als Adressaten unserer Argumente. Dazu gehören dann bisweilen auch historische Darlegungen zu Vorgängen, die den meisten natürlich nicht präsent sind, warum sollten sie auch? Die Reformer haben gewöhnlich nur die Legende verbreitet, daß Kaiser Wilhelm II. das h in Thron gerettet habe.
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 14.53 Uhr
Damit haben Sie ausschließlich Koryphäen ins Feld geführt, sich selbst eingeschlossen. Vom rein reproduktiv arbeitenden Fußvolk (Verlegern, Zeitungsfritzen, Sprachhütern, Studenten) war keiner dabei, und gerade da gehört diese Nebendebatte doch wohl kaum zum Repertoire.
Kommentar von R. M., verfaßt am 03.04.2007 um 14.25 Uhr
Von der Reformdiskussion des 19. Jahrhunderts ist in meinen Texten wiederholt die Rede gewesen, z. B. hier, hier, hier und hier. Entsprechendes gilt für Theodor Ickler, Horst H. Munske und andere einschlägige Autoren.
Kommentar von Fungizid, verfaßt am 03.04.2007 um 14.01 Uhr
Ich habe jetzt nochmal gründlich über unsere Mitstreiter inklusive Koryphäen nachgedacht und werde dabei von folgender Unbehaglichkeit beschlichen: Dieselben Damen und Herren, so meine Vermutung, die sich heute über die Unbilden der Rechtschreibreform alterieren, hätten sich gewiß auch über die Abschaffung des Buchstabens h aus Thür usw. erzürnt, über "Literatur" statt "Litteratur" und über "illustriert" statt "illustrirt". Und über manches dessen mehr.
Aber es gibt noch immer gute Argumente gegen diese Eingriffe. Nur schweigen hierzu unsere Mannen. Sie schweigen zum Verlust des langen s und zum Verlust der Fraktur überhaupt. Sie reiben ihre Zündköpfe ausschließlich an der aktuellen Rechtschreibreform.
Warum mir das unbehaglich ist? Weil ich sicher bin, daß unsere Mitkämpfer damals laut gewettert hätten, so wie wir heute laut gegen die RSR wettern, aber heute nichts dazu sagen, obwohl es richtig wäre. Und das kommt mir einfach etwas beliebig vor, wie Gischtsaum auf den Wogen des Tagesgeschäfts.
|
nach oben | |
|
Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr
|
Dieser Beitrag wurde am 27.04.2007 um 20.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1777
Die Leserbriefe in der FAZ
Alle Leserbriefe in der FAZ sind mit ss, also in Neuschrieb. Es kann doch nicht sein, daß alle Leserbriefschreiber der Frankfurter Zeitung sich brav umgestellt haben. Oder werden die Leserbriefe umgeschrieben?
|
nach oben | |
|
Reinhard Markner
Berlin
|
Dieser Beitrag wurde am 27.04.2007 um 23.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1779
Sicher werden sie das. Wurden sie vorher zum Teil aber auch schon, nur eben in die andere Richtung.
|
nach oben | |
|
Christoph Schatte
Poznan
|
Dieser Beitrag wurde am 28.04.2007 um 01.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1781
Die FAZ sollte ihre "human resources" (das sind nicht Ölressourcen, sondern das Personal) eher darauf verwenden, die Menge und Dichte der täglichen Blamagen in den eigenen Texten zu reduzieren als in Leserbriefen herumzukritzeln ("redigieren" nennen das sicher die dortigen Schriftgelehrten). Eine Redaktion, die seit langem außerstande ist, auch nur eine Ausgabe ohne mehrere Zwölfender unters Volk zu bringen, begibt sich selbst der Legitimation, Leserbriefe anzutasten.
