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»Darf man so sagen – oder schreiben?«


Beiträge zum Thema

»Kasusunsicherheiten«

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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 18.12.2017 um 01.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11631


"Ich bin nicht sicher": Ich auch nicht mehr. Aber welt.de hat sich wenige Stunden spaeter selbst "korrigiert"[?], - jedenfalls von dem Genitiv Abstand genommen und den Satz anders formuliert. - Ich meine, dass "nahe" in "sie steht ihm nahe" eine Postposition ist und nicht ein Adverb wie in "[der Hut steht ihm] der Hut steht ihm gut/schlecht". Aber es ist, glaube ich, muessig, sich da ueber die Wortart zu streiten. Die Praepositionen gehen ja auf Adverbien zurueck, - habe ich mal gelernt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 18.12.2017 um 00.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11630


Manche Adjektive (wie z. B. nahe) koennen den Genitiv regieren.
Mit Dativ waere es m. E. auch gegangen:
Polizist schiesst versehentlich nahe dem Weihnachtsmarkt.

In "sie steht ihm nahe" haengt der Dativ aber nicht von nahe ab, zumindest dann, wenn nahe nicht lokal gemeint ist. Ich wuerde sagen, das ist ein freier Dativ wie in es geht ihm gut oder der Hut steht ihm gut, ....
Oder ist ihm ein Dativobjekt von nahestehen? Ich bin nicht sicher.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 16.12.2017 um 16.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11629


"Polizist schiesst versehentlich nahe des Weihnachtsmarkts"
(Welt.de: S16.12.17; 16:22 Uhr)
Wer sagt denn, dass der Genitiv tot ist! Natuerlich kennen ihn viele nicht so richtig, das stimmt. Aber "sie steht ihm nahe" ist doch eigentlich noch sehr lebendig und sollte doch den Gebrauch auch durch heutige Zeitungsleute noch gut bestimmen koennen. (Eszett und Umlaute von mir ersetzt.)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.11.2016 um 20.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11553


Danke, lieber Herr Achenbach. Ja, es scheint neuerdings wirklich das Singularwort (die/eine) Prügel im Sinne einer Tracht Prügel bzw. von Dresche, also gleichbedeutend mit dem herkömmlichen Pluralwort Prügel, zu geben. Die mir bekannten Wörterbücher enthalten es aber noch nicht.

Der artikellose Gebrauch "Androhung von Prügel" anstatt "Androhung einer Prügel" entspricht dem Ausdruck "Androhung von Dresche".

Ich kannte diesen Singular bisher nicht und bin überrascht, daß er schon relativ häufig vorkommt.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.11.2016 um 18.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11552


Ich habe mit der Wendung kein Problem. Nach Google ist sie auch häufiger als die Form mit Dativ-n.

Mir scheint, daß sich das Wort von seiner ursprünglichen Bedeutung gelöst hat und von vielen inzwischen eher als Singularetantum denn als Pluraletantum verstanden wird. Dafür spricht vielleicht auch die artikellose Verwendung.

So denke ich bei der Wendung „Androhung von Prügeln“ unwillkürlich an mehrere Knüppel und nicht an ein Verprügeln.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.11.2016 um 12.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11551


Finden Sie denn, daß dieses Zitat so in Ordnung ist? Ich denke, Prügel benötigt zwingend ein Dativ-n, wie Geschwister, Eingeweide, Leute usw. Eigentlich hat das auch mit Pluraliatantum gar nichts zu tun, ich wollte nur, weil in dem Zitat eins vorkommt, sagen, daß diese bei der Deklination auch keine Ausnahme machen.

