Nachrichten rund um die Rechtschreibreform
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14.11.2005
DCDC2
Dyslexie ist erblich
Deutsche und schwedische Forscher haben ein Gen identifiziert, das sie für Legasthenie verantwortlich machen.
Bislang sei Legasthenie als eine Störung bezeichnet worden, sagte Gerd Schulte-Körne (Universität Marburg) gegenüber Focus Online. „Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um eine sehr komplexe Erkrankung, die spezifische Ausformungen kennt“, wird der Kinder- und Jugendpsychiater zitiert.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 14.11.2005 um 12.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2283
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Bleibt nur zu hoffen, daß die Kontrollgruppe für eine statistische Erhebung groß genug ist. Das ist in der Medizin (oder eine Spur böser formuliert: in den Geistenwissenschaften) ja nicht immer der Fall -- PISA ist ein schönes Beispiel für falsch durchgeführte (und zudem falsch interpretierte) Statistiken.
Mein Tip: In drei Jahren noch einmal schauen, ob die Forscher noch immer zu ihren Ergebnissen stehen ;-) -- Nach dreißig Jahren zeigte sich ja auch, daß der genetische Einfluß beim Down-Syndrom vollkommen falsch eingeschätzt wurde.
Die Pressemitteilung der Marburger Uni liest sich jedenfalls mehr so, als handelte es sich bei diesem Thema um den "Aufmacher" für ein recht kostspieliges EU-Proposal.
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Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 16.11.2005 um 12.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2299
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Beim Down-Syndrom liegt die Verdreifachung eines bestimmten Chromosoms zugrunde. Genetischer geht's nicht.
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 17.11.2005 um 09.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2300
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Dyslexie wird bald nicht mehr erblich, sondern sekundär erworben werden durch das Lesen solcher Texte:
„Mr Bateman öffnet einen der Särge. Er besteht aus Pressspanplatten, die von einer Hand voll Nägel zusammengehalten werden.“
Einfach grausig, das mit der vollen Hand. Und bei den „Pressspanplatten“ drängen sich dem Leser seltsame Gebilde auf: die „panplatten“. Die s-Triole hält so fest zusammen, daß das Auge keinen Halt nach „Press“ findet. Das dritte s wird mit ins „Sehpaket“ genommen. Heraus kommen die „panplatten“.
Und schon ist der Lesespaß vorbei, die Stimmung zerstört.
(Das Buch ist übrigens sehr spannende, gute Jugendlektüre: Allan Stratton: Worüber keiner spricht; dtv junior. Die „panplatten“ findet man auf Seite 12)
Im selben Buch gibt es einen Satz zu bewundern, den der Autor sicher so nicht formuliert hätte, würde er gewußt haben, welche s-Wüste bei der Übersetzung aus dem Englischen in die deutsche Schulorthographie entsteht:
Seite 27:
„Ich wusste, dass Mama wusste, dass ich Bescheid wusste.“
Das ist ja pure ss-Invasion. Dieser Satz verdient einen Preis!
In diesem Buch wimmelt es übrigens nur so von „tut mir sehr Leid“, weil es ja ein leidvolles Buch ist. Und eine der Hauptfiguren schummelt sich öfter einmal „voll gesoffen“ und nicht vor „morgen Früh“ nach Hause.
Wie sollen unsere Kinder da noch ein grammatisches und orthographisches Gefühl ausbilden, ja ein Gefühl für unsere Sprache überhaupt? Niemand bezweifelt, daß die Schriftsprache das Sprachverhalten und somit die gesprochene Sprache und das Denken beeinflußt.
Bücher mit solcher Orthographie sind „Geistesverletzung“ und Verhöhnung des Lesers. Und ausgerechnet der dtv Verlag, dessen Werke ich ansonsten sehr schätze, gibt sich der ungezügelten Verstümmelung unserer Sprache hin und fördert damit auch die „Sekundär-Legasthenisierung“ einer ganzen Generation.
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Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 17.11.2005 um 13.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2302
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Ich habe gerade das LEID VOLLE Buch gelesen vom Goldmann-Verlag:
"Bevor der Abend kommt" von Joy Fielding.
Ich habe im Schnelldurchgang 73 !!! "Leid tun" gefunden.
De facto werden es noch mehr sein.
Des weiteren natürlich nur: Gestern Abend, kennen lernen, Hand voll, falsches dass/das, etc.
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Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 17.11.2005 um 21.14 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2303
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Gestern begegnete mir im Teltarif-Newsticker das Wort "beweißte"...
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Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 19.11.2005 um 11.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2317
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Es ist noch viel schlimmer, als ich dachte. Suchen Sie mal mit Google nach "beweißte"...
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 19.11.2005 um 22.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2319
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Das ist (auch lt. Google) noch gar nichts gegen "bewieß" oder (noch besser) "bließ"!
Weiteres dazu siehe hier: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=16#385
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.11.2005 um 09.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2322
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Auch schön bei Google: Schiffffahrt. Ein Fall von kombinierter Dysgraphie und Dyslexie, der auf Dyslexikographie zurückgeht.
PS: Das Wort Schiffffahrt enthält vier f. Sieht man gar nicht! Fehler werden unsichtbar - ein schöner Effekt der Rechtschreibreform.
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 21.11.2005 um 15.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#2331
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Gebrauchsanweisung für einen Fahrradhelm: ein Fall von Legasthenie?
Aus einem Werbeheft der Firma uvex für Fahrradhelme. Alles Qualitätsrechtschreibung, außer der s-Schreibung. Hier scheint gewürfelt worden zu sein. Zwei Wörtchen sind durchgängig gleich geschrieben: „dass“ mit ss und „muß“ mit Eszett.
