Dieser Beitrag wurde am 25.01.2006 um 19.47 Uhr eingetragen. Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=66#493
Traurigkeit erfaßte mich, als mich meine 9jährige Enkelin – sie kommt jetzt in Wien auf das Gymnasium – letztens fragte, wie ich denn „muß“ schreibe. Als ich sagte, ich schriebe es mit „ß“ am Ende, erwiderte sie stolz, daß sie es mit „ss“ schreibe und daß sie es mit „ß“ als Fehler angestrichen bekäme.
Ich ließ mir meine Traurigkeit nicht anmerken, sondern lobte sie für ihre Freude am richtigen Schreiben. Einen Augenblick dachte ich, ob ich ihr jetzt den Grund dafür erklären sollte, warum wir unterschiedlich schreiben, oder ob ich sie dazu anstiften sollte, doch mal „muß“ zu schreiben und es darauf ankommen zu lassen, aber die Gelegenheit war dazu gerade nicht so günstig, und ich habe mir vorgenommen, ihr das mal in Ruhe zu erklären. Warum sollte ich auch meinem Enkelkind die Freude am Lernen verderben?
Aber ist es nicht eine Schande, daß Großeltern, Eltern und Kinder sich nicht mehr gemeinsam ihrer eigenen Sprache erfreuen können?
Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.