Mit manchmal meinte ich, daß eben einige Wörter, z. B. die schon auf n enden, keine besondere Dativkennzeichnung haben, wie Ferien, Eltern, Kosten, ...
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.11.2016 um 11.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11550


Oder eben auch nicht, wie das Zitat zeigt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.11.2016 um 20.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11549


Hoeltschi musste nach Androhung von Prügel seine Bilder löschen.
(DER SPIEGEL, Nr. 46/12.11.2016, S. 3)

Pluraliatantum werden nicht nach der Zahl verändert, aber eine Dativendung haben sie manchmal schon.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.05.2016 um 09.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11358


Aha. So etwa wie seit langem ja auch schon bei "trotz". - Und "Prestigekasus": Vielen Dank.
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Frank Daubner
Stuttgart

Dieser Beitrag wurde am 07.05.2016 um 08.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11357


In studentischen Hausarbeiten, auch in ansonsten sprachlich unauffälligen, wird das fast durchgehend so gemacht. Auch auf "gemäß" oder "entsprechend" folgt regelmäßig der Genitiv. Der Fachbegriff ist, glaube ich, Prestigekasus.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 06.05.2016 um 09.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11355


"Passau (dts Nachrichtenagentur [gestern]) - [...] Kurz nach dem Start sei das Flugzeug in eine Böschung gestürzt, einige Meter weit gerutscht und nahe eines Mehrfamilienhauses zum Liegen gekommen." - Nanu, "nahe" mit Genitiv? Wenn ja, wirklich?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2015 um 11.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11071


Das sehe ich auch so, lieber Herr Ludwig, bestehen auf geht mit Dativ oder Akkusativ. Ich denke, der Grund ist zum einen, daß das schon für die Präposition auf im allgemeinen so ist (je nachdem, ob sie eher statisch oder richtungsbezogen gesehen wird: wo/wohin?), zum andern, daß bestehen auf ähnliche Bedeutung wie das transitive fordern hat und daß dadurch der Akkusativ ebenfalls natürlich klingt.

Wenn man im Netz nach "ich bestehe auf einem/einen" sucht, findet man für den Akkusativ sogar mehr Belege.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2015 um 08.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11070


Seltsam, - irgendwie liegt mir hier "bestehen auf + Akk." nicht total quer: "IW-Forscher Matthes besteht auf die weitgehende Erfüllung der Reformbedingungen: [...]" Warum, weiß ich nicht. Bin ich hier zu tolerant? Der newsticker.de des dts (Deutsche Textservice Nachrichtenagentur) hat oft Schwierigkeiten mit der deutschen Grammatik. Ich hier auch? Wenn ja, was für eine? Könnte es daran liegen, daß das Objekt der Präposition *auf* meist ein Satz ist, der ja kein Fallkennzeichen hat (und wobei die Präposition Teil eines da[r]-Kompositums ist)?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.05.2015 um 16.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11065


Zum Dativ Pl.: "Paris (dpa [heute] ). [...] Die Angestellten sehen sich von den oft aggressiv und in Banden vorgehenden Diebe bedroht."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2015 um 15.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#11044


Zum Dativ sei'm Tod heute: "Umfrage: Viele Deutsche mit Zukunftsängste und Geldsorgen [//] Hamburg (dpa) [...]".
Irgendwie kann ich die Weglassung des Dativ-Plural-"n" hier sogar verstehen. Denn eigentlich, hauptsächlich, wird in diesem Titel hier ja ein Titel (die Zusammenfassung "einer Umfrage des Zukunftsforschers Horst Opaschowski") *zitiert*, also daß wer was herausgefunden hat, und nicht eine eigene Nachricht angekündet. Trotzdem, - sie zeigt einen *slippery slope* an.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.01.2014 um 18.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10571


"Nach dem Zweiten Weltkrieg lehrte er es amerikanischen Besatzern." (faz.de, 25.1.) — Verständlich schon, denn beim Lehren wird jemandem etwas mitgeteilt. Aber schon richtig? Ich hätte eigentlich nichts dagegen. Bei "fragen" ist das natürlich ganz anders.
Zusatz am 27.1.: Auch "Der Bundestag hat am Montag fast 70 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz den Opfern des Holocausts gedacht" (www.derNewsticker.de, heute) verdient in diesem Zusammenhang einige Betrachtung.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.01.2014 um 00.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10569


Fälle gibt's zum dem Dativ sein' Tod: "Washington (dpa) - [/] Die Gruppe «Priorities USA Action» will die ehemalige US-Außenministerin unter die Arme greifen, falls sie einen Anlauf aufs Weiße Haus unternimmt. [//] 24.01.2014".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.12.2013 um 09.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10544