Ein Radhelm schützt nur dann, wenn er richtig passt und fest am Kopf sitzt. Er kann jedoch niemals die Garantie für den Ausschluß von Verletzungen sein.
Eine optimale Passform ist erforderlich …
Dazu muß die Länge der Gurtbänder am Verschlusssystem derart reguliert werden, dass beide straff unter dem Kinn anliegen.
Die uvex-Helme sind mit Monomatik-Steck-Verschluss ausgestattet.
Die Gurtbandenden bei geöffnetem Verschlußsystem weiter durch den Verschluß nach außen ziehen.
Monomatik-Verschlusselement (erinnert beim Lesen irgendwie an „schusselig“ oder „Schlüssel“, bei dem die ü-Striche vergessen wurden)
Vor Antritt der Fahrt muß der Kinngurt immer geschlossen sein.
Solch friedliches Nebeneinander von „dass“ und „muß“, Verschluss und Ausschluß nenne ich s-Legasthenie!
Erheiternd auch dieses:
Die Zeitschrift „Der Naturarzt“ hält unbeirrt – das ist sehr zu loben – an der Qualitätsrechtschreibung fest. Eine gewisse Verwirrung aber tritt bezüglich der s-Schreibung bei gewissen Mitarbeitern inzwischen auf. Ist ja kein Wunder, denn die "Printumgebung" legasthenisiert uns inzwischen durch ihre widersprüchlichen Erscheinungsformen. Im aktuellen Heft des Naturarztes liest man:
„Acrylamid kann vor allem in kleingeschnittenen Pommes frites oder in Chips entstehen, denn beides weißt eine große Oberfläche auf.“
„aufweißen“. Tja, nach Zwielaut folgt halt eben ein Eszett …
Aber, aber! Solche Fehler hat es doch früher auch gegeben, höre ich jetzt den Chor der Reformfreunde vielstimmig anheben. Nein, hat es nicht. Auf solche Fehler war ich schon immer getrimmt, allein durch meinen Beruf. Mir wäre so etwas früher noch eher als heute ins Auge gesprungen. Aber da gab es selten etwas, das springen konnte.
Man darf gespannt sein, wann der Zeitpunkt kommt, an dem die Leidensfähigkeit der Leser endgültig erschöpft sein wird. Wie schon Michael Klett prognostiziert hat: dieses Chaos hält auf die Dauer kein Deutscher aus!
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Kommentar von Tageblatt online, 6. Mai 2006, verfaßt am 16.05.2006 um 15.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=356#4018
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Die vielen Buchstaben verwirren
JOKER: Legasthenie: Die Schwester einer JOKER-Mitarbeiterin hat Rechtschreibprobleme
Was haben Keira Knightley, Liv Tyler und Tom Cruise gemeinsam? Klar, sie sind alle berühmte Schauspieler und verdienen eine Menge Geld. Doch eins haben sie noch gemeinsam: Sie sind oder waren Legastheniker. Auch Albert Einstein, Leonardo da Vinci und die britische Autorin Agatha Christie hatten Legasthenie. JOKER-Mitarbeiterin Adriana Wolf erklärt, worum es sich dabei handelt.
Was ist Legasthenie? Davon hatte ich vor drei Jahren noch nie etwas gehört. Aber als meine Eltern meine kleine Schwester zu einem Psychologen schickten, da sie in der Schule ziemlich viele Rechtschreibfehler machte, stellte sich heraus, dass sie Legasthenikerin ist.
Nun, was ist Legasthenie? Legasthenie ist eine Lese- und Rechtschreibschwäche, die bei normal bis überdurchschnittlich begabten Kindern sowie Erwachsenen auftritt. Legastheniker haben oft Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen zur geschriebenen Sprache und umgekehrt.
Sie schreiben meist ein und dasselbe Wort immer wieder falsch. Auch beim Lesen verdrehen Legastheniker, lassen Wörter oder Buchstaben aus oder fügen sogar neue hinzu. Auch fällt es einigen schwer, Texte zu verstehen oder langen Sätzen zu folgen.
Wenn man Legastheniker ist, heißt es jedoch nicht, dass man dumm ist. Nein, auf keinen Fall. Legastheniker besitzen meist ein besser ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen und sind meistens handwerklich begabt und sehr kreativ.
Jedoch haben sie eine andere Wahrnehmung. Sie denken (fast) ausschließlich in Bildern, statt wie wir vielmehr in Wörtern. Legastheniker können zum Beispiel nichts mit Wörtern wie „währenddessen“ oder „ausschließlich“ anfangen, da sie sich diese nicht oder nur sehr schwer bildlich vorstellen können.
Es gibt mehrere Therapien, um Legasthenie zu „heilen“, unter anderem auch die Davis-Therapie. Meine kleine Schwester hat diese gemacht. In dieser Therapie geht es darum, dass die Legastheniker beim Lesen oder Schreiben sich nicht von den vielen Buchstaben verwirren lassen.
Indem sie zu Wörtern wie „jetzt“ Knete-Bilder anfertigen, können sie diese Desorientierung vermeiden. Um das Wort „jetzt“ zu kneten, hat meine Schwester ein Buch bekommen, wo die Bedeutung des Wortes erläutert wird und anhand eines Beispieles wiedergegeben wird. Hat sie den Sinn des Wortes verstanden, kann sie daraus ein Knete-Bild machen. Meine Schwester ist dadurch sicherer in der Rechtschreibung geworden.
(Die Online-Zeitung für den Landkreis Stade, 6. 5. 2006)
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