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»Darf man so sagen – oder schreiben?«


Beiträge zum Thema

»Verbindungen mit Adjektiv oder Partizip«

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Peter Henkelmann
Rockenhausen

Dieser Beitrag wurde am 10.03.2006 um 21.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#556


Die alte Dudenregel 209 behandelt die Zusammenschreibung von Verbindungen
mit einem Adjektiv oder Partizip als zweitem Glied, die als Einheit empfunden werden. Der zweite Unterpunkt erwähnt die fakultative Getrenntschreibung einer Untergruppe dieser Verbindungen. In prädikativer Funktion und beim Vorhandensein einer näheren Bestimmung seien diese getrennt zu schreiben.

Im Falle des Partizips 'weitverbreitet' ergäbe sich dann:

-ein weitverbreiteter Irrtum
-der Irrtum ist weit verbreitet
-ein sehr weit verbreiteter Irrtum

Das Partizip 'naheliegend' scheint aber nicht unter diese Regel zu fallen, obwohl es, oberflächlich betrachtet, ganz ähnlich gebildet zu sein scheint. Hier würde man wohl die Regel 205 anwenden, da durch die Zusammensetzung in diesem Falle ein neuer, untrennbarer Begriff entsteht:

-ein naheliegender Gedanke
-der Gedanke ist naheliegend
-ein besonders naheliegender Gedanke

Gehe ich also recht in der Annahme, daß R 205 Vorrang vor R 209 hat?

Ein ernsteres Problem habe ich jedoch mit der Verbindung 'wild lebend': Der Duden gibt als Beispiel mit näherer Bestimmung 'die in Afrika wild lebenden Tiere' an. In prädikativer Funktion hätten wir dann offenbar: 'die Tiere sind wild lebend'. Beides kommt mir irgendwie merkwürdig vor. 'Wildlebend' gehört ja wohl eher in die Untergruppe der klassenbildenden Verbindungen und sollte m.E. gar nicht getrennt werden.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 03.04.2007 um 19.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1731


Herr Henkelmann, Sie gehen wohl richtig vom Vorrang von R 205 vor R 209 aus, weil letztere Regel zuviel nachschiebt.

Die alte Dudenregel 209 scheint hinsichtlich der Getrenntschreibung im Fall der Graduierung z.B. mit "sehr" noch irgendwie motiviert, weil ja eigentlich nicht "weitverbreitet" graduiert wird, sondern nur "weit". Die Annahme eines Adjektivpartizips "weitverbreitet" allein für sein Vorkommen als pränominales Attribut, aber die Negierung seines Vorhandenseins als Prädikativ macht R 209 hinfällig, weil sie das Lexikon destabilisiert und die Schreibung eines Lexems von seiner syntaktischen Funktion / Position abhängig macht. Daraus ergibt sich keine haltbare bzw. halbwegs motivierte Orthographie. Das Beispiel für R 205 belegt dies eklatant, wo das Adjektivpartizip "naheliegend" seiner Natur gemäß auch als Prädikativ toleriert wird. Nicht unbedingt die Steigerung mit "besonders", aber die mit "sehr" indessen könnte ebenfalls zu "sehr nahe liegend" führen, falls man nicht zu "nächstliegend" greifen will. Für "wildlebend" als Klasseneigenschaft gilt dasselbe, nur daß solche Eigenschaften normalerweise nicht graduiert werden.

Unverständlich bleibt bis heute, daß die "reformierte" Rechtschreibung ebenso haltlose Regeln installiert hat, d.h. Regeln, die das Lexikon destabilisieren und für dasselbe Lexem je nach syntaktischer Funktion verschiedene Schreibungen verlangen. Was ist also gebessert, wenn man die einen Widersprüche durch neue, teils zudem schlimmere, ersetzt? Das sollten sich die "Reformer" wenigstens im nachhinein fragen oder fragen lassen, falls sie zu ersterem nicht imstande sind.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2007 um 17.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1736


Ich halte es für verfehlt, bei den Regeln 205 und 209 von einem "Vorrang" zu sprechen. Beide Regeln behandeln völlig verschiedene Sachverhalte. 205 behandelt die Zusammenschreibung von Verben mit Zusätzen. Bei solchen zusammengesetzten Verben werden eben die Prädikate auch zusammengeschrieben.