Fälle machen der dpa zu schaffen: "Berlin (dpa) - Der US-amerikanische Internet-Aktivist Jacob Appelbaum sieht sich auch in Berlin von Geheimdiensten verfolgt. Unbekannte seien in seine Wohnung eingedrungen und hätten sich an seinen Computer zu schaffen gemacht, sagte der Vertraute des NSA-Enthüllers Edward Snowden der «Berliner Zeitung»." (21.12.13, 1:05)
Nun lese ich aber auch bei der dts-Nachrichtenagentur (1:00): "Berlin [...] - Unbekannte seien in seine Wohnung eingedrungen und hätten sich an seinen Computer zu schaffen gemacht, sagte der Vertraute des NSA-Whistleblowers Edward Snowden der 'Berliner Zeitung'."
Ähnliche Kasusverschiebung wie bei "sich setzen" (Auf dieser Bank von Stein will ich mich setzen) ist bei "sich an etw. zu schaffen machen" jedoch nicht drin; das könnte man nie als Verb der Bewegung auf etwas hin verstehen (mit "zu schaffen"; anders wäre es natürlich bei "sich an etw. machen"). Die dts-Nachrichtenagentur hat hier doch nur Text elektronisch übernommen. Oder umgekehrt? Oder?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 27.11.2013 um 18.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10524


Zum Dativ sein Tod: "Lufthansa-Chef Franz warnt Hessen-CDU vor Zugeständnisse an die Grünen". Dann geht's aber Gott sei Dank weiter: "Lufthansa-Vorstandschef Christoph Franz hat die CDU in Hessen vor Zugeständnissen an die Grünen beim Lärmschutz und dem Ausbau des Frankfurter Flughafens gewarnt." (DTS-Meldung, 27.11.2013)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.08.2013 um 16.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10406


Na, doch mal wieder ein Fall für dem Genitiv sein Tod durch den Dativ: "Datenschützer Weichert rät zur Nutzung deutscher E-Mail-Diensten". — Und weiter bei dpa heute: "Kiel (dpa) - Angesichts der Spähaffären des US-Geheimdienstes rät Schleswig-Holsteins oberster Datenschützer Thilo Weichert dazu geraten, deutsche oder europäische E-Mail- und Internetdienstleister zu nutzen." Aber das tun die Amerikaner doch schon umfassend und gar nicht so schlecht...
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.08.2013 um 10.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10374


Dem Dativ zuviel lassen: "In den NSA-Papieren, die Snowden dem Magazin "Der Spiegel" einsehen ließ, waren als Zapfstellen des NSA unter anderem die Bezeichnungen US 987-LA und US 987-LB angegeben." (derNewsticker.de, heute)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2013 um 18.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10181


So erfolgreich ist der Dativ nun auch wieder nicht: "Nach tödliche Prügelattacke in Berlin ermittelt türkische Justiz [/] Berlin (dpa) – [...] 04.04.2013 16:55".
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 03.04.2013 um 22.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10177


Lieber Herr Riemer,

Das Problem Ihres Satzes „Als Bote der Boten führt der MM einen Mannheimer Frühlingsmarkt an“ scheint mir in erster Linie in der Wortstellung zu liegen. Durch die Anfangsstellung der Apposition ist es schon schwierig zu erkennen, worauf sich diese bezieht. Durch Verwendung des Nominativs wird der Satzsinn aber ein ganz anderer, da die Apposition sich dann nur auf das Subjekt, den MM, beziehen kann. Selbst wenn es eine Ausnahmeregel gäbe (m.E. existiert eine solche nicht) verböte sich deshalb ihre Anwendung in diesem Satz.

Selbst bei der Verwendung des richtigen Kasus müßte aber der Satz grammatisch analysiert werden, um den Sinn zu ergründen. Am einfachsten zu verstehen wäre der Satz bei „normaler“ Wortstellung:
Der MM führt einen Mannheimer Frühlingsmarkt als Boten der Boten an.

Durch die veränderte Wortstellung geht allerdings etwas der enge Anschluß an das vorher Gesagte verloren. Deshalb könnte man auch sagen:
Der MM führt einen Mannheimer Frühlingsmarkt als (einen) solchen Boten der Boten an.