|
nach oben | |
|
Kratzbaum
*
|
Dieser Beitrag wurde am 01.05.2007 um 21.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1793
Schubumkehr
Die Kultusminister werden weder die Reform offiziell zurücknehmen, noch sich überhaupt damit befassen. Trotzdem muß immer wieder klar gesagt werden, daß sie die Zerstörung der deutschen Einheitsorthographie zu verantworten haben, und zwar ganz allein. Die Reformer waren bloß unfähig, bei den Politikern aber kam zum Unverstand noch der Machtmißbrauch. Eine gefährlichere Mischung ist nicht denkbar. - Nun geht sehr langsam und unendlich mühsam die Behebung des Schadens von unten nach oben. Diejenigen, die die Reform, und sei es nur in Teilen, mißachten, leisten ihren Beitrag zur Reparatur, die nur die Rückkehr zur vorherigen Praxis sein kann. - Man darf aber hoffen, daß es ein sich selbst beschleunigender und verstärkender Prozeß ist.
|
nach oben | |
|
Philip Köster
Hamburg
|
Dieser Beitrag wurde am 19.06.2007 um 20.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1954
Ein wertvoller und unbedingt notwendiger Beitrag wäre es, wenn die lebenden deutschen Schriftsteller dem Abdruck ihrer Werke, auch in Auszügen, in aktuellen Schulbüchern nur unter der Maßgabe zustimmten, daß kein in normaler Rechtschreibung verfaßter Text in den Reformschrieb überführt wird. Denn in so sensiblen Bereichen wie der Kommasetzung, der Groß- und Kleinschreibung sowie der Getrennt- und Zusammenschreibung lauert stets die Gefahr, daß der Sinn falsch oder verzerrt wiedergegeben wird. Es ist ja ein Ammenmärchen, vorreformatorische Texte könnten verlustfrei angepaßt werden. (Einzig der Heyseschen s-Schreibung könnten die Schriftsteller bedenkenlos zustimmen, wenn auch vielleicht zähneknirschend und mit einigem Widerwillen. Dies nur als Gedankenspielerei. Vielleicht sollten sie auch das nicht tun, damit auf den ersten Blick klar wird, daß eine andere Rechtschreibung vorliegt.)
|
nach oben | |
|
Reinhard Markner
Berlin
|
Dieser Beitrag wurde am 19.06.2007 um 22.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1955
Wer Adelung aufgibt, hat schon verloren. Das sieht man nicht zuletzt an der F.A.Z., wo heute u. a. auch ein so genannt zu besichtigen war (jedenfalls online).
|
nach oben | |
|
Jan-Martin Wagner
Jena
|
Dieser Beitrag wurde am 27.06.2007 um 17.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#1986
Dazu ein Zitat aus der jüngsten Pressekonferenz des Rates, wie es dpa verbreitet hat: „Wenn Schriftsteller wie Günter Grass oder Hans Magnus Enzensberger auf einer Veröffentlichung in der alten Schreibweise bestünden, könnten Fußnoten in Schulbüchern darauf hinweisen. «Wir werden uns hier hüten, irgendwelche Pressionen zu empfehlen.»“ Ob es aber wirklich keine Pressionen geben wird, darf bezweifelt werden.
|
nach oben | |
|
Sigmar Salzburg
Dänischenhagen
|
Dieser Beitrag wurde am 21.07.2007 um 12.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2100
Nach Meinung vieler Leute wird nur wenig von der „Reform“ übrigbleiben, vielleicht gar nur die „ss“. Wenn aber niemand mehr mit Fingern darauf zeigt, wird sich nichts ändern. Unsere Aufgabe ist also nicht abgeschlossen.
Zu unseren Aufgaben zählt auch, die Erinnerung an die dummdreisten Machenschaften der Politiker wachzuhalten und das Hehlertum ihrer Nachfolger anzuprangern. Damit tun wir auch etwas für die Demokratie.
Eine langwährende Geiselnahme, hier durch die Politik, führt mitunter zur einer gewissen Solidarisierung der Geiseln mit den Geiselnehmern, bekannt als das „Stockholm-Syndrom“. Dem sollten wir widerstehen.