Regel 209 behandelt dagegen das eigentümliche Phänomen, daß attributiv gebrauchte Partizipien in bestimmen Fällen mit Zusätzen zusammengeschrieben werden, obwohl das Verb mit dem gleichen Zusatz nicht zusammengeschrieben wird. Es wird eben häufig "obengenannt" geschrieben, obwohl es kein Verb "obennennen" gibt.

An sich sind beide Regeln aber wertlos, da zirkulär. Woher weiß man denn, daß ein "neuer Begriff" entsteht oder daß etwas "als Einheit empfunden wird"? Früher hat der Duden dieses Phänomen der Regel 209 noch anders, m.E. auch etwas treffender behandelt: "Zusammen schreibt man, wenn eine Verbindung eigenschaftswörtlich gebraucht wird." Diese Darstellung ist dann bemerkenswerterweise bei den Reformen der Reform (2004 und 2006) in unklarer Form wiederaufgetaucht ("adjektivisch gebraucht").

Die Regel 209 und die Beispiele von Herrn Henkelmann vermengen zudem zwei verschiedene Erscheinungen: die zusammengesetzten Adjektive (naheliegend, schwerbehindert, mondbeschienen) und die Zusammenschreibung nur bei attributivem Gebrauch (obengenannt, schwerkrank, weitverbreitet). Daß "naheliegend" überhaupt prädikativ gebraucht werden kann, zeigt eben, daß es sich um eine echte Zusammensetzung handelt, ebenso die Steigerungsfähigkeit (naheliegender).

Weil diese beiden Fälle in 209 nicht klar unterschieden werden, ist apodiktische Behauptung, daß bei Hinzutreten einer näheren Bestimmung getrennt geschrieben wird, in dieser Allgemeinheit falsch. Wenn ich schon "naheliegender" sagen kann, dann kann "sehr naheliegend" nicht falsch sein. Auch sonst geht mir diese Unterregel zu weit. So empfinde ich "auffallend helleuchtend" nicht als falsch, obwohl "helleuchtend" wohl (noch) nicht ein fest zusammengesetztes Adjektiv ist.

In diesem Bereich gibt es auch viele Grenzfälle. So ist "weitverbreitet" so häufig, daß die Weiterentwicklung zu einem zusammengesetzten Adjektiv nicht überraschend wäre. Schon jetzt kann man im Internet viele Beispiele finden, wo "weitverbreitet" prädikativ gebraucht wird. Weniger häufig findet man auch "sehr weitverbreitet".

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Verschoben
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.04.2007 um 00.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1780


Beitrag geschrieben von Christoph Schatte am 27.04.2007 um 23:30 Uhr:

Es wäre zunächst gut, Herr Achenbach, wenn wir

(1) nicht von Dingen handeln, die es nicht gibt;
(2) nicht apodiktische Rede unterstellen, wo sie nicht war;
(3) die Diskussion um verschiedene Schreibung von Partizipialadjektiven abhängig von der syntaktischen Unterbringung (hie: pränominales Attribut indigen flektiert; da: Prädikativ unflektiert) orthographischer Nonsens war, ist und bleibt, gleich, von wem auch immer er immer wieder aufgewärmt wird;
(4) eine Scheidung von Adjektivpartizipien (ohne Verbalparadigma im Hintergrund) und Verben mit Verbzusatz löblich ist, daß diese aber
(5) keineswegs Nominalisierungen (gleich ob mit oder ohne Lexemstatus nach Gutdünken) wie [techn.] "Eishärtung", nicht nach Adjektivpartizip "eisgehärtet", sondern nach dem (unverwendeten) Verb "eishärten" ausschließen.

Will insgesamt heißen, daß die eine der inkrimierten Regeln bestenfalls eine Unterregel oder ein überflüssiges Anhängsel bleiben sollte, falls irgendwann eine auch nur halbwegs motivierte deutsche Graphie zustandegebracht (zusammen) werden soll. Die minimale Sprachdatenwahrnehmung (z.B. anhand Fachtexten [eine Adverbialangabe namens ...?]) belegt, daß Adjektivpartizipien kein Verbalparadigma haben, aber Verbalnomina.