Folgender Satz wäre wohl auch hinreichend klar und zudem der Anschluß noch deutlicher:
Als (einen) solchen Boten der Boten führt der MM einen Mannheimer Frühlingsmarkt an.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2013 um 19.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10175


Ein siebenjähriges Mädchen aus den Niederlanden starb im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen.
RP Online
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 25.03.2013 um 16.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10169


Ja, dann ist der Fall klar, und Herr Ludwig scheint seine Pappenheimer schon gut zu kennen.

Das deutsche Kasussystem ist, 'leider' muß man wohl sagen, oft unzureichend und rechtfertigt eigentlich nicht die relativ offene deutsche Wortstellung.

Ich grübele da noch über einem anderen Fall, über meinen Fehler in diesem Tagebuchkommentar:
als Bote der Boten führt der MM einen Mannheimer Frühlingsmarkt an

Erst nach dem Absenden habe ich bemerkt, daß es eigentlich als Boten (Akk. Sing.) der Boten heißen müßte. Aber das sähe dann im Akkusativ wiederum wie ein Plural aus, obwohl dieser erste Bote doch eigentlich ein Singular sein sollte.
Auch da habe ich mich an diese Duden-Ausnahmeregel erinnert, die ja eigentlich nur den Genitiv betrifft, aber könnte man damit nicht auch den falschen Nominativ rechtfertigen?

Ich bin nicht sicher. Bote ist zwar eigentlich falsch, aber irgendwie, finde ich, besser verständlich. Vielleicht wäre auch hier "Artikelzwang" am besten:
als den/einen Boten der Boten ... ?
Aber hier verändert der Artikel, auch der unbestimmte, leicht den Sinn. Ganz ohne Zugeständnis scheint es nicht zu gehen.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.03.2013 um 13.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10168


Der erste Satz der Meldung beseitigt alle Zweifel: »Bundespräsident Joachim Gauck hat am Sonntag gemeinsam mit Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano den Opfern des SS-Massakers im italienischen Sant`Anna di Stazzema gedacht.«
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.03.2013 um 07.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10167


Vielen Dank, lieber Herr Riemer, für den Hinweis auf die zwei anerkannten Ausnahmen. Deren war ich mir nicht bewußt. Natürlich entspricht "Opfern" hier der Gesetzmäßigkeit von Ausnahme 1. Gott sei Dank habe ich meinen Eintrag so formuliert, daß er meine Ignoranz nicht gar zu grell an den Tag legte. Aber die Ignoranz war hier schon deutlich meine. Witzig ist jedoch die Formulierung von Ausnahme 1, wenn es sich um schwache Substantive im Plural handelt. Da sehen alle Formen gleich aus.

Zu "sogar der Plural ist hier unkenntlich": Nein, der Gen. sg. wäre hier "Opfers". Aber bei femininen Substantiven im Singular? Naja, der Berliner könnte seinem Standard gemäß sagen: Ich gedenke Muttern zum Muttertag. Aber unterbewußt löst er sonst wohl wie alle andern auch das Problem ganz natürlich, indem er ein den Genitiv anzeigendes Attribut hinzufügt und also seiner Schwester gedenkt, die vielleicht auch Mutter ist. Aber was wäre falsch an einer Artikelüberschrift wie "Berliner gedenkt Schwester, die..."? Ich glaube, ich hätte den Fall nicht aufgreifen sollen. Denn wie Sie ja schon gesagt haben, lieber Herr Riemer: "Das ist ein interessanter Fall"!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 24.03.2013 um 23.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10166


Das ist ein interessanter Fall, lieber Herr Ludwig. Natürlich haben Sie recht, daß nach gedenken eigentlich der Genitiv steht. Was wäre das aber dann im Genitiv?

"Gauck gedenkt Opfer von SS-Massaker im italienischen Sant`Anna di Stazzema"

Man wüßte ja gar nicht, ob es ein oder mehrere Opfer sind, deren Gauck gedenkt. Man wüßte es wohl, wenn der Artikel benutzt würde:
"Gauck gedenkt der Opfer ...", nicht "des Opfers". Aber in Überschriften ist es üblich, der Kürze wegen Artikel auszulassen.