Kompromißbereitschaft, vornehme Zurückhaltung, interne Schuldzuweisungen und esoterische Diskussionsrunden spielen nur den Reformbetreibern in die Hände. Gefragt sind Ideen, mit denen man in der allgemeinen Ermüdung noch sinnvoll nach außen wirken kann.
|
nach oben | |
|
Roger Herter
Basel
|
Dieser Beitrag wurde am 25.07.2007 um 15.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2111
(Zu den hierhin verschobenen Beiträgen vom 03.04.2007)
Vielleicht findet jemand heraus, ab wann [Literatur] mit nur einem t geschrieben wurde.
Gerade habe ich zwei alte Konversationslexika zur Hand. Daher der folgende Hinweis dazu:
Der Meyer, Leipzig u. Wien 1902-08, bietet durchgängig "Literatur", was nicht erstaunt; dagegen hat der Brockhaus, Leipzig 1908-10, ausschließlich "Litteratur", was ich nicht erwartet hätte.
|
nach oben | |
|
Rominte van Thiel
Röttenbach
|
Dieser Beitrag wurde am 25.07.2007 um 17.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2112
Meyers Konversationslexikon, Leipzig 1888, schreibt noch Litteratur.
|
nach oben | |
|
Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr
|
Dieser Beitrag wurde am 02.08.2007 um 13.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2132
Warum schweigt die FAZ (zumindest FAZ-net) zum 1. August 2007? Auch heute findet der Leser nichts dergleichen.
Vielleicht sehr weise nach dem Motto: "Hättest Du gechwiegen, wärest Du ein Philosoph gewesen"?
|
nach oben | |
|
Wolfgang Scheuermann
Dilsberg
|
Dieser Beitrag wurde am 02.08.2007 um 14.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2134
Mansisses, liebe Frau Salber-Buchmüller, so mußte ich mir das zu Schulzeiten leider mehr als einmal anhören.
|
nach oben | |
|
Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr
|
Dieser Beitrag wurde am 04.08.2007 um 15.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2152
Ich weiß, Wolfgang Scheuermann, daß "mansisses" "geblieben" heißt. Aber damit hätte ich ja gesagt, daß unsere FAZ ein Philosoph IST und somit GEBLIEBEN wäre. Ich wollte vermeiden, das zu schreiben. Pardon. Doch hätte ich auch ganz gerne ein Mutmaßung über das Schweigen der FAZ von Ihnen gehört.
|
nach oben | |
|
Wolfgang Scheuermann
Dilsberg
|
Dieser Beitrag wurde am 28.01.2008 um 09.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#2881
Kohl Ein Fan des Kanzlers der Einheit hat mir den aktuellen Memoirenband Helmut Kohls geschenkt (der die Jahre 1990–1994 umfaßt). Ich habe in dem fast 800seitigen Opus nur einige Punkte nachgelesen – beispielsweise seine erste Begegnung mit Bill Clinton oder wie es zur Wahl Roman Herzogs kam. Ich habe in diesem beeindruckenden Buch bislang keinen einzigen Verstoß gegen die Regeln der Orthographie gefunden – abgesehen von der leider gewählten Heyse-Schreibung.
Schon die hatte ausgereicht, mich davon abzuhalten, in einen der früheren Bände hineinzuschauen. Ich könnte mir auch gut vorstellen, daß in den ersten Bänden weitaus mehr aus der Orthografie-Ruine übernommen worden war.
Hat das jemand bemerkt?
|
nach oben | |
|
Wolfgang Scheuermann
Dilsberg
|
Dieser Beitrag wurde am 06.03.2008 um 08.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#3009
"Wer mehr weiß, soll davon keinen Vorteil haben, im Gegenteil!" Dieser Satz von Professor Ickler ist fundamental. Zwar mag es sein, daß er nicht gerade die Leitlinie des Handelns der Rechtschreibreformer war, aber sicher seine Konsequenz. Der Satz gilt aber weit über diesen Kontext hinaus. Die Programme des größten Software-Herstellers korrigieren "Fehler" des Anwenders automatisch. Vor längerer Zeit schon saß ich (mit meiner aus FORTRAN-Zeiten herrührenden Computer-Logik "bewaffnet") an einem dieser Programme und brachte es nicht dazu, das zu tun, was ich vorhatte. Schließlich fragte ich mich, wie ich als völlig Ahnungsloser und frei von Logik an die Sache herangehen könnte – und flugs war mein Problem gelöst.
Ein Freund von einem großen deutschen Software-Konzern erklärte diese "bewußt hineinprogrammierte Blödheit" zum größten Problem im Umgang mit Programmen des US-amerikanischen Herstellers. Auch da diente der Icklersche Fundamentalsatz sicher nicht als Leitlinie, aber man nimmt seine Konsequenz billigend in Kauf.
Daß sich die Reichweite des Icklerschen Satzes aber darin bei weitem immer noch nicht erschöpft, das sieht jeder, der manche Lösungsansätze deutscher Politik, z.B. in den Bereichen Umwelt oder Gesundheit, kritisch durchleuchtet: Je mehr man weiß, desto sicherer wird man zur Verzweiflung getrieben.
|
nach oben | |
|
Wolfgang Scheuermann
Dilsberg
|
Dieser Beitrag wurde am 07.03.2008 um 07.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#3013
Ich kann – wie ich gestern bemerkte – derzeit keine Kommentare zu den Nachrichten abgeben. Deshalb an dieser Stelle: Herr Mahlmann hat das über ebay angebotene Exemplar von "vernünftiger schreiben" offenbar abgerufen. (Es gibt auch noch eine gewisse Auswahl über Amazon.) Gibt man den Begriff bei Google ein, stößt man auf einen Artikel von 1974 aus der ZEIT: "Der reformierte Fetisch", geschrieben von Hans Krieger, dessen martialischer Ton mich erahnen läßt, was Professor Ickler veranlaßt hat, meinen Lobpreis seines Fundamentalsatzes als "gutmütig" einzustufen.
Es freut mich natürlich sehr, daß Herr Krieger sich heute in dieser Frage ganz anders äußert, aber damals ... es war eben auch eine besondere Zeit!
Ich habe als Schüler in dieser Zeit jedenfalls von "menschenschindendem orthographischen Drill in den Schulstuben", von "der Diktatur des Diktats" und von "Terror" der Rechtschreibung – alles Ausdrücke, die Krieger in diesem Artikel verwendet hat – (Gott sei Dank!) rein gar nichts mitbekommen.
|
nach oben | |
|
Martin Valeske
Kohlberg
|
Dieser Beitrag wurde am 12.04.2008 um 12.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=79#3163
Der Schriftsteller Reiner Kunze wird am 18. April unter dem Titel "Letzte Tänze in der Lindennacht" im Rahmen der Weidener Literaturtage im Neuen Rathaus in Weiden eine Lesung halten, in deren Vorfeld er ein Interview gab, in dem er auch zur sogenannten Rechtschreibreform befragt wurde: "Nicht zuletzt sind Sie ein Kritiker der Rechtschreibreform. Warum? Und halten Sie sich an die neuen Regeln? Kunze: Rechtschreibregeln sind dazu da, daß das, was schriftlich ausgedrückt werden soll, hochdifferenziert, eindeutig, sofort verständlich und vielgestaltig ausgedrückt werden kann. Regeln einzuführen, die das Gegenteil bewirken, verbietet sich. Bis diesen Grundsätzen wieder Geltung verschafft sein wird, entweder nach einer langen Leidenszeit der Sprache (dann werde ich es nicht mehr erleben) oder durch Rückkehr des Sprachgewissens in die zuständigen staatlichen Machtgremien, werde ich mich an die bisher am höchsten entwickelte, bis 1996 verbindlich gewesene einheitliche deutsche Rechtschreibung halten."
DER NEUE TAG, Oberpfälzischer Kurier Weiden, 5./6. April 2008, S. 41
|
nach oben | |
|
|
Zurück zur Themenübersicht | nach oben |
|