Herr Achenbach, klären Sie uns also bitte auf, wieso und warum Ihrer geschätzten Meinung nach beide Regeln von völlig Verschiedenem handeln und wovon Sie alsodann in aller morphologischer oder auch kreativer Gewandtheit "Eishärten" (das ist ein mit dem Infinitivnomen benannter technischer Prozeß] abgeleitet haben möchten? Diese Frage stelle ich wie immer als Bärchen ...
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.04.2007 um 19.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1783


Sehr geehrter Herr Schatte,
wie so oft ist mir nicht so recht klar, worauf Sie in Ihrem Beitrag eigentlich hinaus wollen.
Aber zu Ihrer direkten Frage:
Als Laie würde ich "Eishärten" als normale substantivische Zusammensetzung aus "Eis" und "Härten" auffassen.
Nicht klar ist mir, ob Sie das Wort von einem "unverwendeten" Verb (ich eishärte oder ich härte eis/Eis?) ableiten oder gerade dieses ausschließen ("nicht von Dingen handeln, die es nicht gibt") wollen.
Was Sie zur "apodiktischen Rede" sagen, ist mir auch unverständlich. Ich habe mich zu einer Frage (also dem absoluten Gegenteil "apodiktischer Rede") von Herrn Henkelmann geäußert.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2007 um 19.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1787


Sehr geehrter Herr Achenbach,

mir sind lediglich gewisse Zweifel gekommen, ob es denn "zusammengeschriebene Prädikate" gibt. Natürlich sieht "Eishärten" wie ein Kompositum aus, dennoch ist es ein substantivierter Infinitiv eines Verbs ohne Paradigma (ohne wie auch immer "geschriebene Prädikate"). Bei "Eislaufen" indessen haben wir ein Verbparadigma, um dessen Schreibung man sich dank RSR wieder streiten kann.

Was die Getrenntschreibung beim Hinzutreten von Steigerungselementen betrifft, meine ich, daß es hier nichts zu regeln gibt, denn der Schreiber sollte entscheiden dürfen, was im Skopus des Steigerungselements stehen soll (und kann). Die Duden-Regel ist so oder so widersprüchlich und überflüssig; worin wir wahrscheinlich übereinstimmen. Was mir mißfällt, ist der generelle Regelungswahn in Fragen, die beim Schreiben nur von Fall zu Fall durch Denken entscheidbar sind und bleiben. Dieser Umstand sollte nach und nach immer mehr ins Bewußtsein dringen oder gebracht werden. Hier im Forum wurde dafür nicht nur einmal plädiert.

Im Falle der Adjektivpartizipien wie "obengenannt" muß der Schreiber halt wissen oder fühlen, ob denn eine Eigenschaft bezeichnet ist, die der gegebenen Größe wirklich zukommen kann. So ist "obengenannt" wie ähnliche Adjektivpartizipien als Prädikativ nicht mit einer (evtl. semantischen) "Regel" generell auszuschließen, wenn es auch selten als solches verwendbar sein mag. Die Orthographie ist nicht die Instanz grammatischer Regelentscheidungen, es ist eher umgekehrt.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2007 um 23.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1790