Der Duden führt zwei Ausnahmen an, wo das Substantiv standardsprachlich(!) im Dativ statt Genitiv steht:
(1) wenn der Genitiv im Plural nicht erkennbar ist
Bsp.: wegen Berichten (Genitiv gliche dem Nominativ: Berichte)
(2) wenn zum Substantiv ein Genitivattribut tritt
Bsp.: wegen meines Bruders neuem Auto (wegen des neuen Autos)

Meiner Meinung nach könnte auf "gedenkt Opfer" Fall (1) anwendbar sein.
(Nicht nur der Genitiv, sogar der Plural ist hier unkenntlich.)

Was wäre also besser?
Unklarheit oder Dativ statt Genitiv oder Artikelzwang?
Was hat Vorrang?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.03.2013 um 16.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10165


Der Dativ für alles, auch für dem Genitiv sein’n Tod: "Gauck gedenkt Opfern von SS-Massaker im italienischen Sant`Anna di Stazzema". (derNewsticker.de, heute)
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 19.02.2013 um 13.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10028


Lieber Herr Herter,

so wie es da steht, sieht es für mich nach einer Kasusunsicherheit aus. Deshalb habe ich das Fundstück auch hier eingeordnet. Es kann natürlich auch ein ungeschickt angeschlossener Relativsatz sein.

Besser ist in jedem Fall eine direkte Formulierung: Die Bundesregierung hat sich der Idee des "Open Government" verschrieben. Nun ist auch das Genitivattribut klar zu erkennen und man muß nicht raten, an was sich der Relativsatz anschließt.

Es ist daher vielleicht nicht direkt so "mißverständlich formuliert" wie Sie schrieben, aber ich bin beim Lesen darüber gestolpert. Also ist es für mich zumindest unklar.

Dennoch lassen ich den Beitrag einstweilen hier stehen.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 19.02.2013 um 12.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10027


Ich verstehe hier spontan, die Regierung habe sich einer Idee verschrieben, nämlich der des "Open Government". Ist das wirklich mißverständlich formuliert?
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 19.02.2013 um 11.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#10026


Wie immer bei Entlehnungen aus dem Englischen entstehen Kasusunsicherheiten. Zumal, wenn das entlehnte Bezugswort im Deutschen ein eindeutiges Genus hat:

Alle Daten, die der Staat erhebt, sollen dem Bürger zur Verfügung stehen. Das ist die Idee des "Open Government", der sich auch die Bundesregierung verschrieben hat.

Die Hervorhebungen sind von mir hinzugefügt worden. Der Text findet sich in der Netzausgabe der "Süddeutschen" vom 19.2.2013. Das Hauptproblem ist womöglich, daß man dem komplexen Begriff "Government" nicht einfach mit der "Regierung" beikommen kann.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 06.02.2013 um 10.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9962


Was immer dem Dativ sein Tod ist: "Paris (dpa) - [...] In Frankreich konnte die DFB-Elf erst einmal vor 78 Jahre gewinnen." (06.02.2013)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2013 um 18.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9858


Ladykracher. Sketchshow. Mit Anke Engelke, die in verschiedenen Rollen schlüpft
(aus der Fernsehprogrammbeilage des MM zum 5.1.13)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.12.2012 um 08.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9810


"Die Tabakindustrie betreibt ihre Lobbyarbeit so intensiv wie nie - nicht erst seit der Pläne der EU, mit Schockfotos auf Zigarettenschachteln vom Rauchen abzuhalten." (faz.net, 23.12.) Jetzt "seit" auch so wie früher schon "trotz"?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 17.12.2012 um 23.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9770


"Diese Schülergruppe", schreiben die Autoren, "wird das mathematische Lernen in der Sekundarstufe erhebliche Schwierigkeiten bereiten."
(Süddeutsche 12.12.12, Seite 6)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.10.2012 um 00.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9542


Die Aufnahme zeigt einen rot leuchtenden Ring, in dessem Inneren sich eine Spirale in fünf Umdrehungen vom Mittelpunkt nach außen windet.
(Süddeutsche, 11.10.12, S. 16)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 03.10.2012 um 15.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9517


Stimmt, lieber Kratzbaum, sie bezieht sich nicht auf Krise, sondern weiter zurück auf Frage. Ich füge den Link hier ein, sonst findet man später Ihre Berichtigung nicht mehr. Es ist also keine Kasusunsicherheit, aber m. E. ein zu weit hergeholter Bezug.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 03.10.2012 um 12.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9514


Um die Krise bewältigen zu können, kommen wir nicht umhin, sie uns zu stellen.
(FAZ, 2.10.12, S. 31)

Oder uns ihr zu stellen? Im gleichen Artikel:

Weder ein Millionengewinn im Lotto und noch nicht einmal das Schicksal einer Querschnittslähmung nach einem Unfall sind dazu geeignet, unsere Stimmung dauerhaft zu verändern, ...

Weder ... und ...?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 23.09.2012 um 13.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9469


Die FAS haut heute in die gleiche Kerbe (S. 57):

Faltings hatte 1986 die Fields-Medaille, den höchsten Mathematikerpreis, unter anderem für den Beweis der mordellschen Vermutung bekommen, einem Theorem, das ebenfalls aus der Richtigkeit der ABC-Vermutung folgen würde.

Dies hätte nun auch zum Thema "Dativ als universeller Appositionskasus" gepaßt.
Nebenbei: Es handelt sich nicht um irgendeine Vermutung von Louis Mordell, sondern um die, die unter dem Namen Mordellsche Vermutung bekannt ist. Aber die "Reform" läßt halt ohne Apostroph nur Kleinschreibung zu ...
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2012 um 00.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#9465


zwei Appositionen (mit Kasus- und Kommafehler) und GZS (SZ, 20.9.12, S. 16):

Sollte dieser [Beweis von Mochizuki] der gründlichen Prüfung seiner Kollegen standhalten, wäre das wohl einer Fields-Medaille würdig, den Nobelpreis der Mathematik.

Würdig wäre es wohl, aber die Fields-Medaille wird nur an unter 40jährige vergeben, da ist Mochizuki schon leicht drüber.

Mit der abc-Vermutung werden zwei scheinbar völlig unterschiedliche mathematische Rechenarten, die Addition und die Multiplikation plötzlich auf tief greifende Weise miteinander in Zusammenhang gebracht.

Wenn man sich die "scheinbar völlig unterschiedlichen" Rechnungen in
2*3 = 3+3 vor Augen hält, wirkt der zweite Satz neben den Fehlern auch noch ziemlich naiv.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 20.04.2012 um 18.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#8987


Genitivendung – wozu?

»In einer Presseerklärung hat die Kieler Staatsanwaltschaft am Freitagvormittag die Begründung geliefert, warum sie eine Verlängerung des Handball-Manipulationsprozess gegen den früheren THW-Manager Uwe Schwenker und Ex-Trainer Noka Serdarusic anstrebt.«

(www.kn-online.de, 20. April 2012)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2012 um 16.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#8686


Das sieht denen ähnlich: "Nur 17 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen gaben an, ihr Sexualpartner müsse ähnlichen politischen Ansichten sein." (DTS-Meldung, 09.02.2012, 14:56 Uhr) Irgendwie klingt mir das seltsam, denn ich bin ziemlich sicher, der Genitiv, "müsse ähnlicher politischer Ansichten sein", ist hier richtig. Ist noch wer meiner Sicherheit? Und wenn ich so sicher bin, wie es sich ziemt, warum stelle ich dann hierzu überhaupt eine Frage?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 05.09.2011 um 17.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#8132


"Seit seinem 14. Lebensjahr hat Ian Stewart mathematische Kleinoden gesammelt"
(Produktbeschreibungen bei Rowohlt, Amazon, Thalia u.v.a. zu
Ian Stewart: "Professor Stewarts mathematisches Sammelsurium")

... darunter wohl auch die kleine Ode an die (mathematische) Freude

23.9.11: Inzwischen ist das Rowohlt Taschenbuch im Handel erhältlich, und wie vermutet, steht dieser Satz exakt so auch auf dem Buchrücken. In der ersten Ausgabe des Rowohlt Verlags mit dem Titel "Professor Stewarts mathematisches Kuriositätenkabinett" ist noch von Kleinodien die Rede.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 26.02.2011 um 12.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=264#7524


"Hinsichtlich des davor gezahlten Einsatzes und dem Lottogewinn hat das Gericht keinen ausreichenden Zusammenhang gesehen."
(MM, 26.2.11, S. 9)
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