Sehr geehrter Herr Schatte,
vielen Dank, daß Sie mich auf den Fehler aufmerksam machen. Im ersten Absatz meines ursprünglichen Beitrags muß es "Partizipien", nicht "Prädikate", heißen. Ich hoffe, mit diesem Fehler nicht allzuviel Verwirrung geschaffen zu haben, zumal das Gemeinte sich vielleicht ja auch aus dem Zusammenhang ergibt.
Ich stimme Ihnen natürlich vollkommen in der Ablehnung jeden "Regelungswahns" zu. Allerdings waren viele der "Regeln" des alten Duden so unscharf, daß sie eigentlich nichts regelten. Das gilt auch für die Regeln 205 und 209. Wirklich "geregelt" hat der alte Duden zumeist nur in den Einzeleinträgen. Erst die Reformer haben geglaubt, die gesamte Rechtschreibung in ein Korsett abstrakter Regeln zwingen zu können.
Ich stimme Ihnen natürlich auch vollkommen zu, daß die Rechtschreibung nicht die Grammatik bestimmen kann. Sie kann aber durchaus die Grammatik widerspiegeln. Die Tatsache, daß "obengenannt" normalerweise (ob nie oder nur in den allermeisten Fällen, tut nichts zur Sache) nicht als Prädikat verwandt wird, ist m.E. ein solcher Fall. Überhaupt unterscheidet sich die GZS etwa von der GKS insofern, als sie in vielen Fällen eine Eigenschaft der gesprochenen Sprache, nämlich die Betonung wiederspiegelt. Und die unterschiedliche Betonung kann durchaus Ausdruck von Grammatik sein. Man sagt eben "dieses Beispiel ist oben genannt" und nicht "dieses Beispiel ist obengenannt".
Die Frage "Eishärten" hat weder mit Prädikat oder Partizip noch mit den Regeln 205 und 209 zu tun. Es geht hier um die ganz andere Frage, ob es sich um eine originäre Zusammensetzung oder um die Substantivierung eines allerdings gar nicht existenten, gewissermaßen virtuellen zusammengesetzten Verbs handelt. Mich würde sehr interessieren, wie Sie Ihre apodiktische Antwort auf diese Frage begründen.

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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 01.05.2007 um 14.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1792


Sehr geehrter Herr Achenbach,

Das aus dem Bestimmungsnomen "Eis" und dem Infinitivnomen "Härten" bestehende "Eishärten" läßt sich nun einmal, will man nicht gegentlich einen Teil der Ordnung in der Morphologie des Deutschen aufs Spiel setzen, nur über einen Infinitiv erklären. Mit Prädikat hat das nichts zu tun, mit Partizip indessen wenigstens bedingt, denn das Paradigma zu diesem Infinitiv fehlt zwar im Aktiv, das passivische Hilfsparadigma aber ist vorhanden: "Rasierklingen werden heute meist eisgehärtet, d.h. sie werden in / mit Eis gehärtet in einem `Eishärten´ genannten Verfahren." Wir haben auch "kaltwalzen", "preßpassen", "warmschmieden" usw. mit ebenfalls fehlendem Basisparadigma. Das vohandene passivische Hilfsparadigma führt allerdings vor Augen, daß wir einen Infinitiv Passiv annehmen dürfen, den wiederum wir sinnvollerweise vom Infinitiv Aktiv aus einführen sollten. Es lehrt uns zudem, daß die sog. Adjektivpartizipien sehr wohl "Prädikatsbestandteile" sein können, aber nur im Passiv. Wenn wir Stahl kalt walzen, können wird das (nicht-resultative) prädikative Attribut zum Objekt nicht ins Partizip integrieren. Wenn indessen Stahl kaltgewalzt wird, können wir das (nicht-rersultative) prädikative Attribut zum Subjekt ins Partizip integrieren, in einem fachsprachlichen Text sollten wir es sogar.

Im Falle der prädikativen Funktion von Adjektivpartizipien wie "obengenannt" kommt es im Falle der "sein"- und der "werden"-Kopulae meist zur Kollision mit dem Perfekt bzw. mit dem Passiv, die beide natürlich Getrenntschreibung verlangen. Das heißt jedoch nicht, daß diese Kollision die Prädikativfunktion solcher Adjektivpartizipien generell ausschließt. Wir stimmen wahrscheinlich darin überein, daß bestimmte Schreibentscheidungen nicht vorab mit Regeln festgeschrieben werden sollten, die der Grammatik und ihren Möglichkeiten zuwiderlaufen.

Die Schreibung fixiert zweifellos Akzentorisches, das seinerseits nicht Ästhetischem dient oder gar Selbstzweck ist, sondern als Mittel der grammatischen Funktionsindizierung dient. Und genau das scheint den Reformern bis heute nicht einmal zu dämmern, denn sonst würden sie in ihrem Dünken nicht auf sinnlosen Getrenntschreibungen beharren, die einen guten Teil des Bestandes der deutschen Verben und der deutschen Adjektive liquidieren. Daher kann man z.B. auch sicher sein, daß "weiterempfehlen" und "(weiter) empfehlen" ganz konfliktlos nebeneinander im deutschen Verbbestand miteinander auskommen, ohne daß Grammatikferne uns das "regeln".
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 02.05.2007 um 23.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1795


Sehr geehrter Herr Schatte,
welche "Ordnung in der Morphologie des Deutschen" meinen Sie denn?
Ich bin Laie, aber nach meinem Eindruck sehen auch einige Fachleute die Dinge anders als sie. So ist bei Verben wie "kaltwalzen" häufig von "Rückbildung" die Rede. In einigen Entwürfen für den RSR war auch davon die Rede. Schließlich hat es der Begriff aber nicht in die verabschiedeten Regeln geschafft.
Wenn ich richtig verstehe, was damit gemeint ist, so bedeutet das, daß etwa zunächst ein neues Substantiv "Kaltwalzen" oder "Eislauf" gebildet und daraus ein neues (Pseudo-)Verb "kaltwalzen" oder "eislaufen" "rückgebildet" wird. Jedenfalls braucht man bei solchen Substantiven keinen Umweg über ein zusammengesetztes Verb.
Es kommt hinzu, daß viele derartige Verben nur im Infinitiv und im Partizip perfekt gebraucht werden. Gerade das sind aber Zwitterformen zwischen
Verbalformen und Substantiven bzw. Adjektiven. Deshalb kann man sich die Bildung dieser defektiven "Verben" durchaus ohne eigentliche Verbalzusammensetzung vorstellen. Werden daraus per Analogie auch eigentliche Verbformen gebildet, ergeben sich häufig große Unsicherheiten: "ich danksage" oder "ich sage Dank/dank", ich "maschinenschreibe" oder "schreibe maschine/Maschine"?
Wie ist es schließlich mit dem Partizip präsenz? Würden Sie auch "eisenverarbeitend" und "fleischfressend" aus paradigmenlosen Verben "eisenverarbeiten" und "fleischfressen" ableiten?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2007 um 12.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#1818


Sehr geehrter Herr Achenbach,

hinsichtlich der sog. defektiven Paradigmata, in denen die inkrimierten Partizipia II (wie etwa kaltgewalzt) als "Prädikatsbestandteil" erscheinen, muß man nicht zwangsnotwendig die morphologische Flucht über "Rückbildung" (Rudimentierung?) antreten, da sich ja -- wie Sie zu Recht anmerken -- auch Partizipia I (Partizipien des "Präsens") finden lassen.

Da jede morphologische Herleitung eo ipso auf der Verkettung von Konstrukten beruht, ist es sicher in Anwendung des praktischen Geräts von Ockham legitim, von einem Verb (wie etwa kaltwalzen evtl. im Infinitiv unter einem Modal- oder Phasenverb) auszugehen als über "Rückbildung" u.ä. leicht verdächtige Konstrukte ans exklusiv gefaßte Ziel zu kommen, ohne den gelegentlich in der Konsistenz der Morphologie angerichteten Schaden im Rückspiegel zu haben.

Geht man so schlicht vor, wird es einfacher, einigermaßen begründete und generalisierbare Regeln für die GZS des Deutschen darzulegen, die ohne Verrenkungen des eigenen Verstandes von "Schriftnäheren" zu verstehen sind.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 04.03.2015 um 10.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#11005


Der Vulkan liegt 760 Kilometer südlich von Santiago de Chile in einer von Touristen beliebten Gegend.
(MM, 4.3.15, S. 16)

von Touristen beliebt, das geht ja nun gar nicht.
Entweder von Touristen geliebt oder bei/unter Touristen beliebt
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.07.2015 um 00.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=76#11113


textservice.de 20.7.: "Nach teils heftiger Kritik am Meinungsforschungsinstitut Forsa ist der genaue Wortlaut der betreffenden Umfrage zur Griechenland-Politik bekannt worden